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Wo bleiben sie nur G Vollmer TA2013-7

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Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

<strong>Wo</strong> <strong>bleiben</strong> <strong>sie</strong> <strong>nur</strong>?<br />

Gibt es außerirdisches Leben?<br />

Gibt es außerirdische Intelligenz?<br />

Gerhard <strong>Vollmer</strong>, Neuburg/Donau<br />

Manchmal denke ich,<br />

das sicherste Indiz dafür,<br />

dass anderswo im Universum<br />

intelligentes Leben existiert, ist,<br />

dass niemand versucht hat,<br />

mit uns Kontakt aufzunehmen.<br />

(Bill Watterson: Calvin & Hobbes, Comic)<br />

1 <strong>Wo</strong> <strong>bleiben</strong> <strong>sie</strong> <strong>nur</strong>?<br />

Diese Frage kann man sehr unterschiedlich verstehen, aber auch missverstehen.<br />

So könnte man meinen, es werde jemand angesprochen, den man schon länger<br />

erwartet, vielleicht sogar vermisst hat. Meistens will man dann – außer am Telefon<br />

– gar keine Antwort mehr hören; denn wenn man jemanden so etwas fragen<br />

kann, dann ist er ja gerade nicht irgendwo abgeblieben, sondern endlich da.<br />

Wäre diese Frage wirklich gemeint, so müsste man das ‚<strong>sie</strong>’ allerdings – auch<br />

nach der neuen Rechtschreibung – groß schreiben.<br />

Wenn es sich hier also nicht um einen Druckfehler handelt, dann meinen wir offenbar etwas Anderes:<br />

<strong>Wo</strong> <strong>bleiben</strong> <strong>sie</strong> <strong>nur</strong>: die dringend benötigten Zahlungen, die versprochenen Lieferungen, die erhofften<br />

Siege, die nötigen Ideen? Wir können aber auch Personen meinen: <strong>Wo</strong> <strong>bleiben</strong> <strong>sie</strong> <strong>nur</strong>, die<br />

erwarteten Gäste, die unentbehrlichen Helfer, die Hilfstruppen für eine belagerte Stellung?<br />

Und natürlich könnten wir auch Außerirdische erwarten. „<strong>Wo</strong> sind <strong>sie</strong>?“ ist eine beliebte Frage, die<br />

dem genialen Physiker Enrico Fermi (1901-1954, Nobelpreisträger) zugeschrieben wird. Man<br />

spricht deshalb auch gern von Fermis Paradox. (Schombert o. J.) Das Argument, das zu dieser<br />

Frage führt, lautet: Wenn es außerirdische Intelligenzen gibt, dann ist es sehr unwahrscheinlich,<br />

dass <strong>sie</strong> genau auf unserem Intelligenzniveau stehen; <strong>sie</strong> sind also entweder deutlich dümmer oder<br />

deutlich schlauer als wir. Sind <strong>sie</strong> dümmer, dann haben <strong>sie</strong> nicht die Technik, sich bemerkbar zu<br />

machen oder uns gar zu besuchen; sind <strong>sie</strong> dagegen schlauer, dann haben <strong>sie</strong> uns längst ausfindig<br />

gemacht und Wege gefunden, uns zu besuchen. Warum merken wir dann nichts von ihnen? So<br />

kommt es zu Buch- und Aufsatztiteln wie den folgenden:<br />

• Lebt da draußen was? (Engeln 1998)<br />

• Ist da jemand? (Kayser 2000)<br />

• Ist da draußen wer? (Crawford 2000)<br />

• Where is everybody? (von Hoerner 1978)<br />

• Where are they? (Hart/Zuckermann 1982; Regis 1985, Ch. 4)<br />

• <strong>Wo</strong> sind <strong>sie</strong>? (Kayser 2000)<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 1


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Warum sind <strong>sie</strong> nicht hier? Kurioserweise hat Fermi dazu gar nichts veröffentlicht. Berichtet wird<br />

<strong>nur</strong>, dass er in Los Alamos, wo man Kernreaktoren und Kernwaffen plante und baute, diese Frage um<br />

1950 gesprächsweise gestellt habe. Seine Argumentation wird jedoch ernst genommen, und es gibt<br />

zahlreiche Versuche, seine Frage zu beantworten.<br />

In Fermis Argument wird versuchsweise unterstellt, dass es außerirdische Intelligenzen gibt. Diese Annahme<br />

wird dadurch sehr fragwürdig, dass wir nicht eine einzige Spur von ihnen finden. Das Argument<br />

dient also als schwacher Widerspruchsbeweis; und so hat Fermi es vermutlich auch gemeint. Normalerweise<br />

würde man daraufhin die Annahme als falsch ansehen; dann entstünde überhaupt kein Paradoxon!<br />

Nur unter sehr künstlichen Annahmen – es gibt <strong>sie</strong>, und wir sind ihre Nachkommen; es gibt <strong>sie</strong>,<br />

und <strong>sie</strong> halten uns in einer Art Zoo; es gibt <strong>sie</strong>, aber <strong>sie</strong> wollen oder können nicht kommunizieren; es<br />

gab <strong>sie</strong>, aber <strong>sie</strong> haben eben keine Spuren hinterlassen (Webb 2002) – <strong>nur</strong> unter solchen Ad-hoc-Annahmen,<br />

welche die Anfangsvermutung außerirdischer Intelligenzen vor Widerlegung schützen, kann<br />

man an ihrer Existenz festhalten.<br />

Fragen wir also noch einmal: Gibt es <strong>sie</strong>?<br />

2 Warum interes<strong>sie</strong>rt uns das überhaupt?<br />

Die Entdeckung außerirdischen Lebens würde unser Weltbild sehr verändern. Betrachtet man das<br />

Weltgeschehen als eine Folge von Evolutionen, so gibt es zwei Phasen, an denen unser Wissen besonders<br />

lückenhaft ist: die Entstehung des Lebens und die Entstehung des Bewusstseins. Beide kennen<br />

wir <strong>nur</strong> von einem einzigen Fall: das Leben <strong>nur</strong> auf der Erde, das Bewusstsein sogar <strong>nur</strong> bei höheren<br />

Tieren und natürlich bei Menschen. Im Gespräch mit Konrad Lorenz spricht Franz Kreuzer dabei<br />

von Superfulgurationen. (Lorenz/Kreuzer 1981, 61, 65) Da wir jeweils <strong>nur</strong> ein einziges Beispiel kennen,<br />

können wir vorläufig nicht sagen, wie wahrscheinlich die Entstehung von Leben und von Bewusstsein<br />

war. Finden wir jedoch irgendwo eine zweite Form von Leben, die unabhängig vom Leben auf der Erde<br />

entstanden ist, so haben wir guten Grund zu der Annahme, dass Leben leicht entsteht und in unserem<br />

Universum noch oft vorkommt.<br />

Wenn wir nun nicht <strong>nur</strong> außerirdisches Leben, sondern sogar außerirdische Intelligenz fänden, so würde<br />

sich nicht <strong>nur</strong> unser Weltbild, sondern auch und vor allem unser Menschenbild verändern. (Dazu<br />

auch Davoust 1993, Kap. 13) Wir können das mit Kopernikus und mit Darwin illustrieren. In beiden Fällen<br />

mussten wir einsehen, dass wir eine Sonderstellung, die wir uns zugebilligt hatten, gar nicht haben:<br />

nicht die kosmologische und nicht die biologische. Sigmund Freud hat diesen von ihm so genannten<br />

„Kränkungen“ 1917 eine dritte hinzugefügt, nämlich die psychologische durch ihn selbst, genauer<br />

durch die Psychoanalyse, nach der auch „das Ich nicht Herr sei in seinem eigenen Haus“.<br />

Ist es dabei geblieben? Im ersten Kapitel eines weitgehend vergessenen Buches spricht Wilhelm Burkamp<br />

(1938) von „vier Demütigungen des Menschen“. Eine davon – bei ihm die erste – ist die Einsicht<br />

jedes Kindes, dass es ganz zu dieser Welt gehört und denselben Gesetzen gehorcht, die auch sonst<br />

diese Welt beherrschen. Diese Einsicht bedarf nicht der Wissenschaft und ist so elementar, dass wir<br />

<strong>sie</strong> nicht als eigene Kränkung zählen. Inzwischen sind uns jedoch weitere Kränkungen zugefügt worden.<br />

Es ist nicht schwierig, bis zu zehn Demütigungen, Entzauberungen oder Desillusionierungen zu<br />

benennen. (<strong>Vollmer</strong> 1995) Die bisher letzte ist wohl die Einsicht in die Fragwürdigkeit der Willensfreiheit,<br />

die uns die Neurowissenschaften zumuten.<br />

Außerirdische Intelligenzen sind zwar durch Science-Fiction längst in aller Munde; trotzdem würde uns<br />

ihre tatsächliche Entdeckung sicher eine weitere Kränkung bescheren. Vielleicht gäbe es dann auch<br />

Reaktionen wie die von Lady Wilberforce 1860, als <strong>sie</strong> erfuhr, dass der Mensch vom Affen abstammen<br />

solle: „Vom Affen! Wir! Wie entsetzlich! Lasst uns hoffen, dass es nicht stimmt; und wenn es stimmt,<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 2


Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

lasst uns beten, dass es nicht allgemein bekannt wird.“ Oder wäre es vielleicht doch eher tröstlich zu<br />

erfahren, dass wir nicht allein im Universum sind, dass wir Denk- und Leidensgenossen haben, von denen<br />

wir vermutlich sogar etwas lernen können? (Dazu auch Kap. 12.)<br />

Auf jeden Fall sind wir neugierig genug, diese Fragen zu stellen.<br />

3 Wie könnten wir eine Antwort finden?<br />

Eine Möglichkeit besteht darin, dass wir Leute fragen, die schon viel darüber nachgedacht haben. Das<br />

tun wir in den Kapiteln 4 bis 6. Dieser Weg erweist sich jedoch als wenig ergiebig, weil unsere Gewährsleute<br />

einander vielfach widersprechen. Wem soll man dabei glauben? Etwa der Mehrheit? Ist<br />

Wahrheit etwa demokratisch? Hat fast immer die Mehrheit recht? Bestimmt nicht! Außerdem stellt sich<br />

heraus, dass etwa die Hälfte derer, die unsere Fragen für beantwortbar halten, mit Ja antworten, die<br />

andere Hälfte aber mit Nein. In diesen Fragen gibt es also keine deutliche Mehrheit. (Kapitel 7)<br />

Eine andere Möglichkeit liegt darin, dass man sich theoretisch überlegt, wie wahrscheinlich außerirdisches<br />

Leben und außerirdische Intelligenzen sind. (Kapitel 8)<br />

Schließlich kann man sich fragen, wie viel wir darüber auf empirischem Wege schon herausgefunden<br />

haben und wie groß die Chancen sind, auf diesem Wege noch mehr zu erfahren. (Kapitel 9 bis 11)<br />

Vorweg noch eine begriffliche Klärung. Was wollen wir unter außerirdischem Leben verstehen? Diese<br />

Frage ist für das Prädikat ‚außerirdisch’ leicht, für das Prädikat ‚belebt’ schwer zu beantworten. Lebewesen<br />

sind außerirdisch, wenn <strong>sie</strong> außerhalb der Erde (und der Erdatmosphäre) existieren. Eine Einschränkung<br />

liegt allerdings darin, dass diese Lebewesen nicht in jüngerer Zeit dorthin verbracht worden<br />

sein dürfen. Der Hund Laika und der Astronaut Juri Gagarin hielten sich zwar zeitweise außerhalb<br />

der Erdatmosphäre auf, gelten aber natürlich nicht als außerirdisch. Gleiches gilt für alle Astronauten,<br />

insbesondere für die in der Internationalen Raumstation ISS, auf dem Mond und künftig auch für die<br />

auf dem Mars. Und es gilt für Tiere, Pflanzen und Bakterien, die – absichtlich oder versehentlich – von<br />

der Erde aus in den Kosmos gelangt sind oder gelangen; denn <strong>sie</strong> sind eben durchaus irdisch.<br />

Was uns wirklich interes<strong>sie</strong>rt, sind vielmehr Lebewesen, die unabhängig von denen auf der Erde entstanden<br />

sind. Sie zu finden, wäre die größte Sensation. Allerdings könnte es auch sein, dass Lebewesen<br />

vor längerer Zeit von der Erde in den Weltraum oder aus dem Weltraum auf die Erde gelangt sind.<br />

Sie wären dann nicht unabhängig voneinander entstanden, würden aber immer noch großes Aufsehen<br />

erregen, besonders dann, wenn diese Lebewesen nachweislich eine eigene Evolution erlebt hätten.<br />

Den außerirdischen Charakter eines Lebewesens nachzuweisen, mag schwierig<br />

sein; ihn zu definieren ist jedenfalls einfach. Aber wann ist ein System lebendig?<br />

Hier ist schon die Definition schwierig genug. Als lebendig, belebt oder organismisch<br />

bezeichnen wir materielle Systeme mit Stoffwechsel, Selbstvermehrung (Autoreplikation<br />

mit Vererbung), Mutabilität und Evolutionsfähigkeit. Keines dieser<br />

Merkmale ist entbehrlich; trotzdem kann man auf die einzelnen Faktoren unterschiedliches<br />

Gewicht legen. Anfangs (etwa Oparin 1894-1980, 1924, 1936; Haldane<br />

1892-1964, 1929) legte man den Schwerpunkt auf den Stoffwechsel und nahm an,<br />

irgendwie werde sich bei Systemen mit Stoffwechsel auch die Vererbung ergeben.<br />

Heute neigt man mehr zu der Auffassung, der entscheidende Schritt sei die Vererbung,<br />

also die Informationsweitergabe an Nachkommen; ohne <strong>sie</strong> gibt es nämlich<br />

keine natürliche Auslese und deshalb auch keine Evolution. (Dawkins 2008, 784-<br />

787) Vererbung ist allerdings schwerer nachzuweisen als Stoffwechsel; deshalb<br />

sucht man in der Regel Stoffwechselprodukte, um daraus auf belebte Systeme<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 3


Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

schließen zu können. (Zu all diesen Fragen sehr kompetent und sehr gut lesbar ist<br />

das Buch Benner 2009.)<br />

Auf der Erde gibt es belebte Systeme. Anderswo auch?<br />

4 Gibt es außerirdisches Leben? Ja, ja – nein, nein!<br />

Einige meinen: Natürlich gibt es da draußen in den unermesslichen Weiten des Weltalls mit seinen unzählig<br />

vielen Galaxien, Sternen und Planeten noch Leben. In Zahlen: Das für uns beobachtbare Universum<br />

enthält etwa hundert Milliarden (10 11 ) Galaxien, jede mit durchschnittlich hundert Milliarden<br />

(10 11 ) Sternen, also insgesamt zehntausend Trillionen (10 22 ) Sterne. Wäre es nicht Einbildung, Mittelpunktswahn,<br />

naive Anthropozentrik, ja Hybris, anzunehmen, wir seien die einzigen? Müssen wir nicht<br />

die Lehre des Kopernikus dahingehend erweitern, dass wir Erdlinge nicht <strong>nur</strong> nicht den Mittelpunkt der<br />

Welt bewohnen oder bilden, sondern dass wir auch sonst, insbesondere als Lebewesen, nichts Besonderes<br />

sind? Finden nicht die Naturwissenschaftler immer besser heraus, dass das Leben auf der Erde<br />

nach Gesetzen entstanden ist, die im ganzen Universum gelten? Warum sollte nicht auch anderswo<br />

