Arbeitsplatz prekär - GEW Bayern
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SeiteneinsteigerInnen –<br />
billiger Notnagel<br />
oder frisches Potenzial?<br />
Foto: David Ausserhofer<br />
Für den Unterricht am Gymnasium gibt es in vielen Fächern zu<br />
wenig qualifizierte Lehrkräfte. Die Staatsregierung versucht, den so<br />
drohenden oder bereits existierenden Stundenausfall durch verschiedene<br />
Maßnahmen einzudämmen. Eine davon ist es, nicht für das Lehramt<br />
ausgebildete AkademikerInnen in die Schulen zu schicken.<br />
Dadurch entstehen neben einer gewissen Entlastung verschiedene Probleme<br />
und Konflikte. Zum einen in den Schulen, in denen die nicht<br />
ausgebildeten QuereinsteigerInnen in den Schulbetrieb eingegliedert<br />
werden müssen; zum anderen für die QuereinsteigerInnen, die nach<br />
dem neuen Tarifvertrag niedrig eingestuft werden und dementsprechend<br />
wenig verdienen.<br />
Hier der Bericht unserer Kollegin Margarete Gardel-Schwaiger,<br />
die als Diplom-Statistikerin seit September 2006 an einem bayrischen<br />
Gymnasium Mathematik unterrichtet.<br />
Für die Entscheidung, als gelernte Diplom-Statistikerin<br />
in den Lehrberuf zu wechseln, gab es mehrere Gründe:<br />
Mathematik macht mir Spaß, der Beruf der Lehrerin bietet<br />
trotz des vorgegebenen Lehrplanes Handlungs- und<br />
Gestaltungsspielraum – wesentlich mehr, als dies in anderen<br />
Berufszweigen möglich ist. Festgelegt sind nur die Unterrichtszeiten,<br />
Sprechstunden und Konferenzen. Wann und<br />
wo ich mich vorbereite oder korrigiere, bleibt mir überlassen.<br />
Ebenso ist es meine Entscheidung, wie ich vor der Klasse<br />
auftrete und meinen Unterricht gestalte.<br />
Natürlich wurde ich auch mit den negativen Seiten des<br />
LehrerInnenberufes konfrontiert.<br />
Vermeintlich bestens präpariert – ich hatte mich in den<br />
Sommerferien mit dem Lehrstoff vertraut gemacht – radelte<br />
ich voller Elan zur ersten Unterrichtsstunde. Dann stand<br />
ich 30 SchülerInnen einer siebten Jahrgangsstufe gegenüber,<br />
alle mit ausgeprägtem Experimentierverhalten ausgestattet<br />
(andere sprechen vom »Flegelalter«). Darauf war ich<br />
nicht vorbereitet. Bislang hatte ich nur Erwachsene unterrichtet,<br />
da genügten ein strukturierter Vortrag und die üblichen<br />
Höflichkeitsregeln. Nun hatte ich dafür zu sorgen, dass<br />
in der Klasse Ruhe herrscht, dass mir und nicht dem Klassenclown<br />
zugehört wird, dass keine Zettel geschrieben oder<br />
geworfen, dass Hausaufgaben gemacht werden – das Übliche<br />
eben. Zur Stoffvermittlung kam die Beziehungsarbeit<br />
hinzu. Erst wenn der Kontakt stimmt, gelingt der Unterricht.<br />
Eine einfache Erkenntnis, aber schwierig in der Realisation.<br />
Freundliche Aufnahme – praktische Tipps<br />
Glücklicherweise wurde ich im Kreis der KollegInnen<br />
sehr freundlich aufgenommen und erhielt Unterstützung.<br />
Besonders produktiv war die Zusammenarbeit mit einer Kollegin<br />
aus der Parallelklasse. Als Neuling ist man in vielen<br />
schulspezifischen Fragen auf kollegialen Rat angewiesen,<br />
angefangen von A wie Aufsicht bis Z wie Zeugnis.<br />
Umgekehrt konnte auch ich Anregungen geben, denn<br />
SeiteneinsteigerInnen haben aufgrund ihrer Erfahrungen in<br />
den verschiedensten Arbeits- und Lebenswelten einen anderen<br />
Blick auf die Schule: sei es ein praktischer Tipp zur<br />
Gestaltung von Word-Dokumenten oder zu Gesprächstechniken,<br />
wie auch mit »schwierigen Kunden«, nun Eltern, ein<br />
11 DDS Juli/August 2008