VDOE-Jahrestagung 2013 „40 Jahre VDOE-Erfahrung für die ...
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<strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> <strong>„40</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>VDOE</strong>-<strong>Erfahrung</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Zukunft: Märkte, Macher, Trends und Themen“<br />
in Kooperation mit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Institut <strong>für</strong><br />
Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften, Prof. Dr. Peter Stehle<br />
Abstracts/Vorträge:<br />
• Dipl. ing. agr. Bernhard Kühnle, Abteilungsleiter MinDir Bundesministerium <strong>für</strong><br />
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)<br />
Fachvortrag: Gesund genießen ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit<br />
• Marnie Bammert, Deputy Director Europe bei Marine Stewardship Council (MSC)<br />
Impuls: MSC – das Siegel <strong>für</strong> nachhaltigen Fischfang<br />
• Ursula Horzetzky, Leiterin des Referats „Ernährungspolitik, Ernährungsinformation“ des<br />
Bundesministeriums <strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)<br />
Impuls: IN FORM motiviert zu gesunder Lebensweise – auch im Sinne der<br />
Nachhaltigkeit<br />
• Dr. Sabine Eichner, Geschäftsführerin des Deutschen Tiefkühlinstituts e.V.<br />
Impuls: Nachhaltigkeit in der Tiefkühlwirtschaft – Das Beispiel Klimabilanz<br />
• Rainer Roehl, Gründer und Geschäftsführer von a’verdis<br />
Impuls: Auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Profiküche – Praktisches<br />
Nachhaltigkeitsmanagement in der Außer-Haus-Verpflegung<br />
• Dr. Angela Häußler, Akademische Rätin am Lehrstuhl <strong>für</strong> Wirtschaftslehre<br />
des Privathaushalts und Familienwissenschaft an der JLU Gießen<br />
Impuls: Nachhaltig und gesund zuhause – Wie kann <strong>die</strong> Umsetzung einer guten<br />
Ernährungsweise gelingen?<br />
• Ilse Buchgraber, Dipl. Oecotrophologin, Unternehmens- und Demografieberaterin<br />
Workshop: „…und wer soll in Zukunft <strong>die</strong> Arbeit machen?“ Nachhaltiges<br />
Personalmanagement im demografischen Wandel<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 1 von 16
Dipl. ing. agr. Bernhard Kühnle<br />
Abteilungsleiter MinDir Bundesministerium <strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft und<br />
Verbraucherschutz<br />
Zur Person<br />
Bernhard Kühnle absolvierte sein Studium der Agrarwissenschaften (Fachrichtung<br />
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften) an der Universität Bonn, wo er 1988 seinen<br />
Abschluss machte. Von 1990 bis 1994 war er Geschäftsführer beim Bundesverband „Die<br />
VERBRAUCHER INITIATIVE e.V.“. Von 1994 bis 1997 arbeitete er bei NABU (Naturschutzbund<br />
Deutschland e.V.) als Abteilungsleiter. 1997 wechselte er zur Umweltstiftung WWF-<br />
Deutschland. Im Dezember 2000 übernahm er <strong>die</strong> Leitung der Abteilung Verbraucherschutz<br />
und Veterinärmedizin im Bundesministerium <strong>für</strong> Gesundheit. Seit April 2001 ist er Leiter der<br />
Abteilung Ernährung, Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit im Bundesministerium <strong>für</strong><br />
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.<br />
Gesund genießen ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit<br />
„Gesund genießen ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit“ - ist das realistisch? Können wir<br />
Individualinteressen („gesund genießen“) und Interessen des Gemeinwohls („Nachhaltigkeit“)<br />
gleichermaßen befriedigen? Die Frage ist einerseits vor dem Hintergrund der globalen<br />
Ernährungslage und andererseits hinsichtlich des Ernährungsstatus in Deutschland und<br />
Europa zu erörtern. Der Welternährungsbericht <strong>2013</strong> der FAO stellt fest:<br />
Während <strong>die</strong> Zahl der weltweit Unterernährten sinkt, hat sich <strong>die</strong> Anzahl der Übergewichtigen<br />
seit 1990 verdoppelt.<br />
868 Millionen Menschen (12,5 Prozent der Weltbevölkerung) sind unterernährt; bei der<br />
ersten Veröffentlichung des Welternährungsberichtes 1947 war noch <strong>die</strong> Hälfte der<br />
Weltbevölkerung unterernährt.<br />
In Deutschland und Europa ist - historisch einmalig - nicht mehr Mangel, sondern Überfluss<br />
<strong>die</strong> zentrale Herausforderung <strong>für</strong> das Ernährungsverhalten des Einzelnen. Die steigende<br />
Zahl übergewichtiger Menschen zeigt, dass Energiezufuhr und Energieverbrauch aus dem<br />
Gleichgewicht geraten sind. Daraus ergeben sich negative Implikationen sowohl <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
individuelle Gesundheit als auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesellschaft insgesamt durch steigende<br />
Gesundheitskosten. Hinzu kommt, dass erhebliche Mengen an Lebensmitteln weggeworfen<br />
werden – damit wird nicht nur Nahrung verschwendet, sondern auch Ressourcen und<br />
Energie, <strong>die</strong> zu ihrer Erzeugung aufgewandt wurden.<br />
Das Bundesernährungsministerium arbeitet intensiv daran, <strong>die</strong> Nachhaltigkeit immer stärker<br />
zum Maßstab der Erzeugung und des Konsums von Lebensmitteln zu machen. Auf<br />
nationaler Ebene ist „IN FORM – Deutschlands Initiative <strong>für</strong> gesunde Ernährung und mehr<br />
Bewegung“ das zentrale Instrument; auf internationaler Ebene nutzen wir z.B. das „Global<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 2 von 16
Forum for Food and Agriculture“ (GFFA), um nachhaltige Ernährungssicherung weltweit zu<br />
thematisieren. Aber nicht nur <strong>die</strong> Bundesregierung, sondern alle gesellschaftlichen Gruppen<br />
sind aufgefordert, ihren spezifischen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung im Bereich<br />
Ernährung zu leisten.<br />
Insofern danke ich dem Berufsstand der Ökotrophologinnen und Ökotrophologen <strong>für</strong> ihr 40-<br />
jähriges, kompetentes Engagement. Sie sind <strong>für</strong> uns <strong>die</strong> unverzichtbaren Vorreiterinnen und<br />
Vorreiter in Fragen der gesunden Ernährung, denn auf Ihre Expertise stützen wir unsere<br />
politischen Entscheidungen.<br />
Ich wünsche uns allen, dass wir mit gesundem Genießen einem nachhaltigen Lebensstil ein<br />
Stück weit näher kommen.<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 3 von 16
Marnie Bammert<br />
Deputy Director Europe bei Marine Stewardship Council (MSC)<br />
Zur Person<br />
Marnie Bammert ist seit Herbst 2005 <strong>für</strong> den MSC tätig. Im April 2008 hat sie den Hauptsitz<br />
der Organisation in London verlassen, um von Berlin aus <strong>die</strong> Aktivitäten des MSC in<br />
Deutschland, der Schweiz und Österreich zu leiten. Zuvor arbeitete sie sechs <strong>Jahre</strong> in der<br />
Kommunikationsabteilung einer Münchener Rating-Agentur, <strong>die</strong> Umwelt- und Sozialanalysen<br />
von Unternehmen <strong>für</strong> nachhaltige Investmentprodukte erstellt. Marnie Bammert hat an der<br />
Universität zu Trier Angewandte Geographie, Betriebswirtschaft und Spanisch stu<strong>die</strong>rt.<br />
MSC – das Siegel <strong>für</strong> nachhaltigen Fischfang<br />
Viele Fischbestände in unseren Meeren nehmen seit <strong>Jahre</strong>n ab. Ihnen wird soviel Fisch<br />
entnommen, dass der Bestand nicht mehr auf einem hohen Niveau gehalten werden kann.<br />
Setzt sich <strong>die</strong>ser Trend unvermindert fort, müssen wir vielleicht bald auf beliebte Fischarten<br />
verzichten. Doch nicht nur Speisefische stehen auf dem Spiel. Weltweit hängen Millionen<br />
von Arbeitsplätzen vom Fischfang ab. Der Rückgang von Fischbeständen ist also ein<br />
Problem, das uns alle angeht.<br />
Verbraucher können über den gezielten Kauf von Fisch mit dem blauen MSC-Siegel einen<br />
Beitrag dazu leisten, <strong>die</strong> Situation in unseren Meeren zu verbessern. MSC steht <strong>für</strong> den<br />