Leben, sogar intelligentes Leben, möglich und tatsächlich vorhanden sein? „So müssen wir mit einer<br />

unvorstellbar großen Zahl belebter Weltkörper rechnen.“ (Kaplan 1978, 25)<br />

Andere sagen: Außerirdisches Leben gibt es natürlich nicht. Schon das einfachste Lebewesen, etwa<br />

eine Bakterie, ist doch ein höchst komplexes Gebilde. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Gebilde<br />

durch Zufall entsteht, ist verschwindend klein. Sie wird sogar desto kleiner, je deutlicher wir erkennen,<br />

wie komplex ein solcher Einzeller bereits ist. „Es ist wahrscheinlich, dass das entscheidende Ereignis<br />

sich <strong>nur</strong> ein einziges Mal abgespielt hat.“ (Monod 1971, 178) Und intelligentes Leben gibt es<br />

dann natürlich erst recht nicht. Dass es wenigstens uns gibt, ist dann zwar nicht zu leugnen, aber eigentlich<br />

recht erstaunlich.<br />

Für beide Positionen gibt es zahlreiche Vertreter. Deshalb ist die Ideengeschichte zu außerirdischem<br />

Leben und zu außerirdischer Intelligenz besonders bunt und umfangreich: Dick 1982 (Demokrit bis<br />

Kant); Dick 1980 (Kopernikus bis Huygens); Crowe 1986 (Kant bis Lowell); Guthke 1983 (Neuzeit);<br />

Dick 1996 (20. Jahrhundert). Nur wenige Autoren lehnen es grundsätzlich ab, Wahrscheinlichkeiten<br />

anzugeben. (Breuer 1978; Küppers 1992, seine Antwort: „ignoramus“) „Auch wenn alles passt, kann<br />

man da sicher sein, dass das Leben die Chance auch ergreift? Wir wissen es nicht.“ (Lesch/Müller<br />

2003, 291)<br />

Bevor wir uns eine eigene Meinung zu bilden versuchen, hören wir erst einmal einige Stimmen. Zunächst<br />

die Skeptiker; <strong>sie</strong> sagen:<br />

5 Außerirdisches Leben? Natürlich nicht!<br />

Einige Titel sprechen schon ganz ohne Zitat für sich: Extraterrestrial intelligent beings do not exist<br />

(Tipler 1981) – Unsere einsame Erde. Warum komplexes Leben im Universum unwahrscheinlich ist<br />

(Ward/Brownlee 2001) – Lebensfeindliches All (Gonzales 2001). Aber natürlich wünschen wir uns nicht<br />

<strong>nur</strong> Behauptungen, sondern auch Argumente.<br />

Wir beginnen mit dem Philosophen Friedrich Nietzsche. Er argumentiert zwar nicht; aber seine Sprachgewalt<br />

verleiht ihm eine unüberhörbare und gut zitierbare Stimme. Alle weiteren Zitate stammen aus<br />

der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.<br />

In irgendeinem abgelegenen Winkel des in zahllosen Sonnensystemen flimmernd<br />

ausgegossenen Weltalls gab es einmal ein Gestirn, auf dem kluge Thiere das Er-<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 4


Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

kennen erfanden. Es war die hochmüthigste und verlogenste Minute der ‚Weltgeschichte’:<br />

aber doch <strong>nur</strong> eine Minute. Nach wenigen Athemzügen der Natur erstarrte<br />

das Gestirn, und die klugen Thiere mussten sterben. – So könnte jemand<br />

eine Fabel erfinden und würde doch nicht genügend illustriert haben, wie zwecklos<br />

und beliebig sich der menschliche Intellekt innerhalb der Natur ausnimmt; es<br />

gab Ewigkeiten, in denen er nicht war; wenn es wieder mit ihm vorbei ist, wird<br />

sich nichts begeben haben. (Nietzsche, 1844-1900, Philosoph, 1873/1896, Kap.<br />

1)<br />

Machen wir uns jetzt ein ganz grobes Modell: Wir denken uns als die betrachtete<br />

Tierart etwa die kleine Taufliege Drosophila, von der man weiß, daß <strong>sie</strong> nicht viel<br />

weniger als 10.000 verschiedene unabhängige Erbanlagen hat. Stellen wir uns vor,<br />

daß jede dieser Erbanlagen die Möglichkeit habe, in zwei verschiedenen Formen<br />

(„Allelen“) aufzutreten – das ist eine gewaltige Vereinfachung. […] In diesem ungeheuer<br />

vereinfachten Modell einer Drosophila-Fliege und ihrer möglichen „Mutanten“<br />

haben wir dann genau 2 10.000 verschiedene Mutanten, also eben diejenige Zahl, die<br />

wir […] abkürzend als Ω 0 bezeichnet haben. (S. 82)<br />

[Fortsetzung sinngemäß: Wegen 2 10 = 1024 ist Ω 0 etwa 10 3.000 . So viele Varianten<br />

können im Laufe der Erdgeschichte auf keinen Fall – und auch nicht annähernd –<br />

durchgespielt worden sein. Deshalb ist eine zufällige Entstehung von Drosophila,<br />

allgemeiner von Lebewesen, äußerst unwahrscheinlich.]<br />

Denkbar wäre es, daß es zum Beispiel in unserer Milchstraße eine gewisse Anzahl<br />

von Planetensystemen gäbe, auf denen mindestens niedrige Entwicklungsstufen organischen<br />

Lebens entstanden und zur Weiterentwicklung gekommen sind. […]<br />

Jedoch ist auch eine gegenteilige Hypothese vertretbar, und ich halte <strong>sie</strong> für viel<br />

wahrscheinlicher. Sie kann so ausgesprochen werden, daß die auf der Erde geschehene<br />

Entfaltung organischen Lebens eine extrem seltene, unwahrscheinliche<br />

Naturerscheinung im Kosmos ist. Tatsachen, deren genauere Besprechung ganze<br />

Bücher erfordern würde, geben Veranlassung zu sagen, daß auf dem Planeten Erde<br />

ein äußerst unwahrscheinliches Zusammentreffen zahlloser voneinander unabhängiger<br />

Umstände dazu beigetragen hat, daß er durch mindestens drei Milliarden Jahre<br />

hindurch günstige Vorbedingungen für Entwicklung und Aufrechterhaltung organischen<br />

Lebens geboten hat. (S. 114) (Jordan, 1902-1980, Physiker, 1970)<br />

Das Leben ist auf der Erde erschienen; wie groß war vor dem Ereignis die Wahrscheinlichkeit<br />

dafür, daß es eintreffen würde? Aufgrund der gegenwärtigen Struktur<br />

der belebten Natur ist die Hypothese nicht ausgeschlossen – es ist im Gegenteil<br />

wahrscheinlich, daß das entscheidende Ereignis sich <strong>nur</strong> ein einziges Mal abgespielt<br />

hat. (S. 178)<br />

Das Universum trug weder das Leben, noch trug die Biosphäre den Menschen in<br />

sich. Unsere „Losnummer“ kam beim Glücksspiel heraus. Ist es da verwunderlich,<br />

daß wir unser Dasein als sonderbar empfinden – wie jemand, der im Glücksspiel<br />

eine Milliarde gewonnen hat? (S. 179)<br />

Wenn er diese Botschaft in ihrer vollen Bedeutung aufnimmt, dann muß der<br />

Mensch endlich aus seinem tausendjährigen Traum erwachen und seine totale<br />

Verlassenheit, seine radikale Fremdheit erkennen. Er weiß nun, daß er seinen<br />

Platz wie ein Zigeuner am Rande des Universums hat, das für seine Musik taub<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 5


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ist und gleichgültig gegen seine Hoffnungen, Leiden oder Verbrechen. (S. 211)<br />

(Monod, 1910-1976, Biologe, Nobelpreis 1965, 1971)<br />

Ich halte es für wahrscheinlich, daß es im Universum an geeigneten Stellen zur<br />

Bildung von präbiotischen Systemen gekommen ist. Und ich halte es für nicht<br />

gänzlich ausgeschlossen (wenn auch sehr unwahrscheinlich), daß diese auf dem<br />

einen oder anderen Himmelskörper sogar zu Gebilden evoluierten, die einer Biozelle<br />

analog oder wenigstens ähnlich sein mögen. Doch die Chancen dafür, daß<br />

[…] die Entwicklung weiter bis zum Entstehen intelligenzbegabter Wesen und einer<br />

technischen Zivilisation fortschreiten konnte, diese Chancen müssen […] als<br />

so gering eingeschätzt werden, daß ihre statistische Wahrscheinlichkeit mit Null<br />

so gut wie zusammenfällt. Wir sind wohl doch allein im Kosmos. (Erben, 1921-<br />

1997, Paläontologe, 1984, 254 f.)<br />

Wir sind der Ansicht, dass jedes deutliche Signal wahrgenommen werden kann,<br />

auch wenn <strong>nur</strong> wenige Daten verfügbar sind. Für uns ist das Signal so eindeutig,<br />

dass es aus<strong>sie</strong>ht, als ob die Erde tatsächlich außergewöhnlich selten ist – und<br />

einsam. (Ward/Brownlee, Geologen, 2001, 318)<br />

Über lange Zeit scheinen die Autoren sich einig zu sein: Außerirdisches Leben, das unabhängig von<br />

uns entstanden wäre, gibt es nicht. Natürlich nicht! Andere aber sagen:<br />

6 Außerirdisches Leben? Aber natürlich doch!<br />

Schon Epikur (341-271) schreibt an Herodot, es gebe unendlich viele Welten und<br />

viele davon seien bewohnt. (Dieser Herodot ist uns sonst nicht vertraut; der bekanntere<br />

Herodot, der „Vater der Geschichtsschreibung“, hat rund 140 Jahre früher gelebt.)<br />

Ähnlich versichert Epikurs Anhänger Lukrez (97-55) in seinem Lehrgedicht<br />

Über die Natur der Dinge:<br />

Und wenn nun die Menge der Keime so groß ist, dass die gesamte Zeit des Lebendigen <strong>sie</strong> nicht<br />

aufzuzählen erlaubt, und wenn die Natur sich darin gleich bleibt, dass <strong>sie</strong> die Keime der Dinge irgendwo<br />

so zusammenwirft, wie <strong>sie</strong> auch hierher geworfen wurden, so muss man einräumen, dass<br />

es in anderen Teilen der Welt noch andere Erden gibt und verschiedene Menschengattungen und<br />

Tiergenerationen. […] Deshalb muss man auch zugeben, dass aus ähnlichen Gründen Himmel,<br />

Erde und Sonne, Mond, Meer und was es sonst noch gibt, nicht einmalig sind, sondern in unzähliger<br />

Vielzahl existieren.<br />

(Titus Lukretius Carus: De rerum natura Buch 2, 1070-6, 1084-6, Übersetzung GV)<br />

Im Mittelalter vertritt diese These auch Nicolaus von Kues (1401-1464). Für den<br />

Astronomen Johannes Kepler (1571-1630) ist mindestens der Mond bewohnt. Bernard<br />

Le Bovier de Fontenelle (1657-1757) schreibt 1686 Gespräche über die Vielzahl<br />

der Welten. Danach tragen nicht <strong>nur</strong> unser Mond und alle Planeten Leben;<br />

auch die Sterne sind <strong>nur</strong> Sonnen mit weiteren Planeten, die ihrerseits bewohnt sein<br />

sollen. In dieser Zeit gilt es als aufgeklärt, dem Menschen, der Erde, der Sonne ihre<br />

Sonderstellung abzusprechen und viele oder sogar unendlich viele Sonnen, Planeten,<br />

Lebensformen und Bewohner zu behaupten. Sogar der Philosoph Immanuel<br />

Kant (1724-1804) äußert sich mehrfach zur Bewohntheit der Planeten:<br />

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Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

Indessen sind doch die meisten unter den Planeten gewiß bewohnt, und die es<br />

nicht sind, werden es dereinst werden. […]<br />

Der Stoff, woraus die Einwohner verschiedener Planeten, ja so gar die Tiere und<br />

Gewächse auf denselben, gebildet sein, muß überhaupt um desto leichterer und<br />

feinerer Art, und die Elastizität der Fasern, samt der vorteilhaften Anlage ihres<br />

Baues, um desto vollkommener sein, nach dem Maße als <strong>sie</strong> weiter von der Sonne<br />

abstehen. (Kant 1755, 179, 185)<br />

So möchte ich wohl alles das Meinige darauf verwetten, daß es wenigstens in irgendeinem<br />

von den Planeten, die wir sehen, Einwohner gebe. Daher sage ich, ist<br />

es nicht bloß Meinung, sondern ein starker Glaube (auf dessen Richtigkeit ich<br />

schon viele Vorteile des Lebens wagen würde), daß es auch Bewohner anderer<br />

Welten gebe. (Kant 1781, 825)<br />

<strong>Wo</strong>hlgemerkt: Auf die Bewohntheit mindestens eines Planeten würde Kant sogar<br />

wetten, und zwar mit hohem Einsatz! (Darauf kommen wir am Ende von Kapitel 9<br />

zurück.) Nun geht es uns aber weniger um die Geschichte dieser Idee als um zeitgenössische<br />

Stimmen, auf die wir uns im Folgenden beschränken.<br />

In der Zwischenzeit hat die Zahl der Menschen doch beträchtlich zugenommen,<br />

die einzusehen beginnen, daß die Annahme, von all den unzählbaren Planeten<br />

im Weltall […] sei allein die Erde bewohnt, nichts als eine Wiederholung des alten<br />

Vorurteils darstellt, die Erde sei der Mittelpunkt des Kosmos. […]<br />

Wer alle diese Überlegungen unvoreingenommen zu Ende denkt, kann <strong>nur</strong> zu einem<br />

Ergebnis kommen: Es wimmelt da oben über unseren Köpfen von Leben,<br />

Bewusstsein und Geist. […]<br />

Beschränken wir uns also auf die Verhältnisse in unserer eigenen Milchstraße.<br />

120 000 planetarische Kulturen, das ist die unterste Schätzung, von der wir auszugehen<br />

haben. (von Ditfurth, Sachbuchautor, 1921-1989, 1972)<br />

Wenn sich auf der Erde die Materie zwangsläufig zu komplizierten organischen<br />

Verbindungen und schließlich zu Leben organi<strong>sie</strong>rte, dann wird <strong>sie</strong> dies auch<br />

überall im Kosmos getan haben, wo die äußeren Bedingungen es zuließen. Allein<br />

in unserer Milchstraße – gar nicht zu denken an die Milliarden anderer Galaxien –<br />

wird auf unzähligen Himmelskörpern gelebt, gefressen, gestorben, aber auch gedacht<br />

und geforscht, beispielsweise darüber, ob es uns wohl gibt. (von<br />

Ditfurth/Arzt 1974, 24)<br />

Sind wir allein? Haben wir Nachbarn? Werden wir Verbindung aufnehmen? Meine<br />

Meinung geht dahin, dass wir nicht allein sind – dass wir nicht die einzige Gemeinschaft<br />

sind, die Wissen über die Naturgesetze erlangt und begonnen hat,<br />

Kontrolle über die Natur auszuüben. Irgendwo in dieser Galaxis oder einer anderen<br />

gibt es anderes intelligentes Leben, denke ich. (Bracewell, 1921-2007, Elektroingenieur<br />

und Astronom, 1974, 127, Übersetzung GV)<br />

Für die folgende Abschätzung benutze ich zunächst jedoch die These: „Nichts ist<br />

einmalig.“ Wir Menschen sollten nicht annehmen, etwas Einmaliges zu sein, sondern<br />

