SA Praxis 2004 - Heisse Kursawe Eversheds
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Listingalternative General Standard<br />
oder Prime Standard<br />
Marktsegmente<br />
Märkte &<br />
Unternehmensgröße und Investorenzielgruppe als<br />
Entscheidungskriterium<br />
Von Dr. Alexander Honrath,<br />
<strong>Heisse</strong> <strong>Kursawe</strong><br />
Mit der Einführung von General Standard und Prime Standard<br />
wurden von der Deutschen Börse in Frankfurt im Jahre<br />
2002 zwei neue Börsensegmente geschaffen, zwischen<br />
denen sich die an der Frankfurter Wertpapierbörse notierten<br />
Unternehmen frei entscheiden können.<br />
Vorgeschichte<br />
Nach den Skandalen des Neuen Marktes und den<br />
mißglückten Versuchen des Delistings von nicht mehr<br />
am Neuen Markt gewollten Unternehmen suchte die<br />
Deutsche Börse in Frankfurt einen Neuanfang. Mit dem<br />
4. Finanzmarktförderungsgesetz reagierte der Gesetzgeber<br />
auf die am Kapitalmarkt bestehenden Probleme und<br />
setzte am 1. Juli 2002 eine umfassende Reform des Börsenrechtes<br />
in Kraft, welche es den Börsen ermöglichte,<br />
eigene öffentlich rechtliche Börsenordnungen zu erlassen.<br />
Die Deutsche Börse nutzte diese Möglichkeit mit der<br />
Schaffung von zwei neuen Marktsegmenten, dem General<br />
Standard und dem Prime Standard.<br />
Zielrichtung der Segmente<br />
Unternehmen, die in Deutschland in den vom Gesetzgeber<br />
vorgesehenen Segmenten des Amtlichen oder des Geregelten<br />
Marktes notiert sind, haben nun die Wahl zwischen einer<br />
Notierung im General Standard und im Prime Standard.<br />
Beide Segmente haben unterschiedliche Zielrichtungen.<br />
Mit dem Segment General Standard sollen in erster<br />
Linie Unternehmen angesprochen werden, die ein<br />
kostengünstiges Listing am Kapitalmarkt anstreben<br />
und bevorzugt nationale Investoren ansprechen wollen.<br />
In diesem Segment gelten die gesetzlichen Mindestanforderungen,<br />
die für die im gesetzlichen Handelssegment<br />
Amtlicher Markt notierten Unternehmen<br />
etwas strenger sind als für die im gesetzlichen Handelssegment<br />
des Geregelten Marktes.<br />
Beabsichtigt das Unternehmen dagegen, insbesondere<br />
auch internationale Investoren zu erreichen, hat es<br />
dafür die Möglichkeit, sich über die Erfüllung erhöhter<br />
Transparenzanforderungen im Prime Standard<br />
hervorzuheben. Möchte ein Unternehmen in einen<br />
der besonderen Indices der Frankfurter Börse wie<br />
den Dax, den MDax, den TecDax oder den SDax oder<br />
Dr. Alexander Honrath<br />
einer Reihe von Branchenindices aufgenommen werden,<br />
verlangt die Frankfurter Börse dafür ebenso eine<br />
Teilnahme am Prime Standard.<br />
Insgesamt haben sich für eine Notierung im Prime Standard<br />
zur Zeit 390 Unternehmen entschlossen. Im General<br />
Standard sind zur Zeit 514 Unternehmen notiert. Hierzu<br />
gehören auch viele große ausländische Werte mit einem<br />
zweiten Listing in Frankfurt sowie der frühere MDax-Wert<br />
Porsche AG, der sich weigerte, Quartalsberichte zu veröffentlichen<br />
und daher den MDax verlassen mußte. Ein<br />
Wechsel vom General Standard in den Prime Standard ist<br />
jederzeit möglich. Voraussetzung ist dafür nur die Stellung<br />
eines schriftlichen Antrags des Unternehmens an die<br />
Frankfurter Wertpapierbörse. Die Unterstützung einer<br />
Bank ist bei einem solchen Wechsel nicht erforderlich.<br />
Zulassungsanforderungen im General Standard<br />
Mit der Zulassung der Wertpapiere zum Amtlichen Markt<br />
oder zum Geregelten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse<br />
erfolgt automatisch eine Aufnahme der Gesellschaft<br />
in den General Standard. Prinzipiell hat die Frankfurter<br />
Börse die Zulassungsvoraussetzungen für den Geregelten<br />
Markt in Frankfurt denen für den Amtlichen<br />
Markt weitgehend gleichgestellt. Damit zieht die Börse<br />
die Konsequenz aus der Tatsache, daß nach einer Notiz-<br />
82 <strong>Praxis</strong> <strong>2004</strong>
aufnahme an der Börse in der Regel die Investoren häufig<br />
gar nicht mehr wissen, ob ihre Aktien sich im Geregelten<br />
Markt oder im Amtlichen Markt befinden.<br />
