Xavier Naidoo Wolfgang Marzin Thomas Bahr - Europäischen ...
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Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Deutschland ist heute der Fels in der globalen Ökonomie-<br />
Brandung. Es ist bereits vom neuen Wirtschaftswunder<br />
die Rede. Internationale Konzerne entdecken den Standort<br />
Deutschland neu, weil hier auf Nachhaltigkeit in der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung gesetzt wird. Soziale Marktwirtschaft<br />
nennt man das auch gerne etwas altmodisch.<br />
Gerade die soziale Verantwortung vieler Mittelständler<br />
und Unternehmen hat dazu geführt, dass beispielsweise<br />
in der Not nicht kopflos agiert und Arbeitskräfte in großem<br />
Rahmen freigesetzt wurden, was eine ökonomische Tal -<br />
fahrt unweigerlich beschleunigt hätte. Deutschland<br />
fungiert heute als Wirtschaftsmotor für ganz Europa<br />
und geht international gestärkt aus der Krise hervor.<br />
In unserer neuen Ausgabe von ebn24 das Magazin wollen<br />
wir das Geheimnis um die Stärken des Wirtschafts -<br />
standortes Deutschland wieder etwas lüften. Die hier<br />
vorgestellten Unternehmen und Forschungs ein rich tungen<br />
sind die Basis dafür, dass wir international wettbewerbsfähig<br />
sind. Die Deutsche Welle ist hier zu nennen, die durch<br />
die weltweite Vermittlung eines positiven Deutschlandbildes<br />
den Wert der „Marke Deutschland“ steigern hilft.<br />
Wie wichtig Großbauprojekte wie Bahnhöfe und Flugplätze<br />
für unseren Wohlstand und unsere Wettbewerbsfähig<br />
keit sind, erklärt Prof. Dr. Rainer Schwarz in seinem<br />
Beitrag über den neuen Berliner Großflughafen auf Seite<br />
20. Eine wahrlich futuristische Arbeitswelt erleben Sie im<br />
„The Squaire“, das wir Ihnen auf Seite 16 vorstellen.<br />
Bei der Lektüre von ebn24 das Magazin, mit vielen<br />
interessanten Beiträgen aus unseren crossmedialen<br />
Projekten über europäische Wirtschaftsstandorte und<br />
aus der Büro- und Arbeitswelt, über Kunst und Fitness<br />
sowie den unterhaltsamen Meldungen, wünsche ich<br />
Ihnen viel Spaß.<br />
Ihr<br />
Jürgen Ströbele<br />
Chefredaktion<br />
3
4<br />
Titelgeschichten<br />
34 „Marke Deutschland“<br />
mit Auslandssender multimedial<br />
Die perfekte Vermarktung der „Marke<br />
Deutschland“. Die Deutsche Welle berichtet<br />
weltweit über das moderne Deutschland.<br />
48 Mein Land, meine Stadt, meine Heimat<br />
„Wir gehören zusammen“<br />
In Mannheim geboren und aufgewachsen,<br />
ist <strong>Xavier</strong> Kurt <strong>Naidoo</strong> für das Engagement<br />
in seiner Heimatstadt bekannt.<br />
24 Starker Partner Messe Frankfurt<br />
Frankfurt gilt als einer der wichtigsten<br />
Finanz plätze weltweit und ist ein zentraler<br />
Verkehrs knoten punkt für Deutschland<br />
und Europa. Dieser Status quo hat seine<br />
Ursache in der Tradition des Stand orts<br />
als Handels- und Messeplatz.<br />
26 Rente für Selbstständige?<br />
Wie Unternehmer sich absichern können<br />
Exklusiv-Interview von ebn24 das Magazin<br />
mit <strong>Thomas</strong> <strong>Bahr</strong>, CEO der Heidelberger<br />
Lebensversicherung AG.<br />
Wissenschaft<br />
8 Kaffee – Lebenselixier des<br />
modernen Homo Bürogensis<br />
Seit etwa 300 Jahren zählt Kaffee zu<br />
den Top-Kultgetränken im deutsch -<br />
sprachigen Raum.<br />
10 Den Ozean verstehen heißt<br />
die Zukunft gestalten<br />
Das Leibniz-Institut für Meereswissen schaften<br />
(IFM-Geomar) in Kiel mit seinem Forschungsspektrum<br />
Tiefsee boden, Meeresrohstoffe<br />
und marine Ökosysteme ist einzigartig.<br />
14 CRYO-BREHM Lebendarchiv der Wildtiere<br />
Mit tiefgefrorenen Stammzellen sollen<br />
Wild tier arten vor dem Aussterben<br />
bewahrt werden. Jahr hunderte im<br />
Kälteschlaf überleben bei –145° Celsius.<br />
Wirtschaft<br />
16 Heute in der Zukunft arbeiten!<br />
Mit einem neuen Ansatz will die New Work City<br />
sowohl Lebens- als auch Arbeitsmittelpunkt sein. Ein<br />
Konzept für die nächste Generation Arbeitsplatz.
Foto: ESO<br />
20 Flughäfen sind die Marktplätze der Moderne<br />
Wie wichtig Großprojekte wie Flughäfen<br />
oder Bahnhöfe für die wirtschaftliche<br />
Entwicklung einer Region sind, zeigt<br />
das Beispiel Berlin.<br />
28 Wachstum dank internationaler Hilfe<br />
In Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium<br />
für wirtschaft liche Zusammenarbeit<br />
und Ent wicklung (BMZ) plant der<br />
Europäische Wirtschafts Verlag eine Buchreihe<br />
über Länder, in denen es erst auf den<br />
zweiten Blick gute ökonomische Perspektiven<br />
gibt. Die erste Ausgabe beschäftigt<br />
sich mit Afghanistan.<br />
Technik<br />
38 SPACE: The final frontier<br />
Sie sind schon mitten unter uns, die Vasco<br />
da Gamas der Neuzeit, um die letzten Grenzen<br />
der Menschheit zu überwinden.<br />
40 Der Keks aus dem Tonlabor<br />
Zeigen, Erzählen, Berühren, Fühlen …<br />
Multisensorisches Marketing nutzt die<br />
Erkenntnisse der Neuroökonomie und<br />
Wahrnehmungspsychologie.<br />
Gesundheit<br />
42 Vom Schreibtisch auf die Matte<br />
Business Yoga hat sich zu einem Trend<br />
entwickelt, denn fitte Arbeitnehmer sind<br />
seltener krank und leisten mehr.<br />
Kultur<br />
44 Rheinsberger Inspirationen<br />
Mitten im Nirgendwo – Mitten in der Kultur. Kultur -<br />
hauptstadt im Norden Brandenburgs ist der<br />
selbstverliehene und nicht gerade an spruchslose<br />
Titel, den sich Rheinsberg selbst gegeben hat.<br />
Wer oder was steckt hinter dem Erfolg?<br />
Sonstiges<br />
3 Editorial<br />
5 Meldungen<br />
50 Impressum<br />
inhalt<br />
Weiterführende Informationen: www.eso.org/public/germany/news/eso1110/ & www.ebn24.com<br />
Brauner Zwerg<br />
Sternenfehlgeburt ist so heiß wie eine Tasse<br />
Tee. Astronomen haben einen Kandidaten<br />
für den Titel „kühlster bekannter Stern“<br />
entdeckt: Auf seiner Oberfläche<br />
wird es kaum wärmer als<br />
in der Sauna.<br />
Ein französisch-amerikanisches<br />
Astro no men team<br />
hat ein über raschend<br />
kühles stern artiges Ob -<br />
jekt aufge spürt. Während<br />
die Tempera turen auf der<br />
Ober fläche von Sternen<br />
meist bei mehreren Tau -<br />
send Grad Celsius liegen,<br />
beträgt die Ober flächen tem -<br />
peratur auf dem etwas um -<br />
ständ lich CFBDSIR 1458 + 10B<br />
genannten Himmels körper un gefähr 100<br />
Grad Celsius. Zum Vergleich: Die Ober flächen -<br />
tem pe ratur der Sonne be trägt etwa 5.500 °C.<br />
Allerdings handelt es sich bei dem potenziellen Rekord -<br />
halter nicht um einen echten Stern, sondern um eine Art<br />
Sternenfehlgeburt: einen sogenannten Braunen Zwerg, zu<br />
klein für einen Stern und zu groß für einen Planeten.<br />
CFBDSIR 1458 + 10B ist der kleinere Partner eines Doppelsternsystems<br />
zweier Brauner Zwerge, die etwa 75 Licht -<br />
jahre von der Erde entfernt sind.<br />
Braune Zwerge gelten als Sterne mit Fehlzündung: Ihre<br />
Masse reicht nicht aus, um sich im Zentrum des Himmelskörpers<br />
so stark zu verdichten, dass eine Kernfusion ein -<br />
setzt, die sie leuchten ließe.<br />
Für Astronomen ist allerdings nicht nur interessant, wie<br />
sich die Braunen Zwerge von leuchtenden Sternen unter -<br />
scheiden, sondern auch, was sie von Planeten trennt.<br />
Mit dem Doppelsternpaar CFBDSIR 1458 + 10B aus zwei<br />
Braunen Zwergen hat das Astronomenteam nun gleich<br />
