Präsentation B. Widmaier
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Unpolitische Jugend 2013?<br />
Nichts ist politisch!?<br />
Entpolitisierung des Bürgerbegriffs<br />
& Repolitisierung der Jugendarbeit<br />
Landestagung der Kommunalen<br />
Jugendarbeit in Bayern<br />
20.06.2013<br />
20.06.2013<br />
© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
20.06.2013 2<br />
© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
Transformation der Bürgerbegriffs<br />
• Begriff des „Bürgers“ schloss (schließt?) sowohl soziale<br />
als auch politische Bürgerschaft und Beteiligung ein<br />
• Seit Mitte der 1990er-Jahre setzt aber eine zunehmende<br />
Entpolitisierung des Bürgerbegriffs ein<br />
• neue Begriffe versuchen das Phänomene zu fassen:<br />
• engaged citizenship (Russel Dalton/USA)<br />
• active citizenship (EU-Kommission & Europarat)<br />
• stand by citizenship (Eric Amna/Skadinavien)<br />
• bürgerschaftliches Engagement (Deutschland)<br />
• in der Politikdidaktik: Paradigmenwechsel von<br />
„Politischer Bildung“ zu „Demokratiepädagogik“<br />
Genese/Etappen der Entpolitisierung<br />
• Bedeutung der Zivilgesellschaft nach 1989<br />
• Von sozialen Bewegungen zum interventionistischen<br />
Politikstil (Gries/Otten, Deutsche Jugend, Heft 4/1991)<br />
• Wort des Jahres 1992: Politikverdrossenheit<br />
• Abschlussbericht der Enquetekommission<br />
„Bürgerschaftliches Engagement“ (2002)<br />
• Dritter Weg/Aktivierender Staat/Agenda 2010<br />
• drei Freiwilligensurveys zwischen 1999 und 2012<br />
• Engagementpolitik/Engagementberichte/Unterausschuss<br />
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© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
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© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
Demokratietheorie „Soziales Kapitals“<br />
Soziales Kapital (Robert Putnam)<br />
• Theorie des „Sozialen Kapitals“ wird in dem<br />
1990er-Jahren zur zentralen Demokratietheorie in<br />
westlichen Industriegesellschaften<br />
• “the renaissance of communitarian and neo-<br />
Tocquevillean ideas in the 1990s evidently had an<br />
impact on European policymakers by strengthening<br />
the belief in the benevolent consequences of civil<br />
society and social capital for the functioning of<br />
democracy.” (Jan W. van Deth, the „good european<br />
citizen“, 2009, S. 177)<br />
• „Menschen, die im Verein aktiv sind, führen ein glücklicheres<br />
Leben, besitzen einen größeren Freundeskreis, neigen eher<br />
dazu, anderen Menschen zu vertrauen, sind physisch und<br />
psychisch gesünder und mit sich und ihrer Umwelt zufriedener.“<br />
• „Der Verein erbringt aber auch ganz direkte demokratische<br />
Effekte... (Diese) lassen sich mit Toqueville als Effekte einer<br />
school of democracy umschreiben... Effekte, die das<br />
Vereinsmitglied kompetenter und demokratischer erscheinen<br />
lassen. Vereinsmitglieder erlernen die hohe Kunst der<br />
Toleranz, die friedlich-konstruktive Auseinandersetzung mit<br />
abweichenden Meinungen und üben sich im politischen<br />
Diskurs.“<br />
Sigrid Roßteutscher, Undemokratische Assoziationen (2008), S. 61f<br />
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© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
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Viele Vereine = kompetente Bürger<br />
Viele Vereine = Starke Demokratie<br />
Individuelle demokratische Effekte der Assoziationen<br />
Gesellschaftlich wirkende demokratische Effekte der Assoziationen<br />
Quelle: Roßteutscher, Undemokartische Assoziationen, S. 62<br />
Quelle: Roßteutscher, Undemokartische Assoziationen, S. 63<br />
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© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
Spillover Hypothese<br />
• lebensweltliches und zivilgesellschaftliches Engagement<br />