Bei einer Zulassung im Amtlichen Markt muß die Gesellschaft<br />
mindestens drei Jahre bestanden haben. Bei einer<br />
Zulassung im Geregelten Markt ist die Einhaltung einer<br />
solchen Frist nicht unbedingt erforderlich, Unternehmen<br />
mit einer kürzeren Lebensdauer können ebenso zugelassen<br />
werden. Der voraussichtliche Kurswert der zuzulassenden<br />
Aktien sollte mindestens 1,25 Mio. Euro betragen.<br />
Des weiteren muß ein ordnungsgemäßer Börsenhandel<br />
in den Aktien der Gesellschaft gewährleistet sein. Bei einer<br />
Notizaufnahme wird dementsprechend in der Regel<br />
eine Streuung von mindestens 25 % des Grundkapitals erwartet.<br />
Prinzipiell sollte das gesamte Grundkapital des<br />
Unternehmens zum Börsenhandel zugelassen werden,<br />
Ausnahmen sind allerdings möglich. Bei einer Zulassung<br />
ist des weiteren ein Zulassungsprospekt/Unternehmensbericht<br />
mit allen Angaben, die für die Beurteilung des<br />
Wertpapiers notwendig sind, zu veröffentlichen. Eine<br />
englische Übersetzung von deutschen Dokumenten oder<br />
eine Veröffentlichung von Dokumenten auf Englisch ist<br />
nicht erforderlich.<br />
Folgepflichten im General Standard<br />
Zu den Folgepflichten gehören die Veröffentlichung von<br />
Jahresabschlüssen sowie bei einer Notierung im Amtlichen<br />
Markt die Veröffentlichung von einem Zwischenbericht<br />
über die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft in den<br />
ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres. Des weiteren<br />
sind die Unternehmen verpflichtet, Ad-hoc-Mitteilungen<br />
zu veröffentlichen und Mitteilungen an die Bundesanstalt<br />
für Finanzdienstleistungsaufsicht zu machen bei Veränderungen<br />
der Stimmrechte ihrer Anteilseigentümer über<br />
bestimmte im Gesetz definierte Grenzen hinaus.<br />
Zulassungsvoraussetzungen für den Prime<br />
Standard<br />
Die Zulassungsvoraussetzungen für den Prime Standard<br />
entsprechen weitgehend den gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen<br />
für den General Standard. Insoweit ist<br />
eine Notierungsaufnahme für den Prime Standard einfacher<br />
als früher für den Neuen Markt, wo eine Reihe von<br />
strengen Zulassungsvoraussetzungen galt. Diese sind<br />
weitestgehend entfallen.<br />
Voraussetzung für eine Zulassung zum Prime Standard<br />
ist eine Zulassung zum Amtlichen oder zum Geregelten<br />
Markt. Eine Aufnahme in den Prime Standard erfolgt<br />
dann auf Antrag des Emittenten. Entscheidungsgremium<br />
dafür ist die Zulassungsstelle der Frankfurter Wertpapierbörse.<br />
Eine Zulassung kann von dieser versagt werden,<br />
wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
über das Vermögen der Gesellschaft gestellt worden<br />
ist oder der Emittent bereits zugelassener Aktien seine<br />
Pflichten aus der Zulassung nicht oder nicht ordnungsgemäß<br />
erfüllt hat.<br />
Folgepflichten für den Prime Standard<br />
Die Folgepflichten sind für im Prime Standard notierte<br />
Unternehmen wesentlich höher als für die im General<br />
Standard notierten. Dazu gehören die Pflicht zur Quartalsberichterstattung,<br />
die Pflicht zur Anwendung internationaler<br />
Rechnungslegungsstandards (IFRS/IAS oder US-<br />
GAAP), die Pflicht zur Veröffentlichung eines Unternehmenskalenders<br />
mit den wichtigsten Terminen des Unternehmens,<br />
die Pflicht zur Durchführung mindestens einer<br />
Analystenkonferenz pro Jahr sowie die Verpflichtung zur<br />
Erstellung von Ad-hoc-Mitteilungen und laufender Berichterstattung<br />
auch in englischer Sprache. Des weiteren<br />
gelten die bereits aufgeführten Folgepflichten für den General<br />
Standard ebenso für den Prime Standard.<br />
Fazit:<br />
Für welches Segment sich das Unternehmen entscheidet,<br />
hängt von seiner Größe und seiner Zielgruppe bei den Investoren<br />
ab. Größere international agierende Unternehmen<br />
sollten den Prime Standard anstreben, kleinere kostensensitivere<br />
Unternehmen sollten sich im General Standard<br />
listen lassen. Ein späterer Wechsel in den Prime Standard<br />
ist dann immer noch jederzeit möglich.<br />
Märkte &<br />
Marktsegmente<br />
<strong>Praxis</strong> <strong>2004</strong> 83