englischen Namen „Marine Stewardship Council“, was übersetzt soviel wie „Rat zur<br />
Bewahrung der Meere“ bedeutet. Der MSC wurde 1997 von der Umweltorganisation WWF<br />
und dem Lebensmittelkonzern Unilever gegründet und ist seit 1999 eine unabhängige und<br />
gemeinnützige Einrichtung. Gemeinsam mit Wissenschaftlern, Fischereiexperten und<br />
Umweltschützern hat der MSC einen Umweltstandard <strong>für</strong> <strong>die</strong> Beurteilung von Fischereien<br />
entwickelt. Das blaue MSC-Siegel wird nur an Fischereibetriebe verliehen, <strong>die</strong> dem strengen<br />
MSC-Standard gerecht werden. Zertifizierte Fischer sorgen da<strong>für</strong>, dass ausreichend Fisch<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Zukunft vorhanden ist, dass Meeressäuger und Wasservögel geschützt werden und<br />
dass <strong>die</strong> Vielfalt und Produktivität der Lebensräume im Meer erhalten bleiben.<br />
Im Rahmen einer freiwilligen Prüfung müssen <strong>die</strong> Fischereien zeigen, dass sie <strong>die</strong>se<br />
Kriterien erfüllen. Die Bewertung wird von unabhängigen Prüfern gemeinsam mit<br />
wissenschaftlichen Experten unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt. Eine solche<br />
Bewertung dauert im Schnitt 18 Monate und 30 % der interessierten Fischereien scheiden<br />
bereits bei einer Vorprüfung aus. Fast alle Fischereien, <strong>die</strong> den Mindestanforderungen des<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 4 von 16
MSC-Standards gerecht werden und als nachhaltig zertifiziert werden können, haben noch<br />
Raum <strong>für</strong> Verbesserungen und bekommen Auflagen mit auf den Weg. Diese müssen sie<br />
innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens umsetzen, um weiterhin zertifiziert zu bleiben<br />
und noch nachhaltiger zu werden. Diese Auflagen haben schon zu vielen beachtlichen<br />
Verbesserungen geführt: Zum Beispiel hat <strong>die</strong> Fischerei auf Schwarzen Seehecht in<br />
Südgeorgien Korallen geschützt und illegale Fischerei ausgeschlossen, <strong>die</strong> Hokifischerei in<br />
Neuseeland hat ihre Bestände wieder aufgebaut und <strong>die</strong> Fischerei auf Seehecht in Südafrika<br />
hat den Beifang an Albatrossen um 80 % reduziert.<br />
Damit Käufer sicher sein können, dass in einem Produkt mit MSC-Siegel auch wirklich<br />
umweltverträglich gefangener Fisch enthalten ist, müssen nicht nur Fischereien sondern<br />
auch alle Unternehmen, <strong>die</strong> den Fisch weiter verarbeiten, zertifiziert sein. Sie müssen den<br />
zweiten Standard des MSC einhalten, den Rückverfolgbarkeits-Standard, und zeigen<br />
können, dass es nicht zu Vermischen oder Vertauschen von MSC-zertifiziertem und<br />
anderem Fisch kommt.<br />
In Deutschland ist das MSC-Siegel inzwischen weit verbreitet und auf über 5.000 Artikeln im<br />
Groß- und Einzelhandel zu finden. Viele bekannte Marken und Händler haben Produkte mit<br />
MSC-Siegel in ihr Sortiment aufgenommen. Im Einzelhandel sind <strong>die</strong>se vor allem in der<br />
Tiefkühltruhe, bei den Marinaden und im Kühlregal zu finden und enthalten zum Beispiel<br />
Hering, Alaska Seelachs, Wildlachs, Kabeljau oder Dorsch, Scholle, Garnelen und Tunfisch.<br />
Fisch und Meeresfrüchte sind überaus gesunde Nahrungsmittel, <strong>die</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> kommenden<br />
Generationen erhalten bleiben sollten. Oecotrophologen beraten Verbraucher und<br />
Unternehmen in Sachen Ernährung und können einen wichtigen Beitrag zu einem umweltund<br />
zukunftsbewussten Fischkonsum leisten. Der MSC hat eine Broschüre speziell <strong>für</strong><br />
Oecotrophologen erstellt, <strong>die</strong> neben anderen interessanten Materialien auf unserer Website<br />
unter http://www.msc.org/publikationen/allgemeine-informationen zum Download bereit steht.<br />
Wir freuen uns über Ihre Unterstützung!<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 5 von 16
Ursula Horzetzky<br />
Referatsleiterin, Bundesministerium <strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft und<br />
Verbraucherschutz<br />
Zur Person<br />
Ursula Horzetzky ist Oecotrophologin und leitet das Referat „Ernährungspolitik,<br />
Ernährungsinformation“ des Bundesministeriums <strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft und<br />
Verbraucherschutz.<br />
IN FORM motiviert zu gesunder Lebensweise – auch im Sinne der Nachhaltigkeit<br />
Unter der Überschrift „Nachhaltiger Teller“ will das heutige Forum Strategien <strong>für</strong> gesunde<br />
Ernährung und verantwortungsvolles Handeln zu bündeln. Das begrüße ich sehr. Denn zum<br />
einen wird der Begriff „Nachhaltigkeit“ inzwischen so vielfältig, um nicht zu sagen ausufernd,<br />
verwendet, dass eine präzise Begriffsbeschreibung häufig schwierig ist. Zum anderen erfährt<br />
der Begriff „nachhaltige Ernährung“ inzwischen in der öffentlichen Diskussion häufig eine<br />
Bedeutungsverengung hin zu den Schwerpunkten „Klimaschutz“ und evtl. noch<br />
„Welternährung“. Deshalb zu Beginn gleich eine Definition dessen, was wir im Rahmen von<br />
IN FORM unter Nachhaltigkeit in der Ernährung verstehen. Nachhaltigkeit in der Ernährung<br />
bedeutet <strong>für</strong> uns: Die Menschen darin zu unterstützen, sich gesund und ausgewogen zu<br />
ernähren und so ernährungsmitbedingte Krankheiten und dadurch verursachte Folgekosten<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesellschaft zu minimieren.<br />
In <strong>die</strong>sem Sinne verstehen wir unter Nachhaltigkeit vor allem den sorgfältigen und<br />
verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen.<br />
Mit den individuellen, ganz persönlichen Ressourcen ebenso wie mit denen der ganzen<br />
Gesellschaft. In <strong>die</strong>sem Sinne sind <strong>die</strong> IN FORM-Aktivitäten ein wichtiger Beitrag zur<br />
Nachhaltigkeit. Deshalb ist ein wesentliches Ziel unseres Aktionsplans, durch Bündelung von<br />
Aktivitäten und Nutzung von Synergieeffekten Ressourcen im Sinne von Ideen, Kreativität<br />
oder Organisationstalent bestmöglich einzusetzen. Dazu <strong>die</strong>nt das zentrale Dach IN FORM.<br />
Hier werden gute Ansätze und Initiativen identifiziert, vernetzt, gebündelt und bekannt<br />
gemacht. Multiplikatorinnen und Multiplikatoren werden darüber informiert und häufig auch<br />
entsprechend fortgebildet.<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 6 von 16
Ein besonders erfolgreiches Beispiel in <strong>die</strong>sem Zusammenhang ist das IN FORM-Projekt<br />
„Gesund ins Leben – Netzwerk Junge Familie“. In der Vergangenheit sahen sich junge<br />
Familien häufig mit widersprüchlichen Empfehlungen von Hebammen, Frauen- und<br />
Kinderärzten konfrontiert. Diese Berufsgruppen haben sich in Zusammenarbeit mit einem<br />
wissenschaftlichen Beirat inzwischen im Rahmen des Netzwerks auf einheitliche<br />
Handlungsempfehlungen verständigt – ein europaweit bisher einmaliger Fortschritt. Die<br />
Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> Schwangerschaft, Stillzeit und <strong>die</strong> Säuglingsernährung liegen<br />
bereits vor, <strong>die</strong> <strong>für</strong> das Kleinkindalter werden gerade erarbeitet. Über zielgruppengerechte<br />
Veröffentlichungen und Multiplikatorenfortbildungen werden sie in <strong>die</strong> Breite getragen. Rund<br />
300 Akteure, Verbände und Organisationen sind in das Netzwerk eingebunden und tragen<br />
zur Verbreitung der Handlungsempfehlungen bei. Gleichzeitig unterziehen wir <strong>die</strong> Netzwerk-<br />
Empfehlungen auf kommunaler Ebene einem „Praxistest“ – und zwar mit dem IN FORM-<br />
Projekt „9 + 12 – gemeinsam gesund in Schwangerschaft und erstem Lebensjahr“, das <strong>die</strong><br />
Plattform Ernährung und Bewegung durchgeführt. Dabei werden in der Modellregion<br />
Ludwigsburg <strong>die</strong> Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft und im ersten<br />
