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(Zeitgemäß imkern) - Imkerverein Ravensburg

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1<br />

<strong>Zeitgemäß</strong> <strong>imkern</strong><br />

„Vor allem aber lernt die Theorie, sonst bleibt Ihr praktische Stümper Euer<br />

Leben lang“ (August Baron von Berlepsch, 1869)<br />

Der Autor, Dr. Gerhard Liebig, arbeitet an der Landesanstalt für Bienenkunde der Universität<br />

Hohenheim und befasst sich seit 1984 in einem umfassend angelegten Forschungsvorhaben mit<br />

der Populationsdynamik des Bienenvolkes. Jahr für Jahr werden weit über 100 Bienenvölker in<br />

ihrer Entwicklung genau beobachtet. Grundlage dieser praxisnahen arbeitsintensiven<br />

Untersuchungen sind regelmäßige Populationsschätzungen nach der Liebefelder Methode.<br />

Dabei werden die Völker im Abstand von 21 Tagen geöffnet und auf jeder Wabe die Anzahl der<br />

Bienen und der Brutumfang bestimmt. Mit den auf diese Weise über einen längeren Zeitraum<br />

gewonnenen Populationsdaten lässt sich die Entwicklung von Bienenvölkern exakt beschreiben<br />

und der Einfluss von Standort (Klima und Tracht), Witterung und imkerlichen Maßnahmen<br />

sowie der Herkunft der Königin zuverlässig beurteilen. Aus den Ergebnissen lassen sich „hiebund<br />

stichfeste“ Empfehlungen für eine zeitgemäße Völkerführung ableiten.<br />

Das größte Problem – die Varroose<br />

Jahr für Jahr stellt die Varroose viele Imker vor große Probleme. Wenn die Völker im<br />

Spätsommer nicht rechtzeitig und gründlich behandelt werden, sind Völkerverluste von 100%<br />

nicht selten. Es ist verständlich, dass der Spaß an der Bienenhaltung verloren geht, wenn<br />

immer wieder viele Völker der Varroamilbe zum Opfer fallen, und die Bienenhaltung deshalb<br />

aufgegeben wird, was in den <strong>Imkerverein</strong>en in einem stetigen Rückgang der Mitglieder- und<br />

Völkerzahlen zum Ausdruck kommt. Diesem seit Jahren anhaltenden Trend muss<br />

entgegengewirkt werden. Mitglieder halten und Nachwuchs werben sind Aufgaben, die man<br />

nicht nur der Imkerorganisation überlassen sollte. An ihnen kann sich jeder Imker beteiligen.<br />

Varroabekämpfung muss gelernt sein. Blind darauf losschlagen reicht nicht aus. Die Völker<br />

müssen jedes Jahr rechtzeitig und gründlich behandelt werden, damit die Varroamilbe nicht<br />

überhand nimmt. Gleichzeitig dürfen durch die regelmäßige Behandlung keine neuen<br />

Probleme entstehen, vor allem müssen die Bienenprodukte sauber bleiben. Unser Honig kann<br />

am Markt nur bestehen, wenn seine Qualität überzeugt. Das ökologische Bewusstsein der<br />

Kunden ist sehr hoch. Die Leute wollen gesund leben. Gesund leben heißt auch und vor allem<br />

gesund essen. Beim Kauf von Lebensmitteln werden hohe Ansprüche gestellt, so auch an den<br />

Honig.<br />

Honig ist kein Lebensmittel, auf das man nicht verzichten kann. Der Genuss von Honig macht<br />

nicht süchtig. Um so mehr kommt es darauf an, dass der Honig rein ist. Rückstände aus der<br />

Varroabekämpfung haben im Honig nichts zu suchen. Am einfachsten beugt man<br />

diesbezüglich vor, indem man auf die Anwendung von Mitteln, die Rückstandsprobleme<br />

schaffen, verzichtet.<br />

Die alternativen organischen Säuren erfüllen die Ansprüche, die mit dem zeitgemäßen Imkern<br />

verbunden sind. Die Völker bleiben nicht nur am Leben, sondern sind auch leistungsfähig.<br />

Die Varroamilbe kann unter Kontrolle gehalten werden und der Honig wird nicht durch<br />

problematische Rückstände belastet. Das gilt auch für Wachs, Propolis und Pollen.<br />

Varroabekämpfung mit organischen Säuren ist einfach zu verwirklichen, allerdings nur, wenn<br />

die Beute passt.