zwei Kandidaten gefunden, die hinsichtlich ihrer Eigenschaften<br />
schon sehr nahe an die Gasplaneten unseres<br />
Sonnensystems rücken.<br />
Ein US-Astronomenteam hat mit dem Spitzer-Weltraumteleskop<br />
einen weiteren Braunen Doppelstern aufgespürt,<br />
der ebenfalls sehr geringe Oberflächen tem pe raturen<br />
auf weist. Die Jagd nach dem kältesten Braunen Zwerg<br />
ist damit in vollem Gang – die Entscheidung sollen nun<br />
genauere Messungen bringen.<br />
5
Weiterführende Informationen: www.bitkom.org & www.ebn24.com 6<br />
Wolkenschlösser<br />
am IT-Himmel<br />
Der lokale Rechner hat ausgedient.<br />
Beim Cloud Computing werden IT-Inhalte<br />
in Echtzeit über Datennetze (Cloud)<br />
bereitgestellt, jederzeit und überall.<br />
Es braut sich etwas zusammen und keiner hat es<br />
gemerkt. Die diesjährige CeBIT stand unter dem Motto:<br />
„Work and Life with the Cloud“. „Cloud Computing ist<br />
der Megatrend im Hightechsektor“, ist sich BITKOM-<br />
Präsident und Internetpionier Prof. Dr. August-Wilhelm<br />
Scheer sicher. Viele Internetnutzer sind seit langem<br />
Teil der Cloud, ohne es direkt zu wissen. Das Angebot<br />
reicht vom einfachen Nachrichtenversand über Datenspeicherung<br />
auf externen Servern bis hin zu hochkomplexen<br />
Anwendungen für multi nationale Konzerne.<br />
Grundsätzlich werden Daten nicht mehr auf der lokalen<br />
Festplatte abgespeichert oder Software von dieser<br />
abgerufen. Der komplette Content ist auf externen Servern<br />
hinterlegt und kann über eine dauerhafte Internet leitung<br />
abgerufen werden. Das hat eine Menge Vorteile. Erstens<br />
muss keine hochpreisige Hardware angeschafft werden.<br />
Zweitens können mehrere Nutzer gleichzeitig auf denselben<br />
Inhalt oder auf eine ein malig angelegte Anwendung<br />
zurückgreifen und drittens gibt es keine örtlichen<br />
Beschränkungen mehr. Von jedem Ort der Welt können<br />
die gleichen Daten genutzt werden. Aber wo viel Licht<br />
ist, findet sich auch Schatten. So wird Nutzern in der<br />
„Cloud“ zunehmend die Möglichkeit ge nommen, auf<br />
die Verarbeitung ihrer Daten Einfluss zu nehmen.<br />
Problematisch ist außerdem die Einführung besserer<br />
Sicherheitsmaßnahmen, wie zum Beispiel Daten ver -<br />
schlüsselungen. Dennoch prognostiziert der Branchen -<br />
verband BITKOM bis 2015 Umsatzsteigerungen mit<br />
Cloud-Anwendungen von über 13 Milliarden Euro.<br />
Weiterführende Informationen: www.deutsche-bank.de & www.ebn24.com<br />
Wiedereröffnung der<br />
Deutschen Bank-Türme<br />
Gebäude bekommt Öko-Zertifikate LEED<br />
Platin und DGNB Gold als eines der umweltfreundlichsten<br />
Gebäude der Welt.<br />
Nach dreijähriger Renovierung wurden die beiden 155 Meter<br />
hohen Türme der Deutschen Bank zu Beginn des Jahres<br />
wiedereröffnet.<br />
Dr. Josef Ackermann, Vorsitzender des Vorstands der<br />
Deutsche Bank AG, erklärt dazu gegenüber ebn24 das<br />
Magazin: „Diese Türme sind nicht nur Frankfurter Wahrzeichen,<br />
sie sind zugleich Markenzeichen einer starken<br />
und global orientierten, aber in Frankfurt und Deutschland<br />
verwurzelten und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung<br />
bewussten Deutschen Bank.“<br />
Die Deutsche Bank hat den Umbau ihrer Zentrale<br />
genutzt, um eine Vielzahl innovativer und zukunftsgerichteter<br />
Ideen vor allem auf dem Feld der Ökologie<br />
zu verwirklichen. Der eingesparte Energiebedarf für<br />
Kühlung und Heizung liegt bei 67 Prozent. Der Energie -<br />
bedarf konnte insgesamt um die Hälfte – das entspricht<br />
einem Stromverbrauch von 1.900 Haushalten –, der<br />
Verbrauch von Wasser um über 70 Prozent, damit können<br />
22 Olympische Schwimmbecken an Wasser eingespart<br />
werden und die CO 2-Emissionen um fast 90 Prozent<br />
verringert werden. Das eingesparte CO 2 entspricht einer<br />
Emission von 6.000 Pkw, bei 12.000 Kilometern Fahrleistung.<br />
Dies macht die Doppeltürme zu einem der umweltfreund<br />
lichsten Hochhäuser der Welt. Die Recyclingquote<br />
lag bei 98 Prozent. Dies wurde erreicht durch das Recycling<br />
von 30.500 Tonnen Material während der Sanierung und<br />
durch den Einsatz von wieder verwendeten Materialien<br />
bei der neuen Ausstattung der 15.000 m² Fläche.<br />
Fotos: Rainer Jensen; Deutsche Bank AG; Lufthansa Cargo AG/Jens Görlich – © CGI: MO CGI GbR; Jochem Alferink/stock.xchange<br />
Fotos: xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Weiterführende Informationen: www.lufthansa-cargo.com & www.ebn24.com<br />
Mit Pauken<br />
und Trompeten<br />
Berliner Philharmoniker fliegen<br />
auf Lufthansa Cargo. Konzertreise in<br />
ausverkauften Häusern und mit Standing<br />
Ovations des begeisterten Publikums.<br />
Zum ersten Mal reisten die Musiker mit einer eigenen<br />
Maschine, die dem Orchester und Star-Dirigent Sir Simon<br />
Rattle für die komplette Konzertreise zur Verfügung stand.<br />
Zwischen Berlin, Abu Dhabi, Perth, Sydney und Singapur<br />
legten Kapitän Rainer Lange und seine Crew mit der<br />
Boeing 747 „Dresden“ immerhin 45 Stunden reine Flugzeit<br />
zurück. Insgesamt mussten 150 Musiker, 73 Kleiderkisten<br />
mit Frack, weiß gestärkten Hemden, Fliegen und<br />
blank geputzten Lackschuhen sowie 81 Kisten mit<br />
diversen Musikinstrumenten Platz finden. Die Cargo-<br />
Liste reichte von der schlanken Querflöte über den riesigen<br />
Kontrabass bis hin zu den mächtigen Pauken. Jede Pauke<br />
für sich benötigte eine Spezialkiste, die mit Isolier material<br />
gegen Temperaturschwankungen und Erschütterungen<br />
ausgeschlagen war und einen Kubikmeter einnimmt.<br />
Insgesamt 110 Kubikmeter in sperrige Spezialkisten<br />
verpackte Musikinstrumente und 50 Kubikmeter Koffer<br />
von Musikern, Flugbegleitern und Piloten galt es ans Ziel<br />
zu bringen – in einem Flugzeug, in das nach Herstellerangaben<br />
eigentlich nur 118 Kubikmeter passen. Was in den<br />
Frachtraum nicht reinpasste, musste deshalb ab Reihe<br />
50 auf die Sitzplätze. Jeder Be- und Endlade vorgang<br />
wurde akribisch überwacht. „Die Arbeitsgeräte der Musiker<br />
haben schließlich ihren Preis. Für die Geigen beispielsweise<br />
aus dem Hause der berühmten Italiener Amati<br />
oder Guaneri, wie sie Mitglieder des Orchesters nutzen,<br />
kann man in guten Lagen Münchens ein Reihenhaus<br />
erstehen“, erklärt Frachtexperte <strong>Wolfgang</strong> Braasch von<br />
Lufthansa Cargo gegenüber ebn24 das Magazin.<br />
Meldungen<br />
Weiterführende Informationen: www.hhi.fraunhofer.de & www.ebn24.com<br />
3D im Handyformat<br />
3D ohne Brille ist ein Trendthema. Fraunhofer<br />
Heinrich-Hertz-Institut aus Berlin stellt Schlüssel -<br />
technologien für 3D-Anwendungen vor.<br />
Videokonferenzen sind globaler Business-Alltag.<br />
Eine intensive Gesprächsatmosphäre ist über die<br />
Techno logie jedoch schwer herzustellen. Da die<br />
Teilnehmer während des Gesprächs auf das Display<br />
– also in das Gesicht des Gegenübers – und nicht in<br />
die Kamera über dem Display schauen, laufen die<br />
Blicke der Konferenz teilnehmer ins Leere. Damit<br />
fehlt im Gespräch ein wichtiger Bestandteil der nonverbalen<br />
Kommunikation. Bei der Virtual Eye Contact<br />
Engine, der Komponente für Video konferenzsysteme<br />
des Fraunhofer HHI, sind drei Kameras am Bildschirm<br />