Lebensjahr, <strong>die</strong> bisher in erster Linie der Krankheitsfrüherkennung <strong>die</strong>nten, <strong>für</strong> präventive<br />
Beratungen der jungen Familien genutzt. Es wird in erprobt und evaluiert, ob und wie <strong>die</strong><br />
Handlungsempfehlungen <strong>die</strong> jungen Familien erreichen und auch tatsächlich umgesetzt<br />
werden. Ergänzend werden hierbei auch Empfehlungen zum Bewegungsverhalten<br />
berücksichtigt.<br />
Als weiteres Beispiel möchte ich <strong>die</strong> Vernetzung der Aktivitäten auf Bundes- und auf<br />
Landesebene nennen. Die Verabschiedung unseres Aktionsplans durch das Bundeskabinett<br />
hat in vielen Ländern den Anstoß zur Entwicklung oder Erweiterung eigener Aktivitäten<br />
gegeben. Auf den entsprechenden Internetseiten der Länder werden Sie eine Vielzahl von<br />
Aktivitäten zur Förderung von gesunder Ernährung und mehr Bewegung finden. Regelmäßig,<br />
mindestens zwei Mal im Jahr, tauschen wir uns mit den Kolleginnen und Kollegen aus den<br />
Ländern über unsere jeweiligen Aktivitäten aus und treffen entsprechende Absprachen.<br />
Darüber hinaus haben wir im Sinne der Verhältnisprävention dauerhafte Angebote entwickelt<br />
und Strukturen geschaffen, <strong>die</strong> gesundheitsförderliches Verhalten erleichtern.<br />
Inzwischen nehmen mehr als 40 Prozent der Bevölkerung täglich mindestens eine Mahlzeit<br />
außer Haus ein – mit deutlich zunehmender Tendenz. Damit dort <strong>die</strong> gesunde Wahl<br />
überhaupt erst möglich oder – besser noch – erleichtert wird, hat <strong>die</strong> DGE im Rahmen von IN<br />
FORM Qualitätsstandards <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gemeinschaftsverpflegung entwickelt. Und zwar von der<br />
Kita, über Schule und Unternehmen bis hin zur Senioreneinrichtung, <strong>für</strong> das „Essen auf<br />
Rädern“ sowie <strong>für</strong> Krankenhaus und Reha-Einrichtungen. Damit gibt es jetzt erstmals<br />
bundesweite und allgemein anerkannte Standards <strong>für</strong> eine ausgewogene Ernährung in der<br />
Gemeinschaftsverpflegung. Und damit eine dauerhafte Richtschnur <strong>für</strong> alle, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>sem<br />
Bereich tätig sind. Dies spielt eine besonders große Rolle im Rahmen der Schulverpflegung.<br />
Durch <strong>die</strong> kontinuierliche Zunahme von Ganztagsschulen sowie von Nachmittagsunterricht<br />
stehen viele Schulen und Schulträger vor der – insbesondere in Westdeutschland – neuen<br />
Aufgabe, sich um <strong>die</strong> Schulverpflegung kümmern zu müssen. Um sie hierbei zu unterstützen<br />
und dabei immer auch zugleich <strong>die</strong> Erfordernisse der Ernährungsbildung mit zu<br />
thematisieren, wurden im Rahmen von IN FORM bundesweit in Zusammenarbeit von Bund<br />
und Ländern <strong>die</strong> Vernetzungsstellen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Schulverpflegung eingerichtet. Sie stoßen überall<br />
auf große Zustimmung, wie nicht zuletzt im November 2011 eine Anhörung vor dem<br />
Deutschen Bundestag deutlich gemacht hat. Ihr Engagement hat inzwischen auch in den<br />
ersten Ländern zu verbindlichen Regelungen zur Einhaltung des Qualitätsstandards in der<br />
Schulverpflegung beigetragen. In Berlin werden ab <strong>die</strong>sem Schuljahr alle Grundschulkinder<br />
mittags so verpflegt, wie es der DGE-Standard definiert. Und im Saarland ist <strong>die</strong> Verpflegung<br />
nach dem DGE-Standard <strong>für</strong> Ganztagsschulen mittlerweile eine Voraussetzung <strong>für</strong> den<br />
Erhalt von zusätzlichen Fördermitteln. Dies war im Übrigen nur möglich durch eine enge<br />
Zusammenarbeit zwischen dem Ernährungs- und dem Kultusbereich in den Ländern. Wer<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 7 von 16
sich an <strong>die</strong> gepflegte Sprachlosigkeit, <strong>die</strong> zwischen <strong>die</strong>sen Bereichen in der Vergangenheit<br />
häufig herrschte, erinnert, wird <strong>die</strong> enormen Fortschritte, <strong>die</strong> hier in den vergangenen 5<br />
<strong>Jahre</strong>n erreicht wurden, ermessen können.<br />
Lassen Sie mich noch ein weiteres Beispiel <strong>für</strong> gelungene Vernetzung und damit<br />
nachhaltigen Einsatz von Ressourcen vorstellen: Nicht zuletzt auch aufgrund des deutschen<br />
Engagements beinhaltet das EU-Schulobstprogramm <strong>die</strong> zwingende Begleitung durch<br />
Aktivitäten der Ernährungsbildung. Es hat sich gezeigt, dass <strong>die</strong> begleitenden<br />
pädagogischen Maßnahmen ein wesentlicher Erfolgsfaktor des EU-Schulobstprogramms<br />
sind. Von den Ländern werden im Rahmen <strong>die</strong>ser Ernährungsbildung Materialien eingesetzt,<br />
<strong>die</strong> mit BMELV-Förderung erarbeitet oder verbreitet wurden, wie z.B. der<br />
Ernährungsführerschein oder andere Publikationen des aid. Auch <strong>die</strong> Vernetzungsstellen<br />
Schulverpflegung sind in einigen Ländern in <strong>die</strong>se Aktivität eingebunden.<br />
Nachhaltiger Einsatz von Ressourcen beinhaltet <strong>für</strong> uns auch: Kriterien <strong>für</strong> <strong>die</strong> Qualität von<br />
Präventionsprojekten erarbeiten und <strong>die</strong> Einhaltung <strong>die</strong>ser Kriterien einfordern. Die von<br />
Herrn Kühnle bereits erwähnte Evaluation unseres Modellprojekts „Besser essen. Mehr<br />
bewegen. Prävention von Übergewicht bei Kindern“ hat u.a. ergeben, dass Erkenntnisse, <strong>die</strong><br />
denjenigen, <strong>die</strong> schon länger in der Prävention tätig sind, als völlig selbstverständlich<br />
erscheinen, bei manchen, <strong>die</strong> Projekte planen, offensichtlich noch nicht angekommen sind.<br />
Ein Beispiel: Einmalige Aktionen sind nicht dazu geeignet, das Ernährungsverhalten<br />
dauerhaft zu verändern – werden aber offensichtlich gerne durchgeführt. Aufbauend auf<br />
derartigen Erkenntnissen hat das Max-Rubner-Institut eine Hilfestellung <strong>für</strong> Planende und<br />
Entscheidungsträger entwickelt, <strong>die</strong> dazu beitragen kann, dass Projekte mit Erfolg und vor<br />
allem mit dem Ziel der Verstetigung durchgeführt werden.<br />
Ein weiteres Beispiel: Um <strong>die</strong> Nachhaltigkeit und Qualität von Projekten im Bereich der<br />
Prävention zu verbessern, haben wir im Rahmen von IN FORM Arbeitsgruppen eingerichtet,<br />
<strong>die</strong> Projektplanenden und Entscheidungsträgerinnen und -trägern praxisnahe Hilfen zur<br />
Qualitätssicherung an <strong>die</strong> Hand geben sollen. Der erste Teil, ein Modul zur<br />
Qualitätssicherung von Projekten, steht bereits auf der IN FORM-Internetseite zur<br />
Verfügung. Angepasst an sehr unterschiedliche Bedürfnisse in den Projekten, sind hier<br />
Hilfestellungen sowohl <strong>für</strong> Einsteigerinnen und Einsteiger, als auch <strong>für</strong> Projekterfahrene zu<br />
finden. Schritt <strong>für</strong> Schritt wird der Weg zur Projektqualität aufgezeigt. IN FORM Projekte<br />
sollen <strong>für</strong> Qualität stehen. Deshalb sind <strong>die</strong> hier erarbeiteten Anforderungen an <strong>die</strong><br />
Qualitätssicherung bei neuen Projektanträgen im Rahmen von IN FORM bereits einzuhalten.<br />
Vergleichbare Module <strong>für</strong> <strong>die</strong> Evaluation und <strong>für</strong> <strong>die</strong> Kommunikation werden derzeit<br />
erarbeitet.<br />
Lassen Sie mich kurz noch drei Einzelprojekte erwähnen, mit denen wir hinsichtlich<br />
dauerhafter Veränderungen des Lebensstils auf gutem Weg sind: Den<br />
Ernährungsführerschein haben inzwischen rund 550.000 Kinder absolviert und er ist auf<br />
gutem Weg, sich auch ohne eine dauerhafte Bundesförderung zu etablieren. Da ist zum<br />
einen <strong>die</strong> bereits erwähnte Einbeziehung in <strong>die</strong> Schulobstprogramme der Länder. Da ist zum<br />
anderen der Einsatz von externen Anbietern, wie Landfrauen oder Klasse-2000-<br />