2<br />

Auf die Beute kommt es an<br />

Die Beutenvielfalt und der Rähmchensalat in deutschen Landen sind ungeheuer groß. Sie<br />

machen es dem Anfänger schwer, auf Anhieb die richtige Beute zu finden. Man kann in jeder<br />

Beute und auf jedem Rähmchen seine Bienen halten (die Vielfalt beweist es!), doch nicht jede<br />

Beute erfüllt die Ansprüche, die man an eine moderne Beute und an zeitgemäßes Imkern<br />

stellen sollte. Nicht jede Beute ist einfach, preiswert und zweckmäßig.<br />

Das Bienenhaus und der Bienenwagen mit Hinterbehandlungs- oder Trogbeuten sind „passé“,<br />

die Freilandaufstellung mit Magazinbeuten ist „in“.<br />

Der Gitterboden gehört heutzutage unbedingt dazu.<br />

• Er erleichtert die Gemülldiagnose.<br />

Wer die Varroamilbe ohne viel Aufwand beobachten kann, hält sie leichter unter Kontrolle.<br />

Mit dem Gitterboden sind noch weitere Vorteile verbunden:<br />

• nicht besetzte Waben verschimmeln höchst selten,<br />

• der Bodentausch im Frühjahr ist überflüssig,<br />

• beim Wandern sind die Völker ausreichend belüftet.<br />

Die Völker werden ganzjährig über offenem Gitterboden geführt. Das ist nicht zu ihrem<br />

Nachteil.<br />

Das richtige Rähmchen<br />

Auch die Suche nach dem richtigen Rähmchenmaß kann mit schlagkräftigen Argumenten<br />

geführt werden. Dabei gilt: Kaltbau ist besser als Warmbau, nicht nur wegen des günstigeren<br />

Zehrweges im Winter, sondern auch im Hinblick auf die Behandlung der Völker mit<br />

Ameisensäure. Im Kaltbau können die Völker die Ameisensäurekonzentration in der Stockluft<br />

besser regulieren als im Warmbau. Der Imker hat bei der Behandlung mehr Spielraum, seine<br />

Fehler können vom Bienenvolk leichter ausgebügelt werden.<br />

Für die Entwicklung der Völker ist es egal, ob sie im Brutraum auf vielen kleinen oder auf<br />

wenigen großen Waben sitzen. Deshalb wird die Frage der idealen Rähmchengröße nach<br />

anderen Gesichtspunkten entschieden, von denen die Wabenhygiene an oberster Stelle steht.<br />

Die Wabenerneuerung im Brutraum ist einfacher, wenn dort dasselbe Maß wie im Honigraum<br />

verwendet wird. Dann kann die Bauleistung während der Tracht im Honigraum zur späteren<br />

Wabenerneuerung im Brutraum genutzt werden. Außerdem sind die Völker während der<br />

Schwarmzeit leichter zu führen, wenn sie in einem zweigeteilten Brutraum sitzen. Solange die<br />

Völker nicht in Schwarmstimmung sind, reicht zur Kontrolle das einfache Kippen aus. (Was<br />

allerdings nur einfach geht, wenn die Zargen keinen Falz haben!) Der Honigraum muss nur<br />

bei den schwarmtriebigen Völkern abgehoben werden. Wer seinen Rücken nicht belasten will,<br />

kann dazu eine Kippvorrichtung einsetzen.<br />

Die Rähmchen sollten lange Ohren haben, damit man sie fest im Griff hat und beim Ziehen<br />

und Einhängen der Waben keine Bienen (tot) gerollt werden. Es ist ärgerlich, wenn dadurch<br />

die Königin dran glauben muss.<br />

Die Rähmchen sollten groß genug sein. Kleinere Rähmchen als Zander oder Langstroth<br />

machen mehr Arbeit. Mehr Arbeit beim Nageln, beim Drahten, beim Mittelwände gießen,<br />

beim Entdeckeln und beim Schleudern. Deshalb ist Deutsch normal nicht normal.<br />

In Dickwaben eingelagerter Honig hat einen höheren Wassergehalt, auf ihre Anschaffung<br />

sollte verzichtet werden.


