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Kapitalmarktrecht 2006 - Heisse Kursawe Eversheds

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Due Diligence<br />

Die unangenehme und kritisch beäugte Tätigkeit im Hintergrund<br />

Von Dr. Alexander Honrath, Partner, <strong>Heisse</strong> <strong>Kursawe</strong> <strong>Eversheds</strong><br />

Going Public<br />

Due Diligence-Prüfungen sind wesentlicher Bestandteil der<br />

Vorbereitungsphase von Kapitalmarkttransaktionen.<br />

Vorstand und vom Unternehmen in der Vergangenheit<br />

beauftragte Berater sehen die von den Banken in der Regel<br />

verlangte Due Diligence häufig als erforderliches Übel.<br />

Dabei sollten sie diese Due Diligence auch als Chance<br />

sehen. Es ist für das Management in der Regel die einmalige<br />

Gelegenheit, ihr Unternehmen von einem Dritten<br />

kritisch durchleuchten zu lassen und Probleme zu beseitigen,<br />

die ansonsten nach einem Börsengang für das Unternehmen<br />

gefährlich werden können.<br />

Begriff und Ursprung<br />

Der Begriff „Due Diligence“ entstammt dem US-amerikanischen<br />

Kapitalmarkt- und Anlegerschutzrecht („securities<br />

laws“), genauer den Regelungen des Securities Act<br />

von 1933 über die Haftung von an der Begebung von und<br />

dem Handel mit Wertpapieren beteiligter Personen.<br />

Danach bietet die Einrede der sogenannten Due Diligence<br />

Defense dem Haftungsadressaten die Möglichkeit, sich<br />

dieser Haftung zu entziehen, wenn er nachweisen kann,<br />

daß er die Prüfung mit der angemessenen Sorgfalt durchgeführt<br />

hat („due diligence“). Im deutschen Recht entspricht<br />

dieses Rechtsinstitut am ehesten dem Begriff der<br />

Einhaltung der „im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“.<br />

Allgemein versteht man unter Due Diligence die sorgfältige<br />

Analyse, Prüfung und Bewertung eines Unternehmens.<br />

Funktion und Notwendigkeit<br />

Bei Kapitalmarkttransaktionen, insbesondere bei Börsengängen,<br />

ergibt sich faktisch die Notwendigkeit einer<br />

Due Diligence-Prüfung aus der Verpflichtung des Emittenten<br />

bzw. des Anbieters der Wertpapiere, im Rahmen der<br />

Börsenzulassung und/oder des öffentlichen Angebots<br />

von Wertpapieren einen Prospekt zu erstellen und diesen<br />

zu veröffentlichen. Zwar schreibt das Gesetz die Durchführung<br />

einer Due Diligence-Prüfung im Rahmen der<br />

Prospekterstellung nicht vor. Allerdings ist die Durchführung<br />

einer solchen dringend anzuraten. Denn der<br />

Prospekt muß über die tatsächlichen und rechtlichen<br />

Verhältnisse, die für die Beurteilung der einzuführenden<br />

und/oder angebotenen Wertpapiere wesentlich sind,<br />

richtig und vollständig Auskunft geben. Ist der Prospekt<br />

Dr. Alexander Honrath<br />

unrichtig oder unvollständig, können sich daraus für die<br />

Prospektverantwortlichen Haftungsrisiken ergeben. Um<br />

diese Haftungsrisiken zu minimieren, sollten die in den<br />

Prospekt aufzunehmenden Informationen zuvor einer<br />

Überprüfung auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit<br />

unterzogen werden.<br />

Bei Kapitalmarkttransaktionen hat die Due Diligence-<br />

Prüfung die weitere Funktion, etwaige im Rahmen der<br />

Prüfung aufgedeckte Probleme noch vor der Emission zu<br />

beheben. In der Praxis werden bei einer Legal Due Diligence<br />

häufig Unregelmäßigkeiten bei in der Vergangenheit<br />

durchgeführten Kapitalerhöhungsmaßnahmen festgestellt.<br />

Weitere, häufig auftretende Fehlerquellen sind<br />

unerkannt gebliebene Genehmigungserfordernisse bei<br />

Vertragsabschlüssen zwischen Gesellschaft und Organmitgliedern<br />

sowie die ungenügende Ausgestaltung bzw.<br />

versäumte Aktualisierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen<br />

in Liefer- und Vertriebsverträgen. Ebenso sind<br />

häufig Verträge und Beschlüsse nicht mehr auffindbar<br />

oder nur noch in nicht unterschriebenen Versionen.<br />

Arten und Umfang<br />

Die Due Diligence-Prüfungen können verschiedene Bereiche<br />

betreffen. Man unterscheidet zwischen rechtlicher<br />

(Legal), bilanzieller (Financial), steuerlicher (Tax), marktbezogener<br />

(Business), technischer (Technical) und umweltbezogener<br />

(Evnironmental) Due Diligence.<br />

38<br />

GoingPublic „<strong>Kapitalmarktrecht</strong> <strong>2006</strong>“


Going Public<br />

Die Bank legt in Abstimmung mit der Gesellschaft den<br />

Umfang der Due Diligence fest. In der Regel ist immer<br />

eine Legal Due Diligence dabei, die dann von den von der<br />

Bank mandatierten externen Rechtsanwälten durchgeführt<br />

wird. Häufig wird auch noch eine Financial und<br />

Tax Due Diligence verlangt, die dann von externen von<br />

der Bank mandatierten Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern<br />