Gesundheitsförderern, <strong>die</strong> eigene Finanzierungsquellen <strong>für</strong> ihre Einsätze in den Schulen<br />
erschließen. Und da ist schließlich <strong>die</strong> Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern, <strong>die</strong> damit<br />
den Ernährungsführerschein eigenständig in ihren Unterricht integrieren. Damit sind wir<br />
unserem Ziel, dass alle Grundschulkinder den Ernährungsführerschein absolvieren und<br />
somit altersgerecht und sehr praxisbezogen <strong>die</strong> Grundlagen gesunden Genießens erfahren,<br />
schon ein gutes Stück näher gekommen.<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 8 von 16
Die IN FORM MitMachBox der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen<br />
(BAGSO) erweist sich als wahrer Renner; <strong>die</strong> erste Auflage ist bereits vergriffen. Hier haben<br />
Fachleute aus den Bereichen Ernährung und Bewegung sehr praxistaugliche Hilfestellungen<br />
<strong>für</strong> Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in der (vor allem ehrenamtlichen) Seniorenarbeit<br />
entwickelt. Entsprechende Schulungen werden unterstützend angeboten. Die Vielfalt und<br />
Breite der beteiligten Organisationen ist eine gute Voraussetzung <strong>für</strong> eine dauerhafte<br />
Wirkung <strong>die</strong>ses „Werkzeugkastens“. Eine andere Form der Kooperation haben wir mit dem<br />
IN FORM-Modul „„KLASSE, KOCHEN!“ (vormals: „Küchen <strong>für</strong> Deutschlands Schulen“)<br />
gewählt. Zusammen mit dem „Fernsehkoch“ Tim Mälzer, der Bertelsmann Stiftung und dem<br />
Küchenhersteller Nolte veranstalten wir einen Wettbewerb, bei dem <strong>die</strong> besten Schulen mit<br />
einer Schulküche ausgestattet werden. Hiermit können Schulen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Entwicklung von<br />
Konzepten <strong>für</strong> praxisbezogene Ernährungsbildung gewonnen und entsprechende bestpractice-Beispiele<br />
bekannt gemacht werden. Gleichzeitig werden immer wieder Anlässe<br />
geschaffen, um <strong>die</strong> Bedeutung der Ernährungsbildung herauszustellen. Auch hiervon<br />
versprechen wir uns dauerhafte Auswirkungen.<br />
Soweit – in aller Kürze – ein paar Schlaglichter auf den IN FORM-Beitrag zur Förderung<br />
eines gesunden Lebensstils und damit zu einer „nachhaltigen“ Ernährung. Denn: Erstens:<br />
Ein kluger „Präventionsveteran“ hat einmal gesagt: Es ist nicht zu wenig Geld im Bereich der<br />
Prävention vorhanden, es gibt zu wenig Koordination und Kooperation. IN FORM leistet<br />
einen Beitrag, um dem abzuhelfen Und zweitens: Jeder Mensch, der einen gesunden<br />
Lebensstil pflegt, der sich ausgewogen ernährt und ausreichend bewegt, lebt seine ganz<br />
persönliche Nachhaltigkeitsstrategie! Auch dazu wollen wir beitragen.<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 9 von 16
Dr. Sabine Eichner<br />
Geschäftsführerin des Deutschen Tiefkühlinstitus e.V.<br />
Zur Person<br />
Dr. Sabine Eichner absolvierte ihr Studium der Volkswirtschaftslehre an der Philipps-<br />
Universität in Marburg. Von 1986 bis 1989 war sie dort als Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
am Lehrstuhl <strong>für</strong> Wirtschaftspolitik bei Prof. Dr. Walter Hamm tätig. Im Dezember 1988<br />
schloss sie ihre Promotion zum Dr. rer. Pol. ab. Von 1989 bis 1993 war sie als Leiterin der<br />
Wirtschaftsabteilung der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer in<br />
Lissabon tätig. Anschließend arbeitete sie bis 1995 als Geschäftsführerin bei Ideias &<br />
Brindes, Artigos Publicitários Lda. in Portugal (Tochtergesellschaft eines deutschen<br />
Werbeartikelversandhauses) und von 1995 bis <strong>2013</strong> war sie Geschäftsführerin der<br />
Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V.. Seit März <strong>2013</strong> ist sie<br />
Geschäftsführerin des Deutschen Tiefkühlinstitus e.V..<br />
Nachhaltigkeit in der Tiefkühlwirtschaft – Das Beispiel Klimabilanz<br />
Das Öko-Institut belegt: Tiefgekühlte Produkte überzeugen auch mit ihrer Klimabilanz<br />
Das Deutsche Tiefkühlinstitut e.V. veröffentlicht jetzt erstmalig eine<br />
branchenumfassende und auf Primärdaten beruhende Klimabilanz-Stu<strong>die</strong> von<br />
Tiefkühlkost.<br />
Die Ergebnisse der insgesamt fünf untersuchten Produktkategorien bestätigen: Die<br />
Klimabilanz von Tiefkühlkost ist vergleichbar mit der anderer Angebotsformen wie<br />
selbst zubereiteten Lebensmitteln oder (un)gekühlten Produkten aus Dose und Glas.<br />
Die Umweltauswirkungen der Distribution (Transport und Lagerung) sind hingegen in<br />
allen untersuchten Produktgruppen sehr viel geringer als bisher angenommen.<br />
Unabhängig von der Angebotsform haben <strong>die</strong> Rezeptur und <strong>die</strong> Lagerung bzw.<br />
Zubereitung in den Haushalten den größten Einfluss auf <strong>die</strong> jeweilige Klimabilanz der<br />
Produkte.<br />
Gemeinsam mit dem Öko-Institut e.V. wird der Verband der Tiefkühlwirtschaft auf<br />
Grundlage der Stu<strong>die</strong>nergebnisse im nächsten Schritt Bilanzierungsregeln <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Branche erarbeiten. Ziel sind einheitliche Rahmenbedingungen, <strong>die</strong> den Klimaeinfluss<br />
von Tiefkühlkost in einzelnen Produktkategorien messbar und vergleichbar machen.<br />
Die Tiefkühlbranche übernimmt seit jeher Verantwortung und wird ihre Prozesse auch<br />
in Zukunft auf Grundlage der Klimabilanz-Stu<strong>die</strong> weiter optimieren.<br />
In Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut e.V. hatte <strong>die</strong> deutsche Tiefkühlbranche im letzten<br />
Jahr erste Ergebnisse einer umfassenden Klimabilanz-Stu<strong>die</strong> von Tiefkühlkost präsentiert.<br />
Mit der jetzt vollständig vorliegenden Stu<strong>die</strong> wird der Klimaeinfluss fünf repräsentativer<br />
Produktgruppen von Tiefkühlkost gemessen und mit Produkten anderer Angebotsformen<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 10 von 16
verglichen. Die Stu<strong>die</strong> ist in der Lebensmittelbranche eine der ersten branchenumfassenden<br />
Analysen, <strong>die</strong> auf aktualisierten und konsoli<strong>die</strong>rten Primärdaten der Tiefkühlbranche basiert.<br />
Das Deutsche Tiefkühlinstitut leistet damit einen wichtigen Beitrag in der Debatte um <strong>die</strong><br />
Messbarkeit von Treibhausgasemissionen bei Lebensmitteln. Jeder Bundesbürger<br />
verursacht laut Umweltbundesamt pro Jahr einen durchschnittlichen CO2e-Ausstoß von 11,1<br />
Tonnen. Um nur ein Prozent davon zu erreichen, müsste eine Person beispielsweise 755<br />
Reibekuchen oder 57 Salami-Pizzen im Jahr verzehren. Der tatsächliche durchschnittliche<br />
Pro-Kopf-Verbrauch eines jeden Bundesbürgers an TK-Pizzen liegt aber bei nur zehn Pizzen<br />
pro Jahr.<br />
Tiefkühlkost und Vergleichsprodukte: Ähnlicher Klimaeinfluss<br />
Die Stu<strong>die</strong> bestätigt <strong>die</strong> im Vorjahr veröffentlichten Zwischenergebnisse: Insgesamt sind <strong>die</strong><br />
Klimabilanzen der tiefgekühlten Produkte vergleichbar mit denen anderer Angebotsformen,<br />
wie (un)gekühlten Produkten aus der Dose beziehungsweise dem Glas oder<br />
selbstzubereiteten Lebensmitteln. Der am Öko-Institut <strong>für</strong> <strong>die</strong> Klimabilanz verantwortliche<br />
Bereichsleiter Carl-Otto Gensch macht deutlich: „Tiefkühlprodukte gelten häufig als<br />
klimaschädlich. Die Ergebnisse der von uns durchgeführten Stu<strong>die</strong> zeigen jedoch, dass <strong>die</strong><br />
Klimabilanzen von Tiefkühlkost und ihren Vergleichsprodukten auf einem Niveau sind.“ So<br />
sind zum Beispiel <strong>die</strong> Klimabilanzen von tiefgekühlter Salami-Pizza, (un)gekühlter oder<br />
selbstzubereiteter Pizza vergleichbar; und auch tiefgekühlte Erbsen liegen mit ihren<br />
Ergebnissen in der gleichen Größenordnung wie Produkte aus der Dose oder dem Glas.<br />
Neben anderen Vorteilen, wie einer schnellen und unkomplizierten Zubereitung bei<br />
