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3. Erkenntnisse zur Säuglingssterblichkeit in Deutschland im 18 ...

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Käsebereitung verkaufen zu können, entzogen; daher dort so häufiges Auftreten von<br />

Rachitis, schwerem Zahnen, Diarrhöen und Convulsionen der K<strong>in</strong>der beobachtet wird" 44 .<br />

Angesichts z.T. erheblicher Mortalitätsunterschiede von Ort zu Ort, wie sie <strong>in</strong> dieser Arbeit<br />

z.B. für Ostfriesland belegt werden können 45 , ist Ploss' H<strong>in</strong>weis auf die Vielfalt der Pflegepraktiken<br />

<strong>in</strong> regional begrenzten Räumen erwähnenswert: "E<strong>in</strong>e grosse Verschiedenheit der<br />

Pflege der Neugeborenen f<strong>in</strong>det aber <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Polizeidistricten e<strong>in</strong>es und desselben<br />

Regierungsbezirkes statt" 46 .<br />

In der Mehrzahl der Fachbeiträge vor der Wende zum 20. Jahrhundert st<strong>im</strong>men die Autoren<br />

dar<strong>in</strong> übere<strong>in</strong>, daß die wirtschaftliche, politische und soziale Lage der Bevölkerung wesentlich<br />

für regionale und schichtenspezifische Unterschiede <strong>in</strong> der <strong>Säugl<strong>in</strong>gssterblichkeit</strong> verantwortlich<br />

sei, zumal <strong>in</strong> Stadt und Land. Ebenso e<strong>in</strong>ig s<strong>in</strong>d sich die meisten<br />

Wissenschaftler jedoch dar<strong>in</strong>, daß der gesamte Ursachenkomplex "Ernährung und Pflege"<br />

e<strong>in</strong>e noch wichtigere, unmittelbarere Auswirkung auf die Überlebenschancen der Säugl<strong>in</strong>ge<br />

habe. Das folgende Zitat faßt diese Überzeugung zusammen: "Es kann nicht oft und nicht<br />

e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich genug darauf h<strong>in</strong>gewiesen werden, daß alle für die hohe <strong>Säugl<strong>in</strong>gssterblichkeit</strong><br />

verantwortlich gemachten Gründe schließlich nur <strong>in</strong> der Thatsache der falschen Ernährung<br />

wurzeln. Denn es liegt auf der Hand, daß politische Wirren, schlechter Geschäftsgang,<br />

verkehrte Sitten und schlechte Gewohnheiten bewirken, daß die Eltern bezw. Pfleger nicht<br />

genügend Mittel und Zeit haben, für die K<strong>in</strong>der sachgemäß zu sorgen; daß die unehelichen<br />

K<strong>in</strong>der nur deshalb e<strong>in</strong>e so hohe Sterblichkeit aufweisen, weil sie <strong>in</strong>folge der meist<br />

schlechten wirtschaftlichen Lage ihrer Mütter irrationell ernährt werden. Hohe Geburtenzahl<br />

und <strong>Säugl<strong>in</strong>gssterblichkeit</strong> decken sich deshalb, weil je mehr K<strong>in</strong>der, desto weniger an<br />

Sorgfalt u.s.w. auf das e<strong>in</strong>zelne entfällt. In den Centren der K<strong>in</strong>dersterblichkeit werden<br />

hauptsächlich diejenigen K<strong>in</strong>der h<strong>in</strong>weggerafft, deren Mütter dem Verdienst außerhalb des<br />

Hauses nachgehen müssen, wodurch wiederum die künstliche Ernährung an Stelle der<br />

naturgemäßen treten muß. Überall also tritt <strong>in</strong> Folge socialer Verhältnisse das Unvermögen<br />

hervor, die K<strong>in</strong>der gut zu ernähren,..." 47 .<br />

44<br />

45<br />

46<br />

47<br />

Ebda., 164f.<br />

Kap.5.2.1.<br />

H. Ploss, "Studien über die K<strong>in</strong>dersterblichkeit" (<strong>18</strong>74), 165. Der Satz bezieht sich auf bayerische<br />

Distrikte.<br />

o.N., "Der Verlauf der <strong>Säugl<strong>in</strong>gssterblichkeit</strong> <strong>im</strong> Großherzogthum Baden von <strong>18</strong>52-<strong>18</strong>95", <strong>in</strong>: Beiträge<br />

<strong>zur</strong> Statistik der <strong>in</strong>neren Verwaltung des Großherzogthums Baden, 26, Abt.I, Karlsruhe 1904, 3-23,<br />

zit. <strong>18</strong>.

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