<strong>nur</strong> eine Möglichkeit von vielen. […] Die Annahme, wir seien Durchschnitt,<br />

hat die höchste Wahrscheinlichkeit; wir haben aber keine Ahnung, wie falsch das<br />

vielleicht sein mag. […] Wenn wir unsere Entwicklung als typisch ansehen, so<br />

heißt dies: In unserer Galaxis hat sich das Leben auf einer Milliarde Planeten entwickelt.<br />

Die meisten dieser fremden Zivilisationen sind viel weiter entwickelt als<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 7


Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

wir, und die nächsten dieser Nachbarn sind 20 Lichtjahre von uns entfernt. (von<br />

Hoerner, Astrophysiker, 1919-2003, 1983, 88)<br />

Eine Boeing 747 wird Stück für Stück in sehr vielen Schritten zusammengesetzt.<br />

[…] Beim Aufbau einer lebenden Zelle laufen andere Schritte ab, aber das Prinzip<br />

ist das gleiche. Da das Endprodukt ein höchst komplexes Gebilde ist, muß es<br />

notwendigerweise in einer ganzen Reihe von Schritten entstehen, und vielfach<br />

verläuft der Zusammenbau über Baugruppen.<br />

Diese Überlegung lässt die Wahrscheinlichkeitsabschätzung völlig anders aussehen.<br />

Wir bekommen die 13 Pik-Karten [von denen vorher die Rede ist] nicht einmal,<br />

sondern Tausende von Malen hintereinander! Das ist schlicht unmöglich, es<br />

sei denn, die Karten sind gezinkt. Und Zinken bedeutet im Zusammenhang mit<br />

dem Aufbau der ersten Zelle, daß für die meisten Schritte unter den jeweils herrschenden<br />

Bedingungen eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit bestanden haben<br />

muß. Würden <strong>sie</strong> <strong>nur</strong> mäßig unwahrscheinlich, müsste der Vorgang abbrechen,<br />

gleichgültig wie oft er beginnt, einfach aufgrund der Zahl der beteiligten Einzelschritte.<br />

Mit anderen <strong>Wo</strong>rten: Im Gegensatz zu Monods Behauptung trug das<br />

Universum doch das Leben in sich – und tut es wahrscheinlich immer noch. Für<br />

mich ist diese Schlussfolgerung unausweichlich. (de Duve, *1917, Mediziner, Nobelpreis<br />

1974, 1995, 37-38)<br />

Aufgrund unseres Wissens über andere Sonnensysteme und Galaxien erscheint<br />

die Annahme vernünftig, dass erdähnliche Planeten überall im Universum zu finden<br />

sind. Wenn das Universum unendlich ist, dann gibt es auch unendlich viele<br />

solcher Planeten. Sind Bedingungen 2) und 3) ebenfalls erfüllt, so folgt schließlich:<br />

Es gibt eine unendliche Zahl von Zwillingswesen. (Davies, *1946, Physiker,<br />

1997, 177) (Die Bedingungen 2 und 3 sagen in <strong>Wo</strong>rten: „In einem unendlichen<br />

Universum wird alles geschehen, was geschehen kann, und es wird unendlich oft<br />

geschehen.“)<br />

Einige Buchtitel sprechen wieder für sich: Die Mehrheit bewohnter Welten (Flammarion 1862, Astronom,<br />

gemeint ist die Vielheit) – Wir sind nicht allein! Signale aus dem All (Retyi, Esoteriker, 1994) – Zivilisationen<br />

im All. Sind wir allein im Universum? (Walter 1999; der bekannte deutsche Astronaut ist etwas<br />

vorsichtiger, meint aber doch, dass es in unserer Milchstraße mehrere außerirdische Zivilisationen<br />

geben müsse.) – Probability 1. Warum es intelligentes Leben im All geben muss. (Aczel 2001, Mathematiker)<br />

– Wir sind nicht allein! Leben im Universum (Bogdanov 2009; laut Umschlagtext handelt es<br />

sich bei diesem Titel sogar um ein „eindeutiges Fazit“).<br />

Es gibt also auch zahlreiche Autoren, welche außerirdisches Leben für sehr wahrscheinlich, geradezu<br />

für sicher halten. Auch diese Autoren behaupten nicht, Außerirdischen bereits begegnet zu sein. <strong>Wo</strong>her<br />

nehmen <strong>sie</strong> dann diese Gewissheit? Meistens argumentieren <strong>sie</strong> mit der großen Zahl der Galaxien,<br />

Sterne und Planeten, etwa nach dem Muster: Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung<br />

von Leben sehr klein sein sollte, werde dies doch ausgeglichen durch die riesige Zahl erdähnlicher Planeten.<br />

7 Wem sollen wir nun glauben? Am besten keinem!<br />

Es ist das Ziel dieser Arbeit, deutlich zu machen, dass und warum wir auf die Frage<br />

nach außerirdischem Leben noch keine zuverlässige Antwort geben können, weder<br />

eine bejahende noch eine verneinende. Die einzig vertretbare Antwort lautet „Wir<br />

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Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

wissen es nicht!“ Und zwar nicht <strong>nur</strong> im Sinne von „Wir wissen es nicht genau.“ Vielmehr<br />

sind Behauptungen wie „Höchstwahrscheinlich gibt es (n)irgendwo sonst Leben.“<br />

nach unserem heutigen Kenntnisstand nicht verantwortbar. Wir haben einfach<br />

noch nicht genug Wissen, um hier Wahrscheinlichkeiten angeben zu können. (Zu<br />

diesem Ergebnis kommt auch Benner 2009, 109.)<br />

Wie kommt es dann aber, dass so viele Forscher die Antwort zu kennen glauben? Das liegt daran,<br />

dass es uns sehr schwer fällt, unser Unwissen einzusehen und einzugestehen. Wir sind neugierig und<br />

möchten interessante Fragen auch beantworten können. Und wir sind gewohnt, dass unsere Fragen<br />

tatsächlich beantwortet werden. Oft auch haben wir eine intuitive Überzeugung und registrieren verstärkt<br />

die Äußerungen und Argumente anderer, die unserer Überzeugung entsprechen. Bei gegenteiligen<br />

Behauptungen sehen wir leichter die Fehler in den Annahmen und in den Folgerungen. Und<br />

schließlich ist es leichter, sein Wissen abzurufen als sein Nichtwissen. So gewinnen wir leicht den Eindruck,<br />

die Mehrheit aller Gewährsleute sei auf unserer Seite.<br />

Bei den Befürworter gibt es einen weiteren Grund, der – leider – zu Misstrauen Anlass<br />

gibt: Wer Teleskope, Raumsonden, Raumschiffe, Raumstationen bauen und<br />

betreiben will, wer interplanetare oder sogar interstellare Expeditionen befürwortet,<br />

der muss Geldgeber davon überzeugen, dass sich die Ausgaben irgendwie lohnen.<br />

Er wird deshalb dazu neigen, spektakuläre Ergebnisse in Aussicht zu stellen und<br />

dann nach Möglichkeit auch zu liefern. Und was wäre im Bereich Astronomie und<br />

Raumfahrt spektakulärer als die Entdeckung außerirdischen Lebens oder gar außerirdischer<br />

Intelligenz? Es ist deshalb kein Wunder, dass viele Entdeckungen in Astronomie<br />

und Astrophysik gleich als Hinweise auf außerirdisches Leben „verkauft“ werden.<br />

Seit 1995 findet man immer mehr extrasolare Planeten, aus naheliegenden Gründen<br />

zunächst <strong>nur</strong> riesige, die mit dem Jupiter vergleichbar sind, längst aber auch<br />

kleinere. Bis Ende Juli 2009 hatte man in 301 extrasolaren Systemen 357 Planeten<br />

nachgewiesen, Ende 2013 dürften es über 1000 sein. Und nun findet man sogar<br />

Planeten, wo man gar keine vermutet hätte, nämlich auch bei Neutronensternen und<br />

bei Weißen und Braunen Zwergen. (Werner/Jura 2009) Inzwischen ist es – über den<br />

Gravitationslinseneffekt – sogar gelungen, Planeten in der Andromeda-Galaxis<br />

nachzuweisen. (Hattenbach 2009) Allerdings kann man einen solchen Planeten <strong>nur</strong><br />

einmal beobachten, aber nicht länger verfolgen.<br />

Meistens findet man <strong>nur</strong> einen Planeten pro Stern, manchmal aber auch mehrere, in<br />

einem Fall sogar fünf. Die Versuchung ist groß, solche Planeten als „zweite Erden“<br />

zu begrüßen. Aber schon beim nächstbesseren Kandidaten wird dann deutlich, wie<br />

viel da noch fehlte. Hierzu einige Beispiele:<br />

Beispiel 1: 1996 überschreibt eine Tageszeitung einen Bericht über die ersten dieser<br />

Entdeckungen mit der verlockenden Frage „Leben aus dem Sternbild der Jungfrau?“,<br />

räumt dann aber ein „Exakte Beweise für die Existenz von Leben auf den<br />

neu entdeckten Planeten <strong>bleiben</strong> die Forscher wohl noch eine Weile schuldig.“ Der<br />

Text hält also nicht, was die Überschrift verspricht; der Titel dient <strong>nur</strong> als Blickfang.<br />

Beispiel 2: Wann darf ein solcher Planet als erdähnlich gelten? Hier war man zunächst<br />

sehr großzügig: Als erdähnlich galt jeweils das kleinste der bis dahin entdeckten<br />

Objekte, und schon 1999 bezeichnete der Spiegel einen blau-grün schimmernden<br />

Planeten als „Zwillingsschwester der Erde“. Dabei waren alle diese Objekte<br />

Gasplaneten, die man auf keinen Fall als erdähnlich oder gar als lebensfreundlich<br />

bezeichnen kann.<br />

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Beispiel 3: Anfang 2009 fand das Weltraumteleskop CoRoT einen Planeten, genannt CoRoT-Exo-7b,<br />

der „<strong>nur</strong>“ noch sechsfache Erdmasse hat und deshalb endlich als terrestrischer Planet verbucht werden<br />

konnte. Ist er wirklich erdähnlich? Er umkreist seine Sonne in weniger als einem Tag, ist ihr also<br />

sehr nahe, und deshalb muss es dort höllisch heiß sein. Mit dem Autor einer entsprechenden Pressemeldung<br />

(Schnabel 2009) ziehen wir daraus einige Lehren: Erstens lässt sich die Erdähnlichkeit noch<br />

wesentlich steigern. Zweitens und insbesondere kommt es auch auf die Temperaturen an. Drittens bedeutet<br />

erdähnlich noch lange nicht lebensfreundlich. Und viertens ist unsere Erde immer noch „der<br />

schönste Ort“ – so der Titel des Zeitungsartikels –, krisengeschüttelt zwar, insgesamt aber und im Gegensatz<br />

zu dem neuen Planeten doch sehr wohnlich.<br />

Beispiel 4: Der Saturnmond Enceladus ist geologisch aktiv (oder besser tektonisch aktiv, da es sich ja<br />

bei der Geologie eigentlich um eine Erdwissenschaft handelt); er birgt organische Verbindungen und<br />

sprüht an seinem Südpol in gigantischen Geysiren Wasser ins All, was auf einen See in der Tiefe<br />

schließen lässt. Gleich heißt es in einem – sonst sehr sachkundigen – Bericht (Porco 2009), der See<br />

im Inneren könne außerirdisches Leben bergen! Ja, er könnte; aber einen positiven Hinweis auf Leben<br />

gibt es dort bisher nicht, und vorläufig ist auch kein Weg in Sicht, einen solchen Hinweis zu finden.<br />

Beispiel 5: Der kleinste bisher gefundene Planet außerhalb des Sonnensystems ist<br />

Gliese 581e mit zwei Erdmassen. Dürfen wir ihn endlich erdähnlich nennen? Besser<br />

nicht: Er ist seinem Zentralstern so nahe, dass er ihn in drei Tagen umkreist. Auch<br />

auf ihm ist es schon deshalb viel zu heiß für flüssiges Wasser. Lebensfreundlich ist<br />

er jedenfalls nicht!<br />

Diese Beispiele zeigen natürlich nicht, dass es keinen erdähnlichen Planeten gibt<br />

Die Erdähnlichkeit wurde <strong>nur</strong> zu früh zugebilligt. Wir werden noch kleinere Planeten<br />

in besserer Position finden. Von einer zweiten Erde sollte man aber eigentlich erst<br />

dann sprechen, wenn man auch Leben gefunden hat; denn erst dann kann man sicher<br />

sein, dass die Bedingungen dort wirklich lebensfreundlich sind. Vorläufig sind<br />

wir noch auf der Suche. (Zur literarisch-astronomischen Geschichte dieser Suche<br />

Oeser 2009; zu den bisherigen Ergebnissen mit wunderbarer Übersicht Ferris<br />

2010.)<br />

Halten wir fest: Bisher gibt es keinen einzigen Hinweis auf außerirdisches Leben.<br />

Deshalb würden wir – anders als Kant nach dem Zitat in Kapitel 6 – uns hüten, auf<br />

die Bewohntheit fremder Planeten zu wetten. Denn wetten sollte man vernünftigerweise<br />

<strong>nur</strong> dann, wenn man wenigstens eine subjektive Wahrscheinlichkeit angeben<br />

kann, nach der man die Wette auch gewinnen könnte, und das können wir in diesem<br />

Falle gerade nicht!<br />

Aber auch Nichtwissen kann faszinieren! Neugier ist etwas typisch Menschliches,<br />

und wir möchten mehr über außerirdisches Leben wissen. Wie könnte man mehr<br />

herausfinden? Wir unterscheiden theoretische Erwägungen und empirische Untersuchungen.<br />

8 Theoretische Erwägungen – die Green-Bank-Formel<br />

Grundlage unserer Überlegungen ist die Green-Bank-Formel, nach dem ETI-Sucher<br />

Frank Drake (*1930) auch Drake-Gleichung genannt. Sie fragt gleich nach der Zahl<br />

N kommunizierender Zivilisationen in unserer Milchstraße jetzt und zerlegt diese<br />

Zahl in mehrere Faktoren, die sich dann einzeln diskutieren lassen:<br />

N = n s f t f p n p f e f l f i f k L 10 -10<br />

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Was bedeuten diese Faktoren?<br />

Wie gut<br />

bekannt?<br />

Wert<br />

ungefähr<br />

Unbestimmtheit<br />

in Größenordnungen<br />

(Zehnerpotenzen)<br />

n s die Zahl der Sterne in unserer Milchstraße gut 4·10 11 0<br />

f t der Anteil hinreichend langlebiger Sterne gut 0,5 1<br />

f p der Anteil an Sternen mit Planeten recht gut 0,5 1<br />

n p die Durchschnittszahl von Planeten pro Stern recht gut 10 1<br />

f e der Anteil hinreichend erdähnlicher (und damit hoffentlich<br />

auch lebensfreundlicher) Planeten ungenau 0,1 2<br />

f l Anteil tatsächlich belebter Planeten (= Wahrscheinlichkeit<br />

für die Entstehung von Leben auf<br />

z.B. 1<br />

unbekannt!<br />

(aber auch<br />

erdähnlichen Planeten)<br />

10 -100 )<br />

???<br />

f i<br />

f k<br />

L<br />

10 1<br />

0<br />

der Anteil an intelligenten Lebensformen<br />

(= Wahrscheinlichkeit für die Entstehung technischer<br />

Intel-ligenz, falls die bisher genannten Bedingungen<br />

erfüllt sind)<br />

Wahrscheinlichkeit für den Wunsch zu kommunizieren<br />

durchschnittliche Lebensdauer einer solchen Zivilisation<br />

unbekannt!<br />

z.B. 0,1<br />

(aber auch<br />

10 -100 )<br />

???<br />

ungenau 1 1<br />

unbekannt!<br />

z.B. 1000 ???<br />

Jahre<br />

bisherige Lebensdauer der Milchstraße gut 10 10 Jahre 0<br />

N<br />

Daraus folgt für<br />

Anzahl außerirdischer Zivilisationen in unserer Galaxis<br />

jetzt<br />

unbekannt!<br />

mit obigen<br />

Werten<br />

z.B. 1000<br />

(= L),<br />

vielleicht aber<br />

auch 10 -200<br />

≈ 0 !<br />

???<br />

M<br />

Anzahl außerirdischer Zivilisationen im gesamten<br />

bekannten Kosmos, also in etwa 10 11 Galaxien<br />

jetzt<br />

unbekannt!<br />

z.B. 1000∙10 11<br />

vielleicht auch<br />

0!<br />

???<br />

In der Tabelle sind diese Faktoren in der ersten Spalte in der Reihenfolge der Gleichung aufgeführt, in<br />

der zweiten Spalte erläutert. Die Buchstaben N und n stehen dabei für natürliche Zahlen, die Buchstaben<br />

f für Anteile, also für Häufigkeiten (frequencies, alle zwischen Null und Eins). Die dritte Spalte vermerkt<br />

qualitativ, wie gut die jeweilige Größe bekannt ist, die vierte gibt einen ungefähren Zahlenwert<br />

an, die fünfte die möglichen Abweichungen in Größenordnungen.<br />

So wird angenommen, dass etwa jeder zweite Stern Planeten hat (f p ≈ 0,5) und dass Sterne mit Planeten<br />

