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Sucht- und Drogenkoordination Wien Pressespiegel

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

11.2.2013<br />

Dieser <strong>Pressespiegel</strong> ist ein Produkt der APA-DeFacto GmbH<br />

<strong>und</strong> dient ausschließlich Ihrer persönlichen Information.


<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Kristallwelten<br />

Profil vom 11.02.2013 (Seite 62-66)<br />

"Crystal kommt häufig schon vor Cannabis“<br />

Profil vom 11.02.2013 (Seite 64-65)<br />

Kindchenschema<br />

Profil vom 11.02.2013 (Seite 70-78)<br />

Alkohol-Verbot in <strong>Wien</strong>er City<br />

Österreich vom 11.02.2013 (Seite 5)<br />

Trinken gegen den Kater Das Geschäft mit dem Hangover<br />

Die Presse vom 10.02.2013 (Seite 39)<br />

Voll wie ein Wikinger<br />

Welt am Sonntag vom 10.02.2013 (Seite R1)<br />

Wer hinschaut, ist schon drauf<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10.02.2013 (Seite 47)<br />

Recht auf Rädern<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10.02.2013 (Seite V12)<br />

Stenzel:'Will Alkohol-Verbot in <strong>Wien</strong>er City'<br />

Österreich vom 10.02.2013 (Seite 17)<br />

Schutz-Zone am Karlsplatz<br />

Österreich vom 10.02.2013 (Seite 17)<br />

Glücksspiel: Zehn Bewerber für Lizenzen<br />

Kleine Zeitung vom 09.02.2013 (Seite 16)<br />

13 Wettlokale auf 900 Metern<br />

Kurier vom 09.02.2013 (Seite 18)<br />

Auf der Suche nach verbotenen Getränken<br />

Frankfurter R<strong>und</strong>schau vom 09.02.2013<br />

An jedem Arbeitstag ist ein Führerschein weg<br />

Süddeutsche Zeitung vom 09.02.2013 (Seite R7)<br />

Am Limit<br />

Süddeutsche Zeitung vom 09.02.2013 (Seite R10)<br />

"Die Liste der möglichen Stoffe ist lang"<br />

Tages-Anzeiger vom 09.02.2013 (Seite 42)<br />

Alk-Bann auch für Karlsplatz gefordert<br />

Österreich vom 09.02.2013 (Seite 14)<br />

Zombie-Droge nun auch in Tirol am Vormarsch<br />

Österreich vom 09.02.2013 (Seite 14)<br />

Seite 3<br />

Seite 8<br />

Seite 11<br />

Seite 23<br />

Seite 24<br />

Seite 26<br />

Seite 30<br />

Seite 33<br />

Seite 34<br />

Seite 35<br />

Seite 36<br />

Seite 37<br />

Seite 39<br />

Seite 40<br />

Seite 42<br />

Seite 44<br />

Seite 46<br />

Seite 47<br />

Copyright: APA-DeFacto Gmbh - Seite 2


<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

"profil" Nr. 07/2013 vom 11.02.2013 Seite: 62,63,64,65,66 Ressort: Gesellschaft Von: Sebastian Hofer<br />

Kristallwelten<br />

Die Droge Crystal Meth kommt auch in Österreich an. Noch streiten Experten über das Be<br />

drohungspotenzial. Das Beispiel Deutschland zeigt: Panikmache ist nicht ganz unangebracht.<br />

Realität ist Ansichtssache, Wahrheit auch, <strong>und</strong> wenn Drogen im Spiel sind, wird es in dieser<br />

Hinsicht ganz schnell ganz kompliziert. Ein Beispiel aus der Vorwoche: Nach der Festnahme<br />

eines <strong>Wien</strong>er AHS-Lehrers, den die Polizei nach einem Ausflug in die Tschechische Republik mit<br />

mehreren Gramm Crystal Meth erwischt hatte, gingen die Einschätzungen der Sachlage recht<br />

deutlich auseinander. Die Polizei zeigte den Verdächtigen auf freiem Fuß an, die Boulevardpresse<br />

fühlte sich an die blut- <strong>und</strong> beuschelrünstige TV-Serie "Breaking Bad“ erinnert (Lehrer! Crystal<br />

Meth!) <strong>und</strong> informierte ausführlich über die "Todesdroge“. Der Tatverdächtige seinerseits sah<br />

keine Gefahr im Verzug. Dem "Kurier“ erklärte er: "Ich hatte auch nie das Gefühl, dass ich es<br />

hier mit Drogen zu tun habe. Das wirkt bei mir wie Kaffee. Ich hab’s zum Arbeiten verwendet.<br />

Es wirkt einfach leistungssteigernd. Ich habe drei Kinder, den Job, ich schreibe viel - da fehlt die<br />

Zeit. Und diese Schreckensbilder aus den USA von Süchtigen - das konnte ich in meinem Umfeld<br />

nie beobachten.“<br />

Das ist auch kein W<strong>und</strong>er; die Bilder, von denen er spricht (es handelt sich um die vom Sheriff’s<br />

Office von Multnomah County in Oregon herausgegebene Serie "Faces of Meth“, die auch<br />

diesen Artikel illustriert), zeigen nur einen Teil des Problems, <strong>und</strong> zwar den alleroffensichtlichsten:<br />

schlechte Haut, schlechte Zähne, eingefallene Wangen. In Österreich sehen Crystal-Meth-<br />

User eher nicht so aus. Und die, die so aussehen, sieht man nicht, weil sie nicht mehr<br />

auf die Straße oder in die Disco gehen. Wesentlich bedrohlicher, weil unscheinbarer ist aber<br />

ohnehin der ganz alltägliche, unverwahrloste Konsum der Substanz, die mit vollem Namen<br />

eigentlich Methamphetamin-Hydrochlorid heißt <strong>und</strong> eine wesentlich potentere Variante des als<br />

Speed bekannten Amphetamins ist (siehe Interview mit dem <strong>Sucht</strong>mediziner Roland Härtel-<br />

Petri). Und diesen Konsum gibt es sehr wohl auch in Österreich. Es ist der Mutproben- <strong>und</strong><br />

Ausprobierkonsum von Teenagern; der Draufgängertum <strong>und</strong> Trinkfestigkeit erhöhende Konsum<br />

von Fußballhooligans; der Konsum als Sexdroge, als Tanz- <strong>und</strong> Animierstoff in Clubs <strong>und</strong> auf<br />

Partys; der Konsum als schlichter Muntermacher <strong>und</strong> Wachhalter.<br />

Ein prominentes Beispiel: In seiner Autobiografie "Open“ beschreibt der Tennisprofi Andre Agassi<br />

seine einschlägigen Erfahrungen im Jahr 1997. "Mein Assistent Slim legt einen kleinen Haufen<br />

Pulver auf den Kaffeetisch. Er zerteilt es, schnupft es. Er zerteilt es nochmal. Ich schnupfe<br />

etwas. Ich lehne mich in der Couch zurück <strong>und</strong> denke über den Rubikon nach, den ich gerade<br />

überschritten habe. Es folgt ein Moment der Reue, dann große Traurigkeit. Dann eine Flutwelle<br />

von Euphorie, die jeden negativen Gedanken in meinem Kopf wegspült. Ich habe mich nie so<br />

lebendig gefühlt, so hoffnungsvoll - <strong>und</strong> nie so energiegeladen. Ein unstillbares Bedürfnis nach<br />

Aufräumen ergreift mich. Ich tobe durch mein Haus, ich putze es von oben bis unten. Ich staube<br />

die Möbel ab. Ich schrubbe die Badewanne. Ich mache die Betten.“ Crystal Meth kommt offenbar<br />

in den besten Haushalten vor. Und es hat viele Gesichter. Nicht alle sind ausgemergelt <strong>und</strong><br />

verpickelt. Viele sind schlicht unsichtbar. Noch. Denn Meth ist auf dem Vormarsch. Auch in<br />

Österreich.<br />

"Seit ungefähr zwei Jahren spüren wir einen relativ starken Anstieg im Verkauf <strong>und</strong><br />

Konsum von putschenden Drogen, vor allem bei den so genannten Badesalzen <strong>und</strong> Crystal<br />

Meth“, erklärt Thomas Schwarzenbrunner, der als <strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> Drogenkoordinator des Landes<br />

Oberösterreich gewissermaßen an vorderster Front steht: Das Meth-Problem ist regional - noch<br />

- sehr unregelmäßig verteilt, betrifft derzeit vor allem Ober- <strong>und</strong> Niederösterreich, <strong>und</strong> dort<br />

wiederum eher die nördlichen Bezirke. Die Ursache ist banal: Das in Österreich konsumierte<br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

Methamphetamin stammt fast ausschließlich aus der Tschechischen Republik, wo es in<br />

improvisierten Drogenküchen produziert, meist im Umfeld der grenznahen Asia-Märkte vertrieben<br />

<strong>und</strong> von Kleindealern oder Endabnehmern in kleinen Mengen über die Grenze geschmuggelt wird.<br />

In welchem Ausmaß das tatsächlich passiert, können auch direkt mit dem Phänomen befasste<br />

Experten nur vermuten. Schwarzenbrunner: "Wir tun uns schwer, das genau zu beziffern. Der<br />

Konsum findet vor allem im privaten Bereich statt, es wird auch noch viel ausprobiert <strong>und</strong> ist<br />

kaum noch mit schweren Abhängigkeiten verb<strong>und</strong>en, die im klinischen Bereich landen würden.<br />

Wir wissen also nicht, ob die Welle bei uns schon voll angekommen ist. Von einer Epidemie kann<br />

man allerdings sicher noch nicht sprechen.“<br />

Der <strong>Sucht</strong>mittelbericht des Innenministeriums verzeichnet für das Jahr 2011 österreichweit 510<br />

Anzeigen im Zusammenhang mit Methamphetamin. Ein Jahr davor waren es 294 Anzeigen,<br />

2008 nur 109. Für das Jahr 2012 rechnen Insider mit etwa 1000 Fällen. Anders gesagt:<br />

Die Zuwachsraten sind besorgniserregend, die absoluten Zahlen nicht. Ganz in diesem Sinne<br />

wiegelt auch Mario Hejl, Sprecher des B<strong>und</strong>eskriminalamts, ab: "Bei insgesamt 26.000 Anzeigen<br />

nach dem <strong>Sucht</strong>mittelgesetz ist Methamphetamin mit einigen h<strong>und</strong>ert nicht unser dringendstes<br />

Problem. Zudem kann man davon ausgehen, dass die steigenden Zahlen in dem Bereich auch<br />

mit der verstärkten Polizeiarbeit zu erklären sind. Wir haben die Beamten in den Dienststellen für<br />

Schengen-Ausgleichsmaßnahmen speziell geschult <strong>und</strong> arbeiten im Polizeikooperationszentrum<br />

in Drasenhofen eng mit den tschechischen Behörden zusammen. Was wir sehen, sind keine<br />

professionellen Strukturen, sondern der kleine Schmuggel zum Eigengebrauch.“<br />

Genau darin liegt das Problem. Crystal Meth passiert dezentral <strong>und</strong> ist damit umso schwieriger<br />

zu fassen. Anders als Kokain, Cannabis oder Ecstasy wird Methamphetamin nicht in großen<br />

Mengen über Landesgrenzen verschoben, sondern vorwiegend regional produziert <strong>und</strong> verteilt.<br />

Das hat auch damit zu tun, dass die Substanz ohne großes chemisches Vorwissen aus legal<br />

erhältlichen Vorläuferstoffen erzeugt werden kann, laut Online-Manual reicht es sogar, die<br />

richtigen Ausgangsstoffe im korrekten Verhältnis in einer handelsüblichen Plastikflasche zu<br />

mischen <strong>und</strong> kräftig zu schütteln. Von der Explosionsgefahr bei der Prozedur ist im Online-Manual<br />

leider nicht die Rede.<br />

Kein W<strong>und</strong>er, dass Amphetamine (dazu zählen neben Crystal Meth auch Speed oder Badesalze)<br />

laut UN-Büro für Drogen- <strong>und</strong> Verbrechensbekämpfung (UNODC) weltweit nach Cannabis die<br />

am weitesten verbreiteten Drogen sind. Bis zu 1,2 Prozent der erwachsenen Bevölkerung hätten<br />

diese Substanzen laut UNODC zumindest einmal im vergangenen Jahr konsumiert, das wären<br />

etwa 53 Millionen Menschen. Was die UN-Berichterstatter aber noch mehr besorgt - <strong>und</strong> auch<br />

die Behörden in Deutschland <strong>und</strong> der Tschechischen Republik Alarm schlagen lässt -, ist die<br />

Tatsache, dass der Markt zunehmend von professionellen Strukturen geprägt wird. Es ist eben<br />

nicht mehr nur der Hobbychemiker, der im Garagenlabor Grippemittel zermörsert, sondern der<br />

Profi-Meth-Koch, der die Substanz in großem Stil erzeugt <strong>und</strong> per Überangebot die Nachfrage<br />

anheizt. In Deutschland ist die Meth-Welle bereits spürbar angerollt. Im Vorjahr wurden dort 26,5<br />

Kilogramm Crystal sichergestellt, drei Jahre vorher waren es noch 600 Gramm. Das ist insofern<br />

auch für Österreich bedeutsam, als Methamphetamin in Deutschland bis dato genauso funktioniert<br />

hat, wie es derzeit noch in Österreich funktioniert: regional konzentriert, im kleinen Kreis verteilt.<br />

Oberfranken gilt in Deutschland als besondere Problemzone. Roland Härtel-Petri, Oberarzt<br />

an der Abteilung für Klinische <strong>Sucht</strong>medizin am Bezirkskrankenhaus der "Kristall-Stadt“<br />

Bayreuth, musste sich schon vor Jahren auf die Behandlung von Methamphetamin-Abhängigen<br />

spezialisieren. Er erklärt den gegenwärtigen Trend: "Derzeit bestimmt das Angebot zweifellos<br />

die Nachfrage. Dazu kommt aber auch ein Zeitgeist, der meint, es sei unproblematisch oder<br />

sogar notwendig, seinen Körper <strong>und</strong> Geist ständig noch weiter zu verbessern, die Leistung<br />

ständig zu steigern - bis hin zur unsäglichen Debatte über Gehirndoping.“ Zudem stoße das<br />

hochpotente kristalline Methamphetamin auf eine veränderte Drogenkultur: "Ende der neunziger<br />

Jahre hat sich das Konsummuster gewandelt. Stimulanzien werden heute nicht mehr als Tabletten<br />

aufgenommen, sondern fast ausschließlich nasal. In den achtziger Jahren war, wer Speed<br />

schnupfte, schon Junkie. Heute ist das die normale Konsumform. Das steigert aber die Wirkung<br />

Copyright: APA-DeFacto Gmbh - Seite 4


<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

<strong>und</strong> damit die Gefahr einer Abhängigkeit. Unter diesen Umständen kann Crystal Meth sehr rasch<br />

äußerst schädlich wirken.“<br />

Man könne <strong>und</strong> solle, so Härtel-Petri, dessen Patienten aus ganz Deutschland <strong>und</strong> zunehmend<br />

auch aus Österreich stammen, deshalb ruhig ein bisschen Panikmache riskieren. "Es gibt immer<br />

noch sehr viele Konsumenten, die nichts über die Gefahren dieser Substanz wissen.“ Crystal<br />

Meth muss keine "Todesdroge“ sein, um schreckliche Auswirkungen zu haben. Und eines ist es<br />

ganz bestimmt nicht: kalter Kaffee.<br />

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"profil" Nr. 07/2013 vom 11.02.2013 Seite: 64,65 Ressort: Gesellschaft<br />

"Crystal kommt häufig schon vor Cannabis“<br />

Der deutsche Psychiater <strong>und</strong> <strong>Sucht</strong>mediziner Roland Härtel-Petri über die verschiedenen<br />

Gesichter von Crystal Meth, 13-jährige Konsumenten <strong>und</strong> die medizinischen Hintergründe der<br />

Droge.<br />

profil: Crystal Meth ist die gefährlichste Droge, die es gibt, macht schon mit dem ersten Konsum<br />

süchtig <strong>und</strong> ruiniert den Körper innerhalb weniger Monate. Richtig?<br />

Härtel-Petri: Gesamtgesellschaftlich bleibt Alkohol die gefährlichste Substanz. Für das einzelne<br />

Individuum aber ist Crystal Meth tatsächlich eine der schädlichsten Drogen. Es macht nicht beim<br />

ersten Konsum süchtig, aber jedenfalls schneller abhängig als Koks oder Crack. Zudem ist es<br />

eine hochgradig neurotoxische Substanz. Crystal verursacht relativ schnell bleibende Schäden<br />

im Gehirn.<br />

profil: Die Öffentlichkeit kennt von Crystal Meth oft nur die Polizeifotos ausgemergelter<br />

Konsumenten. Zeigen diese Bilder den typischen Fall?<br />

Härtel-Petri: Für die Patienten, die ich in der Psychiatrie zu Gesicht bekomme, sind diese<br />

Bilder Realität, oder sie waren es. In der ersten Phase wird Körperfett abgebaut, die Menschen<br />

magern ab. Nach etwa zwei Jahren Dauerkonsum stellt sich der Körper aber um <strong>und</strong> hält<br />

wieder das normale Gewicht, dann sieht man ihnen das nicht mehr an. Die verpickelte Haut<br />

beruht auf Selbstbeschädigung: Crystal-Konsumenten drücken <strong>und</strong> kratzen st<strong>und</strong>enlang an ihren<br />

Hautunreinheiten herum, zum Teil hat das auch psychotische Züge. Die Schäden, die im Gehirn<br />

entstehen, sind aus meiner Sicht jedenfalls wesentlich dramatischer als jene, die man mit diesen<br />