3<br />

Mit Absperrgitter<br />

Dagegen ist das Absperrgitter für ein zeitgemäßes Imkern unverzichtbar. Wenn es so<br />

eingelegt wird, dass das Bienenvolk zum Brüten zwei Räume zur Verfügung hat, wird seine<br />

Entwicklung nicht negativ beeinflusst. Solche Völker („unter“ Absperrgitter) brüten nicht<br />

weniger, haben nicht weniger Bienen, bringen nicht weniger Honig und geraten nicht früher<br />

oder häufiger in Schwarmstimmung als Völker ohne Absperrgitter, sie machen nur weniger<br />

Arbeit: (Und nur das zählt!)<br />

• Bei schwarmtriebigen Völkern beschränkt sich die Suche nach den Zellen auf die Waben<br />

des Brutraumes.<br />

• Die Honigernte fällt leichter, weil weder Brut noch Königin stören.<br />

• Es können jederzeit Sortenhonige geerntet werden.<br />

• Die Entdeckelung der hellen Honigwaben kann mit Heissluft erfolgen, was weniger<br />

umständlich ist als mit der Entdeckelungsgabel.<br />

• Außerdem verstopfen die Honigsiebe nicht so schnell.<br />

• Im Wabenlager werden zwangsläufig nur helle Waben aufbewahrt, sodass keine<br />

Wachsmottenbekämpfung notwendig ist.<br />

Die Eignung eines Beutensystems wird ausschließlich von Zweckmäßigkeit und Preis<br />

bestimmt. Auf folgende Eigenschaften ist zu achten:<br />

• Einfache Magazinbeute (Zargen aus Holz, dünnwandig, ohne Häkchen und Schlösschen,<br />

ohne Falz).<br />

• Gleiches Rähmchenmaß im Brutraum und Honigraum, mit langen Ohren (Zander).<br />

• Absperrgitter (Brut in zwei Räumen)<br />

• Gitterboden (Belüftung, Wanderung, Gemülldiagnosen)<br />

• Auffüttern mit Futtereimer (und Schwimmhilfe) in Leerzarge (ist das billigste und<br />

zweckmäßigste Futtergeschirr)<br />

Wissen und Können<br />

Erfolgreiches Imkern setzt die Kenntnis und Berücksichtigung der Biologie des Bienenvolkes<br />

voraus. Dabei ist besonders auf seine Entwicklung zu achten. Die Volksentwicklung wird in<br />

erster Linie von den Jahreszeiten geprägt, sie steht außerdem unter dem Einfluss von Standort<br />

(Klima und Tracht), Witterung, Krankheiten und imkerlichen Eingriffen.<br />

Der Honigertrag ist abhängig von der Volksstärke und von der Tracht. Trachtgüte und<br />

Trachtnutzung werden maßgeblich vom Klima und von der Witterung beeinflusst.<br />

Der Imker sollte seine Völker so zu führen, dass sie frei von Krankheiten bleiben und<br />

während der Tracht stark sind, und er sollte sie dort aufstellen, wo Tracht zu erwarten ist.<br />

Die wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiches Imkern sind eine Völkerführung, die den<br />

Besonderheiten und Bedürfnissen des Bienenvolkes gerecht wird, und eine vorausschauende<br />

Beobachtung und Beurteilung der Blüten- und Waldtracht. Die Trachtbeobachtung wird<br />

allgemein vernachlässigt. Sie verdient einen sehr viel höheren Stellenwert als alle anderen<br />

Bemühungen, die die Steigerung des Honigertrages zum Ziel haben.<br />

Leitsätze der Völkerführung<br />

Der Grundstein für die Leistungsstärke der Völker während der Blütentracht im Frühjahr wird<br />

bereits im Spätsommer des Vorjahres gelegt. Für die Völkerführung im Spätsommer gilt der<br />

Leitsatz: Völker stark und gesund einwintern! Dann wintern sie in der Regel auch stark und


4<br />

gesund aus, entwickeln sich im Frühjahr sehr zügig, tragen viel Honig ein (und wollen bald<br />

schwärmen). Wer die Leistungsstärke seiner Völker über die Blütentracht hinaus (zum<br />

Beispiel für die Nutzung einer Waldtracht) erhalten will, muss lediglich darauf achten, dass<br />

sie nicht abschwärmen. Damit ist auch der Leitsatz für die Völkerführung im Frühjahr<br />

genannt: Völker nicht schwärmen lassen!<br />

Zur Steuerung der Volksentwicklung sind weniger Eingriffe notwendig als allgemein<br />

empfohlen werden. So sind die sogenannten Reizungsmaßnahmen zur Steigerung der<br />

Brutaktivität mit dem Ziel, über mehr Brut zu mehr Bienen zu kommen, vollkommen<br />

überflüssig; denn Völker können nicht gereizt werden, im Spätsommer nicht und im Frühjahr<br />

auch nicht. Das Wort „Reizung“ kann aus dem imkerlichen Wortschatz gestrichen werden.<br />