maximaler Frische, stellt Tiefkühlkost demnach in Bezug auf <strong>die</strong> Klimabilanz eine gute<br />
Alternative dar. Zudem wirkt Tiefkühlkost durch eine bedarfsgerechte Portionierung der<br />
Verschwendung von Lebensmitteln entgegen.<br />
Größter Klimaeinfluss: Rezeptur und Zubereitung<br />
Insgesamt ist es nicht <strong>die</strong> Angebotsform per se, <strong>die</strong> auf eine gute oder schlechte Klimabilanz<br />
schließen lässt. Geringfügige Unterschiede der Treibhausgasemissionen bei diversen<br />
Produkten sind <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesamtbetrachtung nicht signifikant, sondern laut Öko-Institut<br />
untersuchungsbedingte Ergebnisbandbreiten. Viel entscheidender sind <strong>die</strong><br />
Produktzusammensetzung, das Einkaufsverhalten, <strong>die</strong> Lagerung im Haushalt und <strong>die</strong><br />
Zubereitung. Um durch einen nachhaltigen Konsum einen Beitrag zu leisten, kann der<br />
Verbraucher zum Beispiel auch durch einen gezielten Wocheneinkauf seine Einkaufsfahrten<br />
reduzieren bzw. effizienter gestalten – bei kurzen Wegen auch mal mit dem Fahrrad, zu Fuß<br />
oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Supermarkt, anstatt immer mit dem Auto. Wichtig<br />
ist auch <strong>die</strong> Nutzung effizienter und umweltschonender Haushaltsgeräte bei der Zubereitung.<br />
„Entscheidend ist, wie der Verbraucher mit dem Produkt umgeht und welche Rohstoffe zum<br />
Einsatz kommen und nicht, ob das Lebensmittel tief-, oder (un)gekühlt beziehungsweise gar<br />
selbst zubereitet wird“, so Gensch.<br />
Weitere wichtige Erkenntnisse: Generell hat <strong>die</strong> Distribution (Transport und Lagerung) einen<br />
sehr viel geringeren Anteil an den Klimaeinflüssen entlang des Produktweges als häufig<br />
angenommen. In allen bilanzierten Produktgruppen weist <strong>die</strong> Distribution in den Handel <strong>die</strong><br />
niedrigsten Werte an Treibhausgasemissionen auf. Bei Hühnerfrikassee und Pizza liegt der<br />
Anteil an der Gesamtbilanz zum Beispiel bei lediglich zwei beziehungsweise sechs Prozent.<br />
Auch <strong>die</strong> Produktion von Großmengen wirkt sich positiv auf <strong>die</strong> Klimabilanz aus: In der<br />
Lebensmittelindustrie wird kaum anders gekocht als zuhause. Allerdings machen <strong>die</strong> großen<br />
Mengen, <strong>die</strong> täglich zubereitet werden und der Einsatz hochtechnischer Geräte den<br />
Kochprozess wesentlich energieeffizienter, als es in den eigenen vier Wänden überhaupt<br />
möglich ist. Außerdem verfügen <strong>die</strong> meisten Produktionsstätten über so genannte<br />
Wärmerückgewinnungssysteme, <strong>die</strong>s bedeutet, dass <strong>die</strong> verbrauchte Energie wieder nutzbar<br />
gemacht wird und anderweitig zum Einsatz kommt, zum Beispiel zu Heizzwecken.<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 11 von 16
Tiefkühlbranche: Systematische Messbarkeit und Transparenz durch<br />
Bilanzierungsregeln<br />
Mit dem Ziel, dem Verbraucher am Ende eine verbesserte Vergleichbarkeit zwischen den im<br />
Supermarkt erhältlichen Produkten bieten zu können, plant der Branchenverband im<br />
nächsten Schritt einheitliche Rahmenbedingungen und Regeln <strong>für</strong> weitere Maßnahmen zur<br />
Senkung der Treibhausgasemissionen von Tiefkühlprodukten zu erarbeiten. „Die<br />
Unternehmen sind schon länger aktiv und arbeiten permanent an<br />
Optimierungsmaßnahmen“, so Udo Perenz, Vorstandsvorsitzender des Deutschen<br />
Tiefkühlinstitutes, er ist überzeugt: „Nur auf Grundlage einer wissenschaftlich fun<strong>die</strong>rten<br />
Methodik können Klimaeinflüsse und Nachhaltigkeitsbemühungen von Unternehmen<br />
transparent verglichen und dem Verbraucher glaubhaft kommuniziert werden.<br />
Als Hersteller nehmen wir unsere Pflicht dabei sehr ernst und werden unsere Aktivitäten auf<br />
Grundlage der Stu<strong>die</strong>nergebnisse kritisch analysieren und weiterentwickeln.“<br />
Gemeinsam mit dem Öko-Institut e.V. wird das Deutsche Tiefkühlinstitut nun im nächsten<br />
Schritt Bilanzierungsregeln zur Bewertung der Klimaeinflüsse bei der Produktion von<br />
Tiefkühlprodukten <strong>für</strong> <strong>die</strong> Tiefkühlbranche erarbeiten. Diese sollen auch kleinere<br />
Unternehmen bei der Durchführung von Klimabilanz-Analysen unterstützen. Ziel ist es, eine<br />
einheitliche Basis <strong>für</strong> alle Unternehmen zu schaffen, um <strong>die</strong> Treibhausgasemissionen<br />
während des gesamten Produktlebensweges eines Tiefkühlproduktes erfassen, analysieren<br />
und bestenfalls verbessern zu können. Außerdem wurden auf Basis der neuen Erkenntnisse<br />
Verbraucher-Tipps <strong>für</strong> den klimafreundlichen Umgang mit Tiefkühlprodukten entwickelt.<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 12 von 16
Rainer Roehl<br />
Gründer und Geschäftsführer von a’verdis<br />
Zur Person<br />
Rainer Roehl ist Gründer und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens a’verdis und<br />
Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Münster <strong>für</strong> das Fach „Nachhaltige<br />
Verpflegungs<strong>die</strong>nstleistungen“. Er arbeitet seit 25 <strong>Jahre</strong>n im Außer-Haus-Markt und <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Bio-Branche. In <strong>die</strong>ser Zeit hat er mehrere hundert Restaurants und Großküchen bei der<br />
Umsetzung einer gesundheitlich, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltigen Verpflegung<br />
beraten, über 100 Ernährungsseminare <strong>für</strong> Köche, Verbraucher und Ärzte geleitet und<br />
mehrere Dutzend Hersteller und Händler bei Aufbau und Vermarktung des gastronomischen<br />
Bio-Sortiments unterstützt. Er hat <strong>die</strong> Verarbeitungsrichtlinien <strong>für</strong> Bioland und Naturland mit<br />
erarbeitet, <strong>die</strong> Regelungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Bio-Zertifizierung von Großküchen und Restaurants<br />
entscheidend mit gestaltet und <strong>die</strong> ersten Qualitätsstandards <strong>für</strong> <strong>die</strong> Schulverpflegung mit<br />
entwickelt. Er war Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des ÖGS in Frankfurt am<br />
Main sowie Initiator der Wirtschaftinitiative „1000 Küchen mit Bio-Zertifikat“ und des<br />
bundesweiten BioMentoren-Netzwerkes, welches er heute weiterhin leitet.<br />
Rainer Roehl ist Mitglied im Beirat des Deutschen Instituts <strong>für</strong> Gemeinschaftsverpflegung, in<br />
der Naturland Anerkennungskommission <strong>für</strong> Verarbeitung, im DGE-Expertenkreis zur<br />
Entwicklung von Qualitätsstandards <strong>für</strong> <strong>die</strong> Betriebsverpflegung sowie in der Jury <strong>für</strong> den<br />
Internorga Zukunftspreis der Hamburg Messe.<br />
Auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Profiküche – Praktisches<br />
Nachhaltigkeitsmanagement in der Außer-Haus-Verpflegung<br />
Herausforderungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Außer-Haus-Verpflegung heute<br />
Die Diskussionen über Klimawandel und Ressourcenverknappung prägen zunehmend auch<br />
das wirtschaftliche Handeln in der Außer-Haus-Verpflegung. Ein Grund da<strong>für</strong> ist<br />
beispielsweise, dass <strong>die</strong> Ernährung eines durchschnittlichen Deutschen mit 35 Prozent den<br />
größten Anteil am ökologischen Fußabdruck ausmacht und in Deutschland gut ein Drittel des<br />
Lebensmittelumsatzes im Außer-Haus-Markt getätigt wird. Mit anderen Worten:<br />
Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie tragen eine besondere Verantwortung <strong>für</strong><br />
Wirtschaft, Ökologie und Gesellschaft.<br />
Eine zweite Herausforderung <strong>für</strong> Betriebe der Außer-Haus-Verpflegung liegt in der<br />
wachsenden Bedeutung der Ernährung und Verpflegung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesundheit und<br />
