pdf Datei zur Ansicht - Lehmkuhl
pdf Datei zur Ansicht - Lehmkuhl
pdf Datei zur Ansicht - Lehmkuhl
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
uchempfehlungen 12<br />
Buchhandlung <strong>Lehmkuhl</strong><br />
gabriel bornstein<br />
45 minuten bis ramallah<br />
Assoziation A, € 16<br />
Rafik, ein palästinensischer Israeli, der in Hamburg als<br />
Kellner sein Geld verdient, trifft <strong>zur</strong> Hochzeit seines<br />
Bruders nach langer Zeit wieder auf seine Familie in<br />
Ost-Jerusalem. Dieser gaukelt er vor, erfolgreicher Restaurantbesitzer<br />
zu sein. Enttäuscht über die Auswanderung<br />
seines Sohnes, redet Rafiks Vater schon seit langer<br />
Zeit nicht mehr mit ihm. Auf der Hochzeitsfeier kommt<br />
es zwischen den beiden zum Eklat, woraufhin der Vater<br />
an einem Herzinfarkt stirbt. Die eben <strong>zur</strong> Witwe gewordene<br />
Mutter fordert von ihren beiden Söhnen, den<br />
Leichnam nach Ramallah zu bringen, um den verstorbenen<br />
Vater in seiner Heimat zu beerdigen. Der lässige<br />
Frauenheld Rafik und sein neidischer Bruder Jamal, der<br />
immer vergeblich um die Gunst des Vaters buhlte, wollen<br />
diesen Wunsch trotz aller Widrigkeiten erfüllen. Damit<br />
beginnt eine Irrfahrt durch die Kontrollposten in<br />
Israel, die für zwei palästinensische Israelis auch ohne<br />
Leiche im Transporter unangenehm wäre.<br />
Gabriel Bornstein hat sein Drehbuch zu einem<br />
litera rischen Roadmovie umgeschrieben, der trotz seiner<br />
politischen Brisanz großes Vergnügen bereitet. Bei<br />
der Tragi komik der Schlamassel, in die beide geraten,<br />
weiß man oft nicht, ob man lachen oder verzweifeln<br />
soll. <br />
Georg Ottmann<br />
tad williams<br />
die dunklen gassen des himmels<br />
Klett-Cotta, € 22,95<br />
Fakt ist: Wenn wir sterben, streiten die Engel des Himmels<br />
und Dämonen der Hölle als Anwälte über unsere<br />
Seelen – so wurde es vor Urzeiten bestimmt. Eine höhere<br />
Macht entscheidet dann, wo unsere Seele landet.<br />
Bobby Dollar ist einer dieser Anwaltsengel, und in seiner<br />
Menschengestalt auf Erden drückt er sich gerne in<br />
Bars herum, und auch sonst genießt er ein recht relaxtes,<br />
manchmal auch leicht lasterhaftes Leben.<br />
Das ändert sich, als einer seiner verstorbenen Klienten<br />
verschwindet. Sowohl die Mächte der Hölle als auch<br />
des Himmels sind alarmiert und beschuldigen sich gegenseitig.<br />
Bricht ein neuer Krieg zwischen den Mächten<br />
aus? Bobby Dollar sitzt mitten im Kreuzfeuer und hat<br />
keine Lust, als Marionette benutzt zu werden. Er geht<br />
der Sache selbst auf den Grund …<br />
Tad Williams legt hier den ersten Teil seiner neuen<br />
Fantasy-Trilogie vor. Kraft eines abgeschlossenen Endes<br />
wartet das Buch mit offenen Fragen auf. Es führt uns in<br />
unsere (scheinbar bekannte) Welt zwischen Himmel<br />
und Hölle, durch die uns der Autor amüsant, spannend<br />
und teils actionreich leitet. Düster, teils philosophische,<br />
humoreske Fantasy mit neuen Ideen – und für Erwachsene<br />
… <br />
Mark Sienholz<br />
sharon bolton<br />
dead end<br />
Manhattan, € 14,99<br />
Selbstmorde junger Frauen in Cambridge rufen Detective<br />
Inspector Mark Joesbury auf den Plan, der seine<br />
Kollegin Lacey Flint undercover in die Unversitätsstadt<br />
schickt, um die Lage dort zu beobachten – nur zu beobachten.<br />
Doch Lacey, angestachelt von zahlreichen Merkwürdigkeiten,<br />
gräbt neugierig tiefer und tiefer in den<br />
Selbstmordfällen – bis auch sie selbst eine unheimliche<br />
Angst um ihr Leben befällt. Mit spannungsaufbauenden<br />
Handlungswechseln und einer immer bedrohlicher<br />
werdenden, aber nicht zu fassenden dunklen Atmosphäre<br />
präsentiert Sharon Bolton hier einen exzellenten<br />
Psycho-Thriller, der mit ein paar Überraschungen und<br />
zudem mit einer schlüssigen Auflösung in einem dramatischen<br />
Finale endet. Auch zu empfehlen: der Vorgängerroman<br />
»Dunkle Gebete«, ebenfalls mit den Ermittlern<br />
Mark Joesbury und Lacey Flint. <br />
Mark Sienholz<br />
biographien<br />
giuseppe fiori<br />
das leben das antonio gramsci.<br />
eine biographie<br />
Rotbuch, € 24,99<br />
Eine 1966 verfasste und 1991 an neue Quellen angepasste<br />
Biographie, die im Jahr 2013 neu erscheint, muss entweder<br />
die einzige zu ihrer Bezugsperson oder von einer<br />
über die Zeit erhabenen Qualität sein. Tatsächlich vereint<br />
die vorliegende Gramsci-Biographie von Giuseppe<br />
Fiori wohl beides. Denn hier wird behutsam das Leben<br />
eines Menschen beschrieben, dessen Werk zu Lebzeiten<br />