Bei der Auffütterung ist die Futterart (ob fest oder flüssig, ob Zuckerwasser, Sirup oder<br />

Blütenhonig) und auch die Anzahl der Futterportionen für die weitere Volksentwicklung ohne<br />

Bedeutung. Wichtig für die sichere und erfolgreiche Überwinterung ist, dass die Völker<br />

bereits vor der Auffütterung stark genug sind und dass sie ausreichend mit Futter versorgt<br />

werden. Dabei ist zu bedenken, dass das meiste Futter im Frühjahr (März/April) verbraucht<br />

und gebraucht wird. Der Leitsatz „Völker nicht hungern lassen!“ gilt für das ganze Jahr.<br />

Andere Faktoren wie Herkunft der Königin (ob Buckfast oder Carnica), Beutenisolation (ob<br />

Kunststoff oder Holz) und Wabengröße (ob Dadant, Zander, Langstroth oder Deutsch normal)<br />

spielen für die Volksentwicklung keine Rolle. Darüber wird unnötig gestritten.<br />

Den meisten Krankheiten kann durch einfache Vorbeugung begegnet werden. Besonderer<br />

Wert ist bei der Völkerführung auf Wabenhygiene zu legen. Die regelmäßige<br />

Wabenerneuerung gelingt leichter, wenn die Völker mit Absperrgitter geführt werden und im<br />

Honigraum dasselbe Rähmchenmaß wie im Brutraum verwendet wird. Nur dann lässt sich die<br />

Bauleistung während der Tracht im Honigraum für die spätere Wabenerneuerung im<br />

Brutraum nutzen!<br />

Die Spätsommerpflege<br />

Ein Bienenvolk kommt sicher durch den Winter, wenn es gesund und stark in den Winter geht<br />

und über genügend Vorräte verfügt. Man braucht nur wenig zu tun, um die Völker in diesen<br />

Zustand zu versetzen. Das Wenige muss aber getan werden.<br />

Damit aus der Pflege kein Pflegefall wird sollten bei der Spätsommerpflege folgende Punkte<br />

unbedingt beachtet werden:<br />

• Vor der Auffütterung auslesen. Nur starke Völker einwintern!<br />

Lieber weniger Völker einwintern und alle auswintern als alle Völker einwintern und<br />

weniger auswintern!<br />

• Wirtschaftsvölker einengen und dabei den alten Wabenbau (untere Zarge!) entfernen und<br />

so „drei Fliegen mit einer Klappe schlagen“:<br />

- für Wabenhygiene sorgen,<br />

- die Sanftmut beurteilen (Auslese nachzuchtwürdiger Völker),<br />

- und möglichen Brutschäden durch die folgende(n) Ameisensäurebehandlung(en)<br />

vorbeugen.<br />

• Vor der Varroose schützen.<br />

• Rechtzeitig und ausreichend auffüttern.<br />

(Zum Beispiel Wirtschaftsvölker mit 3x 10 Liter und Jungvölker 2x 10 Liter<br />

Zuckerwasser 3:2.)


5<br />

Ameisensäure als Medizin<br />

Die Behandlung mit Ameisensäure (AS) wird ausschließlich mit der Medizinflasche<br />

durchgeführt. Sie wird von oben eingesetzt und benötigt eine Leerzarge oder einen<br />

umgedrehten Futtertrog als Verdunstungsraum. Wenn die Leerzarge auch für die Auffütterung<br />

mit dem Futtereimer genutzt wird (mit Zuckerwasser gefüllt und mit einer Schicht<br />

Flaschenkorken als Schwimmhilfe ausgerüstet in die Leerzarge einstellen), lässt sich die<br />

Behandlung mit der Medizinflasche mühelos in die Spätsommerpflege integrieren. Diese<br />

besteht dann aus folgenden Eingriffen:<br />

1. Völker auf zwei Zargen einengen, Leerzarge aufsetzen.<br />

2. Tellerverdunster mit Medizinflasche (gefüllt mit 100 ml 85%iger Ameisensäure) in die<br />

Leerzarge auf das Volk stellen. (Die Behandlung ist nach 3-4 Tagen beendet.)<br />

3. Drei Futtergaben von je 10 Liter Zuckerwasser (3:2) im Eimer im Abstand von 4-7 Tagen<br />

reichen.<br />

4. Nach der Auffütterung ein zweites Mal mit Tellerverdunster und Medizinflasche (gefüllt<br />

mit 200 ml 85%iger Ameisensäure, die Behandlung dauert etwa 2 Wochen) behandeln.<br />

