24.11.2013 Aufrufe

Deutsche Lotsen im chinesischen Nebel - AHK

Deutsche Lotsen im chinesischen Nebel - AHK

Deutsche Lotsen im chinesischen Nebel - AHK

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Deutsche</strong> <strong>Lotsen</strong> <strong>im</strong> <strong>chinesischen</strong> <strong>Nebel</strong> - Nachrichten Print - DIE WELT - Wirtschaft...<br />

http://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article12983343/<strong>Deutsche</strong>-<strong>Lotsen</strong>-<strong>im</strong>-chi...<br />

Page 2 of 2<br />

3/29/2011<br />

Noch berät Rudolf Reiet seine Kunden von Bonn aus. Vier Mitarbeiter hat das Büro in der ehemaligen Bundeshauptstadt, zwei Chinesen<br />

arbeiten in Chongqing für Caerus. Rund ein Viertel des Jahres verbringt Reiet in China, seine Geschäftspartnerin Li ist noch öfter dort.<br />

Die Leistungen reichen von interkulturellem Training, wo die <strong>Deutsche</strong>n lernen, wie sie zum Beispiel das ständige Schnalzen ihres<br />

<strong>chinesischen</strong> Gegenübers zu deuten haben, über Sprachkurse bis zur Geschäftsansiedlung in Chongqing. "Das Einzel-Coaching ist<br />

enorm wichtig", sagt Reiet. Seine Klienten seien es gewöhnt, in Verhandlungen sehr verbindlich aufzutreten - "Doch damit kommt man in<br />

China nicht weit", sagt der Caerus-Chef.<br />

In den Sitzungen vor der Abreise versucht Reiet, seine Kunden auf den Kulturschock vorzubereiten - eine abgegriffene, aber <strong>im</strong>mer noch<br />

passende Bezeichnung für das, was auf Europäer wartet, die zum ersten Mal in China arbeiten: "Sie essen dort andere Sachen, sie<br />

trinken anders, sie verhandeln anders. Das muss man wissen, und zwar vorher", sagt Reiet. Seinen Kunden sei oftmals nicht bewusst,<br />

wie sehr sich die Geschäftsanbahnung in China von der in Deutschland unterscheide: "Hier kannst du irgendwo anrufen und von deinem<br />

Produkt erzählen, Kalt-Akquise machen. Das ist in China ein Ding der Unmöglichkeit." Ein Fehler, den eher kleine und mittelständische<br />

Unternehmen häufig machen, so seine Erfahrung.<br />

Reiet profitiert mit seiner Firma in vielen Fällen vom wachsenden Umweltbewusstsein der Chinesen. "In den Ministerien wird die<br />

Problematik durchaus gesehen." Deshalb hat die Verwaltung der Wirtschaftszone in Chongqing großes Interesse daran, nachhaltig<br />

arbeitende Firmen anzusiedeln. Das ungezügelte Wachstum ohne Rücksicht auf Verluste soll dem aktuellen Fünf-Jahres-Plan zufolge<br />

denn auch der Vergangenheit angehören: Bis 2015 muss der Energieaufwand für jeden erwirtschafteten Yuan um 17 Prozent sinken.<br />

Reiet hat sich deshalb auf Umwelttechnik spezialisiert. Derzeit arbeitet er unter anderem für eine Firma, die in Chongqing<br />

Müllvergasungsanlagen bauen will, ohne dass giftige Abgase entstehen. "Die Giftstoffe werden in dieser Anlage in einer glasartigen<br />

Schlacke eingeschlossen. Als ,Abfallprodukt' entsteht Koks, das in Kohlekraftwerken verfeuert werden kann", erklärt Reiet.<br />

Die Kontaktaufnahme zu den <strong>chinesischen</strong> Behörden erledigt meist seine Partnerin. "Sie hat als Chinesin natürlich einen ganz anderen<br />

Draht zu den Beamten", sagt Reiet. Ein deutscher Handelsregisterauszug allein schaffe noch nicht das Vertrauen, das es braucht, um<br />

schnell an Baugenehmigung, Zulassungen und Fördermittel zu kommen. "Wir wissen, welche Formulare an welches Referat gerichtet<br />

werden müssen. Das ist für Ausländer sehr schwer zu durchschauen." Viele Informationen in China seien nur über indirekte Kanäle wie<br />

Vier-Augen-Gespräche zu bekommen.<br />

Immer wieder erzählt er seinen Kunden, dass sie für ein Investment in China Geduld mitbringen müssen. "Die Vertragsanbahnung dauert<br />

drei oder vier Mal so lange wie in Deutschland. Vertrauen spielt dort eine deutlich größere Rolle", sagt er. Reiet übt mit seinen Kunden<br />

auf Wunsch Tischmanieren und Umgangsformen. "Ich bereite sie dann auch schon mal auf die Speisekarte vor", sagt Reiet und lacht. "In<br />

Chongqing gibt es nämlich bislang kein halbwegs gutes westliches Essen." Pizza und Pasta: absolute Fehlanzeige. Aber das Essen mit<br />

Messer und Gabel, das sei inzwischen total angesagt - <strong>im</strong>merhin.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!