– wie unsere Sonne – im Durchschnitt zehn Planeten haben (n p ≈ 10). Von oben nach unten ist die<br />

Tabelle dreigeteilt: Bis zum ersten Querstrich geht es um die Wahrscheinlichkeit von Leben, bis zum<br />

zweiten Querstrich um die Wahrscheinlichkeit kommunikationswilliger Intelligenzen, danach um die<br />

daraus folgende Gesamtzahl N von Zivilisationen in unserer Milchstraße bzw. im gesamten Kosmos,<br />

mit denen wir im Prinzip in Kontakt treten könnten.<br />

Einige Werte in der Tabelle sind gut bekannt, andere nicht. Unbekannt sind fünf Größen; deshalb stehen<br />

dort keine Zahlen, sondern <strong>nur</strong> Fragezeichen: Wir wissen erstens nicht, wie wahrscheinlich die<br />

Entstehung von Leben auf einem erdähnlichen und damit hoffentlich auch lebensfreundlichen Planeten<br />

ist (f l); wir wissen zweitens nicht, wie häufig aus Lebewesen Wesen mit technischer Intelligenz hervorgehen<br />

(f i); und wir wissen drittens nicht, wie lange eine solche technische Zivilisation im Durchschnitt<br />

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lebt (L). Deshalb wissen wir viertens nicht, wie viele kommunikationswillige außerirdische galaktische<br />

Zivilisationen es zur Zeit gibt: Ihre Anzahl N – die uns doch so brennend interes<strong>sie</strong>rt – ist uns völlig unbekannt!<br />

Wenn wir uns nicht auf unsere Milchstraße beschränken, sondern das gesamte uns bekannte Weltall<br />

einbeziehen, dann können wir diese – wild geratene – Zahl noch einmal mit der Zahl 10 11 der Galaxien<br />

multiplizieren und erhalten damit in der letzten Zeile der Tabelle die Gesamtzahl M der Zivilisationen im<br />

gesamten bekannten Universum. Auch <strong>sie</strong> ist uns – fünftens – unbekannt. Hier kommt hinzu, dass eine<br />

denkbare Kommunikation völlig einseitig wäre, weil <strong>sie</strong> entweder <strong>nur</strong> von ihnen zu uns oder <strong>nur</strong> von<br />

uns zu ihnen ginge. Zwischen dem Absenden einer Botschaft und der Ankunft einer Antwort würden<br />

schon bei unserem Nachbarsystem, der Andromeda-Galaxie (Abstand drei Millionen Lichtjahre), auf jeden<br />

Fall sechs Millionen Jahre vergehen. Von einem Informationsaustausch kann da jedenfalls nicht<br />

die Rede sein!<br />

Diese Überlegungen bestätigen, was wir oben bereits angesprochen haben: Wir<br />

können unsere Chancen, irgendwo in unserer Milchstraße auf Leben oder gar auf<br />

intelligentes Leben zu stoßen, nicht abschätzen. Das muss allerdings nicht so <strong>bleiben</strong>;<br />

aus dem Ignoramus muss kein Ignorabimus folgen! Immerhin wissen wir jetzt<br />

besser – und eben dafür ist die Gleichung so nützlich –, wo unsere größten Wissenslücken<br />

liegen und was wir wissen müssten, um die Fragen nach außerirdischem<br />

Leben und nach außerirdischer Intelligenz beantworten zu können.<br />

Um die Wahrscheinlichkeit für die Existenz außerirdischen Lebens abschätzen zu<br />

können, müsste man also mehr wissen über die Chance, dass auf erdähnlichen Planeten<br />

auch tatsächlich Leben entsteht. Hier ist unsere größte Wissenslücke. Wie wir<br />

in Kapitel 7 gesehen haben, wissen nicht einmal so recht, wann wir einen Planeten<br />

als erdähnlich bezeichnen sollen, und deshalb erst recht nicht, wann wir ihn als lebensfreundlich<br />

ansehen dürfen. Es könnte nämlich sein, dass für Lebensfreundlichkeit<br />

ein großer Spielraum besteht; es könnte aber auch sein, dass der Planet sehr<br />

erdähnlich sein muss, wenn er Leben tragen soll. Im Prinzip könnten wir deshalb bei<br />

f e aus erdähnlich und lebensfreundlich auch zwei Eigenschaften machen. (Um der<br />

Klarheit willen wäre das sogar wünschenswert. Tatsächlich wurde eine weitere Faktori<strong>sie</strong>rung<br />

der Green-Bank-Formel schon vorgeschlagen. (Ward/Brownlee 2001,<br />

317 f.) Doch wollten wir hier nicht von der üblichen Form der Drake-Gleichung abweichen.)<br />

In der Tabelle ist angenommen, dass jeder ausreichend langlebige Stern, der überhaupt<br />

Planeten hat, auch einen erdähnlichen Planeten hat: Unter den durchschnittlich<br />

10 Planeten sollte also im Durchschnitt ein Planet erdähnlich sein. Die entscheidende<br />

Wissenslücke besteht dann hinsichtlich der Frage, wie viele dieser erdähnlichen<br />

Planeten denn nun auch lebensfreundlich sind. Dazu müssen recht viele Bedingungen<br />

erfüllt sein. Wir nennen <strong>nur</strong> einige von ihnen. (Gorke 2008)<br />

Der Zentralstern muss lange genug stabil strahlen; er muss ein Einzelstern sein,<br />

weil die Bahnen bei Mehrfachsternen zu unregelmäßig sind; er darf in einer gewöhnlichen<br />

Galaxis nicht zu weit außen und nicht zu weit innen liegen; er darf nicht<br />

viel mehr Masse haben als die Sonne, weil er sonst zu kurzlebig ist, aber auch nicht<br />

viel weniger, weil solche Sterne zum Flackern neigen und weil ihre bewohnbare<br />

Zone so nah am Stern liegt, dass es zu einer gebundenen Rotation kommt, wobei<br />

der Planet dem Stern immer dieselbe Seite zuwendet, genau wie der Mond der<br />

Erde. Die bewohnbare Zone liegt in einem sehr schmalen Ring um die Sonne, der<br />

nicht mehr als 15% der Erdbahn nach außen und nicht mehr als 5% nach innen abweichen<br />

darf. Die Planetenbahn muss deshalb auch nahezu kreisförmig sein.<br />

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Ein lebensfreundlicher Planet sollte Plattentektonik aufweisen: Sie trägt zur Erhaltung des Erdmagnetfeldes<br />

bei, und <strong>sie</strong> hat die Kontinente geschaffen, die ihrerseits eine große Artenvielfalt erlauben und<br />

sogar fördern; außerdem sorgt <strong>sie</strong> durch die Freisetzung und Absorption von Kohlendioxid über den<br />

Treibhauseffekt für eine stabile Durchschnittstemperatur um angenehme 15° Celsius.<br />

Auch ist denkbar, dass unser Mond für das Leben auf der Erde eine ganz besondere Rolle spielt. In<br />

unserem Planetensystem haben nämlich große Planeten auch große Monde, kleine Planeten dagegen<br />

kleine oder gar keine Monde. So sind die Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Kallisto, die Galilei<br />

vor genau 400 Jahren entdeckt hat, der Saturnmond Titan und der Neptunmond Triton nach Größe<br />

und Masse mit unserem Mond vergleichbar; dagegen hat der Mars <strong>nur</strong> zwei kleine Monde, Phobos und<br />

Deimos, die es nicht einmal zur Kugelform geschafft haben; Merkur und Venus haben gar keine Begleiter.<br />

Versucht man, daraus eine Regel zu machen, so hat die Erde einen Mond, der ihr von ihrer<br />

Größe her gar nicht zusteht. Und eben dieser ungewöhnlich große Mond könnte für das Leben auf der<br />

Erde eine konstitutive Rolle spielen: für die Entstehung des irdischen Magnetfeldes durch Gezeitenreibung,<br />

durch seinen Einfluss auf die geologischen Vorgänge in der Erde und auf die tektonischen Vorgänge<br />

an der Erdoberfläche oder durch die Stabili<strong>sie</strong>rung der Erdachse.<br />

Es könnte also durchaus sein, dass zwar nicht der Planet Erde eine astronomische Besonderheit ist,<br />

wohl aber das Erde-Mond-System als Doppelplanet in einer bewohnbaren Zone. Auf der Suche nach<br />

außerirdischem Leben müsste man dann nicht einfach nach erdähnlichen Planeten Ausschau halten,<br />

sondern nach Erde-Mond-ähnlichen Doppelplaneten in günstigen Zonen.<br />

Außer dem Mond ist höheres Leben auf der Erde vermutlich auch dem Jupiter zu verdanken. Mit seiner<br />

großen Anziehungskraft – er hat über 300 Erdmassen – hat er nämlich das innere Sonnensystem<br />

schon früh von verstreuten Meteoriten freigeräumt. Ohne diese Wirkung würde nicht <strong>nur</strong> alle 100 Millionen<br />

Jahre ein Körper von etwa zehn Kilometern Durchmesser auf der Erde einschlagen, sondern viel<br />

öfter: alle 10 000 Jahre. Unter diesen Umständen würde alle Ansätze zu höherem Leben immer wieder<br />

schnell zugrunde gehen. Und dass der letzte große Einschlag, dem vor 65 Millionen Jahren immerhin<br />

alle verbliebenen Dinosaurier zum Opfer gefallen sind, <strong>nur</strong> 10 Kilometer Durchmesser hatte und nicht<br />

20 Kilometer oder gar mehr, war für die damals bereits existierenden kleinen Säugetiere, aus denen<br />

schließlich auch wir hervorgegangen sind, reines Glück. So haben die Riesenplaneten Jupiter und Saturn<br />

gerade den „richtigen“ Abstand, die Erde vor kleineren Himmelskörpern zu schützen, ohne die<br />

Erde selbst zu beeinträchtigen.<br />

Schließlich ist auch unsere Atmosphäre ein besonderer Glücksfall. Die Erde hat<br />

nämlich gerade so viel Masse und deshalb so viel Anziehungskraft, dass <strong>sie</strong> die<br />

leichten Gase verliert, die schweren dagegen festhält. Deshalb ist der Wasserstoff<br />

weitgehend verloren gegangen, der molekulare Sauerstoff aber weitgehend zurückgeblieben.<br />

Und der ist für das Leben, wie wir es kennen und selbst darstellen, natürlich<br />

sehr wichtig. (Catling/Zahnle 2010)<br />

Je mehr wir über die Zusammenhänge im Planetensystem herausfinden, desto einmaliger<br />

erscheint uns dieser blaue Planet, den wir bewohnen. <strong>Wo</strong>hlgemerkt, in all<br />

diesen Fällen gilt: Es könnte so sein; aber wir haben eben keine Ahnung, ob es so<br />

ist. Es ist durchaus denkbar, dass wir diese Lücke in den nächsten 50 Jahren schließen<br />

können. Über den Anteil f i intelligenter Lebensformen und über die Lebensdauer<br />

L einer solchen Zivilisation wissen wir dann allerdings immer noch nichts. Selbst<br />

wenn außerirdisches Leben nachgewiesen würde, wäre also über außerirdische Intelligenz<br />

so gut wie nichts bekannt.<br />

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9 Empirische Untersuchungen: Hinfahren und nachsehen. Aber wo?<br />

Mond<br />

Der Mond war früher der beste Kandidat für außerirdisches Leben. Dass er bewohnt sei, wurde vielfach<br />

behauptet. Er hat jedoch keine Atmosphäre und so gut wie kein Wasser. Bemannter Raumflug ist<br />

möglich und wurde ab 1969 auch durchgeführt. Im Gegensatz zu früher wurde jedoch schon bei den<br />

Mondlandungen kein Leben mehr erwartet, und man hat dort auch später nicht die geringste Spur gefunden.<br />

In jüngster Zeit wurde dann doch etwas Wasser nachgewiesen, aber <strong>nur</strong> an der Oberfläche.<br />

Für einen Liter Wasser müsste man ein ganzes Fußballfeld abtragen.<br />

Venus<br />

Die Venus ist unser Nachbarplanet in Richtung Sonne und hat eine mit der Erde<br />

vergleichbare Größe, Masse und Schwerkraft. Nach diesen Kriterien ist wäre die<br />

Venus der beste Kandidat für außerirdisches Leben. Unbemannte Sonden haben einige<br />

Information über ihre Atmosphäre und ihre Oberfläche geliefert. Der Boden ist<br />

fest; die Atmosphäre ist mit 300°C zu heiß, sehr giftig, der Atmosphärendruck an der<br />

Venusoberfläche ist etwa 90mal so hoch wie auf der Erde. Die Venus ist daher in<br />

mehrfacher Hinsicht lebensfeindlich. In solchen Fällen wird gern überlegt, ob die Venus<br />

vielleicht früher einmal kühler, weniger giftig und damit doch lebensfreundlich gewesen<br />

sein könnte. Aber was soll das nützen? Sicher werden wir mit Sonden, die an<br />

zufällig ausgewählten Stellen landen und wegen der hohen Temperaturen nicht lange<br />

funktionieren, vom dort vielleicht längst vergangenen Leben keine Spur mehr finden.<br />

Merkur<br />

Näher an der Sonne gibt es <strong>nur</strong> noch den Merkur. Er ist klein und hat nicht genügend<br />

Masse, um eine Atmosphäre festzuhalten. So nah an der Sonne ist er außerdem zu<br />

heiß für jegliche Form von Leben. Und noch weiter innen gibt es gar keine Planeten<br />

mehr, auch nicht den Vulkan, den man im 19. Jahrhundert zeitweise gefunden zu<br />

haben glaubte. Und selbst wenn – so nah an der Sonne wäre es ja noch heißer als<br />

auf dem Merkur!<br />

Mars<br />

Der Mars ist immer noch unser bester Kandidat: Die Oberfläche ist fest; die Temperaturen sind noch<br />

annehmbar. Die Atmosphäre ist allerdings sehr dünn. Sie war einst dichter, ist aber „leider“ verloren<br />

gegangen; vermutlich wurde <strong>sie</strong> durch Meteoriteneinschlag abgesprengt. Heute ist der Mars also recht<br />

unwirtlich; doch hatte er einst nicht <strong>nur</strong> eine dichtere Atmosphäre, sondern auch Wasser. Die inzwischen<br />

tatsächlich gefundenen Gräben sind allerdings nicht die einst von Giovanni Schiaparelli (1835-<br />

