Unmittelbares Ansetzen
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Begleitkolleg im Strafrecht – 10_b: Folien zum unmittelbaren <strong>Ansetzen</strong><br />
Abgrenzung: (straflose ) Vorbereitungshandlung /<br />
Versuch ( <strong>Unmittelbares</strong> <strong>Ansetzen</strong> )<br />
Früher<br />
( = Rechtsgeschichte, vor Einführung des § 22):<br />
Streit darüber, ob es bei der Abgrenzung auf<br />
subjektive oder auf objektive Kriterien<br />
ankommen sollte:<br />
Subjektive Theorien<br />
versus<br />
Formal-objektive und<br />
materiell-objektive Theorie<br />
Heute (ganz h.M.):<br />
§ 22 StGB stellt klar, dass es<br />
sowohl auf subjektive als auch auf objektive Kriterien<br />
ankommt:<br />
• Gemischt subjektiv-objektive Theorie(n)<br />
(begründet von HANS WELZEL)<br />
Beurteilungsgrundlage sind die Vorstellungen des Täters,<br />
der Beurteilungsmaßstab hingegen ist ein objektiver.<br />
Hierbei unterschiedliche Abgrenzungstheorien:<br />
(a) Zwischenaktstheorie (h.L.)<br />
(b) andere Literaturansicht (Schwelle zum<br />
„Jetzt geht’s los“ überschritten )<br />
(c) Gefährdungstheorie<br />
(d) Rechtsprechung (= a+b+c)
Begleitkolleg im Strafrecht – 10_b: Folien zum unmittelbaren <strong>Ansetzen</strong><br />
Gemischt subjektiv-objektive Theorie(n)<br />
(i.d.R. nicht als Meinungsstreit aufzubauen!)<br />
( a ) Zwischenaktstheorie ( h.L.)<br />
Versuch liegt bei Handlungen vor, die zwar noch nicht<br />
tatbestandsmäßig sind, bei natürlicher Betrachtung aber<br />
als deren Bestandteil erscheinen, weil nach dem<br />
Täterplan zwischen diesen und der Tatverwirklichung<br />
keine wesentlichen Zwischenakte mehr liegen.<br />
( b ) andere Literaturansicht<br />
Versuch liegt vor, wenn der Täter aus seiner Sicht die<br />
Schwelle zum „Jetzt geht’s los“ überschritten hat.<br />
( c ) Gefährdungstheorie<br />
Versuch liegt vor, wenn nach dem Täterplan eine<br />
Situation eingetreten ist, in welcher das betroffene<br />
Rechtsgutsobjekt aus Tätersicht bereits konkret gefährdet<br />
ist.<br />
( d ) Rechtsprechung (wie h.L., aber + b) und c))<br />
Versuch liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle<br />
zum „Jetzt geht’s los“ überschreitet und Handlungen<br />
vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines<br />
Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind, in die<br />
Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden oder das<br />
geschützte Rechtsgut 1 nach Vorstellung des Täters<br />
konkret in Gefahr bringen. Ein Versuch liegt damit vor,<br />
wenn der Täter Handlungen begeht, die im ungestörten<br />
Fortgang unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung<br />
führen sollen oder in unmittelbarem räumlichen und<br />
zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen (siehe z.B.:<br />
BGHSt 28, 162 (163); 30, 363 (364) 2<br />
1 Bzw. wohl gemeint: das Angriffsobjekt.<br />
2 Ähnlich BGH NStZ 1987, S. 20.
Begleitkolleg im Strafrecht – 10_b: Folien zum unmittelbaren <strong>Ansetzen</strong><br />
<strong>Unmittelbares</strong> <strong>Ansetzen</strong><br />
Kurzfassung Grundformel:<br />
<strong>Unmittelbares</strong> <strong>Ansetzen</strong> ist gegeben, wenn<br />
der Täter subjektiv die Schwelle zum “jetzt<br />
geht’s los” überschritten hat und objektiv<br />
zur tatbestandsmäßigen Handlung ansetzt,<br />
so dass sein Tun ohne wesentliche<br />
Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung<br />
übergeht und das Rechtsgut [bzw. das<br />
Angriffsobjekt] aus seiner Sicht schon<br />
konkret gefährdet ist.<br />
(Anm.: Wird unmittelbares Ansetzten verneint, liegt eine<br />
in der Regel nur straflose Vorbereitungshandlung vor)
Begleitkolleg im Strafrecht – 10_b: Folien zum unmittelbaren <strong>Ansetzen</strong><br />
Kriterien zur Feststellung des unmittelbaren <strong>Ansetzen</strong>s<br />
a) Verwirklichung des Tatbestands<br />
§ 22 StGB verknüpft das unmittelbare <strong>Ansetzen</strong> mit der<br />
Tatbestandsverwirklichung. Daher sollte zunächst geklärt<br />
werden, durch welche Handlung der Täter den Tatbestand<br />
verwirklicht hätte. 3<br />
b) Handlungs-Unmittelbarkeit<br />
Diese erste Unmittelbarkeitskomponente ist erfüllt, wenn<br />
die Handlung des Täters in ungestörtem Fortgang ohne<br />
Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden<br />
würde. 4<br />
c) Zeitliche Unmittelbarkeit<br />
Diese zweite Unmittelbarkeitskomponente ist erfüllt, wenn<br />
zwischen der letzten ausgeführten Handlung und der<br />
Tatbestandsverwirklichung bei ungestörtem Fortgang ein<br />
enger zeitlicher Zusammenhang bestanden hätte.<br />
d) Aufnahme einer tätigen Beziehung zum fremden<br />
Rechtskreis / konkrete Gefährdung<br />
Der Begriff des <strong>Ansetzen</strong>s erfordert, dass der Täter seine<br />
Tatmittel in eine tätige (nicht nur gedankliche) Beziehung zum<br />
Angriffsgegenstand gebracht hat. Dieser muss somit aus Sicht<br />
des Täters schon unmittelbar gefährdet sein.<br />
e) Vorstellung des Täters von der Tat<br />
§ 22 StGB versubjektiviert den Versuchsbeginn dadurch,<br />
dass für die Beurteilung des u. A. die Tätervorstellung<br />
entscheidend ist. Ob auch objektiv die Tatbestandsverwirklichung<br />
unmittelbar bevorsteht, ist irrelevant. 5<br />
3 Somit ist im Versuch auch immer der Tatentschluss vor dem unmittelbaren <strong>Ansetzen</strong> zu prüfen!<br />
4 Hat der Täter schon mit der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals begonnen, so hat er normalerweise<br />
unproblematisch unmittelbar angesetzt Probleme ergeben sich hier höchstens bei zweiaktigen Delikten wie dem<br />
Raub und Qualifizierungen oder Privilegierungen (vgl. Lackner/Kühl § 22 Rn. 10, § 250 Rn. 7).<br />
5 Vgl. insbes. beim untauglichen Versuch!