erstellt wird. Die Business Due Diligence wird<br />

in der Regel von der Bank intern durchgeführt. Für die<br />

nur in Einzelfällen verlangte Technical sowie die Environmental<br />

Due Diligence werden externe Berater hinzugezogen.<br />

Inhalt und Umfang der Prüfung sind stark von der Größe<br />

und der Struktur des Unternehmens abhängig. Bei Unternehmen,<br />

deren Gesamtumsatz zu einem wesentlichen<br />

Teil durch Tochtergesellschaften im Ausland generiert<br />

wird, sollte sich die Prüfung auch auf diese Auslandsgesellschaften<br />

erstrecken.<br />

Die Erkenntnisse der Due Diligence fließen dann in den<br />

Prospekt ein. Früher war es häufig üblich, einen separaten<br />

Due Diligence-Report zu erstellen, in dem die<br />

Probleme und Erkenntnisse einzeln dargestellt werden.<br />

Dies führt aber dazu, daß es später leicht ist, etwaige<br />

Unterschiede zwischen dem Due Diligence-Report und<br />

dem Prospekt herauszufinden, was dann später zu sehr<br />

unangenehmen Fragen führen kann. Bevorzugt ist heute<br />

die Variante, daß die in der Due Diligence identifizierten<br />

Probleme beseitigt werden und nur im Prospekt die nicht<br />

gelösten Probleme als Risiken dargestellt werden. Der<br />

von der die Due Diligence durchgeführt habenden Kanzlei<br />

erstellte Prospekt ist dann gewissermaßen das Ergebnis<br />

der Due Diligence.<br />

Zeitlicher Rahmen und Ablauf<br />

Unternehmen, die eine Kapitalmarkttransaktion planen,<br />

sollten für die Durchführung der Due Diligence-Prüfung<br />

einschließlich Vorbereitungsphase im Durchschnitt vier<br />

bis sechs Wochen einplanen. Zuerst muß das Unternehmen<br />

die Prüfungsunterlagen zusammenstellen, die der<br />

externe Prüfer mit einer Checkliste vom Unternehmen<br />

anfordert. In der Praxis tritt häufig das Problem auf, daß<br />

zu dem Termin, zu dem die Prüfung beginnen soll, die<br />

Unterlagen von Unternehmensseite noch nicht abschließend<br />

zusammengestellt wurden. Dies verschleppt den<br />

Prozeß und kann zu einem erhöhten Zeitaufwand für<br />

die Prüfung führen, weil der Prüfer seine Arbeit erst<br />

abschließen kann, wenn ihm sämtliche angeforderten<br />

Unterlagen vorliegen.<br />

Grenzen der Informationsübermittlung<br />

Bei besonders sensiblen Unternehmensinformationen<br />

kann sich für den Vorstand die Frage stellen, ob er diese<br />

an die externen Prüfer weitergeben darf. Gesetzliche<br />

Grenzen für die Informationsweitergabe finden sich<br />

sowohl im Aktienrecht (Geheimnisschutz) als auch im<br />

<strong>Kapitalmarktrecht</strong> (Insiderrecht). Sämtliche gesetzlichen<br />

Informationsschranken verbieten aber nicht generell die<br />

Weitergabe besonders sensibler Interna, sondern erfordern<br />

im Einzelfall eine Interessenabwägung. Bei Kapitalmarkttransaktionen<br />

muß diese Einzelfallabwägung zugunsten<br />

einer Informationsweitergabe an den externen<br />

Prüfer ausfallen. Dies ergibt sich daraus, daß die Informationsweitergabe<br />

letztlich der Vermeidung einer<br />

unrichtigen Prospekterstellung und damit der Minimierung<br />

von Haftungsrisiken dient. Zudem unterwerfen<br />

sich die Bank und die externen Berater in der Regel einer<br />

Vertraulichkeitsvereinbarung.<br />

Kosten<br />

Die Kosten einer Due Diligence sind sehr unterschiedlich.<br />

Für eine Legal Due Diligence eines Mittelstandsunternehmens<br />

sollten Kosten von 40.000 bis 80.000 Euro<br />

kalkuliert werden und für eine Financial Due Diligence<br />

Kosten in der Höhe von 35.000 bis 70.000 Euro.<br />

Fazit:<br />

Die Due Diligence-Prüfung bedarf der sorgfältigen Vorbereitung<br />

durch das jeweilige Unternehmen, das an den<br />

Kapitalmarkt strebt. Dabei sollte diese Prüfung nicht als<br />

Bedrohung und/oder Kostenfalle, sondern als sinnvolle<br />

Absicherung gegenüber Prospekthaftungsrisiken und als<br />

Problembeseitigungsmöglichkeit gesehen werden.<br />

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GoingPublic „<strong>Kapitalmarktrecht</strong> <strong>2006</strong>“

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