Der Kuss des Leprösen
Der Kuss des Leprösen
Der Kuss des Leprösen
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und Möglichkeiten <strong>des</strong> Mittelalters waren so die <strong>Leprösen</strong>, im Vergleich mit anderen Armen, gut<br />
versorgt. Für die Lebenszeit <strong>des</strong> Franziskus können allein für die Stadtkommune und das Bistum<br />
Assisi acht solcher Hospize nachgewiesen werden. Davon drei in unmittelbarer Nähe von Portiunkula.<br />
Ebenso befanden sich in der Nähe <strong>des</strong> Landbesitzes von Pietro Bernardone, dem Vater <strong>des</strong><br />
Franziskus, zwei solche Aussätzigenniederlassungen. Franziskus hatte also häufig Gelegenheit diesen<br />
Kranken zu begegnen. Diese Hospize entsprachen geistlichen Körperschaften und Bruderschaften<br />
in Form von religiösen Genossenschaften. Diese waren mit eigenen Rechten und Statuten (Leprosenordnung)<br />
versehen, die die Versorgung und den konkreten Alltag der Kranken regelten.<br />
Durch vielfältige Stiftungen waren diese Hospize auch finanziell abgesichert. Manches Hospiz<br />
brachte es zu so großen Besitztümern und Reichtum, dass sie auch innerhalb der mittelalterlichen<br />
Gesellschaft eine sozialpolitische Macht darstellten. Innerhalb <strong>des</strong> Hospizes lebten die Aussätzigen,<br />
wohlgemerkt egal aus welcher gesellschaftlichen Stellung sie kamen, in Gütergemeinschaft unter<br />
der Leitung eines Leprosenmeisters. Sie trugen eine gemeinsame Kleidung, ein graues Gewand mit<br />
Umhang und Kapuze, die durchaus an die Bekleidung religiöser Gemeinschaften erinnerte. Sie hatten<br />
das Recht auf eine eigene Kirche, eigene Gottesdienste und einen eigenen Geistlichen. Meist<br />
wurden diese Hospize zwar außerhalb der Städte und Ortschaften aber in der Nähe von Hauptverkehrswegen<br />
errichtet, um den Kranken im Notfalle das eingeschränkte Betteln zu ermöglichen.<br />
Auch dieser Bettel war durch die religiöse Gesellschaftsordnung abgesichert. Sollte die Stiftung <strong>des</strong><br />
Hospizes nicht für die Versorgung der Kranken ausreichen hatten diese ein Anrecht darauf zur<br />
„mensa sancti spiritus“, zum Tisch <strong>des</strong> Heiligen Geistes, Zuflucht zu nehmen. Mit anderen Worten,<br />
jeder der einen bettelnden Aussätzigen antraf war zu einer Gabe verpflichtet. Die Verweigerung eines<br />
solchen Werkes der Barmherzigkeit galt als schwere Sünde. Diese geschichtlichen Fakten mögen<br />
zunächst die Situation der <strong>Leprösen</strong> gar nicht so negativ erscheinen lassen. Dennoch muss festgestellt<br />
werden, dass es sich bei den Aussätzigen, um die Ausgestoßenen <strong>des</strong> Mittelalters handelt.<br />
Zunächst einmal ausgehend von der Vorstellung, dass diese Krankheit als hochgradig ansteckend<br />
und unheilbar galt, wurden die <strong>Leprösen</strong> immer mehr aus dem normalen Alltagsleben der Städte<br />
und Orte verdrängt. Schließlich bestimmte das dritte Laterankonzil von 1179 die totale Absonderung<br />
der Aussätzigen von den gesunden Menschen. Die Behörden einer Stadtgemeinde wurden verpflichtet<br />
zu Beginn einer jeden Amtszeit eine regelrecht Durchsuchung <strong>des</strong> Gebietes auszuführen,<br />
um eventuelle Aussätzige aufzuspüren. Jeder Pfarrer wurde, unter Androhung von Exkommunikation,<br />
angewiesen beim bloßen Verdacht auf eine Lepraerkrankung sofort Anzeige zu erstatten. Die<br />
Betroffenen wurden dann einer Art medizinisch-religiöser Untersuchungen unterzogen. Bei geringstem<br />
Verdacht wurden sie für das Hospiz bestimmt. In einem feierlichen Rechtsakt mussten sie sich<br />
aller ziviler Rechte und Besitztümer entkleiden und in einem anschließenden kirchlichen Ritus wurden<br />
sie dazu bestimmt und ausgeweiht die Welt zu verlassen. Damit waren sie für die religiöse