befestigt. Eine 3D-Struktur in Echtzeit wird erstellt<br />
und aus den Informationen wird ein 3D-Modell<br />
erzeugt. Mithilfe des 3D-Modells schafft die Software<br />
die Ansicht einer virtuellen Kamera, die auf die Stelle<br />
auf dem Display ausgerichtet ist, auf den der<br />
Gesprächsteilnehmer seinen Blick richtet. Damit ist<br />
Augenkontakt zwischen beiden Gesprächspartnern<br />
her gestellt, obwohl keiner von beiden direkt in die<br />
Kameras schaut.<br />
Die Datenverarbeitung erfolgt in Echtzeit mit sehr<br />
geringen Verzögerungen, die Bildaufnahmen werden<br />
in HD-Qualität geliefert. Gegenüber ebn24 das<br />
Magazin bestätigte das Institut: „Das Software-<br />
Modul ist sowohl für Desktop-Systeme als<br />
auch für Telepräsenz-Systeme geeignet. In<br />
Verbindung mit einer neuen Kom pri mierungs<br />
software funktioniert 3D dann auch<br />
auf Handys.“<br />
7
8<br />
Kaffee – LeBenseLixier<br />
des modernen Ho mo Bürogensis<br />
Ob Café Macchiato, Cappuccino,<br />
Espresso oder Kaffee normal: Seit etwa<br />
300 Jahren zählt Kaffee zu den Top-Kultgetränken<br />
im deutschsprachigen Raum. Über 500.000 Tonnen Rohkaffee<br />
werden in Deutschland pro Jahr verbraucht. Selbst Bier kann da<br />
nicht mithalten und liegt beim Konsum nur auf dem zweiten Platz. Ohne Kaffee kann<br />
der moderne Büroalltag gar nicht mehr stattfinden …<br />
Was aus den Kaffeemaschinen der Nation<br />
blubbert, ist längst nicht alles köst licher und<br />
be kömmlicher Kaffee ge nuss. Die Qualität<br />
entscheidet sich bei der Ernte, der Kaffeemischung,<br />
der Röst ung und der Zubereitung.<br />
Black is beautiful? Schwacher Gastronomiekaffee sieht<br />
durch die Beimischung preiswerter Robusta-Bohnen<br />
häufig kräftig schwarz aus, ist aber bei 5–6 Gramm<br />
Kaffee pro Tasse relativ schwach. Dagegen kann ein<br />
sorten reiner Hoch landkaffee, bei dem man den Grund<br />
der Tasse sieht, aber mit über 8 Gramm sehr gut dosiert<br />
ist, bekömmlich sein und hervorragend aro matisch<br />
schmecken. Kleine Fettaugen auf dem Kaffee sind<br />
Zeichen des Kaffee öls und Aromatransporteure – sie<br />
gehören zur guten Bohne. Ein Spitzen kaffee entwickelt<br />
beim Brühen einen hellen, ockerfarbenen Schaum (nicht<br />
zu verwechseln mit dem maschinell ent standenen Schaum<br />
durch Kaffeemaschinen, die mit Druck systemen arbeiten<br />
oder Zusätze enthalten, die das Schäumen verursachen).<br />
Kaffee wächst entlang des Äquators – die unterschiedlichen<br />
Böden in den Herkunftsregionen usw. beeinflussen<br />
den Geschmack. Kaffees aus Lateinamerika werden als<br />
aus gewogen mit einer lebhaften prickelnden Säure charak<br />
terisiert. Als vielschichtig und mit komplexen Aromen<br />
sowie exotischen Fruchtnoten ausgestattet gelten die<br />
Kaffees von der arabischen Halbinsel. Würzige Kräuternoten<br />
und erdige Aromen finden sich in Kaffees aus<br />
den pazifischen und asiatischen Regionen. Ursprünglich<br />
kommt die Kaffeepflanze aus Äthiopien und heißt dort<br />
„kahve“. Im Wesent lichen kommen zwei Sorten in unsere<br />
Kaffeetassen: Robusta, eine anspruchslose Tief landpflanze,<br />
sowie Arabica, die Diva der Kaffees. Eine Sorte,<br />
die gute Pflege, bestimmte Böden und Klima des Hochlandes<br />
ab etwa 700 Metern benötigt. Aber: nur wo<br />
100 Prozent Arabica auf der Packung steht, ist dieser<br />
Kaffee pur enthalten. Mischungen mit Robusta sind<br />
üblich, täuschen Qualität vor und tragen dann die Aufschrift<br />
Arabica, weil sie teilweise diese Bohnen enthalten –<br />
laut europäischem Recht ist dies erlaubt.<br />
w
Fotos: Tchibo<br />
Gute Kaffees haben ihren Preis, denn<br />
diese werden von Hand gepflückt – so wandern<br />
nur die guten in das Töpfchen … und dann bekommen<br />
auch die Bauern lebens werte Preise – letztere sind an<br />
den inzwischen anerkannten Fair-Trade-Labels erkennbar.<br />
Vor der ersten Ernte müssen die Bäume aber zunächst<br />
etwa fünf Jahre wachsen. Erst dann kann man Kaffeebohnen<br />
ernten und damit Geld verdienen.<br />
Gesäubert und getrocknet, gelangen die sortenreinen<br />
Bohnen nach Deutschland und werden erst hier geröstet<br />
und unter Umständen miteinander vermischt. Die<br />
Mi schung kann aus mehreren durch schnittlichen Kaffees<br />
angenehme Geschmacks richtungen zaubern. Dies ist<br />
auch bei Tees üblich. Sortenreine Kaffees liegen aber im<br />
Trend unter den Genießern und werden zu leicht höheren<br />
Preisen gehandelt. Ein höherer Preis zahlt sich sprichwörtlich<br />
in besserer Qualität aus, denn in der angelieferten<br />
Rohware finden sich häufig Verun reinigungen<br />
wie Staub, Mais, kleine Steine, Arbeits geräte, Sacknadeln<br />
oder ganze (modrige) Kaffeekirschen usw. Für hochwertige<br />
Sorten werden diese Fremdkörper mittels Reinigungs<br />
verfahren entfernt – bei preiswerten Sorten kurzerhand<br />
mitgemahlen.<br />
Das Röstverfahren ist hauptverantwortlich für den feinen<br />
Unterschied. Bei der traditionellen Trommelröstung, wie<br />
sie kleinere Röstereien einsetzen, werden die Bohnen<br />
15 Minuten bei 190 Grad völlig ausgeröstet und verlieren<br />
so ihre Feuchtigkeit. Reizstoffe und Chlorogensäuren<br />
gehen damit fast vollständig verloren. Nachteil: Die<br />
Bohne löst sich dabei sprichwörtlich in Luft auf und<br />
Wissenschaft<br />
verliert circa 16 Prozent an<br />
Gewicht. Aus einem Kilo Roh ware werden<br />
so 850 Gramm gerös teter Kaffee. Daher ist der so<br />
geröstete Kaffee auch meistens etwas teurer.<br />
Bei den industriellen Röstmethoden der Großröstereien<br />
wird die Bohne ca. 3 Minuten bei 260 Grad geröstet.<br />
Dadurch wird der Gewichtsverlust auf unter 3 Prozent<br />
begrenzt. Den so gewonnenen Kaffee vertragen allerdings<br />
nicht alle Konsumenten, da bei dieser Methode<br />
Gerbsäuren und Reizstoffe erhalten bleiben. Daher werden<br />
diese gerne nachträglich behandelt und unter Einsatz<br />
von hohem Druck und heißem Wasserdampf zu Schon-<br />
oder Mildkaffees „veredelt“.<br />
Der zweitteuerste Kaffee der Welt ist der Blue Mountain<br />
aus Jamaika mit über 100 Euro je Kilo. Der teuerste<br />
Kaffee, „Kopi Luwak“ genannt, kommt aus Indonesien<br />
bzw. von den Philippinen. Die wildwachsenden Kaffeekirschen<br />
werden dort von den Zibetkatzen gefressen. Diese<br />
scheiden die dann fermentierten Bohnen wieder aus, denn<br />
sie ernähren sich vom reinen Fruchtfleisch der Bohnen kirsche.<br />
Durch spezielle Bakterien der Katzen werden die Kaffeebohnen<br />
„besonders“ veredelt. Er riecht danach zwar leicht<br />
modrig, aber nach dem Rösten und Mahlen süßlich<br />
und schokoladig und besitzt ein einmaliges Aroma. Weltweit<br />
werden nur ca. 400 Kilogramm „geerntet“ – immer<br />
den Spuren der Katzen hinterher. Der Preis liegt bei<br />
über 1.000 Euro je Kilo Rohkaffee. Nicht überraschend<br />
ist die Tatsache, dass es sich bei der kaffeefressenden<br />
Katzenart um nachtaktive Tiere handelt.<br />
von Jürgen Ströbele<br />
9
10<br />
Wissenschaft<br />
dEn oZEan vErstEhEn<br />
hEisst diE Zukunft gEstaltEn<br />
Das Meer stellt für vie le Menschen eine wichtige Nahrungsquelle dar und ein Großteil des Welt handels<br />
wird über Wasserwege abgewickelt. Hie<br />
ins besondere weil die Ozeane für die Zukunft der Mensch<br />
r aus ergeben sich Chancen und Risiken, die es abzuwägen gilt,<br />
heit von entscheidender Bedeutung sein werden.
