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Silke kann noch träumen

Aber davon konnte er nur sinnierend träumen. Er musste arbeiten und saß in seinem Behandlungszimmer. „Frau Fehrenbach zu Dr. Pohle, bitte.“ tönte es aus dem Lautsprecher im Wartezimmer. Florian Pohle war Arzt in einer Ge­meinschaftspraxis und Frau Fehrenbach eine neue Patientin. Eine neue Patien­tin mit vierzig Jahren hatte er zwar nicht jeden Tag, aber unüblich war es nicht. Als die Tür aufging schaute Florian Pohle kurz, riss seine Augen auf, stürmte lachend hinter dem Schreibtisch hervor und umarmte die neue Patientin. „Silke, wo kommst du her?“ fragte er überrascht, weil ihm nichts Gescheiteres einfiel. „Silke, meine Liebste, wo steckst du?“ „Na hier, genau wie du.“ antwortete sie lächelnd. „Eine Patientin hatte als Hausarzt Dr. Pohle angegeben, und da musste ich mich doch mal genauer informieren.“ Florian starrte sie nur an. Vor zwanzig Jahren hatten sie sich einfach so aus den Augen verloren. Ihr Studentenkabarett „Die fünf Scharfrichter“, das sie nach den historischen „Elf Scharfrichtern“ benannt hatten, löste sich auf. Sie hatten zwar Erfolge, aber verstanden sich untereinander nicht mehr. Silke, die wie ein Groupie an allem beteiligt war, aber nie auf die Bühne ging, stand immer zu Florian. Mit ihm hatte sie am meisten zu tun, und sie mochten sich wohl auch, aber mehr war da nicht. Jetzt waren bei Florian plötzlich die alten Zeiten wieder lebendig, wie sie gemeinsam die Texte zusammengeschustert und die Auftritte geplant hatten, und immer war Silke mit dabei. „Was machst du? Wo praktizierst du? Und wieso heißt du nicht mehr Bäumer?“ fragte Florian und grinste. Alles mussten sie klären, trafen sich öfter, natürlich nicht in der Praxis. Völlig verschiedene Leben waren es, damals und heute. Silke und Florian versuchten ein neues, einer Knospe im Frühling gleich.

Aber davon konnte er nur sinnierend träumen. Er musste arbeiten und saß in seinem Behandlungszimmer. „Frau Fehrenbach zu Dr. Pohle, bitte.“ tönte es aus dem Lautsprecher im Wartezimmer. Florian Pohle war Arzt in einer Ge­meinschaftspraxis und Frau Fehrenbach eine neue Patientin. Eine neue Patien­tin mit vierzig Jahren hatte er zwar nicht jeden Tag, aber unüblich war es nicht. Als die Tür aufging schaute Florian Pohle kurz, riss seine Augen auf, stürmte lachend hinter dem Schreibtisch hervor und umarmte die neue Patientin. „Silke, wo kommst du her?“ fragte er überrascht, weil ihm nichts Gescheiteres einfiel. „Silke, meine Liebste, wo steckst du?“ „Na hier, genau wie du.“ antwortete sie lächelnd. „Eine Patientin hatte als Hausarzt Dr. Pohle angegeben, und da musste ich mich doch mal genauer informieren.“ Florian starrte sie nur an. Vor zwanzig Jahren hatten sie sich einfach so aus den Augen verloren. Ihr Studentenkabarett „Die fünf Scharfrichter“, das sie nach den historischen „Elf Scharfrichtern“ benannt hatten, löste sich auf. Sie hatten zwar Erfolge, aber verstanden sich untereinander nicht mehr. Silke, die wie ein Groupie an allem beteiligt war, aber nie auf die Bühne ging, stand immer zu Florian. Mit ihm hatte sie am meisten zu tun, und sie mochten sich wohl auch, aber mehr war da nicht. Jetzt waren bei Florian plötzlich die alten Zeiten wieder lebendig, wie sie gemeinsam die Texte zusammengeschustert und die Auftritte geplant hatten, und immer war Silke mit dabei. „Was machst du? Wo praktizierst du? Und wieso heißt du nicht mehr Bäumer?“ fragte Florian und grinste. Alles mussten sie klären, trafen sich öfter, natürlich nicht in der Praxis. Völlig verschiedene Leben waren es, damals und heute. Silke und Florian versuchten ein neues, einer Knospe im Frühling gleich.