die eigenen Gefängnismauern zwar nicht niederwerfen<br />
konnte, doch posthum die Mauern in den Köpfen vieler<br />
Menschen ins Wanken gebracht haben mag. Dessen<br />
feinsinniges Bemühen um die Kultur dem Kommunismus<br />
einen Weg aus der Schlinge Stalins weist, für dessen<br />
geistiges Erbe im Vorwort der Ausdruck des »humanistischen<br />
Kommunismus« bemüht wird. Doch die inhaltliche<br />
Auseinandersetzung mit den Gefängnisheften<br />
ist nicht Hauptaugenmerk dieses Buches, vielmehr wird<br />
in narrativer Sprache von der Person erzählt, dessen<br />
Kopf sie entsprangen. Nicht zuletzt wegen der vielen<br />
Einschübe aus Briefen Gramscis und Berichten seiner<br />
Zeitgenossen wird ein immer besser konturiertes Bild<br />
eines Menschen entworfen, der bereits als Kind die Isolation<br />
eines verkrüppelten Körpers kennen lernte, deren<br />
Erbe später eine psychische Isolation in Turin und<br />
letztlich eine gesellschaftliche im Gefängnis antreten<br />
wird. Der darüber allerdings auch nie seine positive<br />
Sicht auf den Menschen verliert und dessen Aussagen<br />
wie »Man muss nüchterne, geduldige Menschen schaffen,<br />
die nicht verzweifeln angesichts der schlimmsten<br />
Schrecken und sich nicht an jeder Dummheit begeistern.<br />
Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens«<br />
auch heutzutage nichts von ihrer Gültigkeit eingebüßt<br />
haben. <br />
Baptist Gabriel<br />
konrad o. bernheimer:<br />
narwalzahn und alte meister.<br />
aus dem leben einer kunsthändler-dynastie<br />
Hoffmann und Campe, € 25, –<br />
Dieses Buch müsste eigentlich jeden Münchner interessieren:<br />
Konrad O. Bernheimer erzählt die Geschichte<br />
seiner Familie, die seit dem 19. Jahrhundert in München<br />
ansässig ist und das weltbekannte Kunsthandelshaus<br />
Bernheimer aufgebaut hat. Mut, Geschmack und Kunstbesessenheit<br />
haben die Vorfahren Lehmann und Otto<br />
Bernheimer ausgezeichnet. So konnte aus einem Verkaufsstand<br />
auf der »Dult« bis Mitte des 20. Jahrhunderts<br />
eine blühende, international agierende und wirtschaftlich<br />
außergewöhnlich erfolgreiche Kunsthandlung entstehen.<br />
Die Nazis nahmen auch dieser jüdischen Familie<br />
alles: Verfolgt und in das Konzentrationslager Dachau<br />
geschickt, ist es nur einer glücklichen Fügung zu<br />
verdanken, dass die Mitglieder der Familie Bernheimer<br />
diesen Ort des Schreckens wieder verlassen konnten.<br />
Der mexikanische Staatspräsident hatte interveniert<br />
und seinen deutschen Honorarkonsul Otto Bernheimer<br />
nach Südamerika geholt. Man war persönlich gerettet –<br />
das immense Vermögen, die Immobilien und Kunstschätze<br />
jedoch waren vorerst verloren. Um so eindrucksvoller<br />
ist der nach 1945 folgende erneute Aufstieg dieses<br />
heute an der Weltspitze agierenden Kunsthauses. Konrad<br />
Bernheimer gilt mit seiner Galerie in London und<br />
München, Brienner Straße, als einer der bedeutendsten<br />
Händler für Alte Meister. Seine sehr anschaulich und<br />
vital erzählte Familiengeschichte ist dabei auch ein Portrait<br />
des internationalen Kunsthandels. Für Freunde der<br />
Kunst ein echtes Muss! <br />
Mechthild Heinen<br />
iris radisch<br />
camus. das ideal der einfachheit<br />
Rowohlt Verlag, € 19,95<br />
Albert Camus wurde am 7. November 1913 geboren. Aus<br />
Anlass seines 100. Geburtstages erreichten uns in diesem<br />
Bücherherbst bemerkenswerte Neuerscheinungen,<br />
die Leben und Werk des Autors mit großer Kennerschaft<br />
und unter verschiedenen Blickwinkeln beschreiben.<br />
Dabei ist Iris Radisch, die durch ihre Arbeit als<br />
Literaturjournalistin bei der »Zeit« bekannt ist, eine besonders<br />
lesenswerte, lebendige Biographie gelungen,<br />
die auch für alle »Camus-Kenner« Interessantes zu bieten<br />
hat. Radisch geht chronologisch vor und stellt dabei<br />
ihren Kapiteln die zehn Lieblingsworte des Autors voran,<br />
die er 1951 in seinem Tagebuch aufgeführt hat: Mutter,<br />
Sommer, Schmerz, Meer, Elend, Welt, Ehre, Menschen,<br />
Erde und Wüste. Das Leben und Werk von Albert<br />
Camus lässt sich tatsächlich mit diesen Vokabeln umschreiben.<br />
Mit aktueller biographischer Recherche – beispielsweise<br />
zu Camus’ Kindern und der Freundschaft<br />
zu dem Dichter René Char – kann Iris Radisch deutlich<br />
machen, dass Camus zeitlebens nach dem »Ideal der<br />
Einfachheit« strebte. Vielleicht macht gerade diese Maxime<br />
die Lektüre seiner Werke für uns heute so modern,<br />
poetisch und philosophisch zugleich. <br />
Mechthild Heinen<br />
buchempfehlungen 13<br />
Buchhandlung <strong>Lehmkuhl</strong>