Bildern erfassen kann.<br />

profil: Was macht Crystal so gefährlich?<br />

Härtel-Petri: Methamphetamin ist leichter fettlöslich als Amphetamin, kommt dadurch schneller<br />

durch die Blut-Hirn-Schranke <strong>und</strong> konzentriert sich so stärker im Hirn als im Herz. Dadurch<br />

spüren Sie am Anfang nicht die typischen Nebenwirkungen von Speed, dieses Herzrasen, das<br />

normalerweise einen begrenzenden Faktor für die Einnahme von Amphetaminen darstellt. Da nun<br />

aber die Konzentration im Hirn so hoch ist, sind die Abbauenzyme im Hirn völlig überfordert, es<br />

bilden sich Sauerstoffradikale, die wiederum dafür sorgen, dass die Ausläufer der Nervenzellen<br />

absterben. Auf Dauer kann das in eine Amphetamin-Psychose führen, die sehr hartnäckig<br />

ausfallen kann.<br />

profil: Methamphetamin taucht offenbar vor allem in der Provinz auf, weniger in Großstädten -<br />

warum?<br />

Härtel-Petri: Das hat nichts mit dem Verbauungsgrad einer Gegend zu tun, sondern schlicht<br />

damit, dass das Grenzgebiet zu Tschechien in Österreich <strong>und</strong> Deutschland eher dünn besiedelt<br />

ist. Aber Crystal kommt bereits in den Städten an. Wir haben ein Riesenproblem in Nürnberg,<br />

ein Riesenproblem in Dresden <strong>und</strong> Leipzig, <strong>und</strong> dort haben wir dann auch urbane, gewalttätige<br />

Strukturen.<br />

profil: Wann im Verlauf einer Drogenkarriere taucht Crystal üblicherweise auf? Handelt es sich<br />

um einen Zusatzkick für Leute, die schon alles ausprobiert haben?<br />

Härtel-Petri: Bei uns in der Region kommt Crystal häufig schon vor Cannabis. In Großstädten mag<br />

das noch anders sein, aber hier, wo es zu furchtbar billigen Preisen verfügbar ist, ist Crystal auch<br />

schon eine Einstiegsdroge für 13- bis 14-Jährige, die keine Ahnung haben von den Gefahren.<br />

profil: Lässt sich eine Methamphetamin-Abhängigkeit gut behandeln?<br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

Härtel-Petri: Ja, wir erzielen ähnlich gute Erfolge wie bei Alkoholabhängigen. Das ist die positive<br />

Nachricht. Den <strong>Sucht</strong>beratungsstellen muss allerdings klar sein, dass die Konsummotive ganz<br />

andere sind als bei Opiaten, Cannabis oder Alkohol, wo eher Fluchtmotive vorliegen. Diese Leute<br />

wollen Spaß haben, aktiv sein, sind leistungsorientiert. Da muss eine Therapie anders ansetzen.<br />

Roland Härtel-Petri<br />

ist Oberarzt an der Abteilung für Klinische <strong>Sucht</strong>medizin am Bezirkskrankenhaus Bayreuth,<br />

wissenschaftlicher Berater der <strong>Sucht</strong>klinik Hochstadt <strong>und</strong> international gefragter Experte für die<br />

Behandlung <strong>und</strong> Therapie von Methamphetamin-Abhängigen.<br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

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"profil" Nr. 07/2013 vom 11.02.2013 Seite: 70,71,73,74,75,77,78 Ressort: Wissenschaft 07/2013<br />

Kindchenschema<br />

Zehntausende Kinder schlucken Psychopharmaka - was medizinisch nicht gerechtfertigt ist. Die<br />

Gründe für die Fehlbehandlung echter <strong>und</strong> vermeintlicher psychischer Leiden: der voreilige Griff<br />

zum Rezeptblock <strong>und</strong> eine erschreckend löchrige psychiatrische Versorgung.<br />

Alexander* liebt Bücher. St<strong>und</strong>enlang kann sich der Zwölfjährige in eine Geschichte vertiefen.<br />

"Wenn er etwas liest, das ihn interessiert, ist er hoch konzentriert. Leider ist das in der Schule nicht<br />

so“, seufzt seine Mutter Brigitte W. Vom ersten Schultag an war der Bub auffällig, konnte nicht<br />

still sitzen, krabbelte am Boden umher. Zu Hause musste er nachschreiben, was er im Unterricht<br />

versäumt hatte. Warum ihr Sohn, der zu Hause keine Probleme bereitete, in der Schule so aus<br />

der Reihe fiel, kann sich Brigitte W. nicht erklären.<br />

Auch eine Schulpsychologin fand keine eindeutige Diagnose. Alexander wurde zu einer<br />

Ergotherapeutin geschickt, die von den Eltern privat bezahlt wurde, da die Wartezeit auf einen<br />

Kassenplatz zu lange gewesen wäre. Dennoch waren Alexanders Noten gegen Ende der zweiten<br />

Klasse so schlecht <strong>und</strong> die Lehrerin sowie die Eltern nervlich dermaßen am Ende, dass die Familie<br />

einen weiteren Kinderpsychiater aufsuchte. Nach einer Wartezeit von einem Dreivierteljahr erhielt<br />

sie endlich einen Termin sowie eine Diagnose: Alexander leidet an einem Aufmerksamkeitsdefizit-<br />

Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), salopp Zappelphilipp-Syndrom genannt. Fortan bekam er das<br />

Medikament Ritalin verschrieben, seine Konzentration verbesserte sich, seine Lehrerin war<br />

zufriedener.<br />

Doch die Nebenwirkungen waren ebenso beachtlich. "Sein Appetit war weg, was ein Problem<br />

darstellte, da er immer schon dünn war. Außerdem schlief er schlecht, war deshalb in der<br />

Schule dann oft müde“, erinnert sich seine Mutter. Da das Ritalin nach einem halben Jahr<br />

nicht mehr wirkte <strong>und</strong> die Dosis erhöht hätte werden müssen - was auch eine Verstärkung der<br />

Nebenwirkungen mit sich gebracht hätte -, wurde Alexander auf Strattera umgestellt, ein anderes<br />

ADHS-Medikament. Allerdings setzten hier noch gravierendere Nebenwirkungen ein: "Er wurde<br />

depressiv, in der Schule hieß es plötzlich, dass gar nichts mehr geht.“<br />

Die dritte Volksschulklasse konnte der Bub so nicht bestehen: Er blieb sitzen. Dann kam er in<br />

eine Integrationsklasse, in der zusätzlich zwei Lehrer arbeiteten, die sich speziell um Kinder mit<br />

solchen Problemen kümmerten. Zusätzlich wurde er auf einen Amphetaminsaft umgestellt, der<br />

das Gehirn ähnlich stimuliert wie Ritalin oder Strattera. Heftige Nebenwirkungen blieben aus, in<br />

der Schule kam er besser zurecht, <strong>und</strong> heute kann Alexander eine konventionelle Mittelschule<br />

besuchen.<br />

In einschlägigen Foren häufen sich Einträge mit Hilferufen verzweifelter Eltern, die ähnliche<br />

Leidensgeschichten erzählen. Im Zentrum steht stets ein Kind, dessen Verhalten Eltern<br />

<strong>und</strong> Lehrer die letzten Nerven kostet. Fast immer wird mangels rechtzeitig verfügbarer<br />

Kassentherapieplätze das monetäre Äquivalent von Kleinwägen in Therapien gebuttert, die meist<br />

nur minimale Linderung bringen. Als letzter Ausweg bleiben oftmals Medikamente, welche den<br />

Kindern im besten Fall zumindest eine normale Schulkarriere ermöglichen.<br />

Die Krankenkassen beobachten seit Jahren deutlich vermehrte Verschreibungen von<br />

Psychopharmaka, die zwar alle Altersgruppen betreffen, jedoch schon bei Kindern <strong>und</strong><br />

Jugendlichen einsetzen. So erhalten derzeit in Österreich r<strong>und</strong> 8100 Kinder unter zehn Jahren<br />

<strong>und</strong> 26.000 Jugendliche zwischen zehn <strong>und</strong> 19 Jahren Psychopharmaka. Während es bei kleinen<br />

Kindern vorwiegend so genannte Psychostimulanzien wie Ritalin sowie angstlösende Substanzen<br />

sind, steigt bei den Jugendlichen die Menge der Antidepressiva <strong>und</strong> Antipsychotika, die gegen<br />

Wahnvorstellungen <strong>und</strong> Schizophrenie verschrieben werden. Der Anstieg ist zwar einerseits<br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

erklärbar, da in Österreich eine Mangelversorgung herrscht, die langsam nachgeholt wird -<br />

allerdings ist unverständlich, warum sich etwa die Verordnungen von Präparaten wie Ritalin<br />

an unter 19-Jährige seit 2005 verdoppelt haben. Dabei sind die Daten der Sozialversicherung<br />

unvollständig - denn viele Psychopharmaka können in der Apotheke via Privatrezept bezogen<br />

werden, was nicht in der Statistik der Kassen aufscheint.<br />

Dass all jene Kinder, die ADHS-Medikamente verschrieben bekommen, tatsächlich an einer<br />

klinisch indizierten Aufmerksamkeitsstörung leiden, bezweifeln Experten wie der Kinderpsychiater<br />

Max Friedrich massiv. "ADHS wird meist genetisch vererbt, deshalb muss die Anzahl der Fälle<br />

über die Jahre relativ konstant bleiben“, sagt Friedrich. "Schon alleine deshalb ist der rapide<br />

Anstieg nicht nachvollziehbar, denn es handelt sich ja nicht um ein übertragbares Virus wie bei<br />

der Grippe.“<br />

Warum dann der Anstieg an Verschreibungen? Psychostimulanzien fallen unter das<br />

<strong>Sucht</strong>mittelgesetz, außerdem herrschen strenge gesetzliche <strong>und</strong> medizinische Richtlinien<br />

bezüglich der Abgabe. Dennoch erhalten viele Kinder <strong>und</strong> Jugendliche diese Medikamente - <strong>und</strong><br />

wenn man den Kritikern glaubt, nicht selten ohne ausreichende Diagnostik. Eine Ursache dafür<br />

liegt schlicht in mangelnder Fachkompetenz: Denn in Österreich gibt es zu wenige Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendpsychiater, die eine solide Expertise vornehmen könnten - <strong>und</strong> damit eine äußerst löchrige<br />

Versorgungsinfrastruktur. Wer nicht wie Alexanders Mutter monatelang auf einen Termin beim<br />

Spezialisten warten möchte, konsultiert deshalb den niedergelassenen Praktiker. Der Großteil der<br />

Psychopharmaka wird denn auch vom Haus- oder Kinderarzt verschrieben.<br />

Statistiken belegen das Dilemma: Rechnet man deutsche <strong>und</strong> Schweizer Zahlen auf Österreich<br />

um, müssten hierzulande 800 Betten in Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien sowie Plätze in<br />

Ambulanzen <strong>und</strong> Tageskliniken zur Verfügung stehen. Jedoch: Aktuell sind es lediglich r<strong>und</strong> 400,<br />

also gerade mal die Hälfte. Laut Kinder- <strong>und</strong> Jugendanwaltschaft fehlen außerdem 60.000 bis<br />

80.000 Kassentherapieplätze für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche. Das erklärt die langen Wartelisten.<br />

Zudem müsste es b<strong>und</strong>esweit 164 niedergelassene Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiater mit<br />

Kassenverträgen oder in Ambulatorien geben. Jedoch findet sich in B<strong>und</strong>esländern wie Tirol,<br />

<strong>Wien</strong> <strong>und</strong> dem Burgenland kein einziger niedergelassener Therapeut, der auf Kasse ordiniert.<br />

In Niederösterreich wurden immerhin fünf Stellen geschaffen, von denen mittlerweile vier<br />

besetzt sind. Ges<strong>und</strong>heitsminister Alois Stöger hat die Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie bereits<br />

zum "Mangelfach“ erklärt, kann aber kaum gegensteuern, da die Versorgung eine Agenda<br />

der B<strong>und</strong>esländer ist. Psychisch kranke Kinder sind damit nicht zuletzt Opfer eines zutiefst<br />

österreichischen Strukturproblems, das auch eine historische Komponente hat: Die Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendpsychiatrie wurde erst 2007 als eigenständiges Fach anerkannt.<br />

Die Krankenkassen ließen jüngst zwar mit ambitionierten Plänen aufhorchen, mehr<br />

Psychotherapieplätze auf Krankenschein zu ermöglichen - jedoch kann Geld alleine naturgemäß<br />

nicht kurzfristig die Zahl der Fachärzte erhöhen. Viele, wie auch Max Friedrich, werden in den<br />

nächsten Jahren in Pension gehen, ihre Stellen nachzubesetzen dürfte sich schwierig gestalten.<br />

Und die Richtlinien der Ärztekammer erlauben es nicht, mehr Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiater als<br />

bisher auszubilden.<br />

Welche Folgen die mangelnden Ressourcen für Betroffene bedeuten, beschreibt der Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendpsychiater Paulus Hochgatterer: "Bei diesen Mangelstrukturen ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich,<br />

dass Kinder <strong>und</strong> Jugendliche von ihren Hausärzten Psychopharmaka verschrieben bekommen,<br />

obwohl sie manchmal nur eine Psychotherapie bräuchten.“ Oft würde allerdings die lange<br />

Wartezeit auf einen Kassentherapieplatz dem Hausarzt kaum eine andere Wahl lassen, als den<br />

Rezeptblock zu zücken - besser eine Pille in der Hand als gar nichts.<br />

Dabei sollten Kinder immer einer aufwändigen, dreiphasigen Diagnose unterzogen werden -<br />

einer ärztlichen, einer psychologischen <strong>und</strong> einer pädagogischen. Oft zeigt nämlich eine solche<br />

Abklärung, dass ein Kind nur an einer Teilleistungsstörung oder Legasthenie leidet <strong>und</strong> deshalb in<br />

der Schule überfordert ist. Manche sind gar hochbegabt, langweilen sich <strong>und</strong> werden bloß deshalb<br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

im Unterricht auffällig. Medikamente sollten überhaupt erst dann verabreicht werden, wenn eine<br />

Psychotherapie nicht greift. Durch die mangelnde Versorgung wird diese Praxis in Österreich<br />

jedoch oftmals umgekehrt.<br />

"Ich schätze, dass von zehn Kindern, die von ihren Eltern wegen angeblichem ADHS zu uns<br />

gebracht werden, nur maximal zwei wirklich diese Störung haben“, sagt der <strong>Wien</strong>er Kinder<strong>und</strong><br />

Jugendpsychiater Christian Kienbacher. "Und nur eines davon braucht eine medikamentöse<br />

Therapie. Jedoch hat dann womöglich ausgerechnet dieses Kind Eltern, die Psychopharmaka<br />

gänzlich ablehnen. Auch das ist fatal.“<br />

Denn keineswegs dürften Präparate wie Ritalin gr<strong>und</strong>sätzlich verteufelt werden, vielmehr gehe es<br />

um Zielgenauigkeit. Obwohl viele Psychopharmaka schwere Nebenwirkungen zeitigen können,<br />

überwiegen deren Vorteile, wenn es um die Therapie wirklich gravierender Krankheiten geht, wie<br />

etwa die 19-jährige Victoria* beschreibt. Vor zwei Jahren, im Jahr vor der Matura, übernahm sie<br />

sich, begann neben der Schule noch mit Gesangs-, Tanz- <strong>und</strong> Musikst<strong>und</strong>en. Ihr Gehirn lief auf<br />

Hochtouren <strong>und</strong> kam nicht mehr zur Ruhe, massive Schlafstörungen setzten dem Mädchen zu,<br />

bei einer Party bekam sie einen Zitteranfall. Sie begann auch unter Wahrnehmungsstörungen zu<br />

leiden. "Ich habe das Gras viel grüner gesehen, die Flugzeuge hörte ich vor allem in der Nacht<br />

so laut, dass sie mich am Einschlafen hinderten“, erzählt die <strong>Wien</strong>er Maturantin.<br />

Als sie schließlich zehn Tage lang nicht mehr schlafen konnte, begab sie sich ins AKH. "Ich<br />

habe den Ärzten gesagt, sie sollen mich ins Koma versetzen, ich will nur noch schlafen“,<br />

schildert Victoria. Diagnose: eine bipolare affektive Störung, im Volksm<strong>und</strong> besser als manischdepressives<br />

Leiden bekannt. Mittels Therapien in der Tagesklinik <strong>und</strong> Neuroleptika stabilisierte<br />

sich ihr Zustand. Zwar war sie nun auch untertags extrem müde, nahm außerdem 30 Kilogramm<br />

zu. Doch Victoria, die aufgr<strong>und</strong> ihres psychischen Zustands das letzte Schuljahr wiederholen<br />

musste, konnte immerhin die Matura nachholen.<br />

Fälle wie dieser deuten auf eine fehlerhafte Wahrnehmung hin, so Kienbacher: "Es wird suggeriert,<br />

dass ADHS die häufigste Diagnose in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie darstellt. Dabei gibt<br />

es ungefähr zehnmal so viele Patienten, die unter Angststörungen leiden.“ Zudem wird ADHS<br />

am häufigsten bei Buben diagnostiziert, die entwicklungsbedingt ohnehin aktiver <strong>und</strong> in der<br />

Schule "schlimmer“ als Mädchen sind - im medizinischen Sinne auffällig muss das längst nicht<br />

sein. "Nach heutigem Verständnis hätte ich als Schüler auch Ritalin bekommen müssen“, sagt<br />

Kinderpsychiater Friedrich. "Ich habe genug Probleme verursacht <strong>und</strong> wurde beinahe der Schule<br />

verwiesen.“ Vielen Eltern sei gar nicht klar, was "echtes“ ADHS wirklich ist. Dabei handelt es<br />

sich um eine meist vererbte Störung des Gehirns, bei welcher Neurotransmitter im Frontallappen<br />