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Schwerpunkte, mit denen wir werben können.“ Krebsverhütung und -vorsorge<br />

sollten ihre Spezialgebiete sein. Dazu brauchte es Information und Kontakte zu<br />

den Zentren. Nicht wenig wusste <strong>Silke</strong> aus ihrer radiologischen Praxis. Sie hatten<br />

tatsächlich viel zu tun, um alles zu organisieren und vorzubereiten. „Jetzt<br />

bist du auch geschafft und lachst trotzdem <strong>noch</strong>.“ bemerkte Florian. „Ja, weil<br />

es unser Baby ist, dem wir hier auf die Welt helfen. Ich glaube, du hattest<br />

schon Recht, dass wir vieles anders machen können. Aber die schönen Tage in<br />

Aranjuez werden bald zu Ende sein.“ meinte <strong>Silke</strong>. „Ja, das ist mehr als<br />

schade, aber mit unserer Arbeit hat das doch nichts zu tun.“ Florian dazu. „Ich<br />

finde doch,“ widersprach <strong>Silke</strong>, „auch wenn ich jetzt mal deinen Müll rausbringe<br />

oder die Spülmaschine einräume, diesen entfremdeten Alltag gibt es nicht bei<br />

uns, und das wirkt sich auf alles aus. Ich bin jeden morgen glücklich, wenn ich<br />

aufstehe. Das kenne ich nicht. Sonst schleppe ich mich immer pflichtgemäß<br />

aus dem Bett. Das Leben ist anders und beeinflusst deinen ganzen Tag.“<br />

Ich weiß nicht mehr, was das soll<br />

Wundervoll empfand es Florian. Sie hatten jetzt permanent miteinander zu tun,<br />

verbrachten die Mittagszeit gemeinsam und machten auch schon mal 'Überstunden'.<br />

„Ich weiß nicht mehr, was das soll.“ erklärte <strong>Silke</strong> eines Tages. „Ich<br />

habe Angst. Sehe mich als undankbar, grausam und verletzend, und das will<br />

ich nicht sein. Benjamin hat mir nichts getan, ist immer gut zu mir gewesen<br />

und war ein prima Vater. Trotzdem. Ich lebe ja gar nicht mehr mit ihm, ich bin<br />

ja nur <strong>noch</strong> öfter anwesend. Er scheint es nicht wahrzunehmen und ihn scheint<br />

es nicht zu stören. Ich ertrage es nicht, wenn er zärtlich zu mir sein will, und<br />

ich nicht <strong>kann</strong>. Ich mach' das nicht mehr. Ich hab' nur Angst und weiß nicht<br />

wie.“ Florian schloss die Lieder und hob die Augenbrauen an. Fragend, skeptisch<br />

fixierte er <strong>Silke</strong>. „Ja, ich werde es tun. Ganz sicher. Egal, ob du mich<br />

nimmst oder nicht.“ erklärte sie. Florian lachte laut und schloss <strong>Silke</strong> in die<br />

Arme. „Siehst du? Ich habe dich doch schon genommen, meine Süße, oder<br />

wäre es dir lieber, wenn ich dich rauben würde. „Ärztin nach Praxisschluss vom<br />

Kollegen entführt.“ Könnte dir das mehr gefallen?“ Florian zu <strong>Silke</strong>. „Au ja, so<br />

machen wir das. Dann bin ich ja unschuldig, nur du kämst wegen Frauenraub<br />

ins Kittchen, da hätten wir auch wieder nix von. Mach mich ganz stark, drück<br />

mir die Daumen und lass mich gute Worte finden.“ wünschte sich <strong>Silke</strong>.<br />

Des Lebens schönster Lenz ist mein<br />

Fast zwei Monate benötigte <strong>Silke</strong> <strong>noch</strong>, bis sie eine Gelegenheit fand, in der sie<br />

sich stark genug fühlte und die sie für günstig hielt. Sie hatte es mehr darauf<br />

bezogen, dass ihr Leben mit Benni zur Routine geworden sei und ihre Beziehung<br />

so jedes Anreizes entbehre. Ihre Beziehung sei hohl geworden und funktioniere<br />

nur <strong>noch</strong> formal. Das könne sie nicht ertragen und es mache sie empfänglich<br />

für Zuneigung, die ihr Praxispartner ihr entgegenbringe. Sie könne<br />

sich dem nicht entziehen. Was werde wisse sie überhaupt nicht, nur so weiter<br />

<strong>Silke</strong> <strong>kann</strong> <strong>noch</strong> träumen – Seite 17 von 21

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