1910) und von Percival Lowell (1855-1916) vermeintlich gesehenen „canali“ (seinerzeit fälschlich als<br />

„Kanäle“ ins Deutsche übersetzt, was ja künstliche Anlagen nahe legen würde). Sie sind wohl von<br />

Wasser ausgewaschen worden. Auch Wasser gab es also einst genug.<br />

Zahlreiche unbemannte Raumflüge zum Mars wurden durchgeführt: 1965 Mariner 4 (Nahaufnahmen<br />

im Vorbeiflug), Mariner 6 und 7 (Vorbeiflug, enttäuschende Öde), 1971 Mariner 9 (Umlaufbahn, nach<br />

Staubsturm viele Bilder), 1976 Viking 1 und 2 (mit Untersuchung des Marsbodens, der sich als steril erweist),<br />

1997 Pathfinder (Bodenanalysen), 2003 Mars-Express (europäische Sonde auf einer Umlaufbahn,<br />

Kartierung der Marsoberfläche), 2008 Phoenix (Landung, Nachweis von Wasser). Weitere Flüge<br />

sind geplant.<br />

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Die Suche nach Leben auf dem Mars war trotz zunächst vermeintlich positiver Befunde erfolglos.<br />

Wenn es dort überhaupt Leben gibt, dann allenfalls bakterienartige Einzeller, die unter günstigeren Bedingungen<br />

entstanden sind und sich unter der Oberfläche halten konnten. (Solche gibt es, wie man<br />

noch nicht lange weiß, auf der Erde bis zu drei Kilometer Tiefe.)<br />

Ein bemannter Raumflug zum Mars wird ernsthaft erwogen, aber aus Kostengründen immer wieder zurückgestellt.<br />

Zeithorizonte liegen bei 2030 bis 2050. Die Kosten würden 400 Milliarden Euro und mehr<br />

betragen.<br />

Jupiter, weitere Planeten und ihre Monde<br />

Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun sind riesige Gasplaneten und haben keine feste Oberfläche. Dort<br />

Leben zu finden, ist aussichtslos. Kandidaten sind allenfalls einige ihrer Monde mit eigenen Energiequellen<br />

durch radioaktiven Zerfall oder durch Gezeitenkräfte. An diesen Planeten und ihren Monden<br />

sind Sonden vorbeigeflogen; auf Titan ist sogar eine gelandet.<br />

Der Jupitermond Europa hat zwar Wasser, aber Temperaturen zwischen –160 und –220°C. An der<br />

Oberfläche gibt es viel Wasserstoffperoxid und Schwefelsäure. Positive Hinweise gibt es nicht; Leben<br />

ist dort nicht zu erwarten.<br />

Der Jupitermond Io ist der tektonisch aktivste Körper im Sonnensystem: Vulkane blasen ständig geschmolzenen<br />

Schwefel und andere Stoffe in den Raum. „Das macht Io nicht gerade zu einem lebensfreundlichen<br />

Ort.“ (Pendleton/Farmer 1997, 52)<br />

Der Saturnmond Titan hat als einziger Mond des Sonnensystems eine dichte Atmosphäre. Sie besteht<br />

aus Stickstoff, etwas Methan und Argon und einigen Kohlenstoffverbindungen. Die Temperaturen liegen<br />

jedoch bei –200°C. Leben ist auch dort nicht zu erwarten.<br />

Der Saturnmond Enceladus schießt eisiges Wasser ins All. (Porco 2009) Positive Hinweise auf Leben<br />

gibt es bisher nicht. (Siehe auch Kap. 7, Beispiel 4.)<br />

Interplanetarische (oder interstellare oder gar intergalaktische) Materie<br />

In der Regel nimmt man an, dass das Leben vor etwa vier Milliarden Jahren auf der Erde in Übereinstimmung<br />

mit den Naturgesetzen und unter den damals herrschenden Bedingungen von selbst entstehen<br />

konnte und so auch entstanden ist. (Simpson 2004) Nur Modelle, die davon abweichen, fallen auf<br />

und werden heftiger diskutiert. Zu ihnen gehört die These, das Leben sei anderswo im Weltall entstanden<br />

und irgendwie auf die Erde gelangt. Diese Vermutung wurde früher Panspermie oder Panspermien-Hypothese<br />

genannt. (Zur Geschichte Kamminga 1982) Ihr bekanntester Vertreter ist Svante Arrhenius<br />

(1859-1927, 1906, 1907); <strong>sie</strong> wird aber auch heute immer mal wieder vertreten (Crick 1983).<br />

Für solche Überlegungen gilt: Die interplanetarische Materie ist äußerst dünn verteilt, extrem kalt, lebensunfreundlich,<br />

im Sonnensystem ungeschützt gegen den „Sonnenwind“, außerhalb des Sonnensystems<br />

gegen kosmische Strahlung und kosmische Treffer. Zwar gibt es auch Spekulationen über Leben<br />

dort. (Hoyle/Wickramasinghe 1979; 1981) Aber wenn es Lebewesen in und aus interplanetarischer<br />

oder interstellarer Materie tatsächlich gäbe, dann wäre die Entstehung von Leben auf Planeten auf jeden<br />

Fall noch vielfach leichter und deshalb auch viel wahrscheinlicher. Da nützt es auch nichts, dass<br />

sich die etwa einen Millimeter großen Bärtierchen im Weltraum als Überlebenskünstler erweisen<br />

(Spektrum der Wissenschaft, Dez. 2008, 11). Das ist zwar überraschend; aber auch <strong>sie</strong> sind sicher<br />

nicht im Weltraum entstanden.<br />

Deshalb ist auch die Idee der Panspermie, wonach die Erde die ersten Lebenskeime aus dem All empfangen<br />

hat, zwar nicht widerlegbar, aber weder einleuchtend noch sonst irgendwie hilfreich: Wenn Leben<br />

irgendwo im All entstehen und sich durch den Weltraum ausbreiten konnte, dann ist wieder eine<br />

Entstehung auf der Erde viel wahrscheinlicher.<br />

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Andere Sonnensysteme<br />

Raumflug zu anderen Sternen ist zwar prinzipiell möglich, aber nach unserem heutigen<br />

zuverlässigen Wissen aussichtslos: Ein solcher Versuch wäre teuer, gefährlich,<br />

langweilig und unergiebig. Die Schwierigkeiten sind erheblich:<br />

• Man muss hinkommen. (Dazu auch Kapitel 11.)<br />

• Die Analyse an Ort und Stelle ist viel schwieriger als im irdischen Labor. Das gilt erst recht, wenn <strong>sie</strong><br />

durch Maschinen erfolgen muss.<br />

• Fremde Lebensformen sind unbekannt und deshalb vermutlich, selbst wenn vorhanden, <strong>nur</strong> schwer<br />

erkennbar.<br />

• Für den Nachweis von außerirdischem Leben besteht – wie bei allen Existenzbehauptungen – eine<br />

folgenreiche Asymmetrie: Grundsätzlich ist Existenz nachweisbar (durch Vorzeigen), Nichtexistenz<br />

dagegen nicht. Denn was garantiert uns, das wir etwas, das vorhanden ist, auch finden? Nichts!<br />

Und umgekehrt: Was folgt daraus, dass wir bis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nichts gefunden<br />

haben? Ebenfalls nichts! Eine Expedition auf der Suche nach außerirdischem Leben könnte<br />

man also <strong>nur</strong> dann als erfolgreich bezeichnen, wenn man wirklich außerirdisches Leben fände und<br />

wenn das der Erde auch mit vielen Einzelheiten mitgeteilt werden könnte. Findet man jedoch auf<br />

dem besuchten Himmelskörper nichts, dann ist man keinen Schritt weiter. Und selbst die größten<br />

Optimisten nehmen nicht an, dass man gleich beim ersten angeflogenen Ziel auf Leben stoßen werde.<br />

Insofern ist es vielleicht doch kein Risiko, mit Kant auf die Bewohnbarkeit oder Bewohntheit einiger<br />

fremder Himmelskörper zu wetten. Verlieren können wir ja nicht; denn die Bewohnbarkeit lässt sich auf<br />

keine Weise widerlegen; so können wir die Wette nicht verlieren! Allerdings werden wir – gerade deshalb<br />

– keinen vernünftigen Menschen finden, der gegen uns auf die Unbewohnbarkeit aller Himmelskörper<br />

wettet: Er kann seine These niemals beweisen und deshalb die Wette unter keinen Umständen<br />

gewinnen!<br />

10 Empirische Untersuchungen: Hier <strong>bleiben</strong>, beobachten und warten. Aber worauf?<br />

… auf kosmische Materie und Strahlung<br />

Über die kosmische Strahlung wurden im Weltraum zahlreiche organische Moleküle<br />

in großen Mengen nachgewiesen. Es handelt sich dabei aber immer <strong>nur</strong> um wichtige<br />

Lebensbausteine, nicht um Hinweise auf Lebewesen. Wir halten fest, dass die<br />

chemischen Elemente, aus denen die irdischen Lebewesen bestehen, im ganzen<br />

Weltall vorhanden sind, viele organische Moleküle sogar in großen Mengen. Solche<br />

Moleküle könnten in großer Zahl auf erdähnliche Planeten gelangen, geradezu „herabregnen“.<br />

Daraus folgt jedoch wenig; denn diese Moleküle könnten sich auf einem<br />

solchen Planeten ebenso gut neu bilden. Auf den fruchtbaren Segen aus dem Weltraum<br />

sind wir für die (Erklärung der) Entstehung des Lebens jedenfalls nicht angewiesen.<br />

... auf Meteorite mit Lebensspuren<br />

Immerhin wurde in der Antarktis ein Meteorit gefunden, der vom Mars stammen und organismische<br />

Spuren aufweisen soll. (McKay 1996; Reichert 1996; Vaas 1996) Was gleich als eine der größten Entdeckungen<br />

des 20. Jahrhunderts angepriesen wurde, hat dann doch nicht viele Fachleute überzeugt.<br />

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... auf Signale<br />

Signale, die eine Absicht erkennen lassen, würden sogar intelligentes Leben belegen. Unsere Radioteleskope<br />

würden auch durchaus ausreichen, solche Signale zu empfangen, sogar dann, wenn es sich<br />

gar nicht um absichtlich ausgesandte Signale, sondern zum Beispiel <strong>nur</strong> um internen Funkverkehr handelte.<br />

(Umgekehrt kann man auch unseren Funkverkehr anderswo empfangen, sozusagen abhören.<br />

Was mögen die Außerirdischen aus unseren Fernsehprogrammen schließen?)<br />

Trotz intensiver Suche (SETI = Search for Extra-Terrestrial Intelligence) wurde bisher nichts gefunden.<br />

Die Schwierigkeiten liegen auf der Hand: In welcher Richtung soll man suchen? Welche Arten von Signalen<br />

sind am ehesten zu erwarten? Bei welchen Wellenlängen bzw. Frequenzen lohnt sich die Suche<br />

am ehesten? <strong>Wo</strong>ran würden wir den Signalcharakter erkennen? Könnten wir solche Nachrichten<br />

deuten? Welche Inhalte sind zu erwarten?<br />

... auf UFOs (im Sinne nicht <strong>nur</strong> rätselhafter, sondern raumfahrttüchtiger Objekte)<br />

Auch <strong>sie</strong> würden natürlich intelligentes Leben belegen. Aber bisher ist noch keines<br />

gesichtet worden oder gar gelandet. Diese Frage ist – entgegen dem Wunschdenken<br />

vieler Neugieriger, ja ganzer Vereine, auch entgegen den Behauptungen geschäftstüchtiger<br />

Autoren und entgegen den Berichten von Psychopathen – wissenschaftlich<br />

nicht offen! Auch wenn wir nicht wissen, ob es außerirdische Intelligenzen<br />

gibt: Dass uns bisher keine besucht haben – das wissen wir zuverlässig! Es spricht<br />

nämlich einerseits nichts dafür, dass solche Besuche stattgefunden haben! Unter<br />

solchen Umständen ist es in der Wissenschaft üblich und legitim, die Nicht-Existenz<br />

anzunehmen. In unserem Falle spricht sogar vieles dagegen, insbesondere die uns<br />

bekannten Naturgesetze. Deshalb dürfen wir sogar behaupten, wir wüssten, dass es<br />

keine Besucher gab. Streng beweisen können wir das allerdings nicht; unser Wissen<br />

bleibt eben immer vorläufig. Dass wir etwas nicht sicher wissen, bedeutet jedoch<br />

nicht, dass wir nichts darüber wissen.<br />

11 Und in Zukunft?<br />

Wir wissen sogar noch mehr: Es werden uns auch in Zukunft keine außerirdischen Intelligenzen besuchen!<br />

Die Schwierigkeiten interstellaren Transports, die uns hindern, fremde Sonnensysteme anzusteuern,<br />

gelten auch umgekehrt für die Außerirdischen!<br />

In dieser Hinsicht verweist man gern auf unser mangelhaftes Wissen. Könnte es nicht sein – so heißt<br />

es oft –, dass es physikalische Gesetze, Energieformen, Energiequellen, Transportsysteme gibt, von<br />

denen wir bisher keine Vorstellung haben? Hätte man früher für möglich gehalten, dass man drahtlos<br />

Funksignale über den Ozean senden und empfangen kann, dass man sich im luftleeren Raum (im „Vakuum“)<br />

fortbewegen kann, dass man Satelliten bauen, zum Mond, sogar zum Mars fliegen kann? Haben<br />

das nicht auch kompetente Wissenschaftler für unmöglich erklärt? Wie oft haben sich vermeintliche<br />

Unmöglichkeitsbehauptungen dann doch als voreilig und falsch erwiesen! (Dazu etwa Davis/Park<br />

1987; Barrow 1999) Wer konnte die Radioaktivität, die Kernfusion, die Antimaterie voraussehen?<br />

Könnte es nicht weitere Fortschritte geben, die das vermeintlich Unmögliche möglich machen? Kann<br />

man vielleicht doch Überlichtgeschwindigkeit erreichen, in der Zeit vorwärts oder rückwärts reisen, Materie,<br />

insbesondere Menschen, kopieren und auf ferne Himmelskörper beamen, durch Wurmlöcher<br />

blitzschnell astronomische Entfernungen überwinden? Ist nicht unser Wissen endlich, unser Unwissen<br />

aber grenzenlos?<br />

Sicher, es könnte sein! Vielleicht … vielleicht … vielleicht. Alles, was in Grimms Märchen oder in den<br />

Märchen aus Tausendundeinernacht geschieht, könnte auch wirklich pas<strong>sie</strong>ren. Wir können nicht wis-<br />

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sen, was wir später wissen, und deshalb haben wir auch kein endgültiges Wissen darüber, was wir<br />

später nicht wissen oder nicht können. Aber wenn unser Wissen auch fehlbar und vorläufig ist, wenn<br />

wir schon in keiner der beiden Richtungen absolut sicher sein können, weder beim Wissen noch beim<br />

Nichtwissen, so können wir doch vernünftige Argumente vorbringen.<br />

Das wirksamste Argument ist die lange Reisedauer. Zwar ist es durchaus möglich, unser Sonnensystem<br />

zu verlassen. Tatsächlich haben einige unbemannte Sonden – Pioneer 10 (Start 1972) und Pioneer<br />

11 (Start 1973), Voyager 1 und 2 (beide 1977) – nach etwa zehnjährigen Flügen die Bahnen von<br />