<strong>und</strong> im limbischen System nicht korrekt wirken. Neurotransmitter kommunizieren zwischen den<br />

einzelnen Nervenzellen <strong>und</strong> leiten Signale weiter. Da die Regulierung nicht mehr funktioniert, wird<br />

jeder Sinnesreiz - egal, ob optisch, akustisch oder taktil - gleich intensiv erlebt.<br />

Für Kinder mit solch einer Störung ist die Stimme der Lehrerin gleich laut wie das Geräusch,<br />

das der Tischnachbar beim Bleistiftspitzen verursacht. Kindern mit ADHS bleibt oftmals trotz<br />

intensiver Therapien <strong>und</strong> Bemühungen eine normale Schulkarriere verwehrt, sie haben Probleme<br />

im Job, bauen schwer Beziehungen auf <strong>und</strong> neigen eher zu einer kriminellen Laufbahn. Studien an<br />

Häftlingen zeigten, dass überproportional viele von ihnen ADHS-ähnliche Symptome aufweisen.<br />

Kinder mit dieser Störung fallen bereits früh auf. Durch die regelrechte Reizüberflutung schlafen<br />

sie schlecht, schreien mitunter die ganze Nacht, lehnen Körperkontakt ab. In der ADHS-<br />

Krankheitsdefinition der WHO war deshalb bislang festgehalten, dass eine derartige Störung<br />

schon vor dem Schuleintritt mit sechs Jahren auffällig wird. Kürzlich wurde das Alter jedoch auf<br />

zwölf Jahre angehoben, was zahlreiche Experten kritisieren, da sie darin einen diagnostischen<br />

"Freibrief“ sehen, jedem störenden Schulkind nun einfacher das Etikett ADHS umzuhängen.<br />

Jüngste Untersuchungen gehen davon aus, dass maximal 0,5 bis 1,5 Prozent aller Kinder<br />

tatsächlich an ADHS leiden. In den 1990er-Jahren kursierten noch Schätzungen, die bei<br />

14 Prozent lagen. In den USA wird heute bereits r<strong>und</strong> ein Viertel aller Kinder mit Ritalin<br />

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behandelt. Die ADHS-Diagnosen stiegen dort von 1989 bis 2001 um den Faktor 400. Bei Ritalin-<br />

Hersteller Novartis klingeln dementsprechend die Kassen. Der Schweizer Pharmakonzern hat<br />

darauf reagiert <strong>und</strong> nun das Medikament Focalin auf den Markt gebracht, eine Art Ritalin für<br />

spät diagnostizierte Erwachsene mit Zappelphilipp-Syndrom. "Es ist unglaublich, es wurden<br />

hierzulande sogar Schuldirektoren von Pharmareferenten angerufen, die über die Vorzüge von<br />

Ritalin geschwärmt haben“, ärgert sich Friedrich.<br />

Der <strong>Wien</strong>er Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiater Ralf Gössler beschreibt, welche Unsicherheit bei Eltern<br />

herrscht: "Es kommt vor, dass Eltern einen Jugendlichen zu uns auf die Psychiatrie bringen, der<br />

jedoch in einer normalen adoleszenten Entwicklungsphase des Aufbegehrens steckt. Die Eltern<br />

machen dann alles nur noch schlimmer, da sie ihm suggerieren, dass mit ihm etwas nicht stimmt.“<br />

Häufig seien Kinder "Symptomträger“, die anzeigen, wenn innerhalb der Familie etwas schiefläuft.<br />

"Für ein Kind reicht oft ein Faktor wie eine Scheidung, um auffällig zu werden“, so Gössler.<br />

In solchen Fällen seien Medikamente naturgemäß die falsche Wahl, wie die Legasthenie-Trainerin<br />

Alexandra Kaufmann aus dem Bezirk Gmünd berichtet: "Ich kenne Eltern, die es nachträglich<br />

schwer bereut haben, dass sie ihrem Kind Medikamente gegeben haben.“ Gut in Erinnerung hat<br />

Kaufmann ein kleines Mädchen, das Ritalin erhielt. Die Eltern hatten sich gerade scheiden lassen<br />

<strong>und</strong> waren in einen Rosenkrieg verstrickt, nach einem Umzug kam das Kind zudem in eine neue<br />

Klasse. "Bei solchen Umständen ist es doch nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass Kinder sich in der Schule<br />

nicht mehr konzentrieren können“, so Kaufmann.<br />

Auch Klaus Vavrik von der Liga für Kinder- <strong>und</strong> Jugendges<strong>und</strong>heit betont die gesellschaftlichen<br />

Einflüsse. "Viele Paare werden immer später Eltern. Die Kinder sind dann überbehütet <strong>und</strong> sollen<br />

möglichst perfekt sein.“ Hinzu kommt, dass Beziehungen brüchiger werden, immer mehr Kinder<br />

die Scheidung ihrer Eltern erleben <strong>und</strong> sich in Patchworkfamilien einfügen müssen. Das soziale<br />

Netz der Großfamilie schwindet, die Mütter sind durch ihre Berufstätigkeit zusätzlich belastet.<br />

Auch die Medienwelt setzt den Kindern zu, die Reizüberflutung von Internet <strong>und</strong> Fernsehen führt<br />

dazu, dass Kinder niemals zur Ruhe kommen. Zusätzlich bewegen sich immer mehr Kinder<br />

zu wenig, was jedoch wesentlich für die Entwicklung eines ausgeglichenen Gehirns ist. Der<br />

deutsche Hirnforscher Gerald Hüther kritisiert die steigenden Ritalin-Verordnungen scharf, weil<br />

seiner Ansicht nach die Ursachen für die Verhaltensauffälligkeiten anderswo zu suchen seien: "Ich<br />

habe viele Kinder erlebt, die nicht in der Lage waren, ihre Aufmerksamkeit auf einen gemeinsamen<br />

Fokus zu lenken, was in der Schule ja unabdingbar ist. Diese Fähigkeit ist aber nicht angeboren,<br />

sie muss erst im Zuge der Sozialisation erlernt werden.“<br />

Der Gr<strong>und</strong> für dieses grassierende Defizit laut Hüther: Kinder würden sich heute zu oft alleine<br />

beschäftigen. Viele Eltern verbringen nicht ausreichend qualitative Zeit mit ihren Kindern, genauso<br />

wichtig ist das Spiel mit anderen Kindern unterschiedlichsten Alters. Von Älteren kann gelernt<br />

werden, <strong>und</strong> genauso kümmern sich Kinder gerne um Jüngere - was die sozialen Fähigkeiten<br />

unmittelbar stärkt. Beim Toben am Spielplatz <strong>und</strong> in der Gruppe würden Kinder automatisch<br />

merken, wie gemeinsam ein Ziel erreicht werden kann. Solche Erfahrungen wirken besser als<br />

jedes Ritalin, behauptet Hüther. Doch in Pillenform sind sie nicht erhältlich.<br />

Bild: Pillenlawine Die Abgabe von Psychopharmaka nach Präparaten <strong>und</strong> Altersgruppen. Seit<br />

Jahren steigt der Verbrauch bei unter 19-Jährigen generell stark an.<br />

Bild: Kranke Seelen Der Gesamtverbrauch an Psychopharmaka steigt in Österreich rapide an.<br />

"Ich würde gerne eines Tages ohne Medikamente auskommen“<br />

Rafael*, 18<br />

Verständnis für sein Verhalten erntete Rafael nie, im Gegenteil, so seine Erinnerung an Mitschüler<br />

<strong>und</strong> Lehrer: "Ich war immer der schlimme Bub, wurde gemobbt, gehänselt <strong>und</strong> ausgegrenzt.<br />

Da wird jeder einmal aggressiv.“ Rafael fiel bereits als Baby auf, schlief wenig <strong>und</strong> war im<br />

Kindergarten sehr unruhig. Vor dem Schuleintritt wurden bei ihm ADHS sowie ein Asperger-<br />

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Syndrom diagnostiziert. Letzteres reicht bereits ins Autismusspektrum <strong>und</strong> ist vor allem durch<br />

soziale Defizite definiert.<br />

Rafael erhielt seit seinem sechsten Lebensjahr ADHS-Medikamente wie Ritalin, Concerta, auch<br />

Rispertal - von dem er rasch zunahm. Sogar Seroquel wurde ihm verschrieben, das eigentlich<br />

gegen Schizophrenie eingenommen wird. Von diesem wurde er jedoch depressiv <strong>und</strong> war so<br />

abwesend, dass sogar die Lehrer meinten, man könne "dieses Medikament dem Jungen nicht<br />

antun“. Einfach sei es übrigens nicht gewesen, an diese Medikamente zu kommen, seine Mutter<br />

musste oft persönlich beim Chefarzt der Krankenkasse vorstellig werden. Die Eltern ermöglichten<br />

Rafael auch sämtliche Therapien. "Diese haben wir jedoch gänzlich privat bezahlt, da sonst die<br />

Wartezeit zu lange gewesen wäre“, erzählt seine Mutter.<br />

Da die Mitschüler Rafaels soziale Defizite nicht verstanden, nutzten sie seine Schwächen<br />

gerne gegen ihn. Er geriet leicht in Schlägereien <strong>und</strong> musste mehrmals die Schule wechseln,<br />

besuchte zuletzt ein sonderpädagogisches Zentrum, das allerdings für schwer behinderte Kinder<br />

vorgesehen ist. "Ebenso fehlte es oft den Lehrern an Verständnis, sie sahen nur das aggressive<br />

Verhalten, haben jedoch nie hinterfragt, warum es dazu kam“, berichtet Rafaels Mutter. "Mich<br />

brachten auch bald die unzähligen Einträge im Mitteilungsheft mit Formulierungen wie, Sorgen<br />

Sie dafür, dass Ihr Kind …‘ auf die Palme, da einem ständig das Gefühl gegeben wird, in der<br />

Erziehung versagt zu haben.“ Mit 13 Jahren wollte Rafael "einfach normal sein“ <strong>und</strong> setzte die<br />

Medikamenteneinnahme aus. Doch dann bekam er, wie er sagt, "nichts mehr mit“. Deshalb<br />

schluckt er bis heute Strattera. "Gerne würde ich eines Tages ohne Medikamente auskommen“,<br />

meint Rafael, der heute im dritten Anlauf einen so genannten integrativen Lehrplatz als Koch <strong>und</strong><br />

Kellner gef<strong>und</strong>en hat. * Alle Namen von der Redaktion geändert.<br />

"Ich kann mich trotz der Medikamente oft schwer konzentrieren“<br />

Marc*, 16<br />

Die ersten beiden Volksschuljahre hat Marc völlig verdrängt. Er konnte sich nicht konzentrieren,<br />

schweifte oft mit den Gedanken ab <strong>und</strong> musste regelmäßig mit dem Rad zurück in die Schule<br />

fahren, um vergessene Hefte oder Schulbücher zu holen. Die Lehrerin rügte ihn oft, er sei ein<br />

kleines "Träumerlein“. Erst später wurde bei Marc ADS diagnostiziert - ein Aufmerksamkeitsdefizit-<br />

Syndrom ohne Hyperaktivität. Marc war eher ein stilles Kind, hatte wenige Fre<strong>und</strong>e, konnte<br />

dafür st<strong>und</strong>enlang komplizierte Lego-Technikbauteile zusammensetzen. Das Präparat Concerta<br />

nimmt er seit sieben Jahren - seit seine Mutter keinen anderen Ausweg mehr sah: "Es<br />

ging um die Entscheidung, ob mein Sohn ins Gymnasium gehen kann oder nicht. Mir ist<br />

eine Psychopharmaka-Medikation sehr schwer gefallen. Aber ich wollte ihm eine normale<br />

Schulkarriere ermöglichen, er ist in manchen Bereichen sogar hochbegabt.“<br />

Marc wurde zunächst das Medikament von seiner Mutter untergejubelt - sie war skeptisch <strong>und</strong><br />

wollte wissen, ob es wirklich wirkt <strong>und</strong> nicht nur einen Placeboeffekt hervorruft. Doch tatsächlich<br />

meldete schon bald die Schule zurück, dass der Bub sich viel besser konzentrieren kann.<br />

Trotzdem ist Concerta keine W<strong>und</strong>erpille, wie Marc betont: "Ich kann mich trotz des Medikaments<br />

oft nicht konzentrieren. Ich schaue zum Beispiel einen Gegenstand an <strong>und</strong> drifte dann mit den<br />

Gedanken völlig ab, auch wenn ich mich konzentrieren will.“ Im Gymnasium kommt er heute<br />

dennoch sehr gut zurecht, findet großen Gefallen an Biologie <strong>und</strong> vor allem an Informatik.<br />

Kleine Apothekenk<strong>und</strong>e<br />

Von Antidepressiva bis Valium: die wichtigsten Psychopharmaka für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche <strong>und</strong><br />

deren Effekte im Überblick.<br />

Die Konzentrationspillen<br />

Es war das Jahr 1944, als Leandro Panizzon, ein Angestellter des heutigen Pharmakonzerns<br />

Novartis, den Arzneistoff Methylphenidat synthetisierte. Damals waren Selbstversuche üblich,<br />

<strong>und</strong> so schluckte Panizzon den Wirkstoff selbst <strong>und</strong> gab ihn auch seiner Frau Rita. Diese<br />

berichtete begeistert, dass sich nach der Einnahme ihr Tennisspiel deutlich verbessert habe.<br />

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Die Substanz wurde unter dem Handelsnamen "Ritalin“ eingeführt. Das Präparat wirkt anregend,<br />

unterdrückt Müdigkeit <strong>und</strong> steigert kurzfristig die Leistungsfähigkeit. Methylphenidat blockiert<br />

unter anderem die Wiederaufnahme von Dopamin, das sich im synaptischen Spalt zwischen den<br />

Nervenenden ansammelt <strong>und</strong> zu einem erhöhten Signalaufkommen zwischen den Nervenzellen<br />

führt. So wird Müdigkeit unterdrückt, körperliche Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Konzentration werden<br />

gesteigert. Die Wirkung lässt jedoch nach durchschnittlich zwei St<strong>und</strong>en nach. Methylphenidat<br />

schützt Patienten, die unter ADHS leiden, vor einer ständigen Reizüberflutung <strong>und</strong> schafft ein<br />

normales Erregungsniveau. Als Alternative zu Methylphenidat gibt es in der Behandlung von<br />

ADHS das Medikament Strattera (Inhaltsstoff: Atomoxetin), welches nicht als <strong>Sucht</strong>gift gilt.<br />

Handelsnamen: Ritalin, Medikinet, Concerta<br />

Nebenwirkungen: Da Methylphenidat als Betäubungsmittel eingestuft wird, fällt die Verschreibung<br />

unter das <strong>Sucht</strong>mittelgesetz. Als Nebenwirkungen treten gelegentlich Appetitlosigkeit,<br />

Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Angstzustände <strong>und</strong> Depressionen auf. Da es noch<br />

zu wenige Langzeitstudien gibt, kann schwer gesagt werden, ob Kinder <strong>und</strong> Jugendliche, die<br />

über einen längeren Zeitraum Methylphenidat konsumieren, Schäden davontragen. Versuche<br />

an Ratten zeigten, dass sich unter Einfluss der Substanz das Gehirn bei Tieren, die noch nicht<br />

geschlechtsreif waren, nicht optimal entwickelte.<br />

Die Stimmungsaufheller<br />

Antidepressiva werden bei Zwangsstörungen, Panikattacken, Angststörungen, Phobien,<br />

Essstörungen, chronischen Schmerzen, Schlafstörungen sowie posttraumatischen<br />

Belastungsstörungen verschrieben. Durch sie kann der körpereigene Neurotransmitter Serotonin<br />

im Gehirn besser wirken. Serotoninmangel im Gehirn ist oft Auslöser von Depressionen <strong>und</strong><br />

depressiven Verstimmungen. Allerdings: Für viele Antidepressiva werden aus ökonomischen<br />

Gründen von den Pharmafirmen keine speziellen klinischen Studien unter Kindern <strong>und</strong><br />

Jugendlichen durchgeführt. Deshalb gibt es nur wenige zugelassene Präparate, die noch dazu<br />

aus den 1960er-Jahren stammen <strong>und</strong> vielfach überholt sind. Die Eltern müssen im Falle<br />

einer Behandlung mit modernen Antidepressiva speziell informiert werden <strong>und</strong> ihre schriftliche<br />

Einwilligung zur Behandlung ihres Kindes geben.<br />

Handelsnamen: Fluctine (in Amerika Prozac), Cipralex, Seropram, Seroxat, Tresleen, Trittico<br />

Nebenwirkungen: In seltenen Fällen (zwei Prozent) entwickeln Patienten bei der Einnahme<br />

von Antidepressiva zunächst Selbstmordgedanken, die jedoch bald abklingen sollten. Je nach<br />

Präparat können eine Vielzahl von Nebenwirkungen auftreten, die von Schlafstörungen über<br />

Übelkeit <strong>und</strong> Kopfschmerzen bis zur Gewichtszunahme reichen.<br />

Die Ausgleicher<br />

Diese Medikamentengruppe wird bei manisch-depressiven Störungen eingesetzt. Sie heißen<br />

auch Phasenprophylaktika, weil sie manische sowie depressive Phasen ausgleichen sollen.<br />

Manche dieser Medikamente werden auch zur Dauerbehandlung bei Epilepsie verwendet.<br />

Handelsnamen:<br />

Convulex, Depakine, Lamictal, Neurotop, Quilonorm, Seroquel, Zyprexa<br />

Nebenwirkungen: Gewichtszunahme, Schwindel, Übelkeit, Hautausschläge, Zittern <strong>und</strong><br />

