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Wenn kluge Mädchen lieben

Mädchen sind ja sowieso immer schlauer als Jungs, aber dass ich keine tumbe Tusse sein konnte, hatte ich von meiner Omi geerbt. Meine Omi war eine ganz kluge und schlaue Frau, emeritierte Professorin und Feministin. Ich bewunderte sie aber nicht nur, weil sie so viel, ich glaube, fast alles, wusste, sie war meine Allerliebste überhaupt. Omi Leonie hatte sich durchgesetzt, dass ich Simone hieß nach Simone de Beauvoir. Darüber wollte ich natürlich alles wissen. Nicht nur einfach so, ganz genau wollte ich alles erklärt haben. Freund, Mann? Dass wir Frauen das unterdrückte Geschlecht sind, wusste ich schon als Kind. Der Mann von meiner Freundin, einer Lehrerin bei uns an der Schule, so einen könnte ich mir vielleicht noch vorstellen, aber da gab's ja nur den einen. Ich wollte nach dem Abitur lieber in einer Frauen-WG wohnen. Und dann lerne ich diesen Claudio kennen, den sie alle Akki nennen. Bei einer Grillfète stand er neben mir und meinte, ich solle doch Schweinefleisch essen. Den ganzen Abend blödelten wir nur über Schweinefleisch und ähnlich Verrücktes. Wir haben schrecklich viel gelacht, aber Akki rief an, er möchte mich wiedersehen. Ich wollte das alles doch gar nicht. Dieses blöde, infantile Verliebt-Spielen war mir zuwider. Nur so lief das mit Claudio gar nicht. Dass sich für mich durch Liebe zu einem Mann so viel verändern könnte, hätte ich bestritten. Aber Simone de Beauvoir hatte ja sogar mehrere Liebhaber und nicht nur ihren Jean Paul Sartre.

Mädchen sind ja sowieso immer schlauer als Jungs, aber dass ich keine tumbe Tusse sein konnte, hatte ich von meiner Omi geerbt. Meine Omi war eine ganz kluge und schlaue Frau, emeritierte Professorin und Feministin. Ich bewunderte sie aber nicht nur, weil sie so viel, ich glaube, fast alles, wusste, sie war meine Allerliebste überhaupt. Omi Leonie hatte sich durchgesetzt, dass ich Simone hieß nach Simone de Beauvoir. Darüber wollte ich natürlich alles wissen. Nicht nur einfach so, ganz genau wollte ich alles erklärt haben. Freund, Mann? Dass wir Frauen das unterdrückte Geschlecht sind, wusste ich schon als Kind. Der Mann von meiner Freundin, einer Lehrerin bei uns an der Schule, so einen könnte ich mir vielleicht noch vorstellen, aber da gab's ja nur den einen. Ich wollte nach dem Abitur lieber in einer Frauen-WG wohnen. Und dann lerne ich diesen Claudio kennen, den sie alle Akki nennen. Bei einer Grillfète stand er neben mir und meinte, ich solle doch Schweinefleisch essen. Den ganzen Abend blödelten wir nur über Schweinefleisch und ähnlich Verrücktes. Wir haben schrecklich viel gelacht, aber Akki rief an, er möchte mich wiedersehen. Ich wollte das alles doch gar nicht. Dieses blöde, infantile Verliebt-Spielen war mir zuwider. Nur so lief das mit Claudio gar nicht. Dass sich für mich durch Liebe zu einem Mann so viel verändern könnte, hätte ich bestritten. Aber Simone de Beauvoir hatte ja sogar mehrere Liebhaber und nicht nur ihren Jean Paul Sartre.