Neptun und Pluto gekreuzt und sind dabei, dem Einflussbereich der Sonne zu entkommen. Auch die<br />

Raumsonde New Horizons, gestartet 2006, wird 2015 den Pluto und 2016 bis 2020 den Kuipergürtel<br />

erreichen, um dann das Sonnensystem endgültig zu verlassen. Der Abstand zwischen den Sternen<br />

und damit auch der Abstand zu einem interstellaren Reiseziel ist aber viel größer als alle Entfernungen<br />

im Sonnensystem. Braucht das Licht von der Sonne zur Erde etwa 8 Minuten und von der Sonne zum<br />

Pluto einige Stunden, so braucht es zum nächsten Stern 4 Jahre, zum nächsten interessanten Stern<br />

vielleicht 10 Jahre!<br />

Wie lange würde eine Reise mit einem solchen Raumschiff dauern? Die Erde selbst bewegt sich mit einer<br />

Geschwindigkeit von 30 Kilometer pro Sekunde (das entspricht 100 000 Kilometer pro Stunde) um<br />

die Sonne. Bei geschickter Wahl des Startzeitpunktes und der Flugrichtung kann man einem Raumschiff<br />

diese Geschwindigkeit gleich mitgeben und durch Raketen und Planetenschleuder (auch<br />

Schwerkraftumlenkung, Swing-by- oder Fly-by-Manöver) noch einmal die gleiche Geschwindigkeiten<br />

hinzufügen. Es hat dann eine Geschwindigkeit von rund 60 Kilometer pro Sekunde. Das Licht hat dagegen<br />

eine Geschwindigkeit von 300 000 Kilometer pro Sekunde, ist also 5000-mal schneller! <strong>Wo</strong> das<br />

Licht ein Jahr braucht, dort ist unser Raumschiff 5000 Jahre unterwegs, bei einer Reise über 10 Lichtjahre<br />

also 50 000 Jahre – eine völlig utopische Zeit! Eine bemannte Sonde wäre außerdem viel schwerer;<br />

<strong>sie</strong> könnte allenfalls vom Mond oder von einer Raumstation aus starten. Selbst wenn es gelänge,<br />

<strong>sie</strong> zehnmal so schnell zu machen, bräuchte auch <strong>sie</strong> immer noch fünftausend Jahre! (Block 2009)<br />

Bei Überlegungen zu interstellaren Reisen wird oft angenommen, Raumschiffe<br />

könnten sich einst mit einem merklichen Anteil der Lichtgeschwindigkeit fortbewegen,<br />

etwa mit 20% der Lichtgeschwindigkeit, also mit 60 000 Kilometer pro Sekunde.<br />

Solche Überlegungen sind völlig utopisch. Sie werden <strong>nur</strong> gewählt, um die erforderliche<br />

Reisezeit auf ein menschliches Maß zu senken, hier etwa auf 50 Jahre, und<br />

dem Leser oder der Hörerin eine menschenverträgliche Machbarkeit vorzugaukeln.<br />

Wie solche Geschwindigkeiten jemals erreicht werden sollen, bleibt dabei nämlich<br />

ein ungelöstes Rätsel. Man kann leicht abschätzen, dass allein die Beschleunigungszeit<br />

bei einer Beschleunigung, die der Erdbeschleunigung entspräche, zwei<br />

volle Monate ausmachen würde (und die Abbremszeit ebenfalls zwei Monate). Das<br />

erfordert die gleiche Energie, wie <strong>sie</strong> nötig wäre, um das ganze Raumschiff zwei<br />

Monate lang über der Erdoberfläche in der Schwebe zu halten – und zwar ausschließlich<br />

mit Treibstoff aus dem Raumschiff selbst!<br />

Eine anderes Argument liefert der Energiesatz, deutlicher: der Energieerhaltungssatz.<br />

Danach bleibt in einem energetisch abgeschlossenen System die Gesamtenergie<br />

immer konstant. Als allgemeines Naturgesetz ist er seit 150 Jahren bekannt;<br />

er hat sich vielfach bewährt; wir kennen keinen Fall, wo er verletzt wäre; wir haben<br />

nicht einmal den geringsten Hinweis, wo er verletzt sein könnte. Ein interstellares<br />

Raumschiff muss seinen Energiebedarf aus Bordmitteln decken, und es muss diese<br />

Energie vom Start weg mit sich führen. Etwa in Form eines Kernkraftwerkes? Oder<br />

eines Fusionsreaktors? Der Reinfall mit der angeblichen „kalten Fusion“ sollte uns<br />

eine Lehre sein: Die Hoffnung auf Kernfusion in der Westentasche war naiv und<br />

wird sich nie erfüllen. (Close 1992; Huizenga 1994; Kendl 1999)<br />

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Die wirkungsvollste Weise, Energie, insbesondere Antriebsenergie zu gewinnen, ist die Zerstrahlung<br />

von Materie mit Antimaterie. Dabei wird die gesamte Materie in Strahlung umgesetzt. Unser Raumschiff<br />

müsste also – gut abgeschirmt – ausreichend Antimaterie mitnehmen. Sie müsste ausreichen,<br />

das Raumschiff auf einen beachtlichen Teil der Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, am Ziel wieder<br />

abzubremsen und – sicherheitshalber – mit gleichem Energieaufwand auch wieder zurückkehren zu<br />

lassen, das Raumschiff ferner auf der ganzen Reise zu heizen und mit sämtlichen sonst noch benötigten<br />

Energieformen zu versorgen. Vor allem für Beschleunigung und Abbremsung wäre ungeheuer viel<br />

Energie, also auch viel Antimaterie erforderlich. (Bracewell 1974, Kap. 12) Wir kennen jedoch keine<br />

Verfahren, so viel Antimaterie zu erzeugen und dann auch noch sicher zu speichern. Bisher – seit<br />

1995 und vor allem seit 2002 – kann man zwar Antiwasserstoffatome herstellen; man kann <strong>sie</strong> aber<br />

noch nicht speichern. Erst recht haben wir keine Ahnung, wie wir Antimaterie in makroskopischen Mengen<br />

sicher speichern sollten! Somit sind schon die Ausdrücke Astronauten (Sternfahrer) und erst recht<br />

Kosmonauten (Weltfahrer) weit übertrieben. Bisher haben wir es <strong>nur</strong> zur Selenonautik (Mondfahrt) gebracht,<br />

und wir werden es höchstens zu Planetonautik bringen!<br />

Wie wir betont haben, gelten diese Argumente nicht <strong>nur</strong> für uns Erdlinge, die fremde Himmelskörper<br />

anstreben; <strong>sie</strong> gelten auch umgekehrt für alle Fremdlinge, die unsere Erde besuchen wollen. Sie unterliegen<br />

– nach allem, was wir wissen – denselben Beschränkungen wie wir. Deshalb hatten wir bisher<br />

keine außerirdischen Besucher, und deshalb werden wir nie welche bekommen. So ist es auch kein<br />

Wunder, dass wir trotz eifriger Suche und großer Fanta<strong>sie</strong> keinerlei Hinweise auf solche Besucher haben,<br />

weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft. Und deshalb sind Vermutungen von Esoterikern<br />

oder Verschwörungstheoretikern, die USA planten oder bauten Weltraumwaffen, um sich gegen Außerirdische<br />

wehren zu können (etwa Salla 2006), reiner Humbug!<br />

12 So viele interessante Fragen<br />

• Wenn es außerirdisches Leben geben sollte – wie könnte es aussehen?<br />

Wie verschieden von irdischem Leben kann Leben sein? Reicht unsere wissenschaftlich<br />

gezügelte Phanta<strong>sie</strong> überhaupt aus, uns die Alternativen auszumalen?<br />

In welchen Hinsichten würde fremdes Leben unserem gleichen, in welchen nicht?<br />

Könnte es statt auf Kohlenstoff auf Silizium beruhen? Könnte statt Wasser auch<br />

Ammoniak als universelles Lösungsmittel dienen?<br />

Mit solchen Fragen beschäftigen sich Disziplinen wie Exochemie, Exobiologie<br />

(auch Kosmobiologie) bis hin zu Exophysiologie, Exopsychologie, Exolinguistik<br />

und Exoethik. Dazu gibt es natürlich viel Literatur (Jonas 1977 mit interessanten<br />

Überlegungen zu alternativen Sinnesorganen und Verständigungsmöglichkeiten;<br />

Kaplan 1978, 244-279; Newth 2004; Kiang 2008; Benner 2009, ch. 8).<br />

Die Exochemie ist „eigentlich“ die gleiche wie die irdische Chemie. Allerdings ist<br />

unsere übliche Chemie doch stark geprägt durch die irdischen Verhältnisse. Was<br />

aber pas<strong>sie</strong>rt, wenn andere Elemente vorherrschen, wenn andere Temperaturen,<br />

Drücke und Säuregrade herrschen, damit sind wir nicht vertraut. So war es eine<br />

große Überraschung, als bei einem der ersten Experimente auf dem Mars Sauerstoff<br />

frei wurde, was man zunächst als Indiz für biotische Stoffwechselprozesse<br />

deutete. Bald jedoch stellte sich heraus, dass es dort überraschend viel Wasserstoffperoxid<br />

gibt, sodass das Freiwerden des Sauerstoffs gänzlich auf nichtorganismische,<br />

hier sogar auf anorganische Chemie zurückgeführt werden kann.<br />

Wenn man sich sogar in einem so einfachen Fall verblüffen lässt, wie viel anders<br />

können dann Chemie und Biologie unter gänzlich anderen Bedingungen sein?<br />

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Könnte es Leben geben, das statt auf Kohlenstoff auf Silizium beruht? Bei dem<br />

nicht Wasser das übliche Lösungsmittel ist, sondern Ammoniak?<br />

Wir können das nicht ausschließen. Allerdings gilt auch hier: Wenn Silizium- oder<br />

Ammoniak-Leben möglich sein sollte, dann wäre mit Sicherheit wieder Kohlenstoff-Leben<br />

oder Wasser-Leben viel leichter zu haben und deshalb viel wahrscheinlicher.<br />

Zwar können wir keine Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von<br />

Leben angeben; wir können aber durchaus Wahrscheinlichkeiten vergleichen und<br />

feststellen, dass die Wahrscheinlichkeit für Leben, wie wir es kennen, in den<br />

meisten Fällen größer ist als die Wahrscheinlichkeit für irgendwelche extremen<br />

Alternativen.<br />

• Sollen wir nach außerirdischem Leben und nach außerirdischer Intelligenz suchen?<br />

Welche Risiken und welche Chancen sind damit verbunden?<br />

Da die Existenz außerirdischen Lebens und erst recht außerirdischer Intelligenzen so unsicher ist,<br />

gibt es hierauf keine eindeutige Antwort. Machen wir uns klar, wie wir die Begriffe ‚Risiko’ und<br />

‚Chance’ gebrauchen: Risiko ist Eintrittswahrscheinlichkeit mal Schadenshöhe (etwa in Euro oder in<br />

verlorenen Lebensjahren); ganz analog ist Chance Eintrittswahrscheinlichkeit mal Nutzenhöhe.<br />

Schon für die Existenz außerirdischen Lebens können wir keine Wahrscheinlichkeit angeben; deshalb<br />

haben wir auch keine Ahnung, wie wahrscheinlich es ist, dass wir solches Leben finden. Folglich<br />

können wir weder die Risiken noch die Chancen einer solchen Entdeckung abschätzen. Und<br />

was ist, wenn die Risiken die Chancen gerade aufwiegen? Oder wenn der Schaden den Nutzen sogar<br />

übersteigt? Vielleicht sollten wir froh sein, dass wir keine dieser Größen einschätzen können?<br />

So kann man nämlich niemanden für seinen Optimismus tadeln.<br />

Das Einzige, was wir bieten können, sind Beschreibungen und Erklärungen unseres Verhaltens: Unsere<br />

Neugier ist offenbar so groß, dass wir trotz unbekannter Risiken und Chancen beachtliche Mittel<br />

für die Suche bereitstellen. Das gilt aber sicher nicht für alle Menschen, nicht für alle Zeiten und<br />

nicht in beliebiger Höhe. Wie viel wir in die Suche investieren, muss deshalb immer wieder neu verhandelt<br />

werden.<br />

Als es darum ging, das Apollo-Programm zu rechtfertigen, das die Mondlandung zum Ziel hatte,<br />

wurde oft behauptet, immerhin habe es zu Entwicklung der Teflonpfanne geführt, die das Anbrennen<br />

verhindert. Das ist ein populärer Irrtum: Den Stoff gab es schon 1938, den Namen Teflon 1950,<br />

die Teflonpfanne 1954 und die Firma Tefal 1956, alles vor Beginn der Weltraumfahrt.<br />

(Krämer/Trenkler 1996) Und leider ist Teflon auch noch giftig!<br />

Der Astrophysiker und Sachbuchautor Rudolf Kippenhahn (*1926) hat einmal versucht, den Nutzen<br />

der Kosmologie zu benennen. (Kippenhahn 1997) Zunächst sagt er sehr weise und sehr ehrlich:<br />

„Sie ist ein Teil unserer Kultur wie die Musik – und macht wie <strong>sie</strong> Spaß.“ Dann aber versucht er,<br />

auch noch einen praktischen Nutzen anzubieten: „Manchmal entstehen aber ganz nebenbei auch<br />

nützliche Dinge, wie jüngst ein tragbares Röntgengerät […] Das Herzstück des kleinen Röntgendetektivs<br />

ist ein raffinierter Detektor. Er wurde ursprünglich für die Röntgenastronomie entwickelt.“<br />

Wird er damit Zweifler überzeugen? So viele Milliarden für ein raffiniertes Nachweisgerät? Sicher<br />

nicht. Mir wäre lieber, er beschränkte sich auf die Neugier des Menschen; <strong>sie</strong> zu befriedigen, haben<br />

wir uns schon immer viel kosten lassen.<br />

Das gilt vorläufig auch für die Raumfahrt, insbesondere für die Suche nach außerirdischem Leben<br />

und nach außerirdischer Intelligenz. Der Erfolg steht zwar im wahrsten Sinne des <strong>Wo</strong>rtes „in den<br />

Sternen“; aber auch ich bin bereit, der Suche einige Ressourcen zuzubilligen.<br />

• Wenn außerirdisches Leben entdeckt würde – wie würden wir reagieren?<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 20


Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

Für die Wissenschaftler wäre es eine Sensation. Die Öffentlichkeit würde es zunächst interes<strong>sie</strong>rt<br />

zur Kenntnis nehmen, aber darüber schnell zur Tagesordnung übergehen. Das hat zwei Gründe:<br />

Erstens würde es sich dabei zunächst <strong>nur</strong> um einen Anfangsverdacht unter speziali<strong>sie</strong>rten Astronomen<br />

handeln, der sich erst ganz allmählich stützen und bestätigen ließe. Außer der Mitteilung „Ja,<br />

da scheint es etwas Lebendiges zu geben. Wie aufregend!“ würde man anfangs nicht viel mehr erfahren.<br />

Und zweitens dürfte es sich dabei um eine recht primitive Form von Leben handeln, um Einzeller,<br />

um bakterien-, algen- oder flechtenartige Gebilde. Nicht weil die Evolution nicht auch anderswo<br />

zu komplizierten Lebewesen führen könnte, sondern weil einfache Lebewesen viel wahrscheinlicher<br />

sind als komplizierte. Sollten wir also tatsächlich etwas finden, so wäre es voraussichtlich sehr<br />

primitiv und <strong>nur</strong> so kompliziert, dass wir es gerade entdecken können; es wäre, wie zwei Autoren respektlos<br />

sagen, <strong>nur</strong> grüner „Matsch“. „Doch sind wir wirklich am grünen Matsch irgendeines Planeten<br />

interes<strong>sie</strong>rt? Ehrlicherweise doch eher nicht.“ (Lesch/Müller, 2003, 295)<br />

