Dokument 1.pdf - RWTH Aachen University
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Wolfgang Dott,<br />
Kai Lehnberg<br />
Wasser filtern mit einem Sieb<br />
THEMEN 1/2009<br />
Für die meisten <strong>Aachen</strong>er ist<br />
der Gang zur Toilette ein simples<br />
Geschäft – und die Sache<br />
ist nach dem obligatorischen<br />
Händewaschen schnell vergessen.<br />
Den wenigsten ist allerdings<br />
bewusst, welche „High-<br />
Tech“ sich anschließend um ihre<br />
Hinterlassenschaften kümmert.<br />
Vom Kanalsystem, das<br />
aufwändig konstruiert werden<br />
muss, damit es zuverlässig bei<br />
wenig Wasser aber auch bei<br />
Starkregen funktioniert, bis hin<br />
zur Kläranlage, die völlig verschiedene<br />
Stoffe in unterschiedlichsten<br />
Konzentrationen<br />
möglichst kostengünstig entfernen<br />
soll.<br />
Von den im 3. Jahrtausend<br />
vor Christi Geburt in Mesopotamien<br />
zur Ableitung von Abwasser<br />
aus Siedlungsgebieten<br />
benutzten offenen Gräben,<br />
über die im 6. Jahrhundert vor<br />
Christus gebaute Cloaca Maxima<br />
in Rom, bis zum ersten Kanalnetz<br />
der Neuzeit in Wien,<br />
erbaut 1739, war Abwasserbe-<br />
So entschied man in Berlin erstmals<br />
1876, die Abwässer nicht<br />
wie bisher in die umliegenden<br />
Gewässer zu leiten, sondern<br />
diese auf Rieselfelder aufzubringen<br />
und die Bodenpassage<br />
des Wassers zur Reinigung zu<br />
nutzen.<br />
Adsorption als<br />
Reinigungsmechanismus<br />
Seit der Einführung der Rieselfelder<br />
bis heute werden Kläranlagen<br />
immer komplexer. Sie<br />
verwenden inzwischen eine<br />
Kombination unterschiedlichster<br />
Mechanismen, um das Abwasser<br />
von unerwünschten Inhaltsstoffen<br />
zu befreien, siehe Bild<br />
1. Und obwohl Kläranlagen<br />
schon hoch effizient arbeiten,<br />
besteht immer noch – auch<br />
aufgrund der zunehmenden<br />
Zahl an chemischen Verunreinigungen<br />
– Forschungsbedarf<br />
und viele der reinigenden Mechanismen<br />
sind immer noch<br />
nicht völlig verstanden. Einer<br />
der Mechanismen, der am Insti-<br />
nigt. Die zurückgehaltenen<br />
Stoffe können dann, so immobilisiert,<br />
im Idealfall abgebaut<br />
oder gar mineralisiert werden.<br />
Nach dem 2. Weltkrieg optimierte<br />
man die Abwasserreinigung,<br />
da die wachsende Bevölkerung<br />
- trotz durch Rieselfelder<br />
oder Fischteiche gereinigtem<br />
Abwasser - die Selbstreinigungskräfte<br />
der Gewässer<br />
überforderte. Es wurde eine so<br />
genannte biologische Reinigungsstufe<br />
den rein mechanischen<br />
Verfahren wie Rechen<br />
oder Sandfiltration nachgeschaltet.<br />
Die biologische Reinigung<br />
erfolgt in einem Belebtschlammbecken,<br />
in dem das<br />
Abwasser mit Flocken aus Bakterien<br />
und Protozoen vermischt<br />
wird. Diese Mikroorganismen<br />
verwenden die im Abwasser<br />
vorhandenen anorganischen<br />
und organischen Nährstoffe,<br />
um weitere Biomasseflocken zu<br />
bilden. Die Flocken bestehen<br />
jedoch nur zu einem Teil aus<br />
46<br />
Bild 1: Reinigungsmechanismen<br />
in der<br />
Abwasseraufbereitung.<br />
handlung zumeist lediglich ein<br />
Abführen der Abwässer in nahe<br />
Oberflächengewässer. Erst die<br />
Cholera- und Typhusepidemien<br />
in Wien, London und Hamburg<br />
im 19. Jahrhundert, die der<br />
Londoner Arzt John Snow in<br />
Zusammenhang mit durch Abwasser<br />
verschmutztem Oberflächen-<br />
beziehungsweise Brunnenwasser<br />
brachte, führten zu<br />
der Erkenntnis, dass nicht nur<br />
eine flächendeckende Abwasserkanalisation<br />
sondern auch<br />
eine Abwasserbehandlung notwendig<br />
sei, um solch verheerende<br />
Epidemien zu verhindern.<br />
tut für Hygiene und Umweltmedizin<br />
weiter untersucht wird,<br />
ist die Adsorption – die Anreicherung<br />
von Stoffen aus Flüssigkeiten<br />
an der Oberfläche eines<br />
Festkörpers. Schon die Rieselfelder<br />
setzten neben der Filtration<br />
zu einem großen Teil<br />
auf die Adsorption als reinigenden<br />
Mechanismus. Auf diese<br />
Art werden viele Nährstoffe<br />
und andere Bestandteile, die<br />
kleiner sind als die Bodenporen,<br />
durch Adsorption im Boden<br />
festgehalten. Das Wasser wird<br />
also trotz der großen Poren, einem<br />
Sieb vergleichbar, gerei-<br />
den Mikroorganismen selbst,<br />
der Rest besteht aus so genannten<br />
extrazellulären polymeren<br />
Substanzen, also Stoffen,<br />
die die Organismen als<br />
Vorratsspeicher aber vor allen<br />
Dingen als Schutzwall um sich<br />
herum anlagern, siehe Bild 2.<br />
Eine wichtige Gruppe innerhalb<br />
dieser Substanzen sind die Huminsäuren,<br />
bekannt für ihre<br />
bräunliche Färbung des Wassers<br />
zum Beispiel bei Moorseen.<br />
Biomasseflocken adsorbieren<br />
auch diejenigen Substanzen,<br />
die nicht abgebaut werden.<br />
Folglich ist auch hier die Ad-