Müdigkeit. Seit 2002 ist bekannt, dass Depakine einen negativen Einfluss auf das kindliche Gehirn<br />

hat, da es den Zelluntergang beschleunigt.<br />

Die Angstlöser <strong>und</strong> Schlafmittel<br />

Angstlösende Medikamente sind besser als Tranquilizer bekannt. Obwohl verschiedene<br />

Wirkstoffgruppen zum Einsatz kommen, sind die so genannten Benzodiazepine, auch "Benzos“<br />

genannt, am weitesten verbreitet. Tranquilizer gehören zu den am häufigsten verschriebenen<br />

Psychopharmaka. Sie binden an die GABA-Rezeptoren im Gehirn, die im zentralen Nervensystem<br />

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eine wesentliche Rolle spielen. Dadurch dämpfen sie generell die Gehirnfunktion, wirken<br />

angstlösend <strong>und</strong> entspannend, machen jedoch auch schläfrig, weshalb sie oft auch als<br />

Schlafmittel verwendet werden.<br />

Handelsnamen: Valium, Psychopax, Temesta, Xanor<br />

Nebenwirkungen: Tranquilizer können schnell zu einer körperlichen Abhängigkeit führen,<br />

sie sollten deshalb nur als Akutmedikation verwendet werden. Außerdem können sie auch<br />

untertags Schläfrigkeit auslösen. Sie beeinträchtigen daher das Reaktionsvermögen, die<br />

Sinneswahrnehmung <strong>und</strong> die Körperbeherrschung, können Kopfschmerzen auslösen <strong>und</strong> die<br />

Emotionalität dämpfen. In Wechselwirkung mit anderen Tranquilizern oder mit Alkohol können<br />

sich gar lebensbedrohliche Zustände einstellen. Kurz eingenommen wirken sie antidepressiv,<br />

können längerfristig aber Depressionen auslösen. Kinder <strong>und</strong> Jugendliche sollten außer in akuten<br />

Extremfällen nicht mit Tranquilizern behandelt werden.<br />

Die Realitätsbrillen<br />

Viele so genannte Neuroleptika kommen auch als Beruhigungs- <strong>und</strong> Schlafmittel sowie<br />

als Angstlöser zum Einsatz. Diese speziellen Wirkstoffe werden auch zur Bekämpfung<br />

von Wahnvorstellungen <strong>und</strong> Halluzinationen Schizophreniekranker sowie bei manischen<br />

Zuständen verwendet. Sie eignen sich jedoch ebenso zur Behandlung von Autismus, Tourette-<br />

Syndrom, Depressionen <strong>und</strong> Zwangserkrankungen. Neuroleptika hemmen die Übertragung<br />

des Neurotransmitters Dopamin. Psychosen <strong>und</strong> Wahnzustände können oftmals zwar nicht<br />

geheilt, wohl aber gut behandelt <strong>und</strong> der Ausbruch von Psychosen unterdrückt werden. Für<br />

viele Betroffene war mit Einführung der Neuroleptika in den 1950er-Jahren erstmals ein<br />

normales Leben außerhalb einer Psychiatrie möglich, obwohl die ersten Präparate auch heftige<br />

Nebenwirkungen wie schwere Störungen des Bewegungsapparats zeitigten.<br />

Handelsnamen: Abilify, Haldol, Risperdal, Seroquel, Zeldox, Zyprexa<br />

Nebenwirkungen: Schlaflosigkeit, innere Unruhe, Angstgefühle, Kopfschmerzen, oftmals eine<br />

enorme Gewichtszunahme von bis zu dreißig Prozent des Körpergewichts.<br />

Der Aufmerksamkeits-Booster<br />

Wie Methylphenidat, der Wirkstoff von Medikamenten wie Ritalin, auf das Gehirn wirkt.<br />

1 Die Synapse, die Verbindungsstelle zwischen zwei Nervenzellen, schüttet den wichtigen<br />

Botenstoff Dopamin aus, den die Rezeptoren der anderen auffangen.<br />

2 Kanäle, die als Pumpen fungieren, transportieren das Dopamin zurück in die Nervenzelle.<br />

3 Methylphenidat verstopft diese Kanäle <strong>und</strong> sorgt dafür, dass mehr Dopamin im Synapsenspalt<br />

verbleibt <strong>und</strong> damit intensiver wirkt.<br />

"Ich bin froh, dass es diese Medikamente gibt“<br />

Moritz*, 13<br />

Moritz hatte keinen leichten Start ins Leben. Seine Mutter war Alkoholikerin, nahm in der<br />

Schwangerschaft Medikamente <strong>und</strong> rauchte, weshalb er zur Finanzbeamtin Gabi H. in Pflege<br />

kam. Obwohl sich diese aufopfernd um das Baby kümmerte, schlief Moritz in der Nacht kaum<br />

<strong>und</strong> schrie oft. Moritz’ Gehirn dürfte durch das Verhalten seiner Mutter in der Schwangerschaft<br />

eine Schädigung erlitten haben. Bereits im Alter von neun Monaten erhielt der Junge seine<br />

erste Ergo- <strong>und</strong> Physiotherapie, später folgten eine so genannte Frohsch-Therapie, bei der mit<br />

Puppen gearbeitet wird, <strong>und</strong> heilpädagogisches Reiten. Zudem besucht Moritz seit seinem vierten<br />

Lebensjahr eine Psychotherapie.<br />

Für viele der teuren Therapiest<strong>und</strong>en erhielt Gabi H. nur einen geringen Zuschuss, das<br />

heilpädagogische Reiten musste sie gänzlich selbst bezahlen. In der Schule wurde Moritz<br />

schließlich bald durch Tobsuchtsanfälle auffällig, irgendwann war seine Pflegemutter nervlich am<br />

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Ende. "So ein Kind bleibt nicht nur in den schulischen Leistungen zurück, es ist generell ein<br />

Außenseiter, da die Menschen die Umstände leider nicht hinterfragen“, sagt die Finanzbeamtin.<br />

Trotz Bedenken <strong>und</strong> nach ausführlicher medizinischer Abklärung rang sich H. schließlich zu einer<br />

medikamentösen Therapie durch: "Viele sagen mir, ich würde mein Kind mit Drogen vollstopfen.<br />

Doch Eltern sind am Ende, wenn sie sich zu so einer Entscheidung durchringen.“<br />

Zunächst erhielt Moritz mit neun Jahren einen Amphetaminsulfat-Saft. Die Aggression legte<br />

sich, die Konzentration wurde besser - doch als Nebenwirkungen hatte der Junge schwere<br />

Kopfschmerzen, weshalb er nach eineinhalb Jahren auf das ADHS-Medikament Strattera<br />

umgestellt wurde, das nun zwar seinen Appetit hemmt, jedoch ansonsten die gewünschte Wirkung<br />

erzielt. Moritz besucht heute ein sonderpädagogisches Zentrum <strong>und</strong> ist "froh, dass es diese<br />

Medikamente gibt“. Gerne würde er einmal Tischler werden - fraglich ist, ob ihn ein Betrieb<br />

aufnimmt.<br />

Von Ohrwürmern, Metallica <strong>und</strong> anderen Hirngespinsten<br />

Taugt Ritalin wirklich zum Gehirn-Doping bei Erwachsenen, wie vor allem aus Studentenkreisen<br />

berichtet wird? Ein Selbsttest.<br />

Ha, da ist jetzt endlich etwas! Ein leichtes Kribbeln hinter den Augen. Ist das nun die Wirkung?<br />

Die erste Tablette Ritalin brachte absolut keine merkbare Veränderung, auch nach mehr als einer<br />

St<strong>und</strong>e nicht. Also zur Sicherheit eine zweite eingeworfen. Und dann das Kribbeln.<br />

Oder ist das nur Einbildung, wie die Psychiaterin meines Vertrauens überzeugt ist?<br />

Methylphenidat, also Ritalin, könne bei Ges<strong>und</strong>en ebenso wenig wirken wie Antidepressiva bei<br />

Nichtdepressiven, hat sie erklärt. Die Substanz könne zwar eine Störung des Gehirnstoffwechsels<br />

ausgleichen, aber keineswegs ein ges<strong>und</strong>es Gehirn leistungsfähiger machen. "Was bei Ges<strong>und</strong>en<br />

maximal wirkt, ist die Nebenwirkung in Form von Herzrasen. Doch dieser Effekt lässt sich auch mit<br />

einem doppelten Espresso erzielen“, meinte sie. Vermutlich würden die Studenten, die wirklich<br />

Ritalin zum Lernen benutzen, lediglich einen Placeboeffekt verspüren.<br />

Ist das denkbar? Soll sich auch die Mutter eines ADHS-Patienten, die einmal die Pillen ihres<br />

Sohnes abzweigte, die Wirkung bloß eingebildet haben? Die Frau schwor immerhin überzeugend,<br />

dass "das Zeug wirkt“.<br />

Spüren Menschen wie sie wirklich nur eine Placebowirkung? Oder machen ADHS-Medikamente<br />

Erwachsene tatsächlich leistungsfähiger, helfen auch nach langen Wachphasen, die<br />

Konzentration aufrechtzuerhalten, <strong>und</strong> sorgen zusätzlich dafür, dass sich die Gedächtnisleistung<br />

verbessert?<br />

Während das Kribbeln einsetzt, gespanntes Warten. Bin ich wacher, konzentrierter? Wie kann<br />

sich Konzentriertheit überhaupt anfühlen? Absurd, denke ich, während ich dasitze <strong>und</strong> auf mehr<br />

Konzentration warte.<br />

Ich beginne, Artikel zu lesen. Bei langweiligen Passagen gleiten die Gedanken langsam ab,<br />

eigentlich so wie immer. Plötzlich denke ich daran, dass ich noch Milch einkaufen muss. Ich fasse<br />

mich wieder. Anschließend muss ich ein paar berufliche E-Mails verfassen. Doch nach ein paar<br />

Nachrichten bemerke ich, dass ich ins Stocken gerate. Ein Lied kommt mir in den Sinn, "Nothing<br />

Else Matters“ von Metallica. Ein Straßenmusiker hat es am Morgen in der Fußgängerzone<br />

gespielt. Ohrwürmer sind bei mir immer gefährlich. Sie drängeln sich gerne durchs Gehirn, wenn<br />

ich mich eigentlich auf andere Aufgaben konzentrieren sollte.<br />

Wenn Ritalin dazu beitragen hätte sollen, dass sich diese Ohrwürmer verflüchtigen <strong>und</strong> nervige<br />

Gedankenströme in meinem Gehirn versiegen - dann hat es bisher definitiv nicht gewirkt.<br />

Umgekehrt: Wie könnten Pillen dazu überhaupt in der Lage sein? Woher soll denn das Ritalin<br />

wissen, dass es die Neuronen, die gerade "Nothing Else Matters“ durch die Hirnwindungen jagen,<br />

bitte möglichst rasch zum Schweigen bringen soll? Und stattdessen das Sprachzentrum schnell<br />

auf Hochtouren fahren sollte, damit intelligent klingende Sätze aus mir fließen?<br />

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Das Kribbeln ist noch immer da, Metallica übrigens ebenfalls. Wie aber steht es nun mit der<br />

angeblich verbesserten Gedächtnisleistung? Merke ich mir dank der Pille wirklich Dinge leichter<br />

<strong>und</strong> länger? Ich schnappe mir ein gelbes Reclam-Heftchen aus dem Regal. Eine Komödie von<br />

Shakespeare. Ich beginne einen Monolog einzustudieren. Ich merke mir die einzelnen Verse aber<br />

leider auch nicht besser als früher. Am nächsten Tag sind viele Zeilen bereits wieder vergessen.<br />

Ich muss diese wie gewöhnlich öfter wiederholen, damit sie ins Gedächtnis übergehen. Auch hier<br />

hat Ritalin offensichtlich nicht gewirkt.<br />

Ich bemerke allerdings, dass ich erstaunlich wach bin. Vermutlich die unerwünschte<br />

Nebenwirkung - für mich aber eine durchaus willkommene. Denn bei einem Kaffee-Junkie greift<br />

Koffein schon längst nicht mehr. Vielleicht ist es ja tatsächlich diese Nebenwirkung, dieses<br />

Herzrasen, das einen wach hält <strong>und</strong> den Eindruck hervorruft, man sei konzentrierter. Doch für<br />

gezielt provoziertes Herzrasen gibt es auch harmlosere Substanzen - dafür bräuchte es kein<br />

Ritalin.<br />

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"Österreich" vom 11.02.2013 Seite 5 Ressort: Thema des Tages <strong>Wien</strong>, Niederösterreich, Burgenland,<br />

Oberösterreich, Tirol, Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg<br />

Alkohol-Verbot in <strong>Wien</strong>er City<br />

* Graz <strong>und</strong> Salzburg als Vorbilder * Maßnahme gegen Saufgelage<br />

Extremer Vorschlag in <strong>Wien</strong>: Die rot-grüne Stadtregierung hält sich noch zurück.<br />

<strong>Wien</strong>. Urinflecken an Hauswänden, Erbrochenes auf der Straße: Die <strong>Wien</strong>er Innenstadt<br />

verkommt auf einigen Plätzen <strong>und</strong> Ecken zur Ekelzone. Nun reicht es Bezirksvorsteherin Ursula<br />

Stenzel (ÖVP). Gegenüber ÖSTERREICH fordert sie ein Alkoholverbot "in kritischen Vierteln".<br />

Konkret denkt sie etwa an das berühmt-berüchtigte Bermuda-Dreieck, wo die Erinnerung vieler<br />

Nachtschwärmer im Alkoholnebel verschwindet, an den Morzinplatz oder den Schwedenplatz.<br />

Letzterer ist der eigentliche Auslöser der Debatte, weil er bis 2016 mit Millionenaufwand<br />

umgestaltet werden soll: "Bei der Bürgerversammlung ist klar geworden, dass eine bauliche<br />

Neuplanung sinnlos ist, wenn man die Exzesse der Nachtszene nicht in den Griff bekommt." Bei<br />

ÖS-TERREICH meldeten sich besorgte Bürger, die auch für den Karlsplatz ein Alkoholverbot<br />

fordern. Derzeit stoßen sie <strong>und</strong> Stenzel bei der rot-grünen Stadtregierung aber noch auf wenig<br />

Gegenliebe: Stadtvize Renate Brauner <strong>und</strong> Stadträtin Ulrike Sima (SPÖ) erklären sich auf Anfrage<br />

von ÖSTER-REICH für nicht zuständig. Aus dem Büro von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ)<br />

gab es bislang keine Stellungnahme.<br />

Positive Erfahrungen in 2 Landeshauptstädten<br />

Dabei haben Graz <strong>und</strong> Salzburg mit ähnlichen Verboten gute Erfahrungen gemacht. In Graz<br />

verärgerte die Drogen-<strong>und</strong> Obdachlosenszene auf dem Hauptplatz Bürger <strong>und</strong> Touristen. In<br />

Salzburg gab es Gewaltexzesse auf der Lokalmeile Rudolfskai, bei denen regelmäßig Flaschen<br />

<strong>und</strong> Dosen als Waffen eingesetzt wurden.<br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

"Die Presse am Sonntag" vom 10.02.2013 Seite: 35 Ressort: Leserbriefe Abend, Morgen<br />

Trinken gegen den Kater Das Geschäft mit dem<br />

Hangover<br />

Regelmäßig zur Faschingszeit tauchen sogenannte Anti-Hangover-Drinks auf, die den<br />

Kater bekämpfen wollen - um dann bald selbst wieder zu verschwinden. @LR von Karin<br />

Schuh<br />

Ob jede Gesellschaft die Produkte bekommt, die sie verdient, sei einmal dahingestellt. Eine<br />

Produktkategorie zumindest taucht seit Jahren verlässlich um diese Zeit, also im Fasching,<br />

auf, um dann recht rasch wieder zu verschwinden: die Anti-Kater-Drinks, die den Alkoholabbau<br />

fördern sollen. Neuerdings erscheinen diese meist bunten Wässerchen in mehr oder weniger<br />

professioneller Aufmachung <strong>und</strong> - man will ja zumindest nicht offiziell zum Alkoholtrinken<br />

animieren - als Anti-Hangover-Drinks. Auf genauere Nachfrage bezieht sich dieser Hangover dann<br />

auch nicht unbedingt auf Alkoholkonsum, sondern einfach auf unsere Hochleistungsgesellschaft.<br />

Auch ein Weg, um mit dem Problem des hohen Stellenwerts von Alkohol in unserer Gesellschaft<br />

(inklusive Missbrauchs <strong>und</strong> negativer Folgen) umzugehen.<br />

Strengere Gesetze. "Alljährlich zu dieser Zeit poppen solche Produkte auf, sie halten<br />

sich aber meist nicht lange", sagt dazu Markus Zsivkovits, Ernährungswissenschaftler <strong>und</strong><br />

Lebensmittelgutachter der Österreichischen Agentur für Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Ernährungssicherheit<br />

(Ages). Ab heuer haben es die Drinks, die meistens via Online-Versand oder in der Gastronomie<br />

verkauft werden, aber besonders schwer. Seit 14. Dezember 2012 ist nämlich eine neue EU-<br />

Regelung in Kraft, nach der ges<strong>und</strong>heitsbezogene Angaben einer zentralen Zulassung der<br />

EU unterliegen. "Und die ist derart streng, dass sie r<strong>und</strong> 90 Prozent der Antragsteller nicht<br />

bekommen", so Zsivkovits. "Für eine Angabe hinsichtlich des verstärkten Abbaus von Alkohol gibt<br />

es das sicher nicht."<br />

Für die Anti-Hangover-Drinks wie Noho, Der Drink oder Kaahee, die derzeit auf dem<br />

