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AusdenAnfangsjahrender „Fauna, Verein Luxemburger Naturfreunde“

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sich darauf, dem Parquet die Sache zu überweisen<br />

und den Punkt « Révocation du contrôleur<br />

en chef » auf die Tagesordnung der<br />

nächsten, für Montag, den 4. Juni, vorgesehenen<br />

Sitzung zu setzen.<br />

In dieser Sitzung fiel dann die Entscheidung.<br />

Der Bürgermeister teilte eingangs<br />

mit, er habe Olm geschrieben, das Dossier<br />

stehe zu seiner Verfügung (LZ 1894: Nr.<br />

156). Alphonse München begehrte, der<br />

Gemeinderat möge in der Sache Olm erst<br />

die gerichtliche Untersuchung abwarten,<br />

ehe man einen administrativen Entscheid<br />

treffe. Auch bat er die Ratsherren zu bedenken,<br />

dass Olm das Haupt einer kinderreichen<br />

Familie sei, die durch seine Abberufung<br />

ins Elend versetzt werde, und keinen<br />

Beschluss zu fassen, den sie später bereuen<br />

müssten. Solche Gefühlsduselei sei hier fehl<br />

am Platz, fand Emile Servais, der darüber<br />

hinaus meinte, die Frau und die Kinder<br />

würden schon nicht ins Elend stürzen, denn<br />

sie gehörten einer wohlhabenden Familie an<br />

(Ville de Luxembourg: Nr. 9).<br />

Alexis Brasseur mahnte den Schöffenrat<br />

zu Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit;<br />

er versuchte, Olm zu verteidigen,<br />

indem er auf die Dürftigkeit der gegen ihn<br />

vorgebrachten Anklagepunkte hinwies, und<br />

dass dem Beschuldigten nicht genügend<br />

Zeit gewährt worden sei, seine Verteidigung<br />

schriftlich vorzubereiten, da er erst am<br />

Sonntag, dem Tag vor der Gemeinderatssitzung,<br />

Einblick ins Dossier hätte nehmen<br />

können. Alles vergebens! Brasseurs Antrag,<br />

Olm einen Aufschub von drei Tagen zu<br />

bewilligen, damit er seine schriftliche Verteidigung<br />

beibringen könne, wurde mit 8<br />

gegen 6 Stimmen abgelehnt (Ville de Luxembourg<br />

1894: Nr. 9). Dafür stimmten<br />

Brasseur, Ketten, Knaff, Le Gallais, München<br />

und Wittenauer, dagegen Mousel, Clement,<br />

Herriges, Anders, Rischard, Servais,<br />

Simonis und Warisse (LZ 1894: Nr. 156,<br />

Nr. 157). Und Olm wurde anschließend in<br />

geheimer Abstimmung mit acht Stimmen<br />

gegen fünf, bei einem weißen Zettel, seines<br />

Amtes enthoben (LW 1894: Nr. 156, Nr. 157;<br />

LZ 1894: Nr. 156, Nr. 157). Vor der Abstimmung<br />

hatte Brasseur angekündigt, er werde<br />

gegen Olms Absetzung stimmen, Simonis<br />

hatte entgegnet, er werde dafür stimmen,<br />

und Ketten hatte gesagt, er werde sich enthalten<br />

(LZ 1894: Nr. 157), also einen weißen<br />

Zettel abgeben. Für Alexis Brasseur kam das<br />

Votum einer „Hinrichtung“ gleich (LZ 1894:<br />

Nr. 157).<br />

Olms Verteidiger Brasseur, München usw.<br />

gehörten eher dem liberalen Flügel des<br />

Gemeinderates an, während seine Gegner<br />

um Bürgermeister Mousel und Schöffen<br />

Clement dem konservativen, klerikalen<br />

Lager zuzurechnen waren. Liest man, wie<br />

die Diskussion im Gemeinderat verlief und<br />

welch kleinliche bis peinliche Vorwürfe<br />

gegen Olm vorgebracht wurden, zum Teil<br />

auf Aussagen von Oktroibeamten beruhend,<br />

die wegen Dienstverstößen von Olm<br />

bestraft worden waren, so kann man sich<br />

des Gefühls nicht erwehren, dass Olm das<br />

Opfer einer wohl orchestrierten Kampagne<br />

seiner alten Widersacher wurde, die von<br />

Nachlässigkeiten des Oberkontrolleurs, die<br />

mit einem einfachen Tadel hätten geahndet<br />

werden können, profitierten, um ihn zu Fall<br />

zu bringen.<br />

9.6. Der Absturz<br />

Von nun an war Olm gebrandmarkt. Seine<br />

Gegner ließen ihn nicht mehr aus den<br />

Augen, auch nicht das „<strong>Luxemburger</strong> Wort“,<br />

das am Samstag, dem 16. Juni 1894, folgende<br />

Notiz veröffentlichte (LW 1894: Nr.<br />

167/168):<br />

„Luxemburg, 15. Juni. - Die Abreise des<br />

Hrn. Olm. - Nachdem Hr. Olm verschiedene<br />

seiner Habseligkeiten in der Louvigny-<br />

Straße veräußert hatte, löste derselbe vorgestern<br />

Nachmittag auf dem Central-Bahnhofe<br />

ein Billet für Brüssel. Hoffentlich wird<br />

Hr. Olm für die Zeit der ihn betreffenden<br />

Gerichtsverhandlungen zurück sein. / Unter<br />

ähnlichen Umständen war vor mehreren<br />

Jahren ein Oktroi-Beamter nach Paris abgereist,<br />

wurde aber nachher auf Verlangen der<br />

hiesigen Gerichte wieder ausgeliefert. Die<br />

Abreise des Hrn. Olm verlief ungehindert.<br />

Gewiß stand derselben von Gerichts- und<br />

Polizeiwegen bis dahin nichts entgegen.“<br />

In seiner folgenden Ausgabe, am Montag,<br />

dem 18. Juni 1894, relativierte das „Wort“<br />

seine vorherige Meldung (LW 1894: Nr.<br />

169): „In unserer Samstagnummer hatten<br />

32 Bull. Soc. Nat. luxemb. 113 (2012)

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