Fotos: © Stock.xchng/Makio Kusahara; © PETA<br />
Die Rückseite des Mondes ist besser bekannt<br />
als die Tiefen unserer Ozeane. Wir kennen<br />
zwar die Ausmaße der Meere (etwa 71 Prozent<br />
der Erdoberfläche sind wasserbedeckt)<br />
und deren Küs ten li ni en, doch unter der Wasseroberfläche<br />
ist vieles unbekannt. Die Morphologie des<br />
Meeresbodens ist in vielen Be rei chen genauso fraglich<br />
wie seine Zu sam mensetzung oder die Lebe wesen und<br />
Rohstoffe der Tiefsee. Ein Großteil der Mensch heit siedelt<br />
in küstennahen Re gionen und ist dort marinen Natur gefah<br />
ren ausgesetzt. Die Chancen, die das Meer uns bietet,<br />
und die Risiken, die das Meer für uns birgt, aus zuloten<br />
und zu bewerten, ist Aufgabe der Meeres forschung in<br />
Schles wig-Holstein, in Deutschland und weltweit.<br />
Das 2004 gegründete Leibniz-Institut für Meeres wissenschaften<br />
(IFM-GEOMAR) in Kiel ist mit seinem Forschungsspek<br />
trum, das von der Geologie des Tief seebodens bis<br />
zur Atmosphäre über dem Meer reicht und sich den<br />
Fragen des Klima wandels, der marinen Ökosysteme, der<br />
Meeres roh stoffe und der marinen Natur ge fah ren widmet,<br />
einzigartig in Deutschland. Mit etwa 700 Mitarbeitern,<br />
einem Jah res haushalt von 60 Millionen Euro, ei ner um -<br />
fangreichen Infra struktur mit vier Forschungs schiffen,<br />
Tief tauch ro bo tern und dem einzigen deutschen For schungstauch<br />
boot sind um fang reiche Mittel zur Erforschung<br />
der Meere vorhanden.<br />
Zu den Hoffnungen und Chancen, die das Meer birgt,<br />
zählen beispielsweise marine Wirkstoffe, die aus Bakterien<br />
und anderen Bewohnern der Ozeane ge wonnen werden<br />
und ein hohes Potenzial für die Entwick lung neuer Medikamente<br />
haben.<br />
Bisher nicht genutzte Energiereserven, die am Meeresboden<br />
schlummern, ge bunden in Methan- beziehungsweise<br />
Gas hydrat, könnten eine zukünftige Ener gie quelle<br />
darstellen. Das IFM-GEOMAR hatte bereits in den<br />
1990er Jah ren mit der Er for schung der Nutzung von<br />
marinen Me than hydraten begonnen und ist nun das<br />
Wissenschaft<br />
Der Meeresboden hält noch viele ungenutzte<br />
Ressourcen bereit. Methanhydrat könnte dabei<br />
eine zukünftige Energiequelle darstellen.<br />
weltweit führen de Institut auf<br />
diesem Gebiet.<br />
Neben fossilen Energieträgern gehen auch viele<br />
Erz lagerstätten zur Neige. Schles wig-holsteinische<br />
Meeres for scher sind weltweit anerkannte Experten in<br />
der Un ter su chung und Bewertung von Metall- und<br />
Edel metallerz-Vorkommen, die im Be reich der submarinen<br />
Gebirge der Welt oze ane auftreten und deren<br />
Abbau mög licher weise schon bald be ginnen kann.<br />
Auf der Seite der Risiken liegen der Kli ma wandel und<br />
seine Wirkung auf die Ozeane. Hier sind unter anderem<br />
der Mee res spiegel anstieg sowie häufigere und stär kere<br />
Sturmfluten zu nennen. Aber auch die Versauerung<br />
des Ozean was sers be dingt durch den Klimawandel<br />
be droht die Lebensbedingungen für vie le Mee res -<br />
be wohner, insbesondere Koral len.<br />
11
12<br />
Da neben sind viele Kleinstlebe wesen bis hin zu den<br />
Großfischen, die bereits un ter der massiven Über fischung<br />
leiden, durch die Versauerung der Ozeane ge fähr det.<br />
Dabei ist gerade die Nah rungs quelle Meer für die Menschheit<br />
von ele men tarer Be deutung. Schon heu te übersteigt<br />
die Nachfrage nach Fisch das Angebot.<br />
Neben Rohstoffen und ökologischer Viel falt des größten<br />
Lebensraums auf der Erde birgt das Meer auch Na turge<br />
fah ren, zu denen neben den schon angesproch enen<br />
Stürmen natürlich auch die durch Seebeben oder Hangrut<br />
schun gen ausgelösten Tsunamis ge hören. Auch hier<br />
treffen sich Wissen schaft und Wirt schaft. Gemeinsam<br />
wer den unter Ein satz mo dernster Tech no logien neue Be o bach<br />
tungssysteme ent wickelt, die zum Bei spiel mittels<br />
Früh warn syste men helfen, das Leben für Menschen in<br />
ge fähr de ten Küs ten re gio nen sicherer<br />
zu machen.<br />
ZUR PERSON:<br />
Wirkstoffe aus marinen Mikroorganismen<br />
finden unter anderem Anwendung<br />
in der Human- und Tiermedizin.<br />
Prof. Dr. Peter M. Herzig stu dier te Geo logie und Mine ralo<br />
gie, 1986 Promotion, 1988 bis 1989 Post doc an der<br />
Uni versity of To ron to, 1992 Habilita tion, 1993 bis 2003<br />
Pro fes sor an der TU Frei berg. Seit 2004 ist er Di rektor<br />
des Leib niz-Instituts für Mee res wis sen schaf ten sowie Leib -<br />
niz-Preis trä ger der Deut schen For schungs gemeinschaft<br />
und Ma ri ti mer Bot schaf ter der Eu ropäischen Kom mis sion.
Fotos: © Stock.xchng/diko1967; © Stock.xchng/atokatok; © Stock.xchng/Massimo Zunino; © Stock.xchng/iriann; © Stock.xchng/Kat Korman<br />
Weiterführende Informationen: www.ifm-geomar.de & www.ebn24.com<br />
Wissenschaft<br />
13
14<br />
CRYO-BREHM<br />
Lebendarchiv der Wildtiere<br />
Den weltweiten Tierbestand möglichst um -<br />
fassend zu dokumentieren war schon<br />
immer eine Her aus for der ung für die<br />
Wissenschaft und eine Ver pflich tung<br />
gegenüber den uns nach folgen den Generationen.<br />
Der deutsche Zoo loge Alfred Brehm schaffte<br />
es im 19. Jahr hun dert, mit einem populären Buch diese<br />
Thematik der Bevöl ke rung nahe zubrin gen: „Brehms Tierleben“<br />
entstand. Das Fraunhofer-Institut für Bio medi zi ni sche Technik<br />
(IBMT) im Saar land und die Fraunhofer-Ein rich tung für<br />
Marine Bio tech no logie (EMB) in Lübeck haben nun einen<br />
mo der nen Weg ge wählt, das Werk Brehms fortzusetzen.<br />
Zusammen mit mehreren zoo logischen Gärten in der Freien<br />
und Hans e stadt Ham burg, Mecklenburg-Vor pomm ern und<br />
dem Neunkircher Zoo gründeten sie den „CRYO-BREHM“, ein<br />
Lebend archiv, das seit Anfang 2005 tiefgefrorene Stammzellen<br />
von Wildtieren, genauer allen Vertebraten, sammelt.<br />
Kryoprobe in fünffach abgesichertem<br />
Plastikröhrchen zur Tieftemperaturlagerung.<br />
Weiterführende Informationen: www.ibmt.fraunhofer.de & www.emb.fraunhofer.de<br />
Mit tiefgefrorenen Stammzellen sollen Wildtierarten vor dem Aussterben bewahrt werden.<br />
Tiefgefroren überleben die Gewebestücke Jahrhunderte im Kälteschlaf bei –145° Celsius.