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Herrschaftsverhältnisse<br />

„Was wäre wenn Bilder“ malte ich schon lange nicht mehr. Ich meinte, mein<br />

Leben selbst biete mir eine so große Vielzahl immer neuer Eindrücke, wie ich<br />

sie mir nicht erträumen könne. Und was war mit dem, von dem Leonie gesagt<br />

hatte, ich könne es als Kind noch erkennen. Erkannte ich das jetzt immer<br />

noch, oder war ich dafür auch schon blind geworden? Verstand ich noch die<br />

Geschichten, die die Bilder erzählten oder sprachen sie zu mir auch nicht<br />

mehr? Mit Alexander, Rixas Mann, unterhielt ich mich darüber. Er meinte, die<br />

Dramen im Schauspielhaus seien alle wie meine „Was wäre wenn“ Geschichten,<br />

sie handelten bloß nicht nur von konkreten Einzelpersonen, sondern bezögen<br />

sich zumindest sinnbildlich auf die Menschen allgemein. „Das war aber bei mir<br />

doch nicht anders.“ wandte ich ein, „Es ging doch nicht darum, was ich hier<br />

und jetzt konkret realisieren wollte, sondern um Träume von Glück und Freude,<br />

wie sie alle Menschen haben könnten oder lieber haben sollten. Das hat mir<br />

gut gefallen. Jetzt denke ich manchmal, ich sei in der Realität angekommen, in<br />

der man sich freut, es zum Regierungsdirektor gebracht zu haben, aber seine<br />

wirklichen Bedürfnisse und Gefühle gar nicht mehr kennt. Ist es bei dir denn<br />

anders? Kennst du deine wirklichen Bedürfnisse und Gefühle noch und versuchst<br />

sie zu leben?“ Alexander schaute ins Ferne und meinte dann: „Wirkliche<br />

Bedürfnisse nach Freude, Vertrauen, Gerechtigkeit und Geborgenheit, allem<br />

voran aber befriedigende Beziehungen und dabei über allem die Liebe, ich<br />

glaube schon, dass ich sie kenne, nur wie ich sie lebe, ist eine andere Frage.<br />

Eigentlich müsste ich doch jedes mal Freudentänze aufführen, wenn ich Rixa<br />

treffe, aber ich sage „Hallo“ und gebe ihr ein Küsschen auf die Wange oder den<br />

Mund. Alles ritualisiert. So läuft der Alltag und das ist bei dem Meisten so.“<br />

„Und warum? Weil nicht deine Bedürfnisse dir sagen, was für dich wichtig ist,<br />

sondern die Bedürfnisse anderer, und ihre Einschätzungen dich okkupiert haben.<br />

Und genau das weiß ich bei mir nicht.“ meinte ich dazu. „Aber das ist<br />

doch ein Traum. So kannst du doch hier nicht leben. Stell dir vor, ich würde sagen:<br />

„Ich kann heute nicht zur Premiere kommen, weil ich meine Frau <strong>lieben</strong><br />

muss. Das ist mir wichtiger.“. Ich hätte den letzten Tag meinen Job gehabt.“<br />

Alexander darauf. „Ja, oder ich hätte nicht zur Klausur kommen können, weil<br />

Claudio und ich im Bett noch nicht fertig waren. Was wäre das für eine Welt,<br />

die so etwas akzeptierte?“ ergänzte ich. „Das Paradies hieße die Welt dann, Simone.“<br />

wusste Alexander. „Nein, nein, es wäre nur eine Welt in der die wirklichen<br />

Bedürfnisse und Gefühle der Menschen Vorrang hätten. Erwarten wir<br />

denn nicht, dass es eigentlich selbstverständlich so sein sollte? Menschen sind<br />

es doch, die über die Lebensbedingungen der Menschen bestimmen.“ wand ich<br />

ein. „Simone, du brauchst keine Angst zu haben, dass du deine Kraft zum<br />

Träumen verloren hättest, nur Spinnereien sind das nicht. Die Herrschaftsverhältnisse<br />

sind leider andere, wie du weißt.“ meinte Alexander. Er wollte Claudio<br />

und mich mal zu einer Premierenfeier einladen, da kämen wir mit den kleinen<br />

örtlich Herrschenden in Kontakt, die könnten wir ja mal nach ihren wirklichen<br />

Bedürfnissen und Gefühlen fragen.<br />

<strong>Wenn</strong> <strong>kluge</strong> Mädchen <strong>lieben</strong> – Seite 12 von 24

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