5. Leerzarge abräumen, Mäusegitter am Flugloch anbringen.<br />

Wer beobachtet weiß Bescheid<br />

Wer den Varroabefall seiner Völker beurteilen will, sollte den durch die AS-Behandlung<br />

ausgelösten Varroa-Abfall erfassen. Während der Behandlung ist der Gitterboden sowieso mit<br />

einer Schublade (Windel) verschlossen. Vor der Behandlung kann auf die gleiche Weise der<br />

natürliche Milben(ab)fall ermittelt werden. Danach weiß man was man hat und ist vor<br />

unangenehmen Überraschungen sicher. Der Behandlungserfolg kann auch (optisch) über die<br />

verdunstete AS-Menge beurteilt werden. Bei 2-Zargen-Völkern sollte die Flasche jeden Tag<br />

mindestens 20 ml AS abgeben. Bei 1-Zargen-Völker genügt eine durchschnittliche<br />

Verdunstungsleistung von 8 ml täglich für eine zufriedenstellende Wirkung. Die AS-<br />

Verdunstung hängt von der Witterung (Außentemperatur und Luftfeuchte) und von der<br />

Volksstärke ab und kann über die Größe des Dochtes reguliert werden.<br />

In stärkeren Völkern verdunstet die AS in der Regel langsamer als in schwächeren Völkern,<br />

bei hohen Temperaturen rascher als bei niedrigen Temperaturen, an feuchten Standorten (im<br />

und am Wald) schlechter als bei Aufstellung der Völker in freiem Gelände.<br />

Mit einer Gemülldiagnose im Spätherbst kann überprüft werden, ob eine Nachbehandlung im<br />

brutfreien Zustand notwendig ist. Wenn der natürliche Milbenfall höher liegt als 1 Milbe pro<br />

Tag ist eine Nachbehandlung notwendig.<br />

Zweimal ist einmal zuviel<br />

Wer sein Wachs vor Rückständen schützen will, sollte für die Nachbehandlung Oxalsäure<br />

(OS) entweder im Sprüh- oder im Träufelverfahren anwenden. Das Besprühen (mit 3% OS)<br />

ist besonders bei Zwei-Zargen-Völkern sehr umständlich, weil dazu jede mit Bienen besetzte<br />

Wabe gezogen werden muss. Außerdem muss sich der Anwender sehr gut schützen. Es dürfen<br />

keine OS-Spritzer und kein OS-Sprühnebel auf die Haut oder in die Augen geraten und auch<br />

nicht eingeatmet werden. Doch hat die aufwendige Prozedur auch einen Vorteil.<br />

Anschließend weiß man was man hat, wie stark die Bienenvölker sind und welche wirklich<br />

brutfrei waren.<br />

Auch beim Beträufeln (mit 3,5 % OS in Zuckerwasser) sollte viel Wert auf die Sicherheit<br />

gelegt werden. Unbedingt Handschuhe anziehen! Das Beträufeln der Wintertraube ist<br />

wenig(er) bienenverträglich, deshalb gilt für die OS-Behandlung der Leitsatz: Zweimal ist<br />

einmal zuviel!


6<br />

Winterruhe<br />

Im Winter hat der Imker Urlaub von seinen Bienen. Wenn das sonst weit geöffnete Flugloch<br />

mit einem Mäusegitter geschützt ist, besteht auch keine Gefahr, dass sich dahinter<br />

ansammelnder Bienentotenfall den Ausgang verschließt. Der Blechdeckel auf der Beute sollte<br />

mit einem Stein beschwert sein, damit er nicht vom Sturm weggetragen wird. Dann kann man<br />

die Völker nach der Nachbehandlung in Ruhe lassen und muss sich erst im März wieder um<br />

sie kümmern.<br />

Reizen unnötig<br />

Je nach Witterung ziehen die Völker im Februar oder erst im März ihre erste Brut auf. Sie<br />

reicht lediglich dazu aus, den Verlust an abgehenden Winterbienen auszugleichen. Bei<br />

steigenden Temperaturen wird im April das Brutnest weiter ausgedehnt. Dazu brauchen die<br />

Völker keine Hilfestellung oder Reizung. Die in vielen Monatsanweisungen beschriebenen<br />