österreichischen Markt sind (beziehungsweise Letzterer ab März sein wird), bedeutet das also:<br />

Verkauft dürfen sie zwar werden, handelt es sich doch um alkoholfreie Erfrischungsgetränke<br />

oder Nahrungsergänzungsmittel. Wer aber mit ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Angaben a la "wirkt gegen<br />

Katerbeschwerden" oder "verstärkt den Abbau von Alkohol" werben will, hat es schwer. "Das wird<br />

erstens wissenschaftlich geprüft <strong>und</strong> zweitens auch noch politisch", so der Lebensmittelprüfer.<br />

Und dass Letzteres in Bezug auf Umgang mit Alkohol positiv ausgeht, bezweifelt er. Schon<br />

jetzt werden die meisten solcher Produkte eher im Verborgenen - also online oder auf Partys -<br />

verkauft. Manchmal geht das auch gut, spätestens wenn ein Mitbewerber aufmerksam wird <strong>und</strong><br />

das Produkt bei einer zuständigen Behörde prüfen lässt, ist es aber wieder vorbei.<br />

Fragt man bei den Herstellern nach, will sich natürlich jeder von der Konkurrenz abheben <strong>und</strong> mit<br />

dem Thema Alkohol nichts zu tun haben. Verena Thiem, die gemeinsam mit Lukas Keindl den<br />

amerikanischen Drink Noho im vergangenen Sommer auf den österreichischen Markt gebracht<br />

hat, meint dazu: "Unser oberstes Gebot ist ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol." Die<br />

Verpackung des Drinks, der Extrakte von Ingwer <strong>und</strong> Kaktusfeige enthält, suggeriert allerdings<br />

etwas anderes. Die 60-ml-Shots, die im Doppelpack verkauft werden - er soll vor <strong>und</strong> nach dem<br />

Alkoholkonsum getrunken werden -, werben jedoch mit den Sprüchen "Nie mehr Kater" oder "The<br />

drink before you drink". Auf die Frage, was dieser Drink kann, meint Thiem: "Man macht sich<br />

wie beim Sport im Vorfeld mit Mineralstoffen leistungsstärker." Als Faustregel gelte: "Alle fünf<br />

Getränke ein Noho."<br />

Modern Performers. Ähnlich argumentiert Julian Rauchdobler, der ab 1. März den Drink Kaahee<br />

auf den Markt bringt. Er formuliert hingegen etwas vorsichtiger <strong>und</strong> spricht von "Phasen erhöhter<br />

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Lebensintensität" <strong>und</strong> nennt seine Zielgruppe "modern performer." Beworben wird das Produkt mit<br />

Sprüchen wie "von peruanischen Schamanen seit Jahrtausenden überliefert <strong>und</strong> wissenschaftlich<br />

erforscht" - was sich wohl eher auf die darin enthaltene Pflanze, die rote Kaktusfeige, als auf das<br />

Getränk beziehen dürfte.<br />

Noch eine Spur vorsichtiger gibt sich Der Drink, der bereits seit knapp sechs Jahren auf dem<br />

Markt ist. Das Gemisch aus Ginkgo, Ginseng, grünem Tee, Artischockenextrakt, Mineralstoffen<br />

<strong>und</strong> Vitaminen wird mittlerweile auch über Apotheken als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben.<br />

Wobei auch die Argumente des Gründers, Johannes Auersperg, in Richtung Alkohol gehen. "Man<br />

kann ihn mischen, etwa mit Bier oder Prosecco. Gerade bei Frauen wird nach dem dritten Glas<br />

immer rumgegackert, <strong>und</strong> vieles hat keinen Sinn mehr. Da kann der Drink beleben, man bleibt<br />

länger fit, weil er das Gehirn durchblutet." Na dann. @LU<br />

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"Welt am Sonntag" Nr. 6 vom 10.02.2013 Seite: R1 Ressort: REISE<br />

Voll wie ein Wikinger<br />

Der durchschnittliche Norweger trinkt angeblich weniger als der Deutsche. Dem<br />

Komasaufen ist er trotzdem nicht abgeneigt - vor allem auf Reisen ins Ausland, wo der<br />

Alkohol billig ist. Ein nordisches Sittengemälde<br />

Ebba D. Drolshagen<br />

Er fühle sich in Westeuropa immer zu der Erklärung gedrängt, dass er "kein Alkoholiker" sei,<br />

"sondern dass bei uns einfach alle schnell trinken", sagt der Litauer Marius Ivaskevicius, der sich<br />

mit seinen Trinksitten in Norwegen wie zu Hause fühlt. Ich weiß nicht, wie das in Litauen endet, in<br />

Norwegen jedenfalls trinkt man zwar nur am Freitag- <strong>und</strong> Samstagabend, aber wer damit anfängt,<br />

führt sich oft auf, als drohe am nächsten Tag die Prohibition. Vor allem Jugendliche saufen<br />

exzessiv, Komasaufen war dort schon üblich, bevor man hier ein Wort dafür hatte. Die Norweger<br />

nennen das helgefyll - Wochenendsuff, was erheblich weniger nach Notaufnahme klingt.<br />

Eingerahmt ist das teure Trinken in Kneipen von einem vorspiel, bei dem man sich zu Hause<br />

mit Fre<strong>und</strong>en eine solide Basis antrinkt, <strong>und</strong> einem nachspiel, bei dem man privat weiterfeiert,<br />

weitertrinkt <strong>und</strong> sich möglicherweise endgültig die Kante gibt. Wieso die Wörter Vorspiel <strong>und</strong><br />

Nachspiel bei ihrer Reise nach Norwegen einen solchen Bedeutungswandel erlebt haben, ist<br />

etymologisch ungeklärt, auch wenn sich natürlich der Gedanke aufdrängt, dass die Freuden von<br />

vorspiel <strong>und</strong> nachspiel denen von Vorspiel <strong>und</strong> Nachspiel gleichkommen oder sie, wenn mit zu viel<br />

Leidenschaft <strong>und</strong> Hingabe gevor- <strong>und</strong> genachspielt wurde, gänzlich ersetzen. Zumal so mancher<br />

im Laufe des Nachspiels "den Elch ruft", wie man in Norwegen jene eruptiv vor sich gehende<br />

Tätigkeit nennt, bei der man in vornübergebeugter Haltung Platz für weitere Getränke schafft.<br />

In Gruppen wird oft zum Trinken gedrängt, auch dafür gibt es ein eigenes Wort: drikkepress -<br />

Trinkdruck. Die charmante Tradition des Kampfsaufens reicht weit zurück. Schon zur Wikingerzeit<br />

galt es als unhöflich, sich als Gast nicht zu betrinken, <strong>und</strong> auch später hat die stolze<br />

Seefahrernation nicht abstinent gelebt - wer richtig hackevoll ist, ist in Norwegen voll wie ein<br />

Seemann. Es kommt vor, dass er auch stirbt wie ein Seemann: indem er ersäuft. In Norwegen<br />

(wie übrigens auch in Finnland) ertrinken in den hellen Nächten des Sommers viele Männer,<br />

mindestens jeder Dritte hat Alkohol im Blut, viele sterben mit offener Hose: Sie wollten über Bord<br />

oder über eine Klippe schiffen <strong>und</strong> verloren dabei das Gleichgewicht.<br />

Weil durchschnittliche Norweger nicht an unbeschränkte Alkoholvorräte gewöhnt sind, geben sie<br />

sich im Ausland gern dem Suff hin. Dort ziehen sie dann durch lautes, fröhliches Rufen, Lallen,<br />

Torkeln <strong>und</strong> Schlimmeres die Aufmerksamkeit auf sich. So ist der Eindruck entstanden, dass sie<br />

sich auch zu Hause unentwegt im Zustand fortgeschrittener Trunkenheit befinden. Die Wahrheit<br />

ist ziemlich ernüchternd: In Europa trinken nur die Isländer weniger Alkohol; die Deutschen zum<br />

Beispiel kippen dreimal so viel Bier <strong>und</strong> Schnaps weg.<br />

Eine schlüssige Erklärung, wie es zu diesem irrigen Eindruck kommen konnte, fand ich in einem<br />

Büchlein des Norwegers Odd Børretzen: "Obwohl also der Alkoholverbrauch des Norwegers einer<br />

der niedrigsten in Europa ist, kann es manchmal so aussehen <strong>und</strong> sich anhören, als sei das<br />

nicht der Fall. Das kommt daher, weil der Däne, der Engländer, der Franzose usw. während der<br />

gesamten statistischen Periode jeden Tag ein bisschen trinkt, während der NORWEGER oft die<br />

gesamte Statistik mit einem Mal austrinkt. Das geschieht oftmals auf der Fähre nach Dänemark<br />

oder auf anderen Reisen ins Ausland. Und dann können 3,2 Liter Wein, 45,1 Liter Bier <strong>und</strong> 1,2 Liter<br />

Schnaps als mehr erscheinen, als sie faktisch sind, rein statistisch. Nachdem er die Jahresstatistik<br />

getrunken hat, ist er glücklich, zufrieden <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lich."<br />

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Und mitunter etwas lauter als sonst. Außerdem wird er redselig. "Dann beherrscht er plötzlich<br />

mehrere Fremdsprachen (Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch usw.), die er sonst nicht<br />

kann. Und er löst im Laufe des Abends die meisten Weltprobleme." Das ist allerdings nicht sehr<br />

bemerkenswert, das versucht ja seine Regierung mit ihren weltweiten Friedensmissionen auch.<br />

Was mir Gelegenheit gibt, die Frage einzuflechten, ob nicht die Norweger a) so außerordentlich<br />

friedfertig sind, weil sie b) allen Wochenendexzessen zum Trotz im Vergleich zu anderen Ländern<br />

wenig Alkohol trinken. Wie Sie wissen, neigen betrunkene Männer zu Gewalt.<br />

Selbst wer nahezu nichts über Norwegen weiß, hat gehört, dass Alkohol dort teuer ist. Und<br />

selbst wer das weiß, ist meist schockiert festzustellen, wie teuer teuer ist. Das liegt an den<br />

hohen Steuern: 299 Kronen (etwa 40 Euro) kostet eine 0,7-Liter-Flasche Wodka, 245 davon<br />

sind Alkohol- <strong>und</strong> Mehrwertsteuer. Herstellung, Import <strong>und</strong> Verkauf von Alkoholika mit mehr als<br />

4,5 Prozent Alkohol unterstehen gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>und</strong> ausnahmslos der Aufsicht einer staatlichen<br />

Behörde namens Vinmonopol, die auch gleichnamige Läden betreibt. Es wäre ein Leichtes, das<br />

Land in kürzester Zeit mehr oder weniger trockenzulegen, indem man die Läden <strong>und</strong> Lager<br />

bestreikt, was die Vinmonopol-Beschäftigten bei Gehaltsverhandlungen in eine beneidenswerte<br />

Position versetzt. Wenn ihr starker Arm es will, bleibt Norwegen nüchtern.<br />

Als es vor vielen Jahren wirklich einmal zum Streik kam, erlebte das Land eine Blütezeit<br />

privater Außenhandelskontakte. Norweger strömten per Auto, Zug, Boot <strong>und</strong> Flugzeug über die<br />

Grenzen, um bei den Nachbarn die Vorräte aufzustocken; Verwandte, Fre<strong>und</strong>e, Geschäftspartner<br />

<strong>und</strong> lange zurückliegende Urlaubsbekanntschaften wurden angeschrieben, die dann aus dem<br />

Ausland gluckernde Carepakete schickten. Nach 15 Wochen musste die Regierung eingreifen,<br />

um den Streik zu beenden. Andernfalls wäre womöglich eine Revolution ausgebrochen, denn<br />

Weihnachten stand vor der Tür.<br />

Wenn ein Gastgeber (außer bei Hochzeiten, r<strong>und</strong>en Geburtstagen usw.) die Getränke seiner<br />

Gäste bezahlen müsste, könnten sich viele kaum mehr als ein Kaffeekränzchen mit Likör leisten.<br />

Daher ist es nicht nur unter Jugendlichen üblich, dass jeder Partygast mitbringt, womit er sich<br />

zu betrinken gedenkt, denn kein Fest ohne Alkohol <strong>und</strong> ohne Alkohol kein Fest. Der allerbilligste<br />

italienische Rotwein kostet im Vinmonopol sechzig Kronen, also etwa acht Euro.<br />

Natürlich wird immer geschmuggelt, was das Zeug hält, <strong>und</strong> es wird, auch wenn nicht so<br />

viel wie früher, selbst gebrannt <strong>und</strong> gebraut. Es gehört nämlich zu Norwegens erfreulichen<br />

Ungereimtheiten, dass privates Schnapsbrennen <strong>und</strong> Bierbrauen verboten, der Verkauf von allen<br />

Gerätschaften, die man dazu braucht, hingegen erlaubt ist.<br />

Der "Selbstgebrannte" ist so hochprozentig, dass man ihn keinesfalls ohne Kaffee oder Cola<br />

trinken sollte. Ich selbst verdanke dem durchaus mäßigen Genuss von selbst gebrautem Bier<br />

den mörderischsten Kater meines Lebens. Spätere Nachfragen beim Gastgeber ergaben, dass<br />

a) von den Gästen in den Tagen nach dem Fest nur sein alkoholabstinenter Bruder außerhalb<br />

des Hauses gesichtet worden war <strong>und</strong> b) der Alkoholmesser am Braufass schon länger nicht<br />

zuverlässig funktionierte. Hätte er wegen einer solchen Lappalie alles wegschütten sollen?<br />

Weißweine werden im Sommer <strong>und</strong> (angeblich) vor allem von Frauen getrunken, aber generell<br />

sind Rotweine beliebter als Weißweine, die Erklärung dafür lautet, dass man wegen der Kälte<br />

<strong>und</strong> Dunkelheit etwas mehr "Schwere" brauche. Vermutlich deswegen kaufen - <strong>und</strong> trinken - die<br />

Nordnorweger dreimal so viel Hochprozentiges wie die Südnorweger. Unter der Woche trinkt<br />

man kaum Alkohol, wenn in einem Roman eine Frau an einem normalen Wochentag mittags<br />

ein Glas Weißwein trinkt - obendrein, ohne dazu etwas zu essen! - , kann das nur zweierlei<br />

bedeuten: Sie ist entweder völlig verkommen, oder die Szene spielt im Osloer Westend. Dort<br />

ist sowieso alles anders, denn dort wohnen die bildungs- <strong>und</strong> vermögensnahen Schichten. Täte<br />

sich die Erde auf <strong>und</strong> würde diesen Stadtteil samt seinen Bewohnern verschlucken, wäre mit<br />

einem Schlag ein beachtlicher Teil von Norwegens kultureller <strong>und</strong> wirtschaftlicher Elite fort.<br />

(Jene ausgenommen, die sich als Avantgardisten sehen <strong>und</strong> in den angesagten Szene-Stadtteil<br />

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Grünerløkka umgezogen sind. Dort ist natürlich der Weinkonsum bei Tag <strong>und</strong> Nacht auch ziemlich<br />

hoch.)<br />

Seit 1998 ist die Zahl der Vinmonopol-Läden stark gestiegen, gleichzeitig fielen H<strong>und</strong>erte von<br />

Postämtern dem Sparzwang zum Opfer.<br />

Sodass, wie ein Schweizer Journalist spitzzüngig (<strong>und</strong> zutreffend) anmerkte, nun 73 Ortschaften<br />

über ein Vinmonopol, aber keine Post verfügen. Von einer Vinmonopol-Schwemme kann dennoch<br />

keine Rede sein: Anfang 2012 gab es im ganzen Land 267 Verkaufsstellen. Oslo mit etwa 600.000<br />

Einwohnern hat 27, die Finnmark im äußersten Norden, ein Distrikt von der Größe Dänemarks,<br />

alles in allem neun. In ländlichen Gebieten sieht es mit der Versorgung also düster aus, weswegen<br />

es gang <strong>und</strong> gäbe ist, sich Wein <strong>und</strong> Cognac per Paket ins Haus schicken zu lassen.<br />

Bier gilt als frei verkäuflich. Dieser Satz weckt bei Mitteleuropäern falsche Vorstellungen. Im<br />

Lebensmittelgeschäft bekommt man nur Biere mit höchstens 4,5 Prozent Alkohol, ein bayerisches<br />

Hefeweizen mit 5,5 Prozent gibt es nur im Vinmonopol. Frei verkäuflich heißt auch nicht, dass man<br />

jederzeit in einen offenen Lebensmittelladen hineingehen <strong>und</strong> mit Bier herauskommen kann. Bier<br />

darf an Wochentagen nur zwischen acht <strong>und</strong> zwanzig Uhr, samstags nur bis achtzehn Uhr verkauft<br />

werden, an Sonn- <strong>und</strong> Feiertagen sowie an Wahltagen überhaupt nicht. Hat ein Geschäft länger<br />

geöffnet, als Bier verkauft werden darf, müssen die Glastüren der Kühlschränke abgeschlossen<br />

<strong>und</strong> die im Laden zum Verkauf gestapelten Bierkisten hinter einem Vorhang verborgen werden.<br />

Die Kommunen können die gesetzlich festgelegten Zeiten verkürzen. So fand ich mich eines<br />

Nachmittags in Bergen, immerhin der zweitgrößten Stadt des Landes, in einer erhitzten Diskussion<br />

mit einer Supermarktkassiererin wieder, die mir ein Sixpack Bier nicht verkaufen wollte. Das sei<br />

nur bis vier Uhr erlaubt, es war zehn nach vier. Ich versuchte es mit dem Hinweis, dass das<br />

