Primäre ZNS-Lymphome
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M E D I Z I N<br />
ZUR FORTBILDUNG<br />
zyten, die systemisch durch ein intaktes<br />
Immunsystem eradiziert werden<br />
könnten, geschützt werden. Im Einklang<br />
damit steht die Beobachtung,<br />
daß selbst im fortgeschrittenen Stadium<br />
der Erkrankung keine systemische<br />
Beteiligung der P<strong>ZNS</strong>L beobachtet<br />
wird (45).<br />
Die Rolle des Immunsystems in<br />
der Pathogenese der P<strong>ZNS</strong>L wird<br />
durch die Assoziation mit angeborener<br />
und erworbener Immunsuppression<br />
unterstrichen. Ähnlich anderen<br />
<strong>Lymphome</strong>n bei immunsupprimierten<br />
Patienten weisen <strong>ZNS</strong>-<strong>Lymphome</strong><br />
in dieser Patientengruppe einige<br />
Charakteristika auf, die sie von <strong>ZNS</strong>-<br />
<strong>Lymphome</strong>n der Immunkompetenten<br />
unterscheiden. Typisch sind die Oligooder<br />
Polyklonalität der Lymphomzellen<br />
und die Korrelation mit dem Ausmaß<br />
der Immunsuppression (16). Den<br />
wichtigsten Unterschied stellt der<br />
Nachweis von Ebstein-Barr-Virus-<br />
(EBV-)DNA in nahezu 100 Prozent<br />
der P<strong>ZNS</strong>L-Zellen Immunsupprimierter<br />
dar (2, 26, 27). Wie beim endemischen<br />
Burkitt-Lymphom könnte<br />
das Virus B-Lymphozyten infizieren<br />
und dadurch ihre, zunächst polyklonale<br />
Proliferation induzieren, die bei<br />
Immunkompetenten durch Regulationsmechanismen<br />
eines intakten Immunsystems<br />
limitiert wird. Bei defektem<br />
Immunsystem dagegen ist die<br />
EBV-induzierte B-Lymphozyten-Proliferation<br />
nicht ausreichend kontrolliert,<br />
was zur Entstehung polyklonaler<br />
Tumoren führt. Alternativ könnte es<br />
bei der B-Zell-Proliferation zu genetischen<br />
Alterationen einiger Klone<br />
kommen, was in einem Wachstumsvorteil<br />
und Entstehung oligo- oder<br />
monoklonaler Tumoren resultiert.<br />
Auch das kürzlich in über der Hälfte<br />
der untersuchten PZNL sowohl bei<br />
HIV-positiven als auch HIV-negativen<br />
Patienten entdeckte humane Herpes-Virus-8<br />
(HHV8) könnte pathogenetisch<br />
beteiligt sein (12).<br />
NHL- und T-Zell-<strong>Lymphome</strong> werden<br />
nur in Einzelfällen diagnostiziert (30,<br />
41, 45, 58).<br />
Klinische Symptomatik<br />
Das mediane Alter der immunkompetenten<br />
Patienten beträgt 55 bis<br />
57 Jahre (16, 49). Es besteht keine Geschlechtsprädisposition.<br />
Die häufigste<br />
Manifestation entspricht einem diffusen,<br />
infiltrativen Wachstum mit zumeist<br />
supratentorieller Lokalisierung.<br />
Das Intervall zwischen Auftreten klinischer<br />
Symptomatik und Diagnosestellung<br />
beträgt Wochen bis zu wenigen<br />
Monaten (29). Im Vordergrund<br />
stehen Persönlichkeitsveränderungen<br />
und zerebelläre Symptomatik (Tabelle<br />
1). Eine häufig asymptomatische<br />
Meningeosis wird mit einer wohl methodisch<br />
bedingt breit gestreuten<br />
Häufigkeit zwischen 30 und 70 Prozent<br />
beobachtet. Das intraokuläre<br />
Lymphom (mit Lokalisation im Glaskörper<br />
oder Netzhaut) stellt eine Sonderform<br />
des P<strong>ZNS</strong>L dar und kann isoliert<br />
oder in Verbindung mit zerebralem<br />
Lymphom mit einer Häufigkeit<br />
von bis zu 25 Prozent auftreten (13,<br />
Tabelle 2<br />
Klinische Studien bei <strong>ZNS</strong>-<strong>Lymphome</strong>n: Chemotherapie mit konsolidierender Strahlentherapie<br />
Autor n CHT- Ansprechen Medianes<br />
Protokoll auf CHT Überleben<br />
(PR + CR) (Monate)<br />
McLaughlin, 1988 10 DHAP - RT 7 2–22<br />
Gabbai, 1989 13 HD MTX - RT 12 9 (max. 54)<br />
Chamberlain, 1989 16 RT/HU - PRCB, 16 41<br />
CCNU, VCR<br />
DeAngelis, 1992 31 HD MTX - RT - 27 42,5<br />
HD AraC<br />
Boiardi, 1993 14 M-BACOD - RT 13 –<br />
Glass, 1994 25 HD MTX - RT 19 33<br />
Blay, 1995 25 COP-COPADEM- 18 2 J. Überleben<br />
CYM-RT 70%<br />
5 J. Überleben<br />
56%<br />
Bessel, 1996 34 CHOD oder CHOD/ 22 CR 3 J. Überleben<br />
BVAM - RT 51%<br />
5 J. Überleben<br />
33%<br />
Thiel, 1997 11 BMPD - RT 8 4–42<br />
Abkürzungen: CHT Chemotherapie; PR partielle Remission; CR komplette Remission;<br />
DHAP: Dexamethason, Hochdosis AraC, Cisplatin; RT Radiotherapie; HD Hochdosis;<br />
MTX Methotrexat; HU Hydroxyurea; PRCB Procarbacin; VCR Vincristin;<br />
M-BACOD: HD Methotrexat, Bleomycin, Adriblastin, Cyclophosphamid, Vincristin,<br />
Dexamethason; COP: Cyclophosphamid, Vincristin, Prednisolon; ADEM: Adriblastin,<br />
HD Methotrexat; CYM: AraC, HD Methotrexat; J Jahre; CHOD: Cyclophosphamid,<br />
Adriblastin, Vincristin, Dexamethason; BVAM: BCNU, Vincristin, HD AraC,<br />
HD Methotrexat; BMPD: BCNU, HD Methotrexat, Procarbacin, Dexamethason.<br />
Histologie<br />
Bei den <strong>ZNS</strong>-<strong>Lymphome</strong>n handelt<br />
es sich fast ausschließlich um B-<br />
Zell-<strong>Lymphome</strong>, von denen am häufigsten<br />
(70 bis 90 Prozent) der diffusgroßzellige<br />
Typ diagnostiziert wird<br />
(28, 37, 42, 45, 58). Niedrig maligne<br />
22, 28). Intramedulläre Raumforderungen<br />
treten mit einer Häufigkeit<br />
von unter 1 Prozent auf (30).<br />
Patienten mit AIDS-assoziiertem<br />
P<strong>ZNS</strong>L sind deutlich jünger (medianes<br />
Alter 31 Jahre) und überwiegend<br />
Männer. Das klinische Bild entspricht<br />
in dieser Gruppe eher einer Enzephalopathie<br />
(16).<br />
A-354<br />
(46) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 6, 12. Februar 1999