• Ein Gedankenexperiment für Exobiologen, über das schon viel nachgedacht wurde: Könnte man<br />

den Mars oder einen anderen Himmelskörper so umgestalten, dass er lebensfreundlich wird?<br />

Ein solches Umgestalten nennt man nach einem Ausdruck aus der Science-Fiction, der inzwischen<br />

Eingang in die englische Sprache gefunden hat, Terraformen (Oberg 1982), nach einem Vorschlag<br />

von Haynes noch allgemeiner Ökopoiese (ecopoiesis, Haynes 1990). Vertreter dieser Idee sind der<br />

Planetenexperte Christopher McKay (McKay 1991)und der Raumfahrtingenieur Robert Zubrin (Zubrin/Wagner<br />

1997), der gleich eine Mars Society gegründet hat. Seit 2001 gibt es eine Zeitschrift<br />

Astrobiology, die sich gerade um solche spekulativen Überlegungen kümmert. Auch die Zeitschrift<br />

National Geographic hat diesem Thema kürzlich einen Artikel gewidmet. (National Geographic<br />

Deutschland 2010) Die Darstellungen gehen in der Regel dahin, dass es im Prinzip möglich wäre,<br />

allerdings Jahrtausende in Anspruch nehmen würde. Für mich ist es damit unmöglich. Wenn die<br />

USA sogar eine geplante erneute Mondlandung kürzlich aus Kostengründen wieder einmal zurückgestellt<br />

hat, woher sollen dann die Mittel für einen bemannten Marsflug kommen? Und erst für ein<br />

Unternehmen, das tausend oder sogar hunderttausend Jahre dauert und von dem niemand etwas<br />

hat?<br />

• Ein Gedankenexperiment für Ethiker (oder Exoethiker): Wenn wir auf dem Mars oder auf einem anderen<br />

Himmelskörper Ökopoiese durchführen und eine Evolution in Gang setzen könnten – dürften<br />

wir es dann tun? (Haynes in MacNiven 1990; McKay in MacNiven 1990; Duemler 1993) Die Meinungen<br />

dazu gehen auseinander. Persönlich habe ich dabei keine Bedenken. Es wird jedoch ein interessantes<br />

Gedankenexperiment <strong>bleiben</strong>.<br />

• Können wir unsere, könnten andere Intelligenzen ihre Galaxis be<strong>sie</strong>deln?<br />

Häufig wird angenommen, dass technische Zivilisationen wie unsere zunächst benachbarte Planetensysteme<br />

be<strong>sie</strong>deln und diese Tochterzivilisationen sich dann immer weiter in die Milchstraße<br />

ausbreiten. Aber wie lange dauert es, bis eine neu eingetroffene Kultur zum nächsten System aufbrechen<br />

kann? Wären dafür wirklich <strong>nur</strong> 1000 oder 10 000 Jahre erforderlich, wie manchmal unterstellt<br />

wird, dann ginge nach kosmischen Zeitmaßstäben tatsächlich alles recht schnell, zum Beispiel<br />

innerhalb von 10 Millionen Jahren. (von Hoerner, 1987, 22, unter Berufung auf O’Neill 1977)<br />

Das aber scheint völlig utopisch! Dagegen spricht zunächst einmal die Reisedauer, die wir schon in<br />

Kapitel 11 angesprochen haben, Auch ist es ja nicht so, dass be<strong>sie</strong>delbare Planeten (nach von<br />

Hoerner „nette“ Planeten) immer gerade auf menschliche Siedler warten. Sie müssten nicht <strong>nur</strong><br />

wohnliche Umwelten bieten, sondern auch genießbare „Pflanzen“ und „Tiere“! Zu erwarten ist vielmehr,<br />

dass alles, was man überhaupt vorfindet, für Menschen ungenießbar bis giftig ist! Wir leben ja<br />

von organischem Material und nicht von Wasser allein. Ein Planet, auf dem Astronauten wohnen<br />

sollen, müsste immer erst zu einem lebens- und sogar menschenfreundlichen Lebensraum umgestaltet<br />

werden! Selbst wenn man dabei eine gesteuerte Evolution in Gang setzen könnte, die we-<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 21


Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

sentlich schneller abliefe als die biologische Evolution, würde so etwas doch Jahrhunderttausende<br />

dauern!<br />

Die Be<strong>sie</strong>dlung einer ganzen Galaxis oder wenigstens eines bewohnbaren galaktischen Gürtels<br />

durch uns oder durch fremde Intelligenzen erscheint jedenfalls unmöglich.<br />

• Wenn es außerirdische Intelligenzen gibt – wie könnten wir davon erfahren?<br />

Die einzige realistische Chance, außerirdische Intelligenz zu entdecken, besteht in bedeutungsvollen<br />

Funksignalen, die wir von dort erhalten. Das geschieht in dem originellen Roman A wie Andromeda<br />

(Hoyle/Elliot 1967) und natürlich auch in vielen anderen Werken der Science Fiction.<br />

• Wenn es außerirdische Intelligenzen gibt – warum merken wir nichts davon? (Dazu auch Kapitel 1.)<br />

Halten <strong>sie</strong> sich versteckt? Leben wir in einer Art Zoo, in dem wir gehalten und beobachtet werden,<br />

ohne es zu merken? An solchen Beispielen <strong>sie</strong>ht man, zu welch absurden Hypothesen man seine<br />

Zuflucht nehmen muss, wenn man außerirdische Intelligenzen in unserer Nähe annimmt und dann<br />

erklären soll, warum wir absolut nichts von ihnen merken. Da ist es doch wesentlich einfacher, die<br />

genannte Hypothese fallen zu lassen: Es gibt eben keine Außerirdischen in unserer Nähe!<br />

Auch Sebastian von Hoerner (1987, 21-22) spricht von einem Dilemma: Wenn wir es für möglich<br />

oder sogar für wahrscheinlich halten, dass wir den Weltraum bereisen oder be<strong>sie</strong>deln, und wenn wir<br />

typisch sind – warum haben andere Zivilisationen das dann nicht längst getan und haben uns besucht<br />

oder andere Zeichen hinterlassen? Auch hier lautet die einfache Antwort: Mindestens eine unserer<br />

Annahmen ist eben nicht erfüllt! Also gilt: Entweder sind Weltraumreisen äußerst schwierig,<br />

wenn nicht ganz unmöglich; oder wir sind eben nicht typisch! Wären nun Weltraumreisen einfach,<br />

dann hätten wir hier sogar ein gutes Argument, uns für etwas Besonderes zu halten! Wir haben aber<br />

bereits in Kap. 11 betont, dass <strong>sie</strong> so gut wie unmöglich sind; so können wir auch ganz gewöhnlich<br />

sein. Ein echtes Dilemma entsteht hier nicht. Doch bleibt es uns natürlich unbenommen, uns aus<br />

anderen Gründen für etwas Besonderes zu halten.<br />

• Wenn außerirdische Intelligenzen entdeckt würden – wie würden wir reagieren?<br />

Auch darüber haben wir uns schon zu Beginn dieses Aufsatzes Gedanken gemacht. Allerdings würde<br />

es sicher einige Zeit dauern, bis wir eine solche Nachricht glaubhaft fänden. Könnte nicht alles<br />

getürkt sein? Ein einziger großer Schwindel?<br />

• Wenn außerirdische Intelligenzen entdeckt würden – könnten wir uns mit ihnen verständigen, und<br />

was wären die Folgen?<br />

(Cameron 1963; Breuer 1978, Teil II; Swenson 2000) Der Mathematiker Freudenthal hat dazu eine<br />

eigene kosmische Sprache (Lingua Cosmica, abgekürzt LINCOS) entwickelt. (Freudenthal 1960)<br />

Hinsichtlich der Folgen ist Sebastian von Hoerner recht optimistisch. Er meint, alle Meilensteine unserer<br />

Entwicklung seien neue Methoden der Datenverarbeitung gewesen: genetischer Code, Gehirn,<br />

Sprache, Schrift, künstliche Intelligenz. Und der nächste größere Schritt sei eben die interstellare<br />

Kommunikation. „Der Eintritt in den Galaktischen Club würde das Ende unserer Kultur bedeuten<br />

und das langsame Einmünden in eine weit ältere galaktische Kultur.“ (von Hoerner 1987, 15-17)<br />

Drei Punkte <strong>bleiben</strong> dabei rätselhaft: Erstens ist es ein Rätsel, wie man das allfällige Ende unserer<br />

Kultur so lapidar als Fortschritt ansehen kann – als ob es in der Evolution, in der Geschichte oder<br />

wenigstens in der Kulturentwicklung immer <strong>nur</strong> aufwärts gehen könnte! Dabei wissen wir doch, wie<br />

viele Kulturen schon zugrunde gegangen sind, ohne einen höherentwickelten Nachfolger gefunden<br />

zu haben. Zweitens kann bei den Signallaufzeiten, die wir in Kapitel 8 angesprochen haben, von<br />

Kommunikation nicht ernsthaft die Rede sein. Sind wir bereit, bei einer Frage, die uns wirklich interes<strong>sie</strong>rt,<br />

Jahrtausende oder gar Jahrmillionen auf eine Antwort zu warten? Drittens fällt auf, dass alle<br />

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Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

bisherigen Schritte und Fortschritte der Kommunikation auf der Erde – sozusagen mit Bordmitteln –<br />

möglich waren. Für den nächsten Schritt wären wir dagegen auf außerirdische Zivilisationen angewiesen.<br />

Ist die Erwartung eines solchen Schrittes dann überhaupt noch realistisch?<br />

• Wenn wir zuverlässig erführen, dass Außerirdische bei uns gelandet sind – wie würden wir reagieren?<br />

Der Verlag Matthes & Seitz (1979) hat 150 Leuten diese Frage gestellt und über 100 Antworten veröffentlicht.<br />

Die Antwort des Satirikers Ephraim Kishon lautete: „Mein erster Gedanke würde wahrscheinlich<br />

sein: Was sagt der Papst dazu?“ Diese Antwort ist nicht <strong>nur</strong> kurz, sondern auch äußerst<br />

treffend. Gemeint ist: Haben die Außerirdischen eine unsterbliche Seele? Bedürften <strong>sie</strong> eines Erlösers<br />

wie wir? Muss Jesus als Sohn Gottes auch dort sein Heilswerk vollbringen? Oder hat er die intelligenten<br />

Wesen von anderen Planeten gleich miterlöst? Dies auch dann, wenn <strong>sie</strong> bei seinem Tod<br />

längst ausgestorben waren oder noch gar nicht existierten? Man <strong>sie</strong>ht, dass man mit dieser Frage<br />

leicht in alte theologische Dispute gerät; darauf werden wir uns jedoch hier nicht einlassen.<br />

• Wenn wir zuverlässig erführen, dass Außerirdische bei uns gelandet sind – wie sollten wir reagieren?<br />

Man kann auch diese Frage als Gedankenexperiment für den Exoethiker ansehen. Da wir mit einer<br />

solchen Landung nicht rechnen, beantworten wir diese letzte Frage lieber mit einem Scherz. In einer<br />

deutschen Tageszeitung hat Bruno Brauer (2000) zehn Regeln für die Begegnung mit Außerirdischen<br />

zusammengestellt. Unter seinen Ratschlägen finden sich einige, die wir unseren Lesern und<br />

Leserinnen besonders ans Herz legen:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Bitten Sie die Gäste rein! Bestehen Sie nicht auf Schuheabputzen, vielleicht tragen Außerirdische<br />

gar keine Schuhe oder haben nicht einmal Füße.<br />

Zeigen Sie den Außerirdischen auf keinen Fall, wo Sie Ihr Haushaltsgeld und Ihren Schmuck<br />

versteckt halten!<br />

Zeigen Sie sich tolerant! […] Akzeptieren Sie, dass Ihre Freunde aus dem All unter Umständen<br />

haaren oder nässen.<br />

Benehmen sich die Außerirdischen wie die Axt im Walde, drohen Sie: Fragen Sie nach Aufenthaltsgenehmigungen,<br />

skizzieren Sie die deutsche Asylgesetzgebung.<br />

Die Wissenschaft weiß sehr wenig über extraterrestrische Vertragslaufzeiten und Rücktrittsklauseln.<br />

[…] Erinnern Sie sich an die deutsch-deutsche Grenzöffnung 1990!<br />

Der wichtigste Rat lautet deshalb:<br />

<br />

Unterschreiben Sie nichts!<br />

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Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

Literatur<br />

– Amir D. Aczel: Probability 1. Warum es intelligentes Leben im All geben muss. Reinbek: Rowohlt<br />

2001 (englisch 1998)<br />

– Fred Adams: Leben im Universum. München: DVA / Darmstadt: WBG 2004 (englisch 2002; vorwiegend<br />

Astrophysik)<br />

– Svante Arrhenius: Das Werden der Welten. Leipzig: Akademische Verlagsgesellschaft 1906, 2 1908<br />

(stellt das damalige Wissen zusammen); Band 2 („Neue Folge“), 1907, 4-6 1911 (stellt die Vorstellungen<br />

über Aufbau, Entstehung und Entwicklung des Weltalls zusammen)<br />

– John D. Barrow: Die Entdeckung des Unmöglichen. Forschung an den Grenzen des Wissens. Heidelberg:<br />

Spektrum 1999 (englisch 1998)<br />

– Steven A. Benner: Life, the universe and the scientific method. Gainesville: FfAME 2009<br />

– Joachim Block: Eine aktuelle und kompetente elfteilige Vorlesung zum Thema Raumfahrt, auch zur<br />

interstellaren Raumfahrt, findet man unter<br />

– http://www.igep.tu-bs.de/lehre/skripten/block/ss_09/raumfahrtmissionen-11.pdf.<br />

– Igor und Grichka Bogdanov: Wir sind nicht allein! Leben im Universum. Stuttgart: Theis 2009 (französisch<br />

2007)<br />

– Ronald N. Bracewell: The galactic club. Intelligent life in outer space. Stanford 1974; New York:<br />

Norton 1979<br />

– Bruno Brauer: Was tun, wenn <strong>sie</strong> kommen? Hannoversche Allgemeine Zeitung, 15. Januar 2000,<br />

Beilage „Der 7. Tag“<br />

– Reinhard Breuer: Kontakt mit den Sternen. Leben auf fremden Planeten? Frankfurt: Umschau 1978;<br />

Frankfurt: Ullstein 1991<br />

– Wilhelm Burkamp: Wirklichkeit und Sinn. Berlin: Junker & Dünnhaupt 1938<br />

– A.G.W. Cameron (ed.): Interstellar communication. A collection of reprints and original contributions.<br />

New York: Benjamin 1963 (viele gute Aufsätze)<br />

– David C. Catling, Kevin J. Zahnle: Wenn die Atmosphäre ins all entweicht. Spektrum der Wissenschaft,<br />

Januar 2010, 24-31<br />

– Frank Close: Das heiße Rennen um die kalte Fusion. Basel: Birkhäuser 1992<br />

– Ian Crawford: Ist da draußen wer? Spektrum der Wissenschaft, Nov. 2000, 32-38<br />

– Francis Crick: Das Leben selbst: sein Ursprung, seine Natur. München: Piper 1983 (engl. 1981)<br />

– Michael J. Crowe: The extraterrestrial life debate 1750-1900: The idea of plurality of worlds from<br />

Kant to Lowell. Cambridge University Press 1986<br />

– Paul Davies: Sind wir allein im Universum? Über die Wahrscheinlichkeit außerirdischen Lebens.<br />