Reizungsmaßnahmen wie<br />

• das Aufritzen des verdeckelten Futters,<br />

• das Reichen eines Auferstehungstrunkes,<br />

• das Auflegen eines „Briketts“ (aus Futterteig),<br />

• das Füttern von Zuckerwasser in vielen kleinen Portionen („jeden Abend ein Viertele“)<br />

oder<br />

• das Vertauschen der beiden Brutraumzargen (das obere nach unten, das untere nach oben)<br />

machen dem Imker nur Arbeit; bei den Völkern bleiben sie ohne Wirkung. Das wurde in<br />

vielen wissenschaftlich exakt geführten Versuchen nachgewiesen, in denen die Entwicklung<br />

der „gereizten“ Völker immer mit der von unbehandelten Kontrollvölkern verglichen wurde.<br />

Wer sich auch davon nicht überzeugen lässt und dennoch darauf besteht, seine Völker reizen<br />

zu können, sollte die damit verbundene Unterstellung, seine Völker wären „brutfaul“,<br />

überdenken. Was will er mit der Reizung bewirken? Seine Völker sollen mehr Brut aufziehen<br />

als sie es selbst „aus freien Stücken“ tun. Ein solcher Imker sollte sich fragen, welches<br />

Brutzellen-Bienen-Verhältnis er überhaupt erreichen will, und vor der „Reizung“ überprüfen,<br />

welches Brutzellen-Bienen-Verhältnis bereits vorliegt. Vielleicht kommt er dann ins Staunen<br />

oder ins Grübeln.<br />

Die Natur versteht es besser, was wann zu tun ist! Die Völker legen im Frühjahr von sich aus<br />

auf Wachstum viel Wert. Sie wachsen aus eigenem Antrieb, erst langsam und dann immer<br />

schneller. Gut versorgte Völker gewinnen bereits Anfang April an Stärke, sofern im Februar<br />

und März eine anhaltend milde Witterung geherrscht hat. Der starke Zuwachs an Bienen kann<br />

bis Mitte Juni anhalten, wenn die Völker nicht in Schwarmstimmung geraten.<br />

Jeden Tag schlüpfen Bienen, in einem gesunden Volk mehr als alters- oder krankheitsbedingt<br />

abgehen. Anfang April schlüpfen etwa 500 Jungbienen, Ende April sind es bereits 1000 oder<br />

mehr, Tag für Tag.<br />

Die Bienen brauchen mehr Platz als die Brut. Auf jeder Seite einer voll ausgebauten<br />

Zanderwabe können bis zu 3200 Arbeiterinnenzellen bebrütet sein, aber sich maximal „nur“<br />

1000 Bienen aufhalten. Eine Wabe ist selten so dicht von Bienen besetzt. Eine Wabengasse<br />

gilt schon dann als gut gefüllt, wenn sich in ihr (auf zwei Wabenseiten) 1000 Bienen<br />

aufhalten. Ein Wochenzuwachs von 7000-10000 Jungbienen füllt leicht 7-10 Wabengassen.<br />

Da kann es in einem Bienenvolk rasch (zu) eng werden. In der Regel ist deshalb um die Zeit<br />

der Kirschblüte die erste Erweiterung fällig, bei einräumig überwinterten Völker etwas früher<br />

als bei Völkern, die schon seit August in zwei Zargen sitzen.<br />

Der ersten Erweiterung folgt im Mai die zweite und eventuell sogar eine dritte, wenn die<br />

Völker auf einem Raum überwintert wurden.


7<br />

Für jede Erweiterung werden 4-6 ausgebaute Waben und entsprechend 6-4 Mittelwände<br />

gebraucht. (Bei zwei vorgesehenen Erweiterungen sind somit für jedes Volkes 8-12<br />

Mittelwände vorzubereiten. Später brauchen Sie noch mehr. Bei der Bildung und Pflege von<br />

Jungvölkern werden für jeden Ableger noch einmal 6-8 Mittelwände benötigt. Außerdem<br />

sollte man immer darauf vorbereitet sein, dass Schwärme anfallen. Jeder Schwarm wird<br />

grundsätzlich ausschließlich auf (10) Mittelwänden eingeschlagen.<br />

Die Mittelwände sollten im Winter gegossen und in Rähmchen eingelötet werden, bevor im<br />

Frühjahr die Arbeit draußen an den Völkern beginnt.)<br />

Wer im Vorjahr erst mit der Bienenhaltung begonnen hat und keine ausgebauten Waben<br />

besitzt erweitert ausschließlich mit Mittelwänden. Auch das funktioniert!<br />

Der Baurahmen<br />

Zum zeitgemäßen Imkern gehört der Einsatz des Baurahmens. Er ist mehrfach von Nutzen:<br />