Fotos: Yolaine Conti/stock.xchng; Sias van Schalkwyk/stock.xchng;<br />
„Kryos“ kommt aus dem Grie chischen<br />
und be deutet Kälte oder<br />
Eis. Bei –145° Celsius, mit<br />
flüssi gem Stick stoff ge kühlt,<br />
bleiben die wertvollen<br />
Pro ben zu Fest kör pern<br />
er starrt unverändert<br />
über Jahr hunderte<br />
erhalten. Unter Kryokon<br />
ser vierung versteht<br />
man in der Biologie<br />
und Medizin die<br />
Lage rung von lebenden Zellen<br />
und kleins ten Gewebestücken bei tiefsten Tem peraturen.<br />
Gelagert wer den die Proben in großen, wie<br />
Thermo s kannen aufgebauten<br />
Stahl behältern, so genannten<br />
Kryo tanks. Das Tieffrieren<br />
ist die einzige Möglich keit,<br />
das Leben anzuhalten, das<br />
heißt Zellen lebend und dauerhaft<br />
aufzu bewahren.<br />
Ganze Tiere, die größer sind als ein Stecknadelkopf,<br />
kann man bislang nicht lebend einfrieren und wieder<br />
auftauen. Das ist auch nicht nötig, da sich in jeder<br />
Zelle die gesamte Information sowohl über die Art als<br />
auch über das Indi vi duum befindet. Seit dem Jahre<br />
2005 werden in Kooperation mit zoologischen Gärten<br />
Stammzellen aus den verschiedensten Geweben von<br />
Wil d tieren isoliert. Dies erfolgt nach Methoden, die<br />
von der Lübecker Fraunhofer-Ein rich tung für Marine<br />
Biotechnologie (EMB) über die Fraunhofer-Gesellschaft<br />
weltweit zum Patent angemeldet wurden. Die Fraunhofer<br />
EMB koordiniert somit auch das „CRYO-BREHM“-<br />
Projekt. Die Zellen verharren bei –145° Celsius im eisigen<br />
Tief schlaf, leben aber dennoch und sind zudem<br />
später noch beliebig vermehrungsfähig. Ein Pro ben -<br />
bestand kann also nahezu beliebig vermehrt werden.<br />
Ein Schatz für den Artenschutz, die For schung und<br />
jedwede spätere Nut zung zum Wohle der Menschheit.<br />
Das Be son de re an der Samm lung ist, dass durch die<br />
ent wickelten und verbesserten Iso la ti ons ver fahren der<br />
Wis sen schaft ler der beiden Fraun hofer-Ein rich tun gen<br />
kein Tier für die Zell- und Ge we be spende sterben oder<br />
einen invasi ven Eingriff erdulden muss. Erst nach dem<br />
Ableben eines Tieres wer den aus den verschie dens ten<br />
Ge weben Proben entnommen, aus denen dann die<br />
Stamm zellen isoliert werden. Wie das erfolgt, vor allem<br />
wie stabile, saubere und ver meh rungs fähige Zell kul tu ren<br />
aus den verschiedensten Ge weben und für nahezu jeden<br />
Organismus an gelegt werden können, ist das besondere<br />
Know-how des Konsortiums aus zoologi schen Gär ten<br />
und For schungs instituten. Die<br />
Kunst liegt in der Prä pa ration,<br />
Kultur und Kryolagerung der wert -<br />
vollen Stamm zellen in einer hoch -<br />
modernen „Eis bi b liothek“.<br />
„Das Tieffrieren ist die einzige Möglich keit,<br />
das Leben anzuhalten, das heißt Zellen<br />
lebend und dauerhaft aufzubewahren.“<br />
Das saarländische Wirt schafts -<br />
mi nis terium und die Fraun hofer-<br />
ZUR PERSON:<br />
Wissenschaft<br />
Prof. Dr. Günter Rolf Fuhr ist seit 2001 Direktor des Fraun -<br />
hofer-Instituts für Bio medi zi ni sche Technik IBMT mit Sitz in<br />
St. Ingbert und Sulzbach sowie Inhaber des Lehrstuhls für<br />
Bio tech no logie und Me di zintechnik an der Uni ver sität des<br />
Saar lan des. Davor wirkte er am Institut für Bio logie an der<br />
Hum boldt-Universität zu Berlin und gründete 2000 das Zen trum<br />
für Biophysik und Bio informatik an der Humboldt-Uni versität.<br />
15<br />
Gesellschaft nutzten im Jahr 2003 mit der<br />
Gründung der Kryo for schungs bank im saarländischen<br />
Sulzbach die Chance, dieses<br />
in ter national noch nicht besetzte Techno<br />
logie- und Wirt schafts feld zu gestalten.<br />
Vor drei Jahren begann die Zu sam men arbeit mit dem<br />
Neunkircher Zoolo gi sch en Garten im Saarland. In zwischen<br />
sind auch der Tierpark Ha gen beck in Hamburg,<br />
der Zoo logische Garten Rostock und mehrere For schungsein<br />
rich tun gen dabei. Vorgesehen ist, rasch ein möglichst<br />
umfang reiches Zellar chiv der wildlebenden Tiere aufzubauen.<br />
Stamm zellen aus den<br />
verschiedensten Geweben – von<br />
Fischen über Vögel bis zu Säugetie<br />
ren – liegen bereits vor.<br />
Hunderte dieser wertvollen<br />
Proben werden im saarländischen Sulz bach und am<br />
EMB in Lübeck, wo derzeit nach dem<br />
saar län di schen Modell eine moderne<br />
Kryobank ent steht, gelagert.<br />
Bei de Stand orte bilden<br />
das Lebend archiv, das der<br />
Doku men ta tion der Tierwelt<br />
und der Forschung<br />
dient. Bei Bedarf tauen<br />
Fraun hofer-Wis sen -<br />
schaft ler eine Probe<br />
auf, ver meh ren die<br />
Zellen und versenden<br />
sie welt weit. Aller -<br />
dings darf ein Teil<br />
als siche rer Be stand,<br />
die soge nannte „Back-<br />
up-Reserve“, nicht an -<br />
ge tastet werden. Welt-<br />
Blick auf die Kryotanks der<br />
weit gibt es nur wenige<br />
Forschungsbiobank des<br />
ähn liche Ein richtungen wie Fraunhofer IBMT in Sulzbach.<br />
den „CRYO-BREHM“, etwa den<br />
„Frozen Zoo“ in San Diego (USA),<br />
die „Frozen Ark“ in Großbritannien und<br />
die russi sche „Spe cialised Collection<br />
of Domestic and Wild Animals“.
16<br />
Wirtschaft<br />
Mit dem innovativen Ansatz der New Work City wird THE SQUAIRE sowohl eine neue Lebens-<br />
als auch Arbeitswelt sein. Ein Konzept für die nächste Generation des Arbeitens ... und das<br />
am mobilsten Standort Deutschlands – an der Autobahn und direkt über dem ICE-Fernbahnhof<br />
am Frankfurter Flughafen.<br />
Stellen Sie sich doch einmal vor, wie Ihr derzeitiger<br />
Arbeits platz aussieht. Und jetzt überlegen Sie<br />
sich einmal, wie Sie ihre Arbeitswelt gestalten<br />
würden, wenn Sie sie ver ändern könnten.<br />
Und? Wie sieht Ihre Arbeits welt der Zukunft aus?<br />
Welche grundlegenden Veränder ungen der Arbeitswelt<br />
müssen beachtet werden, wenn man vom Arbeitsplatz<br />
der Zukunft spricht? In Frankfurt ist diese Zukunft<br />
bereits heute zu sehen. New Work City heißt das innovative<br />
Konzept von THE SQUAIRE, mit 660 Meter Länge und<br />
65 Meter Breite eines der größten Büro gebäude Europas.<br />
Hier entsteht im Herzen Europas mit 140.000 Quadratmetern<br />
Gesamt nutz fläche ein völlig neues Kon zept für<br />
Arbeiten und Leben unter einem Dach. Die Dimensionen<br />
sind so gewaltig, dass das Gebäude sogar eine eigene<br />
Post leitzahl erhalten hat: 60600 und man deshalb von<br />
einem neuen Stadtteil sprech en kann.<br />
Der Idee der New Work City liegt die logische Er kenntnis<br />
zugrunde, dass Mit arbeiter das wichtigste Kapital der<br />
Unter nehmen darstellen. Alles dreht sich daher in der<br />
New Work City um das größte Potenzial der modernen<br />
Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft, den Menschen.<br />
Denn in allen Unternehmen sind die Mitarbeiter<br />
der größte Hebel für Erfolge. Egal, ob es um kreative<br />
Ideen geht, intensives Netzwerken oder effiziente<br />
Prozesse. Überall spielt der Mensch die entscheidende<br />
Rolle. Ent sprech end sind die Unter nehmens er folge<br />
davon abhängig, wie gut Men schen in ihrem Umfeld<br />
arbei ten können und wie wohl sie sich dabei fühlen.<br />
Dieser Ge danke war der Ausgangs punkt aller Pla nungen<br />
für die New Work City.<br />
Das Konzept der New Work City: Men schen, ihr Netz -<br />
werken und der Faktor Zeit. Basie rend auf den neuesten
Foto: Roland Horn<br />
For schungen, unter anderem von dem US- Zukunftsforscher<br />
Professor Richard Florida (Uni versity of Toronto),<br />
wurden für die New Work City die Schlüssel fak toren<br />
Mensch, Netzwerk und Zeit definiert. Hieraus leiten sich<br />
die positiven Mit ar beiter- und damit Unter nehmens effekte<br />