Leistungsfähigkeit der Menschen. Dies betrifft nicht nur <strong>die</strong> Kita- und Schulverpflegung<br />
sondern alle Segmente der Gemeinschaftsverpflegung. Neben der Lebensmittelsicherheit<br />
geht es dabei vor allem um eine ausreichende und ausgewogene Nährstoffversorgung und<br />
zukünftig auch um ein funktionierendes Allergenmanagement.<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 13 von 16
Und schließlich sind Unternehmen der Außer-Haus-Verpflegung einem fortlaufenden<br />
strukturellen Wandel unterworfen, der auf der einen Seite von einem ständigen Kosten- und<br />
Rationalisierungsdruck und einer zunehmenden Standardisierung und Systematisierung und<br />
auf der anderen Seite von einem wachsenden Bedürfnis der Gäste nach Qualität,<br />
Auswahlmöglichkeiten und neuen Angeboten geprägt ist.<br />
Zukünftig wird es vor allem darum gehen, <strong>die</strong> <strong>für</strong> eine gastronomische Leistung so wichtigen<br />
Aspekte „Genuss“ und „Gesundheit“ mit den klassischen Nachhaltigkeitsdimensionen<br />
(wirtschaftliche, ökologische und soziale Verantwortung) zu einem schlüssigen Konzept zu<br />
verknüpfen, dass <strong>die</strong> Wünsche und Erwartungen aller Anspruchsgruppen (u. a. Gäste,<br />
Küche, Auftraggeber) berücksichtigt.<br />
Eine neue ganzheitliche Ordnung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gastronomie<br />
Einen methodischen Ansatz zur Analyse und Lösung der oben genannten<br />
Herausforderungen bietet das von a’verdis entwickelte ganzheitlich orientierte<br />
Zukunftsmodell <strong>für</strong> gastronomische Dienstleistungen (Roehl & Strassner 2010). Das bewusst<br />
als Haus konzipierte Modell (vgl. Abb. 1) orientiert sich eng an der Praxis in einem<br />
gastronomischen Betrieb und besteht aus Fundament, tragenden Wänden und schützendem<br />
Dach.<br />
Abb. 1: a’verdis-Modell <strong>für</strong> gastronomische Dienstleistungen<br />
Das Fundament <strong>für</strong> jeden Betrieb ist <strong>die</strong> „Wirtschaftlichkeit“. Darauf stehen <strong>die</strong> zwei<br />
tragenden Wände „Attraktivität“ und „Gesundheit“ und über <strong>die</strong>sen – gewissermaßen als<br />
schützendes Dach – <strong>die</strong> Bereiche „Ökologie“ und „Gerechtigkeit“. Die fünf Hauselemente<br />
lassen sich jeweils mit einem Satz beschreiben:<br />
Die gastronomische Leistung ist wirtschaftlich <strong>für</strong> Gäste, Küche bzw. Caterer und Träger<br />
bzw. Unternehmen.<br />
Speisen und Getränke sowie Ambiente und Service sind attraktiv <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gäste.<br />
Die gastronomische Leistung fördert Gesunderhaltung, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit<br />
der Gäste.<br />
Die gastronomische Leistung trägt auf allen Prozessstufen zur Schonung der Umwelt bei.<br />
Die gastronomische Leistung basiert auf einergerechten, partnerschaftlich orientierten<br />
Wirtschaftsweise mit Lieferanten, Mitarbeitern und Gästen.<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 14 von 16
Handlungsfelder und Schlüsselthemen<br />
Auf operativer Ebene gilt es nun <strong>die</strong> zentralen Handlungsfelder einer gastronomischen<br />
Einrichtung zur Gestaltung der oben genannten Anforderungen zu finden. Außerdem<br />
müssen <strong>die</strong> Schlüsselthemen bzw. Einzelmaßnahmen herausgearbeitet werden, mit denen<br />
eine besonders hohe Wirkung (z. B. Reduktion klimarelevanter Gase) erzielt oder mehrere<br />
Dimensionen (z. B. Ökologie und Gesundheit) gleichzeitig beeinflusst werden können. Die<br />
Analyse der oben genannten Hauselemente sowie der Funktionsbereiche, Prozessabläufe<br />
und Ressourcen in einem gastronomischen Betrieb ergibt fünf zentrale Handlungsfelder:<br />
1. Rezept- und Speisenplangestaltung<br />
2. Lebensmittelherkunft und -qualität<br />
3. Ausstattung und Technik<br />
4. Strukturen und Prozesse<br />
5. Aus- und Weiterbildung<br />
Im Rahmen der Rezept- und Speisenplangestaltung sowie der Einkaufspolitik wird über<br />
Menge, Häufigkeit und Qualität der eingesetzten Lebensmittel entschieden. Wichtigste<br />
Maßnahmen in <strong>die</strong>sem Zusammenhang sind <strong>die</strong> deutliche Reduktion des Einsatzes von<br />
Fleisch und der verstärkte Einkauf von regional und ökologisch erzeugten sowie fair<br />
gehandelten Produkten. Die Reduktion des Ressourcenverbrauchs (Energie, Wasser,<br />
Lebensmittel) wird durch eine zeitgemäße Ausstattung und effiziente Gerätetechnik sowie<br />
durch effektive Strukturen und Arbeitsabläufe erreicht. Alle geforderten Maßnahmen müssen<br />
einsichtig begründet sein, denn nur informierte und motivierte Mitarbeiter/innen sind willens<br />
und in der Lage, qualitativ hochwertige Speisen zuzubereiten, effektive Arbeitsabläufe<br />
umzusetzen und einen gastorientierten Service anzubieten.<br />
Praktische Umsetzung<br />
Die erfolgreiche Umsetzung der oben genannten Überlegungen in einer gastronomischen<br />
Einrichtung setzt zunächst ein gemeinsames Verständnis <strong>für</strong> Bereiche,<br />
Themenschwerpunkte und Handlungsfelder voraus. Dabei gilt es alle Prozesse und<br />
Ressourcen innerhalb der gastronomischen Einrichtung sowie <strong>die</strong> gesamte<br />
Wertschöpfungskette (from farm to fork) zu berücksichtigen. Anschließend geht es darum,<br />
<strong>die</strong> gastronomischen Leistungen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, Attraktivität, Gesundheit,<br />
Ökologie und Gerechtigkeit zu messen, zu bewerten und Zielgrößen <strong>für</strong> kontinuierliche<br />
Verbesserungen zu vereinbaren. Und schließlich muss ein Konzept entwickelt und<br />
umgesetzt werden, mit dem <strong>die</strong> Maßnahmen, Ergebnisse und Erfolge den relevanten<br />
Anspruchsgruppen (z.B. Gäste, Auftraggeber, Öffentlichkeit) kommuniziert werden.<br />
Literatur:<br />
Roehl, R. (<strong>2013</strong>): Vom Bratling zum Klimateller. Eine gesundheits-ökologische Zeitreise, gv-praxis6/<strong>2013</strong>, S. 88-<br />
93.<br />
Roehl, R., Strassner, C. (2012): Inhalte und Umsetzung einer nachhaltigen Verpflegung. Projektschriftenreihe<br />
Nachhaltigkeitsorientiertes Rahmencurriculum <strong>für</strong> <strong>die</strong> Ernährungs- und Hauswirtschaftsberufe Bd. 1.<br />
Roehl, R., Strassner, C. (2010): Buddhistische Eskimos im Kommen. In: gv-praxis Special: Nachhaltiges Bauen,<br />
Investieren, Beschaffen & Betrieben. S. 10-13.<br />
Strassner, C. (2005): Nachhaltigkeit in der Gastronomie. In: Brunner, K.-M.; Schönberger, G. U. (Hrsg.):<br />
Nachhaltigkeit und Ernährung. Produktion - Handel - Konsum. Frankfurt am Main 2005.<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 15 von 16
Dr. Angela Häußler<br />
Akademische Rätin am Lehrstuhl <strong>für</strong> Wirtschaftslehre des Privathaushalt und<br />
Familienwissenschaft an der JLU Gießen<br />
Zur Person<br />
Dr. Angela Häußler absolvierte ihr Studium der Ökotrophologie und <strong>die</strong> anschließende<br />
Promotion an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sie arbeitete als wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Institut <strong>für</strong> Wirtschaftslehre des Haushalts und Verbrauchsforschung der<br />
JLU Gießen. Seit 2007 ist sie Akademische Rätin am Lehrstuhl <strong>für</strong> Wirtschaftslehre des<br />
Privathaushalts und Familienwissenschaft an der JLU Gießen. Ihre Arbeitsschwerpunkte<br />
sind nachhaltige Konsummuster im Kontext der Alltagsversorgung von privaten Haushalten,<br />
Gender und Ernährung, sowie Verbraucherforschung und -politik.<br />
Nachhaltig und gesund zuhause – Wie kann <strong>die</strong> Umsetzung einer guten<br />
Ernährungsweise gelingen?<br />
Wenn es eine einfache Antwort auf <strong>die</strong>se Frage und ein im Alltag <strong>für</strong> viele leicht umsetzbares<br />
Konzept gäbe, dann wäre <strong>die</strong>s in der ökotrophologischen Beratungspraxis ganz sicher<br />
besser bekannt als in der Wissenschaft. Dieser Beitrag möchte einen Einblick in <strong>die</strong> aktuelle<br />