Gesetz für mich nicht gelte, weil ich Ausländerin bin. Mit diesem raffinierten Argument hatte es<br />

ein deutscher Fre<strong>und</strong> geschafft, einem Tankwart auf dem flachen Land zwei Flaschen Bier zu<br />

entlocken, obwohl Sonntag war.<br />

Die Bergenerin konnte ich mit dem Ausländertrick nicht beeindrucken, sie musste nicht einmal<br />

darüber nachdenken. Ihre Kasse war ab sechzehn Uhr für den Strichcode von Bier gesperrt.<br />

Alkoholfreies Bier hätte ich bekommen können. Das ist bei bestimmten Szeneleuten in Oslo ein<br />

bisschen modern geworden, aber bei dem Kollegen, bei dem ich eingeladen war, hätte ich damit<br />

nicht punkten können. Wie er finden die meisten Norweger Bier ohne Alkohol geradezu absurd.<br />

Runar Døving, der sich in einem Buch eingehend damit befasst hat, was seine Landsleute essen<br />

<strong>und</strong> trinken, zitiert ein Gespräch über lettøl, ein Dünnbier mit 2,5 Prozent Alkohol: "Lettøl ist mir<br />

entschieden zu viel virtual reality." "Wie meinst du das?" "Das ist doch wohl klar: Warum soll ich<br />

ein Rauschmittel trinken, das keinen Rausch macht? Das ist doch völliger Quatsch." Sie sehen:<br />

Alkohol ist in Norwegen kein Genuss-, sondern ein Rauschmittel.<br />

Bier in Norwegen ist in aller Regel Pils. Zwei wichtige Untergruppen sind fredagspils <strong>und</strong> utepils.<br />

Ein fredagspils oder zwei trinkt man Freitag nach Arbeitsschluss mit Kollegen, <strong>und</strong> zwar in einer<br />

Kneipe. Die Sitte begann in den 70er-Jahren, als die Fünf-Tage-Woche üblich wurde. Auch das<br />

utepils - wörtlich übersetzt: Draußenpils - ist weder eine Biersorte noch eine Brauerei, es ist<br />

jedes Pils, das im Freien getrunken wird. Allerdings nicht auf der Straße oder der Parkbank, denn<br />

Trinken in der Öffentlichkeit ist verboten, sondern im Lokal, im eigenen Garten oder auf einem<br />

privaten Bootssteg. Ohne utepils ist in Norwegen kein Sommer, was ein relativer Begriff ist. Denn<br />

kaum sind die letzten Schneeflecken geschmolzen, rücken Gastwirte Tische <strong>und</strong> Stühle vor die<br />

Tür. Es mag gerade einmal elf Grad warm - warm? - sein, aber nun wird die Jacke abgeworfen,<br />

nun trinkt man in Hemdsärmeln eine Halbe. Das erste utepils nach dem Winter ist ein Markstein im<br />

Ablauf der Jahreszeiten, er wird in Regionalblättchen kommentiert oder, wie vom Norwegischen<br />

Studentenb<strong>und</strong>, auf der Homepage vermerkt. Dort stand an einem siebten März zu lesen: "Es ist<br />

vollbracht! Heute Nachmittag wurde das erste utepils konsumiert."<br />

Ich vermute übrigens, dass es sich mit der Aufhebung des staatlich regulierten Alkoholverkaufs in<br />

Norwegen ähnlich verhält wie in Großbritannien mit der Umstellung auf den Rechtsverkehr: Der<br />

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richtige Zeitpunkt wurde verpasst, nun würde man das Leben zahlloser Landsleute gefährden.<br />

Das einzige alkoholische Getränk, das Norwegen im großen Stil exportiert, ist Linie Aquavit. Es<br />

entstand als ideale Kombination aus dem protestantischen Bemühen, Alkohol außer Reichweite<br />

zu bringen, <strong>und</strong> dem Wunsch von Seeleuten, ihren Alkoholvorrat mit sich zu führen. Die<br />

Entstehung des Linie, erläutert die Firmengeschichte, verdanke sich einem Zufall. 1805 sei ein<br />

Fass Aquavit von einer Schiffsreise nach Ostindien unverkauft nach Norwegen zurückgekommen.<br />

Als man es öffnete <strong>und</strong> den Inhalt probierte, habe man erfreut festgestellt, dass die lange Reise<br />

dem Aquavit gutgetan habe. Wie es überhaupt ungeöffnet wieder nach Hause hatte kommen<br />

können, wird nicht erklärt, möglicherweise war der Kapitän Pietist. Seither schippert Aquavit in<br />

Sherryfässern auf norwegischen Schiffen einmal über die Äquatorlinie <strong>und</strong> zurück (daher das Wort<br />

Linie). Auf jeder Flasche ist vermerkt, wann <strong>und</strong> auf welchem Schiff der Inhalt das tat.<br />

Selbstverständlich mögen die Norweger ihren Linie Aquavit lieber als alle anderen Aquavits,<br />

ein Fan ging so weit, ihn als eine der erogenen Zonen der Norweger zu bezeichnen. Es ist im<br />

internationalen Vergleich ungewöhnlich, dass eine Spirituose in ihrem Heimatland etwa doppelt<br />

so teuer ist wie im Ausland. Also kaufen die Norweger in ausländischen Schnapsläden oder im<br />

Duty-free viele, viele Flaschen Linie <strong>und</strong> bringen ihn so unauffällig wie möglich über eine weitere<br />

Linie: den norwegischen Zoll.<br />

"Bier darf an Wochentagen nur zwischen 8 <strong>und</strong> 20 Uhr, samstags nur bis 18 Uhr verkauft werden,<br />

an Sonn- <strong>und</strong> Feiertagen sowie an Wahltagen überhaupt nicht"<br />

Der Text ist ein leicht gekürztes Kapitel aus dem jüngst erschienenen Buch "Gebrauchsanweisung<br />

für Norwegen" von Ebba D. Drolshagen, Piper Verlag, 236 Seiten, 14,99 Euro.<br />

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"Frankfurter Allgem. Sonntagszeitung" Nr. 6 vom 10.02.2013Seite: 47<br />

---------------------------------------------------------------------- Ressort: Feuilleton<br />

Wer hinschaut, ist schon drauf<br />

Serien machen abhängig, das weiß jeder. Aber Serien wie "Breaking Bad" oder "Ringer" machen<br />

nicht nur die <strong>Sucht</strong> zum Thema: Sie funktionieren auch genauso<br />

Dieser Stoff muss aber auch gut sein! Visionen, als gäbe es LSD mit Blu-Ray-Effekt. Körperkraft<br />

<strong>und</strong> Geistesschärfe, dass Kokain dagegen wirkt wie kalter Kaffee. Und die Lust erst! Vergiss<br />

Ecstasy. Mit diesem Mittel steigert sich das Begehren ins Surreale.<br />

Die Droge heißt Vee, es gibt sie auf keinem Schwarzmarkt, aber im Fernsehen, in der Serie "True<br />

Blood". Vee nennen Junkies das Blut von Vampiren, nicht leicht ranzukommen an das Zeug, weil<br />

man dafür ein Monster zur Ader lassen muss. Aber dann: ein paar Tropfen, <strong>und</strong> schon saust man<br />

durch die Galaxie!<br />

Es gibt zurzeit erstaunlich viele Abhängige im amerikanischen Serienfernsehen. <strong>Sucht</strong> scheint<br />

das neue Lieblingssujet der Autoren <strong>und</strong> Produzenten zu sein. In "Breaking Bad" kocht ein<br />

Chemielehrer Crystal Meth, sein Geschäftspartner nimmt Heroin. Nurse Jackie, die Titelheldin<br />

einer exzellenten Krankenhausreihe, frisst Psychopharmaka wie Smarties. Wenn die Wirkung<br />

der Tabletten zu langsam einsetzt, wird der Inhalt auch mal weggeschnupft, diskret, auf der<br />

Damentoilette. Zwänge <strong>und</strong> Konsequenzen pathologischer Gier gibt es in allen Varianten im<br />

Fernsehen: Die Reihe "Luck" spielt im Wettmilieu; die Hälfte der Figuren sind süchtige Zocker.<br />

In der Sitcom "Mike & Molly" haben die Helden ein massives Essproblem. Sie sind sogenannte<br />

"Overeaters", zu Deutsch: Fresssüchtige.<br />

Und auch Dexter ist letztlich ein <strong>Sucht</strong>typ. Der Forensiker des Miami Police Department tötet in der<br />

gleichnamigen Serie Schwerverbrecher, die durch die Maschen des Gesetzes geschlüpft sind.<br />

Bis zu Staffel sieben hat er sechzig Menschen ermordet, <strong>und</strong> immer wenn er aufhören will, heißt<br />

es: Nur den einen noch, dann beginne ich ein neues Leben.<br />

Wo <strong>Sucht</strong> ist, ist auch Läuterung. Wenn Amerikaner von Abhängigkeit reden, kommt sofort das<br />

Zwölf-Schritte-Programm ins Spiel. Ausgedacht hat sich die Methode ein Alkoholiker namens Bill<br />

Wilson, 1935 wurde der schwerkranke Säufer nach 43 stationären Entzugsbehandlungen trocken<br />

<strong>und</strong> gründete die Anonymen Alkoholiker. Die "Twelve Steps" sind die Basis eines nüchternen<br />

Lebensstils; die Gr<strong>und</strong>idee ist, dass man nicht nur das Trinken lässt, sondern auch den eigenen<br />

deformierten Charakter umbaut. Zentrale Etappen dabei sind eine "gr<strong>und</strong>legende moralische<br />

Inventur", das heißt eine Inspektion der Vergangenheit <strong>und</strong> des persönlichen Werdegangs; die<br />

Wiedergutmachung bei all jenen, denen man geschadet hat; das Weitergeben des Gelernten an<br />

noch leidende Säufer.<br />

Die Methode hat eine immense Karriere gemacht: Spielsüchtige, Drogenabhängige, Sexaholics,<br />

Workaholics <strong>und</strong> zwanghafte Schuldner organisieren sich heute nach dem "Twelve Step"-<br />

Programm. Es gehört zur amerikanischen Alltagskultur wie Baseball <strong>und</strong> Spring Break. Wenn in<br />

New York also jemand sagt, er gehe ins Meeting, dann meint er damit unter Umständen nicht<br />

eine Konferenz oder eine Besprechung, sondern ein Treffen der Anonymen. Und wenn jemand<br />

seinen Sponsor anruft, dann muss das kein Geldgeber oder PR-Experte sein, sondern ein anderer<br />

genesender Süchtiger, der genügend Erfahrung mit dem Programm hat, um sich um andere zu<br />

kümmern.<br />

Ob "Private Practice" oder "The Wire": dass in neueren Serien sich die Meetings <strong>und</strong> Sponsoren<br />

so häufen, ist also konsequent. Für ein amerikanisches Publikum wäre das Dauerthema <strong>Sucht</strong><br />

nicht plausibel ohne mindestens die Erwähnung der Zwölf-Schritte-Idee. Erstaunlich aber ist, dass<br />

Serien das Programm neuerdings als erzählerisches Mittel nutzen. In "Mike & Molly" lernen sich<br />

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die Helden, eine Gr<strong>und</strong>schullehrerin <strong>und</strong> ein Polizist, in einem Meeting kennen. Regelmäßig sind<br />

die beiden bei den Treffen von Overeaters Anonymous zu sehen. Wenn er seine Liebe gesteht,<br />

dann tut er das in der Gruppe. Das hat gerade bei heiklen Erklärungen seine Vorteile: In Meetings<br />

wird nicht diskutiert, man gibt keine Ratschläge. Jeder spricht ein paar Minuten, sagt danke, dann<br />

ist der Nächste dran.<br />

Jessie, der Gehilfe des Drogenkochs aus "Breaking Bad", geht zu den Narcotics Anonymous, das<br />

war der erste Ableger der Anonymen Alkoholiker, gegründet 1956, am Vorabend der Hippie- <strong>und</strong><br />

Vietnamkriegsära, in Kalifornien. Dass der junge Mann erst einmal hofft, im Kreise instabiler User<br />

neue Klienten für seinen Crystal-Meth-Handel zu finden, gehört zum grimmigen Humor der Reihe.<br />

Dass er clean wird mit dem Programm, zur moralischen Lektion.<br />

Der Serienkiller Dexter hat in der zweiten Staffel eine Sponsorin, sie soll ihm helfen, von<br />

der Mordlust wegzukommen. Am Ende landet sie unterm Messer ihres Schutzbefohlenen, der<br />

Genesungsprozess verläuft nicht immer friedlich, <strong>und</strong> manchmal dauert es eben ein bisschen<br />

länger, bis ein Abhängiger einen Tiefpunkt hat: So nennen die Zwölf-Schritte-Anhänger den<br />

Moment, in dem man begreift, dass alles besser ist, als weiterzumachen mit der <strong>Sucht</strong>.<br />

In der Serie "Ringer", die seit November auf dem Sender Sixx zu sehen ist, spielt Sarah Michelle<br />

Gellar, bekannt aus "Buffy, die Vampirjägerin", eine Drogensüchtige, die von der Mafia verfolgt<br />

wird <strong>und</strong> deshalb untertaucht. Einzige Konstante in diesem verkorksten Leben: das Programm<br />

mit seinem schon im Titel verankerten Diskretionsgebot. Jede Folge beginnt mit einer Meeting-<br />

Szene, die junge Frau sitzt im Kreis von Leidensgenossen <strong>und</strong> erzählt vom Leben im Untergr<strong>und</strong>.<br />

Die Anonymen gehen davon aus, dass die <strong>Sucht</strong> gestoppt werden kann, die Erkrankung aber<br />

nie heilt. Zentraler Slogan: "Just for today", nur für heute. Das heißt: Nur für heute musst du<br />

nichts nehmen, trinken, fressen. Morgen steht auf einem andern Blatt. Deshalb gehen sie jede<br />

Woche in Meetings, oft mehrere Male, über Jahre hinweg, viele ein ganzes Leben lang. Das<br />

Programm funktioniert also selbst wie eine Serie: Man sieht regelmäßig dieselben Leute, hört<br />

immer dieselben Geschichten mit mehr oder weniger deutlichen Variationen.<br />

Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Mustern, nach denen sich Plots zusammenbauen lassen,<br />

das gilt für die Fernsehfiktion wie für das richtige Leben. Interessant ist dann, mit wie viel Intelligenz<br />

<strong>und</strong> Tapferkeit so eine Leidensgeschichte präsentiert wird. Bei Serien wie "Nurse Jackie" <strong>und</strong><br />

"Mike & Molly" ist es vor allem der Humor, der einen gefangennimmt. "Wenn ich schon in Weiß<br />

heirate, möchte ich wenigstens aussehen wie ein Kühlschrank <strong>und</strong> nicht wie ein Milchlaster", sagt<br />

Mike in einem Meeting. Wenn Selbsterkenntnis mit so viel Lakonik daherkommt, bleiben auch die<br />

Zuschauer dran.<br />

Noch in einem weiteren Punkt folgen Zwölf-Schritte-Programm <strong>und</strong> Serie derselben Dramaturgie:<br />

Sie orientieren sich an einer Utopie, deren Erfüllung beharrlich aufgeschoben wird. Du willst ein<br />

besserer Mensch werden? Dann arbeitest du dich nicht nur einmal durch das Programm. Du<br />

machst die moralische Inventur immer wieder, auch die Wiedergutmachung ist eine Lebenspflicht.<br />

Und den Neuen, noch Strauchelnden zu helfen, diese Caritas wird nie aufhören, weil die Leute<br />

auch niemals aufhören werden zu saufen oder sich sonst wie kaputtzumachen.<br />

"Die wichtigste Person in jedem Meeting ist der Neuankömmling", heißt es in der Satzung der NA.<br />

Ohne die, die da sind, geht es nicht, klar. Aber Hoffnung <strong>und</strong> Idee des Programms erfüllen sich<br />

erst durch jene, die noch kommen werden. Bei Serien ist das strukturell genauso: Die wichtigste<br />

Folge ist immer die nächste, die bedeutendste Staffel jene, die noch kommen wird. Deshalb sind<br />

auch Therapeuten beliebte Serienfiguren, ob im Drama ("Sopranos", "In Treatment") oder in der<br />

Comedy ("Web Therapy", "Head Case"). Therapien sind ebenfalls Reihenprodukte, eine Sitzung<br />

allein ergibt keinen Sinn. Zwanghaft wiederholen, aber nicht zwangsläufig durcharbeiten, sondern<br />

aufschieben <strong>und</strong> herumtricksen - das machen Serien <strong>und</strong> Neurotiker. Entsprechend gut läuft das<br />

Fließband der Unterhaltung weiter. "Ich hasse Anwälte", sagt der Psychologe Frasier aus der<br />

gleichnamigen Sitcom. "Aber es sind tolle Patienten. Exzellente Krankenversicherung, minimale<br />

Heilungschancen."<br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

Auch Investmentbanker sollen weitgehend therapieresistent sein, sie zocken weiter auf den<br />

Finanzmärkten, als sei die Krise vor drei Jahren der Stoff einer Comedy <strong>und</strong> nicht ein Debakel mit<br />

weltweiten Folgen gewesen. Vielleicht hantiert das aktuelle Serienfernsehen deshalb so auffällig<br />

mit <strong>Sucht</strong>stoffen <strong>und</strong> Genesungsmodellen. Auch <strong>Sucht</strong> <strong>und</strong> Kapital folgen einer ähnlichen Logik.<br />

Der Kapitalist kann wie der Junkie nicht aufhören, der Abhängige giert nach mehr Stoff, das Kapital<br />

nach mehr Wert. Und beide müssen die Dosis immer weiter steigern, bis zum Zusammenbruch.<br />