führen zu politischer Partizipation, es gibt Rückkoppelungszusammenhänge<br />
& Spillover-Effekte<br />
• Demokratiepädagogik (z.B. Service-Learning/<br />
A. Sliwka, demokratischer Habitus/W. Edelstein)<br />
• Jugendforschung zum freiwilligen Engagement<br />
(Deutsches Jugendinstitut/Düx & Sass)<br />
• Soziale Kompetenz & Politische Bildung<br />
(Heinz Reinders/Kursiv 2008)<br />
• Jugendverbandsarbeit (Riekmann/Journal für PB 3/2013)<br />
• Referenzautoren aller: Youniss & Yates 1997<br />
Engagement & Partizipation<br />
Heinz Reinders – Bildung und freiwilliges Engagement – Bertelsmann Expertise 2009, S. 32<br />
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© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
20.06.2013 10<br />
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Europäisches Paradigma<br />
Politische Kultur & Assoziationen<br />
• Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschusses zu<br />
„Freiwilligen Aktivitäten, ihre Rolle in der europäischen<br />
Gesellschaft und ihre Auswirkungen“ (2006):<br />
• „Freiwillige Tätigkeiten sind untrennbar mit aktiver<br />
Bürgerschaft verbunden, die – sowohl auf lokaler als auch<br />
auf europäischer Ebene – das Herzstück der Demokratie<br />
bilden. [...] Eine geeignete Herangehensweise, die in<br />
Forschungsarbeiten zur Zivilgesellschaft (zum Beispiel<br />
Putnam 2000) beschrieben wird, ist das so genannte<br />
Sozialkapital, zu dem freiwillige Aktivitäten einen<br />
wesentlichen Beitrag leisten.“<br />
Zum Verhältnis von Assoziationen und politischer Kultur<br />
Quelle: Roßteutscher, Undemokratische Assoziationen, S. 67<br />
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20.06.2013 12<br />
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2
Bionade-Biedermeier satt Politik?<br />
Ordnungsdenken statt Streitkultur?<br />
Quelle: Studierendensurvey 2008/Grafik FAZ Hochschulanzeiger Juni 2009<br />
Quelle: Studierendensurvey 2008/Grafik FAZ Hochschulanzeiger Juni 2009<br />
20.06.2013 13<br />
© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
20.06.2013 14<br />
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Entpolitisierter Engagementbegriff<br />
Spillover & EU Reformen<br />
„Der Begriff des bürgerschaftlichen Engagements wird in<br />
der politischen und wissenschaftlichen Diskussion in der<br />
Regel sehr eng mit Kontexten der politischen Partizipation,<br />
Demokratiewahrnehmung und –stärkung<br />
verbunden. Das Engagement wird dabei häufig darauf<br />
reduziert, dass es in zivilgesellschaftlichen Organisationen<br />
oder staatliche Institutionen eingebettet ist.<br />
Inwiefern eine solche Engführung unter dem Gesichtspunkt<br />
ausreicht, dass durch das alltägliche Engagement<br />
bestimmte wohlfahrtsstaatliche Produkte und Leistungen<br />
erbracht werden, ist eine noch offene Frage.“<br />
BMFSFJ, „Engagementbericht“ 2009, S. 11<br />
“Assoziationen als Sozialisationsagenturen: Vor allem<br />
Aktivitäten in nicht-politische Assoziationen stehen im Verdacht,<br />
bestimmte soziale Voraussetzungen einer funktionierenden<br />
Demokratie zu (re-)generieren...... (Diese These) wird<br />
gegenwärtig zwar häufig zur Unterstützung herangezogen,<br />
wenn für eine assoziative Erweiterung der EU plädiert wird.<br />
Doch die Triftigkeit des empirischen Wirkungszusammenhangs<br />
ist umstritten. Er leuchtet ja auch intuitiv nicht sofort ein: Warum<br />
solle es einen positiven Effekt auf die Demokratie eines Landes<br />
haben, wenn zum Beispiel mehr Bürger mit anderen Bürgern<br />
zusammen Fußball spielen?“<br />
T. Hüller, Demokratisierung der EU durch bürgerschaftliche und zivilgesellschaftliche Partizipation, 2006, S. 10<br />
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20.06.2013 16<br />
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Demokratietheoretischer Einspruch<br />
Postdemokratie<br />