ab: direkte Kommu nikation mit Netz werk möglichkeiten,<br />
Wohl befinden und Zufriedenheit der Mit ar beiter, Effizienzsteigerungen<br />
und positive Image-Effekte.<br />
Den Anforderungen der heutigen Wis sens gesellschaft<br />
folgend sind der Aus tausch von Informationen und die<br />
Qualität persön licher Kontakte für Unterneh men beson -<br />
ders wichtig. Die persönliche Kom munikation zwischen<br />
den Mit ar bei t ern ist entscheidend für den Erfolg eines<br />
Unternehmens, das bestätigt auch Pro fessor Tom Allen<br />
vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Laut<br />
einer Studie des MIT entstehen 80 Prozent aller innovativen<br />
Ideen in persönlichen Gesprächen. Dies gilt<br />
auch für er folg reiche Geschäfts ab schlüsse. Eben falls<br />
80 Prozent aller wichtigen Ent schei dungen finden von<br />
Angesicht zu Angesicht statt. Aus diesem Grund ist eine<br />
der Kernfunktionen der New Work City die optimale<br />
Förderung der persön lichen Kommunikation und der<br />
er folg reichen Netzwerkarbeit. Die Förderung solcher<br />
persönlichen Kommunikation gelingt unter anderem<br />
durch große, als Lebensräume mit unterschiedlichen<br />
Themen gestaltete Atrien. Sie laden mit ihren Lounge-<br />
Ecken zu Treffen ein, zahl reiche Cafés und Restaurants<br />
bieten attraktive Möglichkeiten für Geschäfts essen<br />
und die Business-Lounge kann als exklusive Visiten -<br />
karte genutzt werden. Das Business- und Conference-<br />
Center er gänzt diese Kommuni kations platt for m e n. Die<br />
optimale Ver bindung von Beruf und Privat leben<br />
schafft ein ideales Arbeits um feld. Laut einer groß an -<br />
ge legten Um frage des US- Beratungs unter nehmens<br />
Gensler sind 90 Prozent der US- Büro an gestellten<br />
davon über zeugt, dass das Arbeits umfeld sich entscheidend<br />
auf ihre Zufriedenheit und damit auch auf<br />
die Motivation und Produktivität für das je weilige<br />
Unter nehmen auswirkt. Des halb wird hier alles unternommen,<br />
um das Arbeits umfeld positiv zu gestalten.<br />
Das bedeutet auch, die Verbindung zwischen Arbeits-<br />
und Privat leben zu optimieren.<br />
Zum Konzept gehören Einzelhandels läden, die zur<br />
Erledigung der täglichen Bedürf nisse dienen.<br />
17
18<br />
Arbeits- und Lebensraum – die urbane Zukunft von THE SQUAIRE.<br />
Ideal, wenn es im Büro später wird und die „normalen“<br />
Geschäfte bereits ge schlossen sind. Das Angebot ist<br />
dabei vielfältig und um fasst die Rei ni gung, den Friseur<br />
und reicht über den Juwelier bis hin zum fast<br />
durch gehend geöffneten Super markt. Auch eine<br />
Kindertagesstätte ist Bestand teil der neuen Arbeitswelt.<br />
Für die Gesund heits förderung sind ein Medical-<br />
center sowie ein Fitnesscenter vor gesehen. Eine<br />
besondere Unter stüt zung ist der haus eigene<br />
Concierge-Service auf Hotelniveau, der immer<br />
bereitsteht, um Boten gänge oder andere Dienste zu<br />
erledigen. Auch Wellnessange bote tragen neben der<br />
kulinarischen Vielfalt und den zwei Hilton-Hotels zur<br />
Entspannung bei. Ziel dieser Service- und Entspannungs<br />
an gebote ist es nicht nur, Stress abzubauen<br />
und die Batterien für das tägliche Arbeits -<br />
pensum aufzuladen. Es geht vor allem darum, Zeit zu<br />
gewinnen und somit mehr Frei räume für die wichtigen<br />
Dinge im Beruf sowie im Privat leben zu schaffen.<br />
Denn das Tagesmanage ment von Beruf und Privatleben<br />
erfolg reich zu bewältigen bringt ein gutes Gefühl<br />
und ist noch bemerkbar, wenn man nach Büro -<br />
schluss längst wieder zu Hause ist. All diese Maßnahmen<br />
tragen zur Zu frie den heit und Unter nehmens -<br />
bindung bei. Die Anwer bung neuer Leistungs träger<br />
wird dadurch deutlich vereinfacht, denn die New Work<br />
City stärkt die Attraktivität jedes hier angesiedelten<br />
Arbeitgebers. Angesichts des immer stärker werdenden<br />
Wett be werbes um die besten Köpfe ist dieser Vorteil<br />
nicht zu unterschätzen.<br />
Weitere Studien von Gensler haben er staun liche<br />
Ergeb nisse zutage gefördert: Durch das Schaffen<br />
INFOKASTEN:<br />
Zahlen, Daten, Fakten:<br />
Länge: 660 Meter<br />
Breite: 65 Meter<br />
Höhe: 45 Meter (9 Etagen)<br />
Gewicht: 350.000 Tonnen<br />
97 Aufzüge und Rolltreppen<br />
7.000 Türen<br />
2.500 Kilometer verlegtes Kabel<br />
145.000 Quadratmeter Fassaden flächen<br />
Glasdach mit mehr als 2.000 Scheiben<br />
Baumaterialien:<br />
20.000 Tonnen Stahl<br />
60.000 Kubikmeter Beton<br />
600 Pkw-Stellplätze im Gebäude<br />
2.500 im angrenzenden Parkhaus (im Bau)<br />
Mietfläche in Quadratmetern:<br />
140.000 Gesamt<br />
94.500 Büros<br />
34.500 Hotels<br />
5.900 Handel & Gastronomie<br />
13.000 Atrien<br />
Grundsteinlegung: 1. März 2007<br />
Richtfest: 3. Juni 2009<br />
Fassadenschluss: 2. Juli 2010<br />
Einige der bekanntesten Unternehmen<br />
zählen bereits zu den Mietern:<br />
Unter anderem KPMG, Arthur D. Little,<br />
zwei Hotels der Hilton Worldwide Gruppe,<br />
Nemak Europe
Fotos: Roland Horn; Gaby Sommer<br />
Weiterführende Informationen: www.thesquaire.com & www.ebn24.com<br />
moderner Arbeits welten erzielen die leistungsstärksten<br />
Unter nehmen der Welt ein Ergebnisplus von 38 Prozent.<br />
In einer Potenzialanalyse ermit telten die Berater von<br />
Gensler bei US-Unternehmen ein spür bares Ein nahmeplus,<br />
wenn den Mitarbeitern ein modernes Arbeits platzumfeld<br />
mit attraktiven sozialen Aspekten zur Verfügung<br />
gestellt wird. Und Zahlen des Statistischen Bundesamtes<br />
aus Deutschland belegen, dass zu friedene<br />
Mitarbeiter deutlich seltener krank sind als ihre<br />
unzufriedenen Kol legen. Da der Personal kosten block<br />
laut Bundesamt für Statistik in der deutschen Wirtschaft<br />
rund 76 Prozent aller Unter nehmens aus gaben beträgt,<br />
Mietkosten hingegen bei spiels weise bei durch schnitt lich<br />
nur acht Prozent liegen, können hier spürbare Effizienz -<br />
gewinne realisiert werden.<br />
Die Vorteile des New-Work-City-Konzeptes haben<br />
bereits namhafte Unternehmen überzeugt. So verlegt<br />
beispiels weise das Be ratungs unternehmen<br />
KPMG seine Europa-Zen trale von London hierher.<br />
Ein erheblicher Teil der Flächen ist bereits fest vermietet<br />
und das Interesse am Ge bäude ist groß – auch für<br />
die bereits ab 15 Quadratmeter angebotenen Flächen<br />
für Repräsentanzen. Denn es ist nicht nur reizvoll, in<br />
einer eigenen Stadt zu arbeiten, mit dem Flug hafen<br />
vor der Bürotür, dem ICE in der Tiefgarage und den<br />
wichtigsten Auto bahnen um die Ecke, sondern es spart<br />
vor allem Zeit und Kosten. Entscheidend für den Erfolg<br />
ist jedoch die konsequente Ausrichtung an den Arbeitsfaktoren<br />
Mensch, Zeit und Netz werken, denn damit<br />
sind langfristig überdurchschnitt liche Unter nehmens -<br />
erfolge erzielbar.<br />
ZUR PERSON:<br />
Wirtschaft<br />
Dr. Gerhard Niesslein promovierte 1978 zum<br />
Dr. jur. an der Universität Wien. Von 1999 bis<br />
2008 war der gebürtige Österreicher aus der<br />
Steier mark Vor sitzender der Geschäftsführung<br />
der zur Deutschen Telekom AG gehörenden<br />
DeTe Immobilien GmbH. Seit 2008 ist er<br />
Vor standssprecher der IVG Immobilien AG.<br />
19
20<br />
Wirtschaft<br />
Flughäfen sind die<br />
Marktplätze der Moderne<br />
Mit dem Tausch von Waren fing alles an!<br />
Schon früh kamen die Menschen auf allen<br />
Kontinenten zu der Überzeugung, dass es am<br />
einfachsten ist, wenn man sich zu einer bestimmten<br />
Zeit an einem Ort trifft, um Güter miteinander zu<br />
tauschen. Das war die Geburtsstunde der Logistik:<br />
Reisen und der Transport von Waren von einem Ort zum<br />
anderen, um diese zu handeln.