wissenschaftliche Debatte zu möglichen Lösungsansätzen und praktikablen Strategien <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Umsetzung gesunder und nachhaltiger Ernährungsweisen geben. Das ist jedoch kaum<br />
möglich, ohne zunächst auf <strong>die</strong> Hemmnisse und Schwierigkeiten einzugehen, <strong>die</strong> sich in der<br />
Umsetzung ergeben.<br />
Hemmnisse und Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer guten Ernährungsweise<br />
Ernährung und Essen ist sowohl aus ernährungs- als auch aus haushaltswissenschaftlicher<br />
Sicht alles andere als ein profane Tätigkeit: Wir alle essen in der Regel mehrmals täglich und<br />
<strong>die</strong> Ernährungsversorgung muss an 365 Tagen im Jahr sicher gestellt werden. Die Arbeiten<br />
rund um <strong>die</strong> Ernährung sind mit Abstand der zeitintensivste Arbeitsbereich in privaten<br />
Haushalten. Dabei hat <strong>die</strong> Gestaltung der Ernährung hat einen wesentlichen Einfluss auf<br />
Gesundheit und Wohlbefinden und es ist eines der wichtigen Handlungsfelder einer<br />
nachhaltigen Entwicklung. Aus der Alltagsperspektive ist Essen und Ernährung jedoch nur<br />
eine von vielen Aufgaben, <strong>die</strong> bewältigt und organisiert werden müssen. So wird es zwischen<br />
Job, Familie und Freizeit nicht selten zu einer Nebentätigkeit, eine nachhaltige und gesunde<br />
Gestaltung der Ernährung hat dabei nicht <strong>für</strong> alle höchste Priorität. Zwei wesentliche<br />
systemische Ursachen lassen sich identifizieren:<br />
Die jeweils praktizierte Ernährungsweise ist immer eingebettet in einen bestimmten<br />
Lebensstil und kann kaum getrennt davon betrachtet werden. Eine gesunde, nachhaltige<br />
Ernährung ist ein charakteristisches Lebensstilmerkmal weniger Mittelschichtsmilieus, wie in<br />
den entsprechenden Quartieren der Großstädte gut zu beobachten ist. Dabei <strong>die</strong>nt eine<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 16 von 16
Ernährungsweise immer auch als Ausdruck einer bestimmten sozialen Identität und markiert<br />
<strong>die</strong> Zugehörigkeit zu einer Gruppe bzw. Abgrenzung zu anderen Gruppen. Leitfäden <strong>für</strong> eine<br />
bessere, nachhaltige Ernährung erreichen vor allem <strong>die</strong>se Milieus, <strong>die</strong> entsprechend ihrer<br />
Ressourcen und Überzeugungen bereits danach handeln. In anderen sozialen Milieus ist ein<br />
Zugang zu gesunden oder nachhaltigen Ernährungsweisen nur schwer oder gar nicht zu<br />
finden, <strong>die</strong>se sind kaum kompatibel mit den Lebensführungskonzepten der jeweiligen<br />
sozialen Gruppen. Auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse aus der Verbrauchsforschung<br />
schätzt der wissenschaftliche Beirat <strong>für</strong> Ernährungs- und Verbraucherpolitik am<br />
Bundesministerium <strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Jahr 2010 <strong>die</strong><br />
Gruppe der verantwortlichen Verbraucher, <strong>die</strong> mit ihren Kaufentscheidungen eine<br />
gesellschaftlich-politische Verantwortung <strong>für</strong> Nachhaltigkeitsziele ausüben, auf unter 10%<br />
der Bevölkerung.<br />
In der gelebten Esskultur und im gesellschaftlichen Ernährungsleitbild haben Nachhaltigkeit<br />
und Gesundheit keinen zentralen Stellenwert. Auch wenn ein langsamer Kulturwandel zu<br />
beobachten ist, kann das Speiseangebot im öffentlichen Raum von Bahnhöfen und<br />
Fußgängerzonen über Schulen und Kantinen bis hin zu Kliniken selten als gesund und<br />
nachhaltig bezeichnet werden. Die omnipräsenten Anreize weisen hier in eine andere<br />
Richtung. Im Diskurs, der <strong>die</strong> Einführung von Schulverpflegung begleitet, wird jedoch<br />
deutlich, wie wirkmächtig <strong>die</strong> Signale des jeweiligen Ernährungsumfelds auf<br />
Sozialisationsprozesse sind und dass sich hinter der an den Schulen praktizierten Esskultur<br />
ein „heimlicher Lehrplan“ verbirgt.<br />
Gleichzeitig zeigt sich in der aktuellen Debatte um den Veggie-Day-Vorschlag der Grünen im<br />
Bundestagswahlkampf, wie schwierig und problematisch es ist, mit konkreten Restriktionen<br />
auf kulturell verankerte und lange praktizierte Ernährungsweisen einzuwirken.<br />
Die hier skizzierten Problemlagen zeigen, dass <strong>die</strong> Verantwortung <strong>für</strong> nachhaltige<br />
Ernährungsweisen nicht gänzlich bei den privaten Haushalten liegt und durch <strong>die</strong><br />
Verbraucher und Verbraucherinnen übernommen werden kann. Gleichzeitig bleiben <strong>die</strong><br />
Haushalte Dreh- und Angelpunkt <strong>für</strong> <strong>die</strong> Organisation des täglichen Essen, auch wenn <strong>die</strong>s<br />
längst nicht mehr nur in den Haushalten stattfindet. Besonders in Familien hat <strong>die</strong><br />
gemeinsame Mahlzeit jedoch nach wie vor einen wichtigen Stellenwert, <strong>die</strong>se sind und<br />
bleiben dabei auch <strong>die</strong> wichtigste Instanz <strong>für</strong> <strong>die</strong> Ernährungssozialisation von Kindern und<br />
Jugendlichen. Öffentliche Institution wie Kitas oder Schulen können <strong>die</strong>se Aufgabe nicht<br />
übernehmen, aber sie können zu einer guten Gestaltung der Ernährungsweise beitragen.<br />
Ansätze <strong>für</strong> <strong>die</strong> Umsetzung einer nachhaltigen Ernährungsweise zwischen privatem und<br />
öffentlichem Raum.<br />
An <strong>die</strong>sem Punkt setzt das Konzept der geteilten Verantwortung <strong>für</strong> nachhaltigen Konsum an<br />
(Heidbrink/Schmidt 2011): Damit sich Verbraucher und Verbraucherinnen verantwortlich,<br />
nachhaltig verhalten können, braucht es strukturelle Unterstützung. In vielen momentan<br />
diskutierten Ansätzen <strong>für</strong> nachhaltigen Konsum und gesunde Ernährung wird den<br />
Bedingungen <strong>für</strong> individuelles Verhalten eine entscheidende Bedeutung beigemessen. So<br />
hat sich zum Beispiel der Fokus von einer Verhaltens- hin zur Verhältnisprävention<br />
verschoben und verhaltensökonomisch fun<strong>die</strong>rte Ansätze <strong>für</strong> nachhaltigen Konsum greifen<br />
den von der WHO in der Ottawa-Charta formulierten Grundsatz „Make the healthier choice<br />
the easier choice“ <strong>für</strong> Nachhaltigkeitskonzepte auf (Reisch/Lorek/Bietz 2011). Heindl hat in<br />
<strong>die</strong>sem Zusammenhang neben der individuellen Verantwortung auch den Begriff der<br />
institutionellen Verantwortung in <strong>die</strong> Diskussion eingebracht (2004).<br />
In der gesellschaftlichen Ernährungspraxis lassen sich einige Beispiele nennen, bei denen<br />
sich Ansatzpunkte <strong>für</strong> strukturelle Veränderungen bieten. Ein breit und viel diskutiertes<br />
Thema, bei dem <strong>die</strong> Notwendigkeit zur Entwicklung durch den gesellschaftlichen Wandel<br />
angestoßen wurde, ist <strong>die</strong> Schulverpflegung: Auch wenn <strong>die</strong> meisten<br />
Verpflegungsarrangements an Schulen in Deutschland zur Zeit kaum nach den Leitbildern<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 17 von 16
einer nachhaltigen, gesunden Ernährung gestaltet sind, zeigt sich an durchaus vorhandenen<br />
guten Beispielen, welche Chance <strong>für</strong> eine nachhaltige Gestaltung der gesamten Schulkultur<br />
<strong>die</strong>se Entwicklungsaufgabe bietet. Denn genauso wie in der Familie stellt Essen und<br />
Ernährung auch in der Schule ein umfassendes Lern- und <strong>Erfahrung</strong>sfeld dar. Gleichzeitig<br />
wird dabei deutlich, dass eine gute Schulverpflegung als alltagsunterstützendes Angebot <strong>für</strong><br />
Familien eine nachhaltige Ernährungsversorgung in den Haushalten erleichtert.<br />
Als weiteres interessantes Beispiel sind Urbane Gärten zu nennen, <strong>die</strong> in vielen Städten in<br />
ganz unterschiedlichen Organisationsformen entstehen (z.B. als Interkulturelle Gärten,<br />
