Ausgabe A
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MEDIZIN<br />
a<br />
b<br />
d<br />
Abbildung 3: a) Prinzipien der Orbitadekompression (schematische Darstellung): Vergrößerung<br />
der knöchernen Orbita durch Knochenresektion (links), Reduktion des Orbitaweichteilinhalts<br />
durch Fettgewebsresektion (rechts); b, c) Patientin mit endokriner Orbitopathie; ausgeprägter<br />
Exophthalmus und Lidretraktion ohne Optikoneuropathie oder Motilitätsstörung; d, e)<br />
Z. n. beidseitiger knöcherner Dreiwand-Orbitadekompression über einen „Swinging eyelid“-Zugang<br />
und Oberlidverlängerung mittels anteriorer Blepharotomie<br />
c<br />
e<br />
liche Tumoren auf, von denen bis zu 25 Prozent maligne<br />
sind. Mit 90 Prozent ist das Basaliom der häufigste maligne<br />
Lidtumor (13), jedoch spielen auch Plattenepithelkarzinom,<br />
Meibomkarzinom und Melanom wegen ihres<br />
aggressiven biologischen Verhaltens und ihres Metastasierungspotenzials<br />
eine wichtige Rolle. Entscheidend<br />
bei der Differenzialdiagnose von Lidtumoren ist daher<br />
immer die Frage der Dignität, die nur histopathologisch<br />
geklärt werden kann. Klinisch sprechen für einen malignen<br />
Prozess schlechte Abgrenzbarkeit, Zilienverlust,<br />
auffälliges pathologisches Gefäßmuster sowie spontane<br />
Blutungsneigung. Trotz zahlreicher nicht-chirurgischer<br />
Behandlungsalternativen in der Onkologie ist an den Lidern<br />
die histologisch kontrollierte, chirurgische Tumor -<br />
exzision weiterhin die Methode der Wahl (14).<br />
Die entstandenen Liddefekte können die vordere<br />
Lidlamelle, die hintere Lamelle oder als durchgreifende<br />
Defekte sämtliche Schichten des Lides einschließlich<br />
der Lidkante betreffen. Bei ausgedehnten Defekten<br />
können zudem die Lidwinkel, das Septum, die Retraktoren<br />
oder das Orbitafettgewebe betroffen sein.<br />
Bei der Rekonstruktion kommen direkter Wundverschluss,<br />
Verschiebelappenplastiken und freie Gewebetransplantation,<br />
gegebenenfalls in Kombination, zum<br />
Einsatz. Alter des Patienten, Beschaffenheit des Gewebes<br />
und Sehvermögen werden berücksichtigt. Vorzugsweise<br />
setzt man Verfahren ein, die Gewebe aus der unmittelbaren<br />
Umgebung des Defekts verwenden nach<br />
dem Leitsatz: „Lidgewebe sind der beste Lidersatz“.<br />
Hautdefekte werden, soweit möglich, primär und – zur<br />
Vermeidung von Lidretraktion und Lagophthalmus –<br />
ohne vertikale Spannung verschlossen. Größere Defekte<br />
werden mittels Schwenk- oder Verschiebelappen rekonstruiert,<br />
oder, wo dies nicht möglich ist, durch freie<br />
Hauttransplantate aus dem Oberlid oder von prä- beziehungsweise<br />
retroaurikulär. Defekte der hinteren Lidlamelle<br />
versorgt man entsprechend durch Bindehautnaht,<br />
konjunktivale Lappenplastiken oder freie Schleimhauttransplantate<br />
(1).<br />
Durchgreifende Liddefekte kleinerer Art bis zu einem<br />
Drittel der Lidkante – am Oberlid auch größer –<br />
werden durch primäre Lidkantenadaptation, bei Bedarf<br />
nach lateraler Kanthotomie, verschlossen. Die Rekonstruktion<br />
großer Lidkantendefekte erfolgt durch eine<br />
„Sandwich-Technik“, bei der vordere (Haut und Muskel)<br />
und hintere Lidlamelle (Tarsus und Bindehaut) so<br />
ersetzt werden, dass mindestens eine Lamelle vaskularisiert<br />
bleibt (15–17). Haut- und Haut-Muskel-Lappen<br />
kann man so mit freien Tarsus- und Tarsomarginaltransplantaten<br />
oder transplantierter Mundschleimhaut<br />
beziehungsweise hartem Gaumen, konjunktivale oder<br />
tarsokonjunktivale Verschiebelappen mit freien Hauttransplantaten<br />
kombinieren (Abbildung 2). Alloplastische<br />
Implantate sind in den dünnen und filigranen Lidstrukturen<br />
wegen der hohen Komplikationsraten generell<br />
ungeeignet.<br />
Orbitaerkrankungen<br />
Plastisch-rekonstruktive Eingriffe an der Orbita sind<br />
seltener als Lidoperationen, haben aber wegen der<br />
Tragweite der zugrunde liegenden Erkrankungen eine<br />
große Bedeutung und sind meist spezialisierten Zentren<br />
vorbehalten. Abhängig von Lage und Ausdehnung des<br />
Befundes kann bei diesen Eingriffen eine interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen, wie<br />
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Neurochirurgie oder<br />
Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie, erforderlich sein.<br />
Wichtigstes klinisches Zeichen einer Orbitaerkrankung<br />
ist der Exophthalmus. Häufigste Ursache hierfür<br />
ist die endokrine Orbitopathie, gefolgt von Raumforderungen<br />
bei Neoplasien und Gefäßmalformationen (18).<br />
Orbitatumoren werden zur Gewinnung von Gewebe<br />
zur histologischen Untersuchung inzisional biopsiert<br />
oder im Sinne eines „Debulkings“ verkleinert, bei nicht<br />
infiltrativen Prozessen werden sie möglichst in toto extirpiert.<br />
Dies erfolgt über verschiedene chirurgische<br />
Zugänge, von denen heute der anteriore Zugang über<br />
einen Lidfurchenschnitt, der transkonjunktivale und der<br />
sogenannte „Swinging-eyelid“-Zugang als Kombination<br />
eines kleinen Hautschnitts im temporalen Lidwinkel<br />
mit einem Bindehautschnitt in der unteren Umschlagsfalte<br />
zu den gebräuchlichsten zählen. Die klassische laterale<br />
Orbitotomie nach Kröhnlein, bei der das Jochbein<br />
vorübergehend entfernt wird, ist nur noch in Einzelfällen,<br />
zum Beispiel zur Resektion eines pleomorphen<br />
Adenoms der Tränendrüse, indiziert.<br />
Drohender Visusverlust oder massiver Exophthalmus<br />
bei endokriner Orbitopathie kann eine Orbitadekompression<br />
erforderlich machen. Ziel dieses Eingriffs<br />
144 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 107 | Heft 9 | 5. März 2010