Fotos: LufthansaCargo/Martin Jehnichen<br />
Bereits vor Tausenden von Jahren wurden<br />
für den Austausch von Waren enorme<br />
Entfernungen zurückgelegt. Infolge dieses<br />
überregionalen Handels entstanden an<br />
strategisch günstigen Orten Waren umschlag<br />
plätze, neu deutsch „Hubs“ genannt. Hier trafen<br />
sich Händler, um sowohl untereinander als auch mit<br />
der orts ansässigen Bevöl ke rung ihre Waren zu tauschen.<br />
Da diese Markt plätze auch immer gut befestigt<br />
und damit geschützte Orte waren, in denen sich<br />
Handel und Sozial wesen ungestört entwickeln konnten,<br />
siedelten sich immer mehr Menschen in und um<br />
sie herum an.<br />
Immer größer wurde die Sogwirkung dieser Orte. Für<br />
immer mehr Menschen mussten Wohn raum errichtet,<br />
Straßen an gelegt, Kleidung genäht und Nahrung beschafft<br />
werden. Neue Berufe und Handwerke ent standen und<br />
es verdienten immer mehr Menschen mit dem Handel<br />
von Waren ihr Geld. Da durch entwickelten sich aus<br />
ur sprüng lich kleinen Siedlungen stark frequentierte<br />
Markplätze, die schließlich zu Städten und nicht selten<br />
zu Groß städten heran wuchsen. New York, Tokio, Berlin,<br />
London – die modernen Großstädte unserer Zeit haben<br />
hier ihre Wurzeln.<br />
Genau wie ihre Vorgänger, die frühmen schlichen und<br />
mittelalterlichen Markt plätze, üben diese Großstädte<br />
auf ihre Umgebung eine starke Sogwirkung aus. Auch<br />
dies ist eine logische Konsequenz unserer Geschichte:<br />
Als man dazu über ging, Waren zu tauschen und diese zu<br />
zentralen Marktplätzen zu transport ieren, war dies die<br />
Geburtsstunde der Supply-Chain und Just-in-Time-An liefe<br />
rung. An gesichts schlechter, unsicherer Schiffs passa gen<br />
und relativ kleiner Schiffs vo lu men standen die Men schen<br />
dabei in früherer Zeit vor großen Heraus forder ungen.<br />
Von einer gesetzlich geregelten, ununterbrochenen Kühlkette,<br />
wie sie heute existiert, ganz zu schweigen. Dem<br />
Erfin dungs reichtum sei Dank, sind solche Pro bleme<br />
inzwischen gelöst. Die Grund an liegen sind damals wie<br />
heute die gleichen: Menschen und Waren sollen schnellstmög<br />
lich und preiswert von A nach B transportiert werden.<br />
Und hier spielt die Luft fracht eine immer größere und<br />
be deu tendere Rolle. Im Nach kriegs deutschland entstan den<br />
in den Innenstädten erste „Einkaufs er leb niswelten“ wie<br />
Karstadt, Hertie und Horten, in denen die Men schen<br />
alle Artikel des täglichen Bedarfs kaufen konnten.<br />
In den letzten Jahrzehnten haben sich in den Innenstädten<br />
und vor den Toren der Städte große Shoppingcenter<br />
nach amerikanischem Vorbild etabliert. Ein viel -<br />
fältiges Waren angebot, gute Park möglichkeiten sowie<br />
eine gute Anbin dung an die Ver kehrs wege sind die<br />
entscheidenden Erfolgs faktoren dieser Einkaufs zen tren.<br />
Einkaufen ist heute nicht nur der reine Erwerb von Waren,<br />
sondern ein Erlebnis ausflug mit Unterhaltungs wert.<br />
Auch Bahnhöfe und Flughäfen versuchten in den Anfangstagen<br />
mit bescheidener Gastronomie und wenigen<br />
Einkaufs mög lichkeiten die Wartezeit der Reisenden zu<br />
verkürzen. Das wirtschaftliche Potenzial wurde aber<br />
lange nicht ausgeschöpft, auch aus Rücksicht auf den<br />
städtischen Einzelhandel. Mit dem Entstehen großer<br />
Einkaufszentren fand aber ein Um denken statt.<br />
Mittlerweile kann man in Bahn höfen und Flug häfen<br />
mehr als nur Tickets und belegte Bröt chen erwerben.<br />
In dem 2006 eröffneten Berliner Hauptbahnhof finden<br />
Reisende und Berliner ein reichhaltiges und hoch -<br />
wertiges Angebot an Res tau rants, Bekleidungs- und<br />
Einzel handels geschäften. Großbahnhöfe und Flug häfen<br />
bieten mittlerweile eine so große Viel falt an Ge schäf ten<br />
und Dienstleistungen wie eine mittelgroße Stadt –<br />
immer in einem geschützten Raum, sauber und gepflegt.<br />
Darüber hinaus siedeln sich in deren Nähe hoch klassige<br />
Hotels und Dienst leister an. Sie haben sich – wie die<br />
alten Marktplätze – zu Treff punkten einer in zwischen<br />
global reisenden Gesellschaft entwickelt. Die Bedürfnisse<br />
der Reisenden werden entsprechend befriedigt. Essen<br />
von nahezu allen Kontinenten wird angeboten – wer<br />
Fernweh nach asiatischen, arabischen oder südamerikanischen<br />
Speisen hat, kann dies ebenso stillen wie<br />
die meis ten anderen Wünsche. Die Be dürfnisse der<br />
Reisenden wecken Nach frage und dies führt zu<br />
Wachstum und Wohlstand. Das Konzept der „Marktplätze“<br />
entwickelt sich ständig weiter, nur viel nachhaltiger<br />
als früher.<br />
Intermodalität, bezogen auf den Güter- und Perso nenverkehr,<br />
ist einer der zen tralen Erfolgsfaktoren moderner<br />
Wirt schafts standorte. Dort, wo der Mut zu großen<br />
Logistikprojekten vorhanden ist, wird dieser mit wirtschaftlichem<br />
Wachs tum belohnt. Der Ausbau und die<br />
Weiter entwicklung von Flughäfen verstärken deren<br />
Bedeutung als Hubs in globalen Supply Chains. Schnell<br />
siedeln sich große Logistik- und Lagerdienstleister um<br />
inter nationale Flughäfen herum an. Es folgen technische<br />
Dienstleister und in der Folge entstehen immer<br />
mehr Arbeitsplätze.<br />
21
22<br />
Wirtschaft<br />
Wenn man international wettbewerbsfähig bleiben<br />
will, muss man Logistik als Chance für Innovation<br />
und Beschäftigung und als wirtschaftlich dynamischen<br />
Prozess be greifen und entsprechend kommunizieren.<br />
Um ein dauerhaftes Wachstum sicherzu stellen, müssen<br />
unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit sowie<br />
ökologischer Belange die Kapazitäten und Ressourcen<br />
in den Bereichen Infrastruktur, Flächen,<br />
Tech no logie und Wissen bereitgestellt und permanent<br />
weiterentwickelt werden. Dazu ist es notwendig,<br />
dass Politik, Wirt schaft und Wissenschaft die Vernetzung<br />
der Logistikakteure weiter stimulieren. Die effiziente<br />
Steuerung der weltweiten Güterströme in einer immer<br />
stärker durch glo bale Handelsbeziehungen geprägten<br />
Welt hat zu einer gestie genen betriebswirtschaftlichen,<br />
aber vor allem auch volks wirtschaftlichen Bedeutung<br />
der Logistik geführt. Dies schließt den Bau von Lkws,<br />
Zügen, Flugzeugen und Schiffen inklusive aller Infrastruktur<br />
maßnahmen wie Flughäfen, Bahn höfen,<br />
Autobahnen und Hafenanlagen ein.<br />
Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der<br />
Logistik ist dabei leicht zu belegen. Nach dem<br />
Automobilbau und dem Gesund heits wesen liegt<br />
der Bereich Logistik, ge messen am Umsatz und<br />
den Beschäf ti gungs zahlen, in Deutschland an<br />
dritter Stelle.<br />
Rechnet man die der Logistik nahe ste henden Branchen<br />
wie beispielsweise Förder- und Lagertechnik, IT-Systeme,<br />
Logistik-Immobilien, Betriebs- und Treib stoffe und<br />
auch die dazugehörige Verkehrs infrastruktur und Bauwirt<br />
schaft mit ein, ist die Logistik mit großem Abstand<br />
die wichtigste Branche in Deutschland. Logistik wird<br />
auch deshalb immer wichtiger, weil im Zuge der<br />
Globa lisie rung die Waren ströme in neu erschlossene<br />
Wirtschafts räume und zu neuen Geschäftskontakten<br />
stetig steigen.<br />
Eine hervorragende Logistik infra struktur ist wichtig für<br />
das wirtschaftliche Wachs tum in der Region Berlin-<br />
Brandenburg. Mit dem neuen Flughafen wird die<br />
Region Berlin-Brandenburg erstmals über einen<br />
Flughafen verfügen, der die Bedürf nisse der Wirtschaft<br />
optimal befrie digen wird und der in der Mitte Europas<br />
gelegen einen starken Schwerpunkt bei innereuropäischen<br />
Point-to-Point-Verkehren und ausgewählten<br />
Lang strecken ver bin dungen haben wird. Die Lage in<br />
der Mitte Europas ist ein strategischer Vorteil für die<br />
Region: Flugzeiten nach Osteuropa und Asien sind<br />
eine Stunde kürzer als von etablierten Drehkreuzflughäfen<br />
im Westen des Kontinents. Neben attraktiven<br />
Flugverbindungen wird auch ein breites Non-Aviation-<br />
Angebot zum Flughafen gehören. Für Passagiere und<br />
Gäste des neuen Hauptstadtflughafens entsteht ein<br />
interessanter und abwechslungsreicher Marktplatz<br />
mit hoher Aufenthalts qualität mit rund 150 Verkaufs-<br />
und Gastronomie flächen auf mehr als 20.000 Quadratmetern.<br />
Darin enthalten sind rund 30 gastronomische<br />
Betriebe und 20 Service einrichtungen. Das Herzstück<br />
des Retail konzeptes bildet ein 9.000 Quadrat meter<br />
großer Marktplatz im Zentrum des Hauptterminals.<br />
Direkt vor dem Terminal entsteht die Airport City, ein<br />
modernes Dienstleistungszentrum, das ein 4-Sterne-<br />
Superior-Hotel der Steigenberger-Gruppe mit angeschlossenem<br />
Konferenz zentrum, ein Büro- und Dienstleistungsgebäude<br />
sowie Parkhäuser mit einer Kapazität<br />
von etwa 10.000 Stellplätzen umfasst.<br />
Am Nord-Ost-Rand des Flughafens entsteht der größte<br />
Gewerbepark der Haup t stadt: der BBI Business Park<br />
Berlin. Das großzügig durchgrünte Areal bietet auf<br />
109 Hektar Fläche maßgeschneidert arrondierte, voll<br />
erschlossene Grund stücke für Unternehmen aller Art<br />
– vom Existenzgründer bis zum Back Office, vom regionalen<br />
Distributionszentrum bis zum weltweit agierenden<br />
Produzenten. Um den schnellen und zuverlässigen<br />
Trans port von Waren und Menschen sicherzustellen,<br />
wird der Flughafen über eine hervor ragende<br />
Anbindung an das Straßen- und Schienennetz verfügen.<br />
Direkt unter dem Terminal entsteht<br />
ein sechs gleisiger Bahnhof, der sehr gute<br />
Verbin dungen ins Berliner Zentrum und ins<br />
Um land ermöglicht. Die Schienen ver kehrstrassen<br />
vom und zum Flughafen sind uneingeschränkt<br />
ICE-tauglich. Über eine eigene<br />
Abfahrt an die sechsspurige Auto bahn A113<br />
angeschlossen, besteht ein direkter Anschluss<br />
zur Berliner Stadt autobahn A100 und den<br />
Berliner Ring A10. Mit der Bundesstraße<br />
B96a verfügt der Flughafen über eine redundante<br />
Straßen anbindung.<br />
Mit dem neuen Flughafen werden in den nächsten<br />
Jahren vor allem durch steigende Passagierzahlen,<br />
eine signifikante Ver besserung der Standortgüte und<br />
durch zusätzliche Kaufkrafteffekte bis zu 40.000<br />
neue Arbeitsplätze in der Region entstehen. Der<br />
Gesamt beschäftigungs effekt wird damit 2012 voraussichtlich<br />
bei 73.000 Arbeitsplätzen liegen. Wir<br />
sind uns sicher, dass der BBI, als Marktplatz der<br />
Moderne, einen erheblichen ökonomischen<br />
Wachs tumsschub in der Region<br />
auslösen wird.<br />
ZUR PERSON:<br />
Dr. Rainer Schwarz verfügt über langjährige Er fahr ungen<br />
auf dem Gebiet des Flughafen ma na ge ments. Seit 2006<br />
ist er Sprecher der Ge schäftsführung der Berliner Flughäfen.<br />
Er ist Mitglied des Senats „Deutsches Zen trum<br />
für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)“, Köln, Präsidiumsmitglied<br />
des Bundes ver bandes der Tourismus wirt schaft e.V.<br />
(BTW) sowie Mit glied im Aufsichtsrat der Berlin<br />
Tourismus & Kongress GmbH sowie Honorar professor<br />
an der Technischen Fachhochschule Wildau.