Essbare Stadt, Nachbarschaftsgärten, Urban Gardening-Projekte) und von verschiedenen<br />
Bevölkerungsgruppen getragen werden. Die Motive <strong>für</strong> <strong>die</strong>se Entwicklung sind vielfältig, aber<br />
es geht immer auch um eine verantwortliche Gestaltung des direkten Lebensumfelds und <strong>die</strong><br />
Rückgewinnung der Kontrolle über <strong>die</strong> Lebensmittelproduktion. Damit kann auch <strong>die</strong>se<br />
Entwicklung eine Veränderung von Strukturen der Ernährungsversorgung bewirken.<br />
Durch <strong>die</strong>se Entwicklungen verändern sich Ernährungsumwelten, wodurch sich <strong>die</strong><br />
Bedingungen <strong>für</strong> eine nachhaltige Ernährung zuhause verbessern können. Um <strong>die</strong>se<br />
Prozesse anzustoßen und zu unterstützen sind an <strong>die</strong>ser Stelle vor allem <strong>die</strong>jenigen gefragt,<br />
<strong>die</strong> eine individuelle Verantwortung <strong>für</strong> nachhaltige Ernährung angenommen haben und <strong>die</strong>s<br />
mit ihrer Rolle als BürgerIn verbinden (Consumer Citizen). Denn nach Heidbrink und Schmidt<br />
hat verantwortlicher Konsum zwei Dimensionen: Zum wird <strong>die</strong>ser durch konkrete<br />
Kaufentscheidungen, dem Praktizieren einer nachhaltigen Ernährungsweise ausgedrückt,<br />
zum anderen findet verantwortliches Verbraucherverhalten aber auch im bürgerschaftlichen<br />
Engagement <strong>für</strong> <strong>die</strong> Veränderung von Rahmenbedingungen seinen Ausdruck. Das bedeutet,<br />
dass nicht nur der nachhaltige, gesunde Speiseplan im eigenen Haushalt von Bedeutung ist,<br />
sondern das Engagement <strong>für</strong> eine gute Schulverpflegung, einen Nachbarschaftsgarten oder<br />
den Veggie-Day in der Mensa mindestens genauso wichtig sind <strong>für</strong> <strong>die</strong> Förderung einer<br />
nachhaltigen und gesunden Esskultur.<br />
Literatur:<br />
HEIDBRINK, L.; SCHMIDT, I. (2011): Das Prinzip der Konsumentenverantwortung – Grundlagen, Bedingungen<br />
und Umsetzungen verantwortlichen Konsums. In: Heidbrink, Schmidt, Ahaus (Hg.): Die Verantwortung des<br />
Konsumenten. Über das Verhältnis von Markt, Moral und Konsum. Frankfurt a. M./ New York, campus: 25-56<br />
HEINDL, I. (2004): Ernährung, Gesundheit und institutionelle Verantwortung. Eine Bildungsoffensive. In:<br />
Ernährungs-Umschau (51) H.6: 224-230<br />
REISCH, L.; LOREK, S.; BIETZ, S. (2011): CORPUS Discussion Paper 2 on Policy Instruments on Sustainable<br />
Food Consumption. Im Internet unter: http://www.scpknowledge.eu/sites/default/files/Reisch%20et%20al%202011%20Sustainable%20Food%20-%20Policies.pdf<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 18 von 16
Ilse Buchgraber<br />
Dipl. Oecotrophologin, Unternehmens- und Demografieberaterin<br />
Zur Person<br />
Ilse Buchgraber stu<strong>die</strong>rte Haushalts- und Ernährungswissenschaften an der Universität<br />
Gießen, wo sie 1992 ihr Diplom erlangte. Anschließend absolvierte sie eine<br />
Ausbildereignungsprüfung und schloss 2009 ihr Kontaktstudium der Erwachsenenpädagogik<br />
an der Universität Mainz ab. Seit 2012 ist sie als Demografieberaterin nach DEx/INQA<br />
zertifiziert.<br />
Von 1993 bis 2007 war sie als Regionalleiterin im Vertrieb eines bundesweit tätigen<br />
Catering-Unternehmen beschäftigt. Seit 2007 ist sie selbständige Unternehmensberaterin<br />
und Trainerin im eigenen Beratungsunternehmen.<br />
Sie ist zudem Trainerin und Beraterin <strong>für</strong> soziale Einrichtungen mit den Schwerpunkten<br />
Belegungsmanagement (Kundenorientierung, Vertrieb und Marketing <strong>für</strong> soziale Einrichtungen,<br />
Schulung zum Einsatz systematischer Konzepte zur Belegungssicherung) und<br />
Demografieberatung <strong>für</strong> soziale Einrichtungen (Altersstrukturanalyse von Betrieben,<br />
Workshop Maßnahmenplan <strong>für</strong> erfolgreiches Personalmanagement im demografischen<br />
Wandel). Frau Buchgraber ist Autorin <strong>für</strong> Fachverlage (Bereich Health Care,<br />
Sozialmarketing und demografieorientiertes Personalmanagement) und Lehrbeauftragte der<br />
Hochschule Weihenstephan/Triesdorf im Fachbereich Ernährung und<br />
Versorgungsmanagement <strong>für</strong> das Fach „Grundlagen der Kommunikationslehre“.<br />
„…und wer soll in Zukunft <strong>die</strong> Arbeit machen?“ Nachhaltiges Personalmanagement<br />
im demografischen Wandel<br />
Willkommen im „Altersheim Europas“!<br />
Im Jahrbuch 2011 des Europäischen Statistikamtes stehen wir Deutschen gleich zweimal auf<br />
dem ersten Platz: als Land mit dem geringsten Anteil an Jugendlichen und dem höchsten<br />
Anteil an Rentnern aller 27 Staaten.<br />
Dass <strong>die</strong>se Entwicklung auch <strong>die</strong> meisten Berufe schon erreicht hat, ist nicht neu. Gerade im<br />
sozialen Bereich stehen zum Beispiel Pflegekräfte und Kinderbetreuungskräfte seit einiger<br />
Zeit eher auf der SOLL als auf der HABEN-Seite.<br />
Viele Initiativen – zum großen Teil von der Bundesregierung oder dem Europäischen<br />
Sozialfonds gefördert – sollen Fachkräfte aus anderen Ländern anwerben oder auch das<br />
Image bestimmter Berufsgruppen wie zum Beispiel Altenpflege oder Hauswirtschaft stärken.<br />
Welche Möglichkeiten hat jedoch das einzelne Unternehmen vor Ort, um seine individuelle<br />
Situation – passend zur Region und zur Branche – zu optimieren?<br />
Was ist demografieorientiertes Personalmanagement? Welche Instrumente und Maßnahmen<br />
haben sich auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen bewährt, wenn es darum<br />
geht, gute Mitarbeiter zu finden und zu binden?<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 19 von 16
Neu ist <strong>für</strong> viele Unternehmen <strong>die</strong> bewusste Auseinandersetzung mit der demografischen<br />
Entwicklung ihres Mitarbeiterstamms.<br />
Im Hinblick auf <strong>die</strong> unterschiedlichen Altersgruppen ist eine differenzierte Betrachtung<br />
notwendig. In einer „Altersstrukturanalyse“ lässt sich zunächst <strong>die</strong> Altersverteilung des<br />
Unternehmens abbilden: hier wird sofort deutlich, in welcher Altersgruppe besonders viele<br />
oder wenige Mitarbeiter sich befinden. Eine einfache Fortschreibung der gegenwärtigen<br />
Altersstruktur zeigt auf, in welchen Teilbereichen in den nächsten <strong>Jahre</strong>n Personallücken<br />
entstehen.<br />
Wenn weitere interne Daten wie Fehl- oder Weiterbildungstage mit den Altersdaten verknüpft<br />
werden, ist es möglich, altersspezifische oder bereichsspezifische Häufungen zu erkennen.<br />
Hier kann sich zum Beispiel dringender Handlungsbedarf im Bereich Gesundheits- oder<br />
Weiterbildungsmanagement ableiten lassen.<br />
In welchen Handlungsfeldern bewegt sich demografiefestes Personalmanagement?<br />
Erfahren Sie, wie eine Altersstrukturanalyse <strong>die</strong> demografisch- neuralgischen Stellen im<br />
Unternehmen freilegt. Passende Maßnahmen lassen sich anhand der klassischen<br />
Handlungsfelder des demografisch orientierten Personalmanagements entwickeln:<br />
1. Betrieblicher Gesundheitsförderung<br />
2. Kompetenz- und Weiterentwicklung<br />
3. Personalgewinnung und -bindung<br />
4. Führung- und Unternehmenskultur<br />
5. Arbeitsorganisation und -gestaltung<br />
Häufig gibt es in Unternehmen schon einzelne Aktionen, wie zum Beispiel den Tag der<br />
„Gesunden Ernährung“ oder auch <strong>die</strong> Betriebsportgruppe. Wichtig <strong>für</strong> den langfristigen Erfolg<br />
ist jedoch der strategische Ansatz: nur als fest verankerter Bestandteil der<br />
Unternehmensplanung führt demografieorientiertes Personalmanagement zum Ziel.<br />
Am Beispiel der Pflegebranche werden im Vortrag <strong>die</strong> Handlungsfelder erläutert und mit<br />
Praxisbeispielen hinterlegt.<br />
Abstracts/Vorträge <strong>VDOE</strong>-<strong><strong>Jahre</strong>stagung</strong> <strong>2013</strong> Seite 20 von 16