Bern: Scherz 1997, München: Heyne 2000 (englisch 1995)<br />

– Philip J. Davis, David Park (eds.): No way! The nature of the impossible. New York: Freeman 1987,<br />

insbesondere die Kapitel 7 bis 9 über Unmögliches in Künstlicher Intelligenz, Technik, Physik, und<br />

Kapitel 18 über Skepsis<br />

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Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

– Emmanuel Davoust: Signale ohne Antwort? Die Suche nach außerirdischem Leben. Basel: Birkhäuser<br />

1993 (250 S.; französisch 1988, englisch 1991)<br />

– Richard Dawkins: Geschichten vom Ursprung des Lebens. Berlin: Ullstein 2008 (englisch 2004)<br />

– Steven J. Dick: The origins of the extraterrestrial life debate and its relation to the scientific revolution.<br />

Journal of the History of Ideas 41 (1980) 3-28<br />

– - -: Plurality of worlds: the origins of the extraterrestrial life debate from Democritus to Kant. Cambridge<br />

University Press 1982<br />

– - -: The biological universe. The twentieth-century extraterrestrial life debate and the limits of science.<br />

Cambridge University Press 1996<br />

– Hoimar von Ditfurth, Volker Arzt: Dimensionen des Lebens. DVA 1974, dtv<br />

– Hoimar von Ditfurth: Im Anfang war der Wasserstoff. Hoffmann und Campe 1972, Knaur 1975, 350-<br />

352. Von Ditfurth kriti<strong>sie</strong>rt dort den Physiker Pascual Jordan (Jordan 1970) und den Biologen Jacques<br />

Monod (Monod 1971), die wir bereits zitiert haben, und einige andere. Er wird seinerseits heftig<br />

attackiert von Heinrich K. Erben in dessen Buch „Intelligenzen im Kosmos?“ (Erben 1984), das wir<br />

ebenfalls zitiert haben. Erbens Buch wiederum bespricht von Ditfurth ebenso kritisch in seinem Buch<br />

„Unbegreifliche Realität“. Rasch und Röhring 1987, Knaur 1990, S. 200-208.<br />

– David G. Duemler: Bringing life to the stars. Lanham: University Press of America 1993 (Wenn wir es<br />

könnten, sollten wir es tun?)<br />

– Christian de Duve: Aus Staub geboren. Leben als kosmische Zwangsläufigkeit. Heidelberg: Spektrum<br />

1995; rororo 1997 (englisch 1995)<br />

– Henning Engeln: Lebt da draußen was? GEO, Januar 1998, 82-102<br />

– Heinrich K. Erben: Intelligenzen im Kosmos? Die Antwort der Evolutionsbiologie. München: Piper<br />

1984; Ullstein 1986 (vorwiegend außerirdisches Leben)<br />

– Timothy Ferris: Das intelligente Universum. Ein Blick zurück auf die Erde. dtv 1992, 1995 (ein Astrophysiker<br />

diskutiert über Geist und Intelligenz)<br />

– Timothy Ferris: Die Suche nach Erde 2. National Geographic Deutschland, Januar 2010, 36-57<br />

– Camille Flammarion: La pluralité des mondes habités. 1862 (Die Mehrheit bewohnter Welten. Leipzig<br />

1865)<br />

– Hans Freudenthal: LINCOS: design of a language for cosmic intercourse. Amsterdam: North Holland<br />

1960. Auszüge daraus in Regis, 1985, 215-228<br />

– Donald Goldsmith, Tobias Owen: Auf der Suche nach Leben im Weltall. Stuttgart: Hirzel 1984, 2 1985<br />

(englisch 1980; ein sehr gutes Buch)<br />

– Guillermo Gonzales, Donald Brownlee, Peter D. Ward: Lebensfeindliches All. Spektrum der Wissenschaft,<br />

Dez. 2001, 38-45 (gute Zusammenfassung der Fakten und Argumente aus Ward/Brownlee<br />

2001)<br />

– Martin Gorke: Seltene Erde. Zu den astronomischen Randbedingungen unserer Existenz aus umweltethischer<br />

Perspektive. Philosophia naturalis 45 (2/2008) 270-291, vor allem Kap. 3 bis 5<br />

– Karl S. Guthke: Der Mythos der Neuzeit: Das Thema der Mehrheit der Welten in der Literatur- und<br />

Geistesgeschichte von der kopernikanischen Wende bis zur Science Fiction. Bern: Francke 1983<br />

(383 S.; historisch orientiert)<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 25


Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

– John B. S. Haldane: The Origin of Life. Rationalist Annual 1929; Nachdruck New Biology 16 (1954)<br />

12<br />

– Michael H. Hart, Ben Zuckerman (eds.): Extraterrestrials – where are they? (Symposium 1978) New<br />

York: Pergamon Press 1982, aktuali<strong>sie</strong>rt 2 1995<br />

– Jan Hattenbach: Planetensuche in fremden Galaxien. Spektrum der Wissenschaft, Oktober 2009,<br />

17-23<br />

– Robert H. Haynes: Etablierung von Leben auf dem Mars durch gerichtete Panspermie. Biologisches<br />

Zentralblatt 109 (1990) 193-205<br />

– - -: Ecce Ecopoiesis: Playing God on Mars. In MacNiven 1990, 161-183<br />

– Sebastian von Hoerner: „Where is everybody?“ Naturwissenschaften 65 (Nov. 1978) 553-7<br />

– - -: Nichts ist einmalig. In: Weltraum. GEO Spezial 8 (3. Quartal 1983) 88-91<br />

– - -: Leben im Weltall und auf Erden. Mitteilungen der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, Heft 49 (Juli<br />

1987) 12-22<br />

– - -: Sind wir allein? SETI und das Leben im All. München: Beck 2003<br />

– Fred Hoyle, John Elliot: A wie Andromeda. Geheimbotschaft aus dem All. Stuttgart: Goverts 1967;<br />

Frankfurt: Fischer 1970 (englisch 1962, 1964)<br />

– Fred Hoyle, N. Chandra Wickramasinghe: Die Lebenswolke. So empfing die Erde das Leben von<br />

den Sternen. Frankfurt: Umschau 1979 (englisch 1978)<br />

– - -: Evolution aus dem Weltraum. Berlin: Ullstein 1981 (englisch 1981)<br />

– John R. Huizenga: Kalte Kernfusion. Das Wunder, das nie stattfand. Wiesbaden: Vieweg 1994 (englisch<br />

1993)<br />

– Doris und David Jonas: Die Außerirdischen. Leben und Intelligenz auf fremden Sternen. Zürich:<br />

Schweizer Verlagshaus 1977; Frankfurt: Fischer 1979 (englisch 1976)<br />

– Pascual Jordan: Schöpfung und Geheimnis. Oldenburg: Stalling 1970<br />

– Harmke Kamminga: Life from space – a history of panspermia. Vistas in Astronomy 26 (1982) 67-86<br />

– Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels 1755<br />

– - -: Kritik der reinen Vernunft. 1 1781 = A; 2 1787 = B<br />

– Reinhard W. Kaplan: Der Ursprung des Lebens. Biogenetik, ein Forschungsgebiet heutiger Naturwissenschaft.<br />

Stuttgart: Thieme 2 1978<br />

– Rainer Kayser: Ist da jemand? Hannoversche Allgemeine Zeitung, 15. Jan. 2000, Beilage „Der 7.<br />

Tag“, S. 1, 3<br />

– Alexander Kendl: 10 Jahre danach: Was blieb von der „Kalten Kernfusion?“ Skeptiker 12 (1/1999)<br />

32-39<br />

– Nancy Y. Kiang: Fotosynthese unter fremden Sternen. Spektrum der Wissenschaft, Okt. 2008, 30-38<br />

– Rudolf Kippenhahn: Sichtbare Vergangenheit. DIE ZEIT Nr. 35 (22. 8. 1997) S. 34<br />

– Walter Krämer, Götz Trenkler: Lexikon der populären Irrtümer. Frankfurt: Eichborn 1996; München:<br />

Piper 1998<br />

– Bernd-Olaf Küppers: Gibt es außerirdisches Leben? Ruperto Carola , Nr. 85 (Juli 1992) 35-42<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 26


Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

– Harald Lesch, Jörn Müller: Big Bang zweiter Akt. Auf den Spuren des Lebens im All. München: Bertelsmann<br />

2003<br />

– Konrad Lorenz, Franz Kreuzer: Leben ist Lernen. Ein Gespräch über das Lebenswerk des Nobelpreisträgers.<br />

München: Piper 1981<br />

– Don MacNiven (ed.): Moral expertise. London: Routledge 1990<br />

– Matthes & Seitz (Hg.): Die Außerirdischen sind da. Umfrage anlässlich einer Landung von Wesen<br />

aus dem All. München: Matthes & Seitz 1979<br />

– Christopher P. McKay: Does Mars have rights? An approach to the environmental ethics of planetary<br />

engineering. In MacNiven 1990, 184-197<br />

– Christopher P. McKay et al.: Making Mars habitable. Nature 352 (1991) 489-496<br />

– David S. McKay et al.: Search for past life on mars: Possible relic biogenic activity in Martian meteorite<br />

ALH84001. Science 273 (1996) 924-930<br />

– Jacques Monod: Zufall und Notwendigkeit. Philosophische Fragen der modernen Biologie. München:<br />

Piper 1971 (franz. 1970)<br />

– National Geographic Deutschland: Der Mars – bald eine Reise wert? Februar 2010, 10-12<br />

– Eirik Newth: Leben im Weltall. München: Hanser 2004 (ernsthafte, auch bildliche Versuche, sich außerirdische<br />

Lebewesen vorzustellen; solides Kinderbuch)<br />

– Friedrich Nietzsche: Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn. 1873/1896<br />

– James Oberg: Terraforming. In Hart/Zuckermann 1982, 62-65<br />

– Erhard Oeser: Die Suche nach der zweiten Erde. Illusion und Wirklichkeit der Weltraumforschung.<br />

Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2009<br />

– Gerard K. O’Neill: The high frontier. Human colonies in space. New York: Morrow 1977<br />

– Alexander I. Oparin: Der Ursprung des Lebens. Moskau: Московский рабочий, Moskowski rabotschi,<br />

Arbeiterverlag 1924 (russisch; englisch 1968)<br />

– - -: Die Entstehung des Lebens auf der Erde. Russisch 1936; englisch New York: Macmillan 1938;<br />

deutsch Berlin: Volk und Wissen 1947<br />

– Michael D. Papagiannis (ed.): Strategies for the search for life in the universe. Dordrecht: Reidel<br />

1980<br />

– Yvonne J. Pendleton, Jack D. Farmer: Leben: eine kosmische Notwendigkeit? Sterne und Weltraum<br />

Spezial: Schöpfung ohne Ende. Die Geburt des Kosmos. 1997, 48-54<br />

– Carolyn Porco: Enceladus – rätselhafter Saturnmond. Spektrum der Wissenschaft, Juni 2009, 24-33<br />

– Edward Regis (ed.): Extraterrestrials. Science and alien intelligence. Cambridge: Cambridge University<br />

Press 1985, paper 1987 (sehr gute Beiträge aus wissenschaftlicher Sicht)<br />

– U Reichert: Meteorit ALH 84001 – Zeuge archaischer Lebensform auf dem Mars? Spektrum der Wissenschaft,<br />

Sep. 1996, 112-116<br />

– Andreas von Retyi: Wir sind nicht allein! Signale aus dem All. München: Langen-Müller 1994; Ullstein<br />

1995. Retyi behauptet, wir seien schon besucht worden, würden sogar von ETIs gesteuert. Eine vernichtende<br />

Kritik liefert Edgar Wunder in Skeptiker 1/1996, 37-38.<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 27


Textarchiv <strong>TA2013</strong>-7<br />

– Dagmar Röhrlich: Anybody out there? Oder: Die Suche nach neuen Welten. Berlin: Ullstein/List<br />

2006. Neuauflage: Hallo? Ist jemand da draußen? Spektrum Akademischer Verlag 2008 (Diskutiert –<br />

entgegen dem ursprünglicen Titel – die Chancen für Leben, nicht für Intelligenz.)<br />

– Michael E. Salla: US-Weltraumwaffen gegen Außerirdische? Nexus, Juni-Juli 200, 57-64<br />

– Ulrich Schnabel: Der schönste Ort. DIE ZEIT Nr. 7, 5.2.2009, S. 29<br />

– James Schombert (o.J.): Fermi’s Paradox (i.e. Where are they?)<br />

http://zebu.uoregon.edu/~js/cosmo/lectures/lec28.html,<br />

– Wikipedia deutsch: http://de.wikipedia.org/wiki/Fermi-Paradoxon,<br />

– noch ausführlicher englisch: http://en.wikipedia.org/wiki/Fermi_paradox<br />

– Wilhelm Selhus: Und <strong>sie</strong> waren doch da. Wissenschaftliche Beweise für Besuche aus dem All. Gütersloh:<br />

Bertelsmann 1975 (ein köstlicher Scherz)<br />

– Sarah Simpson: Wie alt sind die ersten Lebensspuren? Spektrum der Wissenschaft, April 2004, 70-<br />

77<br />

– George W. Swenson: Interstellare Verbindungen. Spektrum der Wissenschaft, Nov. 2000, 38-41<br />

– Frank J. Tipler: Extraterrestrial intelligent beings do not exist. (3 Beiträge) Quarterly Journal of the<br />

Royal Astronomical Society 21 (1980) 267-281, 22 (Juni 1981) 133, 22 (Sept. 1981) 279. Kurzfassung<br />

in Regis 1985, 133-150; noch kürzer in Physics Today (April 1981) 9, 70-71. Leserbriefe und<br />

Tiplers Antwort in: Physics Today (März 1982) 26-38<br />

– Rüdiger Vaas: Leben auf dem Mars? Naturwissenschaftliche Rundschau 49 (1996) 379-391<br />

– - -Außerirdische. Bild der Wissenschaft, Feb. 2002, 44-61<br />

– Gerhard <strong>Vollmer</strong>: Die vierte bis <strong>sie</strong>bte Kränkung des Menschen – Gehirn, Evolution und Menschenbild.<br />

In ders.: Auf der Suche nach der Ordnung. Stuttgart: Hirzel 1995, 43-59<br />

– Tobias Daniel Wabbel (Hg.): Leben im All. Positionen aus Naturwissenschaft, Philosophie und Theologie.<br />

Düsseldorf: Patmos 2005<br />

– Ulrich Walter: Zivilisationen im All. Sind wir allein im Universum? Heidelberg: Spektrum 1999<br />

– - -: Außerirdische und Astronauten. Heidelberg: Spektrum 2001<br />

– Peter D. Ward, Donald Brownlee: Unsere einsame Erde. Warum komplexes Leben im Universum<br />

unwahrscheinlich ist. Berlin: Springer 2001 (englisch 2000)<br />

– Stephen Webb: If the universe is teeming with aliens ... where is everybody? Fifty solutions to the<br />

Fermi paradox and the problem of extraterrestrial life. Berlin: Springer 2002<br />

– Michael W. Werner, Michael A. Jura: Planeten wo keine sein dürften. Spektrum der Wissenschaft,<br />

Oktober 2009, 24-31<br />

– Robert Zubrin, Richard Wagner: Unternehmen Mars. Der Plan, den Roten Planeten zu be<strong>sie</strong>deln.<br />

München: Heyne 1997, Taschenbuch 2002 (The case for Mars. The plan to settle the red planet and<br />

why we must. New York: Free Press 1996)<br />

© fowid / Erstellungsdatum / Fassung vom 02.10.2013 / sfe 28

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