Eine faszinierende Figur war in diesem Zusammenhang Jack Bauer aus der Serie "24". Er war<br />

zwar kein Spekulant, sondern Geheimagent <strong>und</strong> Terroristenjäger, aber an ihm konnte man sehen,<br />

was es heißt, in einem System zu leben, das immer mehr verlangt. Mehr Einsatz, mehr Flexibilität,<br />

mehr Effizienz. 24 St<strong>und</strong>en am Stück war der Mann im Dienst, selbst die Pinkelpausen wurden<br />

ihm wegrationalisiert. Und was sagte er, als ihn ein Kollege fragte, ob gerade er als Staatsdiener<br />

nicht aufhören müsste mit dem Foltern <strong>und</strong> Töten, selbst wenn es um die Rettung Amerikas gehe?<br />

"Ja, aber nicht heute."<br />

Just for today: Es soll Leute geben, die einzelne Staffeln von "24" in Echtzeit gesehen haben. Ist<br />

das maßlos, gierig, zwanghaft? Auf jeden Fall. Und es ist die beste Pointe der Serienunterhaltung:<br />

Du wirst nicht Zeuge der <strong>Sucht</strong>, ohne selbst abhängig zu werden.<br />

DANIEL HAAS<br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

"Frankfurter Allgem. Sonntagszeitung" Nr. 6 vom 10.02.2013Seite: V12<br />

---------------------------------------------------------------------- Ressort: Drinnen <strong>und</strong> Draußen<br />

Recht auf Rädern<br />

VON UWE LENHART<br />

Ein Autofahrer wird zum zweiten Mal bei einem Verstoß gegen die 0,5-Promille-<br />

Grenze erwischt. Es gibt jeweils vier Punkte im Verkehrszentralregister, Geldbuße <strong>und</strong><br />

Fahrverbot. Letzteres beträgt wegen wiederholter Begehung statt einen Monat drei Monate.<br />

Nach Abschluss des Bußgeldverfahrens fordert die Führerscheinstelle eine Medizinisch-<br />

Psychologische Untersuchung (MPU) an. Zu Recht? Nicht nur zur Klärung der Fahreignung<br />

bei Neuerteilung des Führerscheins nach Entzug wegen Trunkenheitsfahrt mit 1,6 <strong>und</strong> mehr<br />

Promille Blutalkoholkonzentration hat die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU anzuordnen. Vielmehr<br />

auch dann, wenn zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch<br />

vorliegen oder sonst Tatsachen dessen Annahme begründen. Weiter wenn zu klären ist, ob<br />

Alkoholmissbrauch nicht mehr besteht. Schließlich bei wiederholten Zuwiderhandlungen im<br />

Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss. In diesen Fällen hat die Behörde kein Ermessen. Sie ist<br />

verpflichtet, eine MPU anzuordnen. Am besten sollte man gleich nach dem zweiten Verstoß<br />

mit dem Nachweis der Alkoholabstinenz durch regelmäßige Blutuntersuchungen beginnen. Wer<br />

wiederholt im Straßenverkehr mit Alkohol auffällt, muss sich nämlich den Vorwurf gefallen lassen,<br />

ein Alkoholproblem zu haben.<br />

Der Autor ist Fachanwalt für Verkehrsrecht in Frankfurt<br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

"Österreich" vom 10.02.2013 Seite 17 Von: G. Mackerle <strong>Wien</strong><br />

Stenzel:'Will Alkohol-Verbot in <strong>Wien</strong>er City'<br />

* So will sie Alkohol-Exzesse unterbinden<br />

Im ÖSTERREICH-Interview erklärt die Bezirks-Chefin (ÖVP), wo das Alkohol-Verbot gelten <strong>und</strong><br />

wie es überwacht werden soll.<br />

ÖSTERREICH: Warum fordern Sie ein Alkohol-Verbot im öffentlichen Raum?<br />

URSUlA STEnzEl: ich fordere ein Alkohol-Verbot in kritischen Vierteln. bei der<br />

bürgerversammlung zur Neugestaltung des Schwedenplatzes ist klar geworden, dass eine<br />

bauliche Neuplanung sinnlos ist, wenn man die Exzesse der Nachtszene nicht in den Griff<br />

bekommt.<br />

ÖSTERREICH: Wo in der City soll das Alk-Verbot konkret durchgesetzt werden?<br />

STEnzEl: Dort, wo es eine lärmende Szene gibt, die man sonst nicht in den Griff bekommt.<br />

im bermuda-Dreieck, am Schweden<strong>und</strong> am Morzinplatz beschweren sich die bewohner über<br />

Auswüchse der Nachtszene wie Lärm, Erbrechen <strong>und</strong> Urinieren. Auch für Touristen ist das kein<br />

schönes bild. Ein Alk-Verbot ist das letzte Mittel.<br />

ÖSTERREICH: Wer soll das kontrollieren?<br />

STEnzEl: Die Polizei oder ein eigener Wachdienst. in Graz <strong>und</strong> Salzburg funktioniert das ja auch.<br />

ÖSTERREICH: Welche Schritte sind nötig, um ein Alkohol-Verbot umzusetzen?<br />

STEnzEl: Eine Verordnung ist nötig. ich appelliere an die Stadtregierung, sich etwas in diese<br />

Richtung zu überlegen.<br />

Faksimile Seite 17 <strong>Wien</strong><br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

"Österreich" vom 10.02.2013 Seite 17 <strong>Wien</strong><br />

Ab morgen wieder mehr Polizei<br />

Schutz-Zone am Karlsplatz<br />

Innere Stadt. Nach den Semesterferien tritt auf dem Karlsplatz wieder eine Schutzzone in Kraft.<br />

Ab morgen kann die Polizei Personen unter bestimmten Voraussetzungen wegweisen. Die<br />

Schutzzone gilt auf dem Spielplatz im Resselpark <strong>und</strong> vor den beiden evangelischen Schulen.<br />

Sie richtet sich gegen die Drogenszene.<br />

Faksimile Seite 17 <strong>Wien</strong><br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

"Kleine Zeitung" vom 09.02.2013 Seite: 16 Ressort: B<strong>und</strong>esland Kärnten<br />

Glücksspiel: Zehn Bewerber für Lizenzen<br />

Riesiger Run auf das große Geschäft mit dem „Kleinen Glücksspiel“.<br />

KLAGENFURT. Es ist ein Millionenspiel – ein sehr einträgliches. Oder wie Kritiker sagen,<br />

eines auf Kosten von immer mehr Spielsüchtigen. Dementsprechend groß ist aber auch das<br />

Interesse, Glücksspielautomaten zu betreiben. Das Land Kärnten beschloss im Herbst ein<br />

Glücksspielgesetz. In diesem Zuge werden auch drei neue Konzessionen für das „Kleine<br />

Glücksspiel“ (offiziell: „Landesausspielungen mit Automaten“) vergeben. Vor einigen Tagen<br />

endete die Bewerbungsfrist für potenzielle Betreiber. „Wir haben insgesamt zehn Bewerber –<br />

mit Anzahl <strong>und</strong> Qualität sind wir sehr zufrieden“, erklärt Albert Kreiner, Leiter der Abteilung<br />

Wirtschaftsrecht <strong>und</strong> Infrastruktur beim Land.<br />

In den nächsten Wochen werden die Unterlagen geprüft. Drei Lizenzen für das Betreiben von<br />

Glücksspielautomaten in Salons oder in Einzelaufstellung sollen vergeben werden. Als Favorit gilt<br />

der österreichische Marktführer Novomatic, der mit der Marke „Admiral“ schon jetzt stark präsent<br />

ist. Mit der deutschen Gauselamann AG ist ein renommierter internationaler Anbieter im Rennen,<br />

der zuletzt in Oberösterreich <strong>und</strong> Niederösterreich gegen Novomatic das Nachsehen hatte <strong>und</strong><br />

daraufhin klagte.<br />

„Die bestehenden Lizenzen laufen mit Ende 2014 aus“, sagt Kreiner. Dann darf es laut<br />

B<strong>und</strong>esgesetz maximal 465 Automaten in Kärnten geben, derzeit sind es noch über 900. Schon<br />

jetzt werden sukzessive Automaten aus dem Altbestand ausgeschieden. Die Lizenzen selbst<br />

bringen dem Land nichts, durch Steuereinnahmen kommen aber auch in Zukunft 7 Millionen Euro<br />

pro Jahr in die Landeskassa. WOLFGANG FERCHER<br />

Faksimile Seite 16 Kärnten<br />

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"Kurier" vom 09.02.2013 Seite: 18 Ressort: Chronik Wi, Morgen<br />

13 Wettlokale auf 900 Metern<br />

Glücksspiel.Gegen die Flut an Zockerbuden richtet sich zunehmend der Zorn von<br />

Anrainern<br />

von Nihad AmaraFür Haldis Scheicher steht das eine Wettlokal für den Verfall eines ganzen<br />

Grätzls. Eine Buchhandlung wich 2010 einer Zockerbude auf der Reinprechtsdorfer Straße in<br />

<strong>Wien</strong>-Margareten. Statt bedruckte Seiten zu kaufen, tragen Glücksritter nun Geldscheine hinein,<br />

oft ihren gesamten Monatslohn. Es war ein Weckruf für Scheicher <strong>und</strong> ihre Mitstreiter - für die<br />

Gründung der Bürgerinitiative Republik Reinprechtsdorf.<br />

Dieses "gallische Dorf" existiert nur auf Papier, in den Köpfen von r<strong>und</strong> 20 Anrainern, die dem<br />

inflationären Ausbreiten von Wettlokalen einen Riegel vorschieben <strong>und</strong> ihr Grätzl beleben wollen.<br />

"Die Lebensqualität", klagt Scheicher, 43, "ist hier verloren gegangen." Die Dichte an Wettlokalen<br />

ist beachtlich: Auf 900 Metern haben sich 13 Zockerbuden eingemietet. Von 90 für den Bezirk<br />

zugelassenen Spielautomaten verteilen sich 46 auf den Straßenzug.<br />

Wer den Anrainern zuhört, muss unweigerlich an die "Broken-Window-Theorie" denken, die<br />

beschreibt, wie Verwahrlosung zu noch mehr Verwahrlosung führt. Scheicher fasst das so<br />

zusammen: Die Straße sei "verschandelt, die Beschaffungskriminalität ist gestiegen, ebenso die<br />

Trostlosigkeit".<br />

Wozu braucht es aber einen Bürgerprotest gegen Glücksspiellokale, wenn ab 2015 ohnehin keine<br />

Lizenzen mehr für das kleine Glücksspiel, also die Automaten, in <strong>Wien</strong> ausgestellt werden?<br />

"Die Automaten sind dann weg, aber es gibt noch die Sportwetten", sagt Scheicher. Und die<br />

unterliegen nicht dem Glücksspielgesetz. Marliese Mendel gehört zu den "Republiksbürgern".<br />

Sie klapperte die Lokale ab <strong>und</strong> sah oft das gleiche Bild von Spielern: "Jung, männlich,<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong>." Es bestehe dort kein "Konsumationszwang". Jugendschutz existiere nur<br />

auf Aufklebern auf den Türen.<br />

"Alternativen"Juristisch oder lokalpolitisch komme man gegen die Lokal-Schwemme nicht an,<br />

ergänzt Wolf-Goetz Jurjans, Mitstreiter <strong>und</strong> KPÖ-Bezirksrat. Die Anrainer wollen deshalb das<br />

Pferd von hinten aufzäumen. Mendel: "Wir wollen Alternativen schaffen. Gründe, um dort gar nicht<br />

reinzugehen." Mit Events oder Impulsen, wie etwa einer Belebung des Siebenbrunnenplatzes.<br />

Szenenwechsel: Scheicher sitzt am Podium, neben ihr Marlene Reisinger von der SPÖ-Sektion<br />

8. Die Initiative "Aktionsradius" hat zur Diskussion über die Zukunft des kleinen Glücksspiels<br />

geladen. Die SPÖ-Sektion hatte im Vorjahr ein sozialdemokratisches Erdbeben ausgelöst: In<br />

<strong>Wien</strong> überzeugten sie die rote Basis von einem Verbot des kleinen Glücksspiels. Der Beschluss<br />

zog sich wie ein roter Faden bis zum SPÖ-B<strong>und</strong>esparteitag. Reisinger wirbt weiter für das Verbot,<br />

erzählt von der "extremen sozialen Frage", die Peter Berger, Präsident der Spielersuchthilfe,<br />

konkretisiert: "Spielsucht ist eine fortschreitende Krankheit." Tausend Betroffene behandelt der<br />

Verein jährlich. Darunter sind auch viele Angehörige.<br />

Scheicher erzählt von ihrer Initiative. Sie erhält viel Beifall, wird später mehrfach um ihre<br />

Telefonnummer gefragt. Im Publikum meldet sich eine Frau. Die Spiellokale würden "Häuser,<br />

Straßen, Grätzeln" ruinieren. "Das metastasiert sich durch die Stadt." Der Glücksspielkonzern<br />

Novomatic, angeblich "käufliche" Medien <strong>und</strong> Politiker werden kritisiert.<br />

Sind solche Gegner nicht zu mächtig? Scheicher: "Wir wissen, wo unsere Grenzen liegen." Und<br />

zwar entlang der Reinprechtsdorfer Straße. Am 22. Februar laden sie zu einer Lesung.<br />

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Faksimile Seite 18 <strong>Wien</strong> Morgen<br />

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"Frankfurter R<strong>und</strong>schau" vom 09.02.2013 Ressort: Region Wiesbaden/Mainz<br />

Auf der Suche nach verbotenen Getränken<br />

Von Irmela Heß<br />

Von einer Pädagogik mit erhobenem Zeigefinger hält der oberste Mainzer Jugendschützer Hajo<br />

Kunkel eigentlich nichts, aber wenn es um den Alkoholkonsum von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen an<br />

Fastnacht geht, richtet er mahnende Worte an diese <strong>und</strong> an ihre Eltern. Und wenn er im Zuge der<br />

zahlreichen Kontrollen Kids mit Alkoholika erwischt, kennt er nichts: "Wir schütten das Zeug weg."<br />

Er habe zwar den Eindruck, dass das Komasaufen etwas abgenommen habe, "aber insgesamt<br />

liegt der Alkoholkonsum bei den unter 18-Jährigen auf hohem Niveau", so Kunkel. "Viele, vor<br />

allem auch Jüngere, trinken extrem viel. Harte Getränke sind dabei an der Tagesordnung." Und<br />

weil der Alkoholkonsum besonders schädlich für Menschen im Wachstum ist, wird in Mainz an<br />

den Fastnachtstagen besonders streng kontrolliert.<br />

Fünf Teams mit 30 bis 40 Mitarbeitern von Jugendamt <strong>und</strong> Polizei aus Mainz, Oppenheim,<br />

Ingelheim <strong>und</strong> Rüsselsheim werden am Sonntag in Finthen <strong>und</strong> am Rosenmontag in der Mainzer<br />

Innenstadt unterwegs sein. Vor allem am Hauptbahnhof <strong>und</strong> in der südlichen Altstadt werden<br />

sie ihr Augenmerk speziell auf Kinder <strong>und</strong> Jugendliche richten. Wer mit unerlaubten Getränken<br />

erwischt wird, ist nicht nur den Alkohol los, sondern muss damit rechnen, dass seine Eltern davon<br />

in Kenntnis gesetzt werden. "Die Rückmeldungen sind in der Regel sehr positiv, obwohl viele<br />

Eltern aus allen Wolken fallen", sagt Kunkel.<br />

Er weiß auch, dass Mütter <strong>und</strong> Väter nicht viel mehr tun können, als über die Folgen aufzuklären.<br />

"Den Missbrauch kann man kaum verhindern." Wer es darauf anlege, finde immer jemanden, der<br />

ihm den Alkohol kauft. "Allerdings können Eltern dafür sorgen, dass ihre Kinder keinen Alkohol,<br />

dafür aber ausreichend Wasser <strong>und</strong> Essen von Zuhause mitnehmen." Wird ein Jugendlicher unter<br />

16 Jahre stark alkoholisiert aufgegriffen, bedarf aber nicht medizinischer Hilfe, werden die Eltern<br />

aufgefordert, ihn abzuholen. Ist kein Erziehungsberechtigter greifbar, landet er erst mal im Haus<br />

der Jugend.<br />

Unterstützung bekommen die Jugendschützer von Mitarbeitern des Ordnungsamts.<br />

Die kontrollieren Kioskbesitzer, Standbetreiber <strong>und</strong> fliegende Händler, ob sie die<br />

Jugendschutzbestimmungen einhalten. "Im Allgemeinen halten sich die Verkäufer daran, aber<br />

der eine oder andere ist bekannt für seine Nachlässigkeit", weiß Kunkel.<br />

TIPPS<br />

Essen nicht vergessen <strong>und</strong> zwischendurch auch mal Wasser trinken.<br />

Nicht allein, sondern lieber mit einer Gruppe losziehen <strong>und</strong> aufeinander<br />

achten.<br />

Keine Scheu haben, im Notfall Jugendschützer, Sicherheitspersonal oder<br />

Sanitäter um Hilfe zu bitten.<br />

(c) Verlag der Frankfurter R<strong>und</strong>schau, Frankfurt<br />

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"Süddeutsche Zeitung" vom 09.02.2013 Seite: R7 Ressort: Wolfratshausen Wolfratshausen<br />

An jedem Arbeitstag ist ein Führerschein weg<br />

Nicht nur zur Faschingszeit: Alkohol am Steuer kostet jährlich mindestens 200 Fahrer im<br />

Landkreis die Lizenz<br />

Bad Tölz-Wolfratshausen - Die Polizeiinspektionen im Landkreis sind voll des Lobes über<br />

die Vernunft der Autofahrer in der ansonsten närrischen Saison: "Keine auffallende Mehrung<br />

von Trunkenheitsfahrten", meldet der Geretsrieder Polizeichef Walter Sigm<strong>und</strong>, <strong>und</strong> auch der<br />