• Er dient als Schwarmstimmungsbarometer.<br />

Sein zügiger Ausbau ist ein Zeichen dafür, dass „alles in Ordnung“ ist. Das Volk ist<br />

weiselrichtig und will nicht bzw. noch nicht schwärmen. Sobald es in Schwarmstimmung<br />

gerät, wird die Bautätigkeit eingestellt.<br />

• Er dämpft den Schwarmtrieb.<br />

Wenn er nach seinem Ausbau ausgeschnitten oder gegen einen leeren ersetzt wird, wird<br />

das Volk zu weiterer Bau- und Bruttätigkeit angehalten. Solange ein Volk baut oder bauen<br />

und Larven pflegen kann, kommt es nicht auf „Schwarmgedanken“.<br />

• Er dient als Varroafalle. Die Drohnenbrut wird von den Varroamilben stärker befallen als<br />

die Arbeiterinnenbrut. Mit der Entnahme der verdeckelten Drohnenbrut werden auch<br />

Milben entfernt, was die Befallsentwicklung in den Völkern spürbar bremst. Wenn die in<br />

den Baurahmen aufgezogenen Drohnen schlüpfen, wird genau das Gegenteil erreicht.<br />

• Der ausgeschnittene Drohnenwabenbau liefert unbelastetes Wachs.<br />

• Mittelwände werden schöner ausgebaut und weniger mit Drohnenbau durchsetzt.<br />

Die 1-Zargen-Völker erhalten bei ihrer Erweiterung einen Baurahmen, der in der zweiten<br />

Zarge zwischen zwei ausgebauten Waben oder Mittelwänden Platz findet. Bei 2-Zargen-<br />

Völkern kommt er an den Rand des oberen Brutnestes. Man kann ihn aber auch in seine Mitte<br />

plazieren. Dagegen macht es wenig Sinn, den Baurahmen in die untere Zarge zu hängen. Für<br />

seine Entnahme müsste dann auch die zweite Zarge abgehoben und beiseite gestellt werden.<br />

Diese Arbeit kann man sich ersparen.<br />

Nach der Erweiterung der Einraumvölker werden alle Völker eines Bienenstandes, was den<br />

Baurahmen angeht, synchron geführt. In welchem Rhythmus der Drohnenbau entnommen<br />

und gegen einen neuen Baurahmen ausgetauscht wird, hängt von der witterungs- und<br />

trachtbedingten Entwicklung der Völker und ihrem Varroabefall ab. Wenn im Vorjahr die<br />

Varroabekämpfung ausschließlich mit Ameisensäure durchgeführt worden ist, sollte man bei<br />

jedem Bienenvolk zwei Baurahmen als Varroafalle einsetzen, die abwechselnd (je einer im<br />

Abstand von 10 Tagen) geerntet werden. Wenn im Spätherbst eine Nachbehandlung mit<br />

Oxalsäure erfolgt ist, kann man sich mit einem begnügen. Dann wäre der Drohnenbau im<br />

Abstand von 21 Tagen zu entnehmen. Die Drohnenbrut muss in jedem Fall vor dem Schlupf<br />

der Drohnen entfernt werden, wenn sie als Varroafalle genutzt werden soll.<br />

Der Einsatz des Baurahmens verlangt konsequente Terminarbeit. Er wird während der<br />

Schwarmzeit im Mai und Juni mit den regelmäßigen Schwarmkontrollen verbunden.


8<br />

Bildung und Pflege von Jungvölkern<br />

Jungvölker bilden das Rückgrat einer Imkerei. Sie werden benötigt, um den Völkerbestand zu<br />

halten oder auch zu erweitern. Jedes Jahr sollten mindestens halb so viel Jungvölker gebildet<br />

werden wie Wirtschaftsvölker vorhanden sind. Und auch für diese Völkervermehrung (=<br />

Ablegerbildung plus Königinnenaufzucht) gilt der Grundsatz: mit möglichst wenig Aufwand<br />

möglichst viel verwirklichen. Für die Ablegerbildung ist es notwendig, den<br />

Wirtschaftsvölkern Bienen und Brut zu entnehmen. Diese Schröpfung darf nicht an ihre<br />

Substanz gehen; denn ein Zuviel würde ihre Leistungsstärke mindern. Dem kann durch ein<br />

frühes Schröpfen begegnet werden, was auch noch andere Vorteile mit sich bringt:<br />

• ein frühes (und sanftes) Schröpfen der Wirtschaftsvölker vor Beginn der Löwenzahn- und<br />

Rapstracht dämpft das Aufkommen des Schwarmtriebes. Ihre Honigleistung während der<br />

Blütentracht ist geringfügig gemindert, doch bis zum Einsetzen einer (möglichen)<br />

Waldtracht sind sie auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit.<br />

• 6-8 Wirtschaftsvölker liefern das Material für einen einzargigen Sammelbrutableger. Er<br />

dient bei der Königinnenaufzucht als Pflegevolk,<br />

• das, sobald die Königinnen geschlüpft sind, in Begattungsvölkchen aufgeteilt wird. Jedes<br />

Begattungsvölkchen wird mit einer mit Bienen besetzten Wabe und einer unbegatteten<br />

Königin gebildet und gleich im Magazin untergebracht. Sie sitzen dort von Anfang an auf<br />

dem Standmaß, man spart sich das spätere Umlogieren und kann von vornherein auf die<br />

Anschaffung von speziellen Begattungskästchen und Ablegerkisten verzichten.<br />

Jedes Begattungsvölkchen besteht aus einer mit Bienen gut besetzten Wabe (>1000 Bienen)<br />

und einer unbegatteten Königin. Wenn mit der Königinnenaufzucht so früh begonnen wird,<br />

dass die erste Brut der Ableger noch im Juni schlüpft, entwickeln sich die Jungvölker von<br />

selbst zu überwinterungsfähigen Einheiten. Die Pflege der Jungvölker beschränkt sich auf das<br />

Füttern. Auch und gerade für sie gilt der Leitsatz: „Nicht hungern lassen!“<br />

Jungvölker werden vor der Auffütterung nicht (mehr) erweitert; denn bei Ein-Zargen-Völkern<br />

ist mit Ameisensäure leichter ein ausreichend hoher Behandlungserfolg (>99%) zu erzielen<br />

als bei Zwei-Zargen-Völkern und deshalb eine Nachbehandlung im Spätherbst/Frühwinter in<br />

der Regel nicht mehr notwendig.<br />

Der Viererboden<br />

Für die späte(re) Aufzucht von Königinnen, die zum Beispiel für das Umweiseln von<br />

Wirtschaftsvölkern vorgesehen sind, werden „Viererböden“ verwendet. Eine auf einen<br />

Viererboden gesetzte Zarge wird mit drei Schieden in vier bienendichte Abteile geteilt, von<br />

denen jedes ein eigenes Flugloch hat. In jedem Abteil findet ein Begattungsvölkchen auf zwei<br />

Waben im Standmaß Platz. Die Verwertung von Bienen und Brut nach Entweiselung der<br />

Begattungsvölkchen macht sehr wenig Aufwand und ist „ruck-zuck“ erledigt.<br />

Trachtbeobachtung<br />

In Süddeutschland ist die Honigtautracht für die Imkerei von großer Bedeutung; denn die<br />

würzigen Honigtauhonige aus Wald- und Tannentracht sind beliebt und lassen sich gut<br />

vermarkten. Die Nachfrage lässt sich nicht immer befriedigen; denn der Wald honigt nicht<br />

jedes Jahr und wenn, dann nicht überall. Zwischen den Standorten können sehr große<br />

Unterschiede auftreten wie 1999 zwischen 0 und 70 kg pro Volk, oder im Jahrhundertjahr<br />

1995 zwischen 15 und 150 kg pro Volk. Dieses mögliche Ertragspotential aus der Waldtracht<br />

lässt sich durch gezielte Beobachtung der Tracht leichter ausschöpfen als das Ertragspotential,


9<br />

das in der züchterischen Bearbeitung der Honigbiene steckt oder in der Betriebsweise. Die<br />

Beobachtung der Waldtracht muss bei den bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeugern<br />

ansetzen. Sie führt nur dann zum Erfolg, wenn man die Honigtauerzeuger und ihre<br />

Lebensweise kennt und in der Lage ist, ihre Besatzdichte zu beurteilen. Es reicht nicht aus,<br />

eine Waldtracht nach dem Auftreten von Honigtauspritzern auf dem Unterwuchs oder nach<br />

dem Ameisenbelauf von Fichten oder Tannen zu beurteilen. Wer zuverlässige<br />

Trachtprognosen erstellen will, muss mehr tun und mehr wissen. Wie für das zeitgemäße<br />

Imkern gilt auch hier die Mahnung des Barons von Berlepsch aus dem 19. Jahrhundert: „Vor<br />

allem aber lernt die Theorie, sonst bleibt Ihr praktische Stümper Euer Leben lang“.

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