Fotos: LufthansaCargo/Martin Jehnichen; Fraport AG<br />
Weiterführende Informationen: www.berlin-airport.de<br />
23
24<br />
2.0<br />
Weiterführende Informationen: www.messefrankfurt.com & www.ebn24.com<br />
Die mittelalterlichen Geld- und Warenströme<br />
bildeten die historische Voraussetzung für<br />
den Finanzplatz und die Verkehrs dreh scheibe<br />
Frankfurt. Schon 1240, als Friedrich II. die<br />
Messen der freien Reichsstadt Frankenfurt per<br />
Privileg aus der Taufe hob, profitierten die ersten Veranstaltungen<br />
– noch auf dem Römerberg – vom zentralen<br />
Standort des Handelsplatzes. Frankfurt zählt zu den<br />
ältesten Messestädten der Welt, und den geostrategischen<br />
USP schätzen unsere Aussteller und Besucher aus<br />
aller Welt noch heute.<br />
Im Zuge der Globalisierung hat die Lage für uns als<br />
Messegesellschaft sogar noch an Bedeutung gewonnen,<br />
denn der verkehrsgünstigste Treffpunkt für Händler aus<br />
den wirtschaftsstarken Regionen Asien und Nord amerika<br />
liegt hier. Der Internationalitätsgrad unter unseren<br />
Ausstellern mit 72 Prozent und der Besucher mit<br />
47 Prozent bestätigt dies eindrucksvoll – beide Werte<br />
erreicht kein anderer deutscher Messeplatz auch nur<br />
annähernd. Das zeichnet den Konzern aus und prägt<br />
gleichzeitig das Image Frankfurts als weltoffene, internationale<br />
Metropole. Die Messe Frankfurt ist ein Motor<br />
der Wirtschaftsförderung über die Grenzen des Rhein-<br />
Mein-Gebietes hinaus. Sie sorgt für sozioökonomische<br />
Effekte im Milliardenbereich, erwirtschaftet Gewinne,<br />
leistet Ausschüttungen, zahlt Steuern und sichert<br />
Starker Partner<br />
Messe Frankfurt<br />
Frankfurt gilt als einer der wichtigsten Finanz plätze<br />
weltweit und ist ein zentraler Verkehrs knoten punkt<br />
für Deutschland und Europa. Dieser Status quo hat<br />
seine Ursache in der Tradition des Stand orts als<br />
Handels- und Messeplatz.<br />
Arbeitsplätze. Bis zu zwei Millionen Messegäste kommen<br />
jährlich nach Frankfurt.<br />
Wie in kaum einer anderen Stadt ist die Messe- und<br />
Stadtentwicklung in Frankfurt historisch aufs Engste<br />
miteinander verknüpft. Stadt und Messe bilden bis heute<br />
eine symbiotische Partnerschaft. Bestes Beispiel sind die<br />
langfristigen Masterpläne zur Positionierung Frankfurts<br />
als Wirtschafts-, Kultur- und Messestandort. Bei der<br />
Stadtentwicklung des neuen Europaviertels spielt auch<br />
das Messegelände im Masterplan des Stadtplaners und<br />
Architekten Prof. Albert Speer eine entscheidende<br />
integrative Rolle. Das Areal der ehemaligen Güterverkehrs-<br />
und Rangieranlage Frankfurt ist heute eine<br />
der bedeutsamsten innerstädtischen Entwicklungsflächen<br />
in Deutschland. Als 2000 der Güterbahnhof und<br />
das benachbarte Gütergleisgelände für die städtebauliche<br />
Neuplanung freigegeben wurden, bot sich der Messe<br />
Frankfurt eine Jahrhundertchance. Durch die freien<br />
Flächen konnte das Gelände in Toplage infrastrukturell<br />
deutlich verbessert werden. In Zusammenarbeit mit<br />
der Stadt Frankfurt wurden die Planungen für die<br />
Erweiterung des Messegeländes vorangetrieben. Mit dem<br />
Büro Albert Speer & Partner hat die Messe Frankfurt<br />
2000 begonnen, in einem Masterplan alle zukünftigen<br />
Geländeentwicklungen aufzustellen. Realisiert wurden<br />
die Halle 3 (2001), das Forum (2001), die Dependance
Fotos: Messe Frankfurt Exhibition GmbH/Pietro Sutera; Messe Frankfurt/Petra Welzel<br />
Deutsche Messeveranstalter sind längst Global Player.<br />
Der Messestandort Frankfurt boomt.<br />
(2005), das Cargo Center (2007) und zuletzt die Halle 11<br />
mit dem Portalhaus (2009). Städteplanerisch gesehen<br />
waren insbesondere die letzten beiden Bauvorhaben auf<br />
dem Frankfurter Messegelände ein Initiativprojekt für<br />
die Gesamtentwicklung des angrenzenden Europaviertels.<br />
So fest wie die Messe Frankfurt an ihrem Heimatstandort<br />
verwurzelt ist, so offensiv spielt sie in der weltweiten<br />
Champions League auf den ersten Plätzen. Hinter den<br />
Veranstaltungen „Made by Messe Frankfurt“ steht ein<br />
weltweites Netzwerk mit 28 Tochtergesellschaften, fünf<br />
Niederlassungen und 52 internationalen Vertriebs partnern,<br />
zuständig für 150 Länder. Mehr als die Hälfte unserer<br />
rund 90 Messen finden mittlerweile im Ausland statt.<br />
Rund ein Viertel des Konzernumsatzes von zuletzt<br />
450 Millionen Euro erwirtschaften wir dort. Wir exportieren<br />
seit 1987 unsere starken Messemarken, unsere<br />
Brands in die Welt und generieren dadurch Wachstum.<br />
In Wechselwirkung bringen die Veranstaltungen im Aus -<br />
land auch neue Aussteller und Besucher auf unsere<br />
Messen am Heimatstandort. Der Konzern folgt dabei<br />
einer Strategie, die insbesondere mittelständischen Unter -<br />
nehmen ein globales Marketinginstrument mit gleich -<br />
ZUR PERSON:<br />
Wirtschaft<br />
Hinter den Veranstaltungen „made<br />
by Messe Frankfurt“ steht ein welt -<br />
weites Netzwerk mit 28 Tochter -<br />
gesellschaften, fünf Niederl assungen<br />
und 52 internationalen Vertriebspartnern,<br />
zuständig für 150 Länder.<br />
mäßig hohen Standards in den weltweit wachsenden<br />
Regionalmärkten bietet. Kern des internationalen Erfolges<br />
sind die Leitmessen am Heimatstandort Frankfurt,<br />
verbunden mit einer konsequenten Markenstrategie.<br />
Automechanika und Heimtextil, Musikmesse, ISH und<br />
Ambiente – Markennamen wie diese sind internationale<br />
Topevents der jeweiligen Branchen.<br />
Auch als Global Player sehen wir uns weiter in der<br />
Verantwortung als Corporate Citizen und wollen die<br />
erfolgreiche Zukunft des Wirtschaftsstandorts mit-<br />
gestalten. Dies tun wir auch in Anlehnung an die Studie<br />
von Albert Speer und Partner „Frankfurt für alle –<br />
Handlungsperspektiven für die internationale Bürger -<br />
stadt Frankfurt am Main“. Die Stärkung Frankfurts als<br />
offene, aktive Bürgerstadt, als Standort eines international<br />
bedeutenden Wirtschafts-, Wissenschafts- und<br />
Kreativknotenpunkts, als Stadt mit hoher Umwelt effizienz<br />
und mit Kultur- und Bildungstradition wird unser Unternehmen<br />
aktiv unterstützen, so wie wir das auch schon<br />
in der Vergangenheit getan haben. In den Kernthemen<br />
hinsichtlich wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und<br />
ökologischer Nachhaltigkeit sehen wir viele Parallelen:<br />
beispielsweise in der Stärkung der Wirtschaftskraft<br />
durch unsere Leitmessen.<br />
<strong