Wolfratshauser Dienststellenleiter Werner Resenberger kann sich spontan nicht entsinnen,<br />

dass seine Beamten in den vergangenen Wochen gravierende Fälle zu bearbeiten oder gar<br />

Führerscheine zu entziehen hatten - "absolut ruhig", freut sich Resenberger. Übereinstimmung<br />

herrscht in den Inspektionen darüber, dass die Moral den Alkohol am Steuer betreffend keinesfalls<br />

zu vergleichen sei mit der von vor 25 Jahren.<br />

Ein Blick in die Statistik der im Landratsamt angesiedelten Straßenverkehrsbehörde relativiert<br />

das Autofahrerlob indes deutlich, sofern man die Zahlen übers ganze Jahr betrachtet. Der<br />

Leiter dieser Behörde, Georg Fischhaber, verweist darauf, dass sich die Anzahl jener, die den<br />

Führerschein abgeben mussten <strong>und</strong> ihn wieder neu beantragen, seit Jahren auf gleicher Höhe<br />

bewegt: Sie liegt mit geringen Abweichungen bei 200. "Das ist der Standard", sagt Fischhaber,<br />

im Jahr 2010 habe man sogar 230Fälle gezählt, unter die 200 komme man so gut wie nie.<br />

2012 waren es 204 Anträge. "Man kann grob gerechnet sagen, dass an jedem Arbeitstag<br />

ein Führerschein entzogen wird", lautet Fischhabers Faustregel. In 131 Fällen wurde die<br />

Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vom Bestehen der berüchtigten Medizinisch-Psychologischen<br />

Untersuchung (MPU), vulgo Depperltest, abhängig gemacht, es waren jene, in denen Personen<br />

mit über 1,6 Promille am Steuer angetroffen wurden. 82 Mal mussten die Antragsteller frustriert<br />

wieder abziehen: Sie bekamen wegen ihres MPU-Resultats den Führerschein nicht wieder.<br />

Als nicht weniger erschreckend bewertet Fischhaber den Promille-Durchschnittswert derer, die<br />

wegen Trunkenheit den Führerschein unbefristet verloren haben: Er lag 2010 bei 1,7, im Jahr<br />

2011 bei 1,64. Die jemals im Landkreis aktenk<strong>und</strong>ig gewordene Höchstgrenze lag bei 3,98<br />

Promille, einem Wert, bei dem ein normaler, nicht an Alkohol gewöhnter Mensch längst tot ist,<br />

wie Fischhaber versichert. Bei solchen Werten handle es sich "nicht mehr um trinkende Fahrer,<br />

sondern um fahrende Trinker". Generell wird bei Alkoholfahrten eine relativ hohe Dunkelziffer<br />

angesetzt: Nur einer von 500 Betrunkenen wird mutmaßlich im Auto ertappt. Bemerkenswert aus<br />

Fischhabers Sicht ist auch das Alter der Alkoholfahrer: Die ärgsten Schluckspechte sind nicht die<br />

Jungen, sondern die Autofahrer bis zum Jahrgang 1975.<br />

Wer zur MPU antreten muss, tut gut daran, sich vorab fachlicher Unterstützung zu versichern.<br />

Dieser Aufgabe widmet sich am Wolfratshauser Obermarkt die Juristin <strong>und</strong> Heilpädagogin<br />

Illa Rohnke-Wammetsberger. Sie kennt die Probleme <strong>und</strong> die hohen Kosten, die auf MPU-<br />

Kandidaten zukommen, <strong>und</strong> freut sich über das kooperative Verhalten des Landratsamts. Im<br />

Einzeltraining versucht sie herauszubekommen, wo die Probleme liegen <strong>und</strong> warum sich manche<br />

"abends wegbeamen". Denn mit Problemen sei es wie mit Fettaugen: "Die schwimmen immer<br />

oben." Und: "Ich hätte nie gedacht, dass so viele Menschen so viele Probleme haben - Scheidung,<br />

Mobbing, Job..." Genau sie seien es, die der MPU-Gutachter unerbittlich beleuchtet. Vier bis fünf<br />

Trainingsst<strong>und</strong>en setzt sie im Schnitt pro Kandidat an, um den Tag der Trunkenheitsfahrt präzise<br />

zu rekonstruieren <strong>und</strong> die Hintergründe herauszuerarbeiten. Um in das Leben der Betroffenen<br />

"Stabilität reinzubringen" <strong>und</strong> zu ergründen, "warum jemand Alkohol als Problemlösung benutzt<br />

hat".<br />

WOLFGANG SCHÄL<br />

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"Süddeutsche Zeitung" vom 09.02.2013 Seite: R10 Ressort: Fürstenfeldbruck Fürstenfeldbruck<br />

Am Limit<br />

Geht gute Stimmung auch ohne Alkohol? Neuntklässler der Kerschensteinerschule<br />

in Germering lernen, welche Auswirkungen Alkoholgenuss haben kann <strong>und</strong> welche<br />

Alternativen es für eine gute Party gibt<br />

VON LAURA WESSELER<br />

Germering - "Stellt euch vor, ihr müsst eine Party ohne Alkohol feiern. Wie könnt ihr trotzdem<br />

dafür sorgen, dass gute Stimmung herrscht?" fragt Jacqueline Kimpel die Schüler einer neunten<br />

Klasse an der Kerschensteinerschule in Germering. An diesem Tag sollen die Jugendlichen<br />

darüber informiert werden, welche Folgen übermäßiger Alkoholkonsum haben kann. Jacqueline<br />

Kimpel, Sozialpädagogin <strong>und</strong> für die Jugendsozialarbeit an der Mittelschule zuständig, leitet den<br />

Workshop "Tom <strong>und</strong> Lisa" zur Alkoholprävention für neunte Schulklassen. Im Mittelpunkt des<br />

Projekts steht die Simulation einer Party: Die Schüler werden in drei Gruppen aufgeteilt <strong>und</strong><br />

müssen planen, welche Aktivitäten sie bei der Feier anbieten oder was sie tun, wenn jemand zu<br />

viel getrunken hat.<br />

"Mir ist bewusst, dass viele Jugendliche in diesem Alter schon Kontakt mit Alkohol hatten oder an<br />

den Wochenenden regelmäßig etwas trinken", so Kimpel. "Trotzdem kann man in diesem Alter<br />

noch den Umgang mit Alkohol beeinflussen. Ziel des Workshops ist nicht, den Alkoholkonsum<br />

komplett zu verbieten, sondern den Schülern zu sagen: Kenn dein Limit." Die Neuntklässler sitzen<br />

in einem großen Kreis zusammen, sie haben sich überlegt, wie eine Haus-Party auch ohne<br />

Bier <strong>und</strong> Schnaps Spaß machen kann. Die Antworten lauten: Kickern, Karaoke, Kochen, Karten<br />

spielen. Für die Mitarbeit erhält jede Gruppe Punkte, am Ende gewinnen die Partyplaner mit den<br />

besten Ideen <strong>und</strong> dem größten Wissen über die Wirksamkeit von Alkohol.<br />

Die Meinungen der Schüler sind geteilt. "Ich finde das Projekt interessant, weil man selbst die<br />

ganze Zeit beteiligt ist, aber die meisten Sachen über Alkohol wusste ich schon so. Viele aus der<br />

Klasse trinken, aber nicht jedes Wochenende <strong>und</strong> eigentlich nur ein paar Bier", schätzt Christian<br />

die Situation bei seinen 15 <strong>und</strong> 16 Jahre alten Schulkameraden ein. Für die Simulation trägt<br />

jeder Schüler ein Schild mit einem fiktiven Namen, das gehört zum Spiel. "Ich weiß nicht, ob der<br />

Workshop etwas bringt, ein paar von uns trinken viel, zum Teil auch Schnaps. Ich mag das aber<br />

gar nicht <strong>und</strong> meine Eltern erlauben mir auch nicht, dass ich jetzt schon Bier trinke", erläutert Lisa<br />

ihre Eindrücke.<br />

Bei einem Frage-Antwort-Spiel, das unter den Gruppen ausgetragen wird, stellt sich heraus, dass<br />

die meisten vernünftige Antworten parat haben. "Theo hat Ärger in der Schule, ist es ok, wenn<br />

er zur Entspannung abends ein Bier trinkt?" - "Natürlich nicht, Probleme kann man nicht mit<br />

Alkohol wegspülen." Oder: "Anna hat nur zwei gemischte Bier getrunken, dann kann sie doch<br />

noch mit ihrem Roller heimfahren?" - "Nein, viel zu gefährlich, denn die Reflexe werden auch<br />

durch wenig Alkohol viel langsamer." Lediglich, wann die Wirkung eines Bieres am höchsten ist,<br />

kann keiner beantworten. Jacqueline Kimpel klärt auf: 60 bis 90 Minuten nach dem Genuss. Fragt<br />

sich, wie viele Erwachsene eine Antwort auf diese Frage gewusst hätten. Außerdem geht es<br />

darum, welche Maßnahmen man ergreifen kann, wenn jemand wirklich zu viel getrunken hat. Die<br />

Jugendlichen üben die stabile Seitenlage <strong>und</strong> die Alarmierung des Notdienstes. "Es geht darum,<br />

dass die Schüler sensibel reagieren <strong>und</strong> sehen, wenn es ihrem Fre<strong>und</strong> nicht gut geht. Sie sollen<br />

in der Lage sein, Situationen richtig einzuschätzen", sagt Kimpel.<br />

Später folgt das Highlight der Simulation: Mit einer sogenannten Rauschbrille muss jeder Schüler<br />

unter anderem Wäscheklammern aufhängen, einen Ball fangen <strong>und</strong> mit einem Schlüssel die<br />

Klassentür öffnen. Wer die Brille aufsetzt, besitzt das Sichtfeld eines Betrunkenen, der 1,3 Promille<br />

im Blut hat, <strong>und</strong> erlebt den damit einhergehenden Kontrollverlust. Unter dem Gelächter der<br />

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Klassenkameraden wird das Ballfangen zur Glückssache <strong>und</strong> richtig gerade gehen kann auch<br />

keiner mehr. Daniel kramt ewig in einem Portemonnaie nach 80 Cent: "Ich fühl mich wie eine<br />

alte Oma."<br />

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"Tagesanzeiger" vom 09.02.2013 Seite: 42 Ressort: Wissen<br />

Small Talk<br />

"Die Liste der möglichen Stoffe ist lang"<br />

Die Neurobiologin Regula Ott sagt, dass während des Studiums mehr Männer als Frauen<br />

leistungsfördernde Wirkstoffe nehmen.<br />

Mit Regula Ott sprach<br />

In Deutschland hat offenbar jeder fünfte Student mindestens einmal im vergangenen Jahr von sich<br />

aus leistungsfördernde Mittel wie Ritalin genommen. Ist Hirndoping an Hochschulen so verbreitet?<br />

Die Zahlen in der vor kurzem veröffentlichten Studie der Universität Mainz sind recht hoch. Dies<br />

könnte auch daran liegen, dass die Forscher nach sehr vielen Produkten gefragt haben, die zur<br />

Steigerung der Aufmerksamkeit, Wachheit sowie der Stimmung genommen worden sind. Das<br />

Spektrum reichte von Koffeintabletten bis zu Kokain. Wichtig bei solchen Daten ist es deshalb,<br />

die Definition von Hirndoping sowie von den Substanzen genauer anzuschauen.<br />

Wie sieht es in der Schweiz aus?<br />

Im Rahmen meiner Dissertation habe ich 1765 Studierende an der Universität Zürich befragt.<br />

Allerdings war dies keine repräsentative Umfrage, sondern es ging vielmehr darum, die Nutzer mit<br />

den Nichtnutzern zu vergleichen. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass r<strong>und</strong> 5 Prozent schon<br />

mindestens einmal Arzneimittel wie Ritalin, Adderall oder Modasomil genommen haben, um als<br />

ges<strong>und</strong>e Person ihre Konzentration oder Wachsamkeit zu steigern. Dabei kam unter anderem<br />

auch heraus, dass mehr Männer als Frauen solche Produkte nahmen <strong>und</strong> dass sie bereits auch<br />

mehr Erfahrung mit anderen Drogen hatten. Repräsentative Zahlen werden zurzeit am Schweizer<br />

Institut für <strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsforschung ausgewertet.<br />

Um gegen Müdigkeit anzukämpfen, nehmen Indios seit Jahrh<strong>und</strong>erten Koka oder Menschen in<br />

einigen Gegenden Asiens Betel. Wäre es nicht besser, gewisse Aufputschmittel zu legalisieren,<br />

als sie auf dem Schwarzmarkt oder im Internet zu erwerben?<br />

Im Prinzip schon, aber ich finde es wichtig, dass wir zuvor zwei Aspekte diskutieren: Erstens<br />

wissen wir heute noch zu wenig über Wirkung <strong>und</strong> Nebenwirkung von Ritalin, Adderall oder<br />

Modasomil bei Ges<strong>und</strong>en, sodass noch weitere Studien notwendig wären. Nur würden dafür<br />

letztlich Gelder genutzt werden, die dann für die Erforschung von Medikamenten für kranke<br />

Menschen wiederum fehlen würden. Zweitens sollten wir uns vor einer Legalisierung darüber im<br />

Klaren sein, was für Ziele wir in unserer Gesellschaft erreichen wollen.<br />

Was heisst das?<br />

Wir müssen uns fragen, ob wir ein leistungsförderndes Produkt legalisieren möchten, um länger<br />

arbeiten zu können <strong>und</strong> dafür auch Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen. Oder ob wir dies sogar<br />

als unsere Pflicht ansehen, um das Maximum aus uns herauszuholen.<br />

Wird es mal so weit kommen, dass Studenten nach einer Prüfung zum Dopingtest antreten<br />

müssen?<br />

Wir sind noch lange nicht an diesem Punkt. Dafür zeigen die Studien zu diesen Stimulanzien eine<br />

zu kleine Wirkung. Aber wer weiss, die Liste von möglichen Substanzen zur Leistungssteigerung<br />

ist lang <strong>und</strong> daher die Chance gross, dass wir eines Tages solche Wirkstoffe haben. Daher lohnt<br />

es sich, wenn wir uns als Gesellschaft bereits jetzt Gedanken darüber machen, wie wir mit solchen<br />

Produkten umgehen möchten.<br />

Regula Ott (28)<br />

Copyright: APA-DeFacto Gmbh - Seite 44


<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

Die Neurobiologin ist Doktorandin am Institut für Biomedizinische Ethik<br />

der Universität Zürich <strong>und</strong> forscht zum Thema Medizin für Ges<strong>und</strong>e.<br />

(c) TA-Media AG<br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

"Österreich" vom 09.02.2013 Seite 14 <strong>Wien</strong><br />

City-Chefin Stenzel will Alkoholverbot auf dem Schwedenplatz<br />

Alk-Bann auch für Karlsplatz gefordert<br />

Die Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt fordert -wie viele Bürger -ein Alkohol-Verbot am<br />

Schwedenplatz. Die Stadt winkt hingegen ab.<br />

Innere Stadt. Der Schwedenplatz soll bis 2016 umgestaltet werden. "Beim<br />

Bürgerbeteiligungsverfahren haben viele Anrainer den übermäßigen Alkoholkonsum am Platz<br />

angesprochen", sagt City-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel (ÖVP)."Die Stadt spielt das Problem<br />

herunter", sagt sie - <strong>und</strong> fordert deshalb abermals einen Alko-Bann für den City-Platz.<br />

Vorbilder. Ähnliche Alk-Verbotszonen gibt es bereits in anderen Städten. In Graz ist der Konsum<br />

von Bier, Wein oder Hochprozentigem auf dem Hauptplatz verboten. Neben der steirischen<br />

Landeshauptstadt gibt es auch ein Alk-Verbot in Salzburg. Hier darf an der Partymeile am<br />

Rudolfskai außerhalb der Lokale kein Alkohol konsumiert werden. Eine Stadttruppe kontrolliert<br />

gemeinsam mit der Polizei das Verbot.<br />

In <strong>Wien</strong> nicht geplant. Stenzel könnte sich eine ähnliche Alko-Kappler-Truppe für die City<br />

vorstellen. Die Truppe sollte dann auch andere "Problem-Plätze" wie den Karlsplatz, Praterstern<br />

oder Julius-TandlerPlatz kontrollieren, wünschen sich viele Bürger. Im Rathaus hält man davon<br />

wenig. "Durch ein Zonenverbot verlagert sich der Konsum nur", sagt <strong>Wien</strong>s Drogenkoordinator<br />

Michael Dressel. Statt neuer Verbote sollten bestehende Regelungen besser umgesetzt werden<br />

-zum Beispiel das Alkohol-Abgabeverbot an Minderjährige. (ber)<br />

Faksimile Seite 14 <strong>Wien</strong><br />

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<strong>Sucht</strong>- <strong>und</strong> <strong>Drogenkoordination</strong> <strong>Wien</strong> <strong>Pressespiegel</strong><br />

"Österreich" vom 09.02.2013 Seite 14 Tirol, Vorarlberg<br />

Zombie-Droge nun auch in Tirol am Vormarsch<br />

Innsbruck. Die Droge MDPV, die einen Amerikaner zum Kannibalen werden ließ, ist nun auch in<br />

der Tiroler Drogenszene angekommen <strong>und</strong> verbreitet sich rasch. Kein W<strong>und</strong>er: Die chemische<br />

Droge ist nicht nur billig, sondern auch leicht über das Internet erhältlich. Verkauft wird sie als<br />

'Badesalz'. Die <strong>Sucht</strong>giftexperten sind besorgt <strong>und</strong> alarmiert: <strong>Sucht</strong><strong>und</strong> Aggressionspotenzial sind<br />

groß.<br />

Faksimile Seite 14 Tirol, Vorarlberg<br />

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