“Unbeschadet dessen kann nur das politische System<br />
‚handeln’. Es ist ein auf kollektiv bindende Entscheidungen<br />
spezialisiertes Teilsystem, während Kommunikationsstrukturen<br />
der Öffentlichkeit ein weit gespanntes Netz von<br />
Sensoren bilden, die auf den Druck der gesamtgesellschaftlichen<br />
Problemlagen reagieren und einflussreiche<br />
Meinungen stimulieren. Die nach demokratischen<br />
Verfahren zu kommunikativer Macht verarbeitete öffentliche<br />
Meinung kann nicht selbst ‚herrschen’, sondern nur<br />
den Gebrauch der administrativen Macht in bestimmte<br />
Richtungen lenken.“<br />
J. Habermas, Faktizität und Geltung, FfM 1998, S. 364<br />
„...die USA, wo der Abscheu der Linken für die Monopolisierung<br />
der Politik durch die Interessen des big bussiness mit der<br />
Ablehnung des big government durch die Rechten<br />
zusammentrifft, um die nichtpolitischen Tugenden der<br />
Zivilgesellschaft zu feiern.... (Hervorh. B.Wi.).<br />
Die meisten dieser Initiativen sind interessant, nützlich und<br />
ehrenwert. Da sie jedoch gerade mit einer Abwendung von den<br />
politischen Institutionen einhergehen (Hervorh. B.Wi.), können<br />
sie nicht für die Gesundheit der Demokratie – die per<br />
definitionem politisch ist – angeführt werden. Tatsächlich können<br />
solche Aktivitäten auch in nichtdemokratischen Gesellschaften<br />
gedeihen.“<br />
Colin Crouch, Postdemokratie, Frankfurt 2008, S. 25/26<br />
20.06.2013 17<br />
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20.06.2013 18<br />
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Alles in bester Ordnung?<br />
Offizieller Sprachgebrauch<br />
„Insgesamt gibt es keinerlei empirische Anzeichen dafür,<br />
dass sich junge Menschen von öffentlichen Belangen und<br />
Politik abwenden und sich zu zunehmendem Maße aus<br />
dem öffentlichen Raum zurückziehen würden. Vielmehr<br />
zeigt sich über die verschiedenen Formen der Beteiligung<br />
hinweg ein stabiles und z.T. sogar ansteigendes Niveau<br />
der Beteiligung. Allerdings lassen sich z.T. deutliche<br />
Differenzen in den Beteiligungschancen und -bereitschaften<br />
unterschiedlicher Gruppen junger Menschen<br />
nachweisen.“<br />
14. Jugendbericht 2013, S. 231<br />
AID:A DJI‐Survey 2012, Weinheim/Basel, S. 155<br />
20.06.2013 19<br />
© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
20.06.2013 20<br />
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Unterrepräsentierte Jugend?<br />
Auftrag von Jugendarbeit/-bildung<br />
Alter: 14 –30 Jahre<br />
WZB‐Brief Zivilengagement 7/2013, p. 5<br />
• Eine vorrangige Existenzbegründung von Jugendarbeit/<br />
Jugendbildung sehe ich in der politischen Sozialisation.<br />
• In einer entpolitisierten Gesellschaft könnte das ein<br />
wichtiges Alleinstellungsmerkmal sein, aber nur dann,<br />
wenn dieser Auftrag offensiv angenommen wird.<br />
• Das setzt vor allem eine Repolitisierung der<br />
Jugendarbeit und der Akteure voraus:<br />
• Bewusstsein für die Unterschiede zwischen dem<br />
Sozialen und dem Politischen schaffen<br />
• Spillover-Effekt zwischen sozialem Engagement und<br />
politischer Partizipation anregen und begleiten<br />
20.06.2013 21<br />
© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
20.06.2013 22<br />
© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
Projekt: Soziale Praxis & PB<br />
Auch das noch!<br />
• Projekt der politischen Jugendbildung<br />
gefördert von der Aktion Mensch<br />
• politische Nachbereitung von sozialen<br />
Projekten (Service Learning, Sozialpraktika…)<br />
• Kooperation zwischen formaler und nonformaler<br />
(politischer) Bildung<br />
• Laufzeit 2011 - 2013<br />
• Wissenschaftliche Begleitung<br />
20.06.2013 23<br />
© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
20.06.2013 24<br />
© Benedikt <strong>Widmaier</strong><br />
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