Stuttgart 21 - FDP Baden-Württemberg
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<strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong><br />
„<strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> ist ein Verbrechen an unseren Kindern“.<br />
Diesen Spruch, gesprüht auf ein Bettlaken, das zwischen zwei Bäumen in einem Vorgarten<br />
hängt, lese ich jeden Morgen, wenn ich meine Kinder in den Kindergarten bringe.<br />
Das Transparent hängt dort seit den Sommerferien, es ist ein bisschen blasser und faltiger<br />
geworden, aber noch gut lesbar.<br />
Weniger gut lesbar sind die beiden Forderungen, die auf Pappschildern darunter formuliert<br />
sind: „Mehr Geld für Bildung“ und „Mehr Geld für Kindergärten“.<br />
Für mich ist dieses Transparent zum Symbol geworden:<br />
- Zum Symbol für den Zustand unserer Streitkultur (wie wir ihn ja unlängst auch im<br />
Landtag bestaunen durften)<br />
- Zum Symbol für die Polarisierung, die die Diskussion um S <strong>21</strong> nach wie vor bestimmt.<br />
<strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> ist kein Verbrechen an unseren Kindern, sondern eine Investition in ihre<br />
Zukunft.<br />
Wir alle, insbesondere unsere Kinder, werden in den nächsten Jahrzehnten von einer<br />
verbesserten Verkehrsanbindung, einer gesteigerten Mobilität und ökologischen<br />
Verkehrswegen profitieren.<br />
<strong>Stuttgart</strong> wird zudem einen modernen, zukunftsfähigen Bahnhof bekommen und – am<br />
wichtigsten – rund 100 Hektar neuer Fläche mitten in der Stadt. Dort kann ein sozial<br />
ausgewogener und umweltfreundlicher Stadtteil mitten im Herzen von <strong>Stuttgart</strong> entstehen<br />
– auch und gerade für Familien.<br />
Die Stadt <strong>Stuttgart</strong> hat vor kurzem den ersten Schritt getan und eine Veranstaltungsreihe<br />
gestartet, um die Bürgerinnen und Bürger, also uns alle in die Gestaltung dieses neuen<br />
Stadtteils einzubinden.
Lassen Sie uns hoffen, dass auch diejenigen, die heute noch mit Transparenten und<br />
Diffamierungen gegen <strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> wettern, bereit sind, ihre Ideen konstruktiv zum<br />
Wohle unserer Stadt einzubringen.<br />
Ich habe da angesichts so mancher Transparente allerdings meine Zweifel.<br />
Apropos Zweifel: die überkommen mich auch, wenn ich höre, <strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> sei an den<br />
Bürgern vorbei entschieden worden.<br />
Ich frage mich, wo alle, die das behaupten, in den vergangenen 15 Jahren gewesen sind.<br />
<strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> ist nicht vom Himmel gefallen und auch nicht, wie es für Verbrechen üblich<br />
ist, im Dunkeln, im Verborgenen geplant worden.<br />
<strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> ist das Ergebnis eines demokratischen Prozesses und eines<br />
rechtsstaatlichen Verfahrens.<br />
Sicher, man kann immer darüber diskutieren, ob Gesetze so, wie sie sind, sinnvoll sind.<br />
Die Diskussion darüber, ob das bestehende Planungsrecht geändert werden sollte oder<br />
ob wir mehr Bürgerbeteiligung in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> brauchen, können wir gerne führen<br />
- aber nur für die Zukunft.<br />
Wo kommen wir hin, wenn jemand, der sich an Recht und Gesetz hält, in diesem Land<br />
damit rechnen muss, als Verbrecher bezeichnet oder gar bestraft zu werden, weil<br />
manchen diese Gesetze (die sie im übrigen selbst gemacht haben, wie etwa das<br />
bestehende Planungsrecht, das unter rot-grün entstanden ist) nicht passen?<br />
Wo kommen wir hin, wenn Investoren damit rechnen müssen, auf der Basis des<br />
geltenden Rechts zwar eine – juristisch einwandfreie – Genehmigung zu bekommen, von<br />
dieser aber nicht Gebrauch machen zu dürfen, weil die Stimmung einer gefühlten<br />
Mehrheit gerade mal dagegen ist?<br />
Wo kommen wir hin, wenn in letzter Instanz in unserem Rechtsstaat nicht mehr Gerichte<br />
entscheiden, sondern Sitzblockaden?<br />
In einem solchen Land möchte ich nicht leben und auch meinen Kindern ein solches Land<br />
nicht zumuten.
Als Liberale haben für mich unsere demokratische Verfassung und unser Rechtsstaat<br />
einen sehr hohen Stellenwert.<br />
Sie gilt es zu erhalten – deshalb stehe ich hier und deshalb setze ich mich für <strong>Stuttgart</strong><br />
<strong>21</strong> ein.<br />
Um es deutlich zu sagen: ich bin durchaus an der ein oder anderen Stelle für mehr<br />
direkte Demokratie, aber ich bin vehement gegen Stimmungsdemokratie: Wir dürfen<br />
Entscheidungen in diesem Land nicht so treffen, wie es einige zur Zeit propagieren,<br />
nämlich schlicht nach dem Motto: „Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt“. Das<br />
funktioniert nicht.<br />
Und es funktioniert auch nicht, Versprechen – wie den Ausstieg aus dem Projekt – zu<br />
machen, die nicht haltbar sein werden. Ein solches Vorgehen um der Macht willen<br />
schadet unserer Demokratie mehr als jede parlamentarische Entscheidung.<br />
Ein Argument der Gegner, das sich auch in dem eingangs erwähnten Transparent<br />
widerspiegelt, sind die Kosten von <strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong>.<br />
Sie seien so hoch, dass andere Investitionen, etwa in Bildung, nicht mehr möglich seien.<br />
Ich bin durchaus dafür, dass mehr in Bildung investiert wird.<br />
Allerdings sind diese Investitionen völlig unabhängig von <strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong>. Oder anders<br />
ausgedrückt: <strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> verhindert sie nicht.<br />
Würde <strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> nicht gebaut, stünde kein Cent mehr für Bildungsausgaben in diesem<br />
Land zur Verfügung.<br />
Die Gelder, die für <strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> vorgesehen sind, sind zweckgebunden.<br />
Sie würden an anderer Stelle (folgt man den Grünen, dann vorzugsweise in<br />
Niedersachsen) in Verkehrsinfrastrukturprojekte investiert, aber nicht in die Verbesserung<br />
des baulichen Zustandes unserer Schulen, die Verbesserung des Personalschlüssels in<br />
unseren Schulen und Kindertagesstätten oder den Ausbau von Ganztagsschulen.
Wer Gegenteiliges behauptet, will bewusst Ängste schüren und den Eindruck erwecken,<br />
für andere wichtige Aufgaben sei kein Geld mehr da, wenn <strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> realisiert wird.<br />
Die Alternative zu <strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> lautet nicht K<strong>21</strong>, sondern: keine Veränderung, alles bleibt,<br />
wie es ist. Wäre das die bessere Alternative für uns, für unsere Kinder?<br />
Nein. Außer gebildeten Köpfen braucht ein Land, um zukunftsfähig zu sein, auch eine gute<br />
Verkehrsinfrastruktur. Beides – Bildung und Infrastruktur – stehen nebeneinander, nicht<br />
gegeneinander.<br />
In den vergangenen Wochen habe ich viele Gespräche mit S<strong>21</strong>-Gegnern geführt.<br />
Zum Teil waren es gute, konstruktive und sachliche Diskussionen, zum Teil beschränkte<br />
sich der Beitrag der Gegner auf reine Beschimpfungen.<br />
„Du Kindermörderin“ war wohl die übelste Attacke, die ich in der Stadtbahn nach dem<br />
30.09. über mich ergehen lassen durfte.<br />
Ich bin in der vergangenen Woche von einem Projektgegner auf einer Veranstaltung<br />
aufgefordert worden, doch bitte meinen Button „I love <strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong>“, den ich seit<br />
Monaten trage, abzunehmen. Seine Begründung: ich verträte eine nicht zu akzeptierende<br />
Mindermeinung in dieser Stadt, <strong>Stuttgart</strong> sei anderer Ansicht.<br />
Mal ganz abgesehen davon, dass auch ich mich als Neigschmeckte zu <strong>Stuttgart</strong><br />
zugehörig fühle, finde ich ein solches Verständnis von Meinungsfreiheit wirklich<br />
bemerkenswert:<br />
Getreu nach dem Motto: „Jeder darf seine Meinung sagen, sie muss nur mir gefallen“.<br />
Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Ich bin froh, dass wir in unserem Land die Möglichkeit<br />
haben, unsere Meinung frei zu äußern – als Befürworter wie als Gegner von S<strong>21</strong>.<br />
Aber der Streit um ein Eisenbahnprojekt darf, bei allen Emotionen, nicht dazu führen, dass<br />
wir jedes Maß verlieren.<br />
<strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> ist kein Verbrechen und die, die sich dafür einsetzen, sind keine Verbrecher. Ich<br />
würde mir wünschen, wenn diese Selbstverständlichkeit auch bei allen Gegnern endlich<br />
ankommen würde.
Ein Sprichwort sagt: „Zukunft soll man nicht voraussehen, sondern möglich machen“.<br />
<strong>Stuttgart</strong> <strong>21</strong> ist die Zukunft.<br />
Lassen Sie uns weiterhin gemeinsam daran arbeiten, dass diese Zukunft möglich wird - für<br />
uns und unsere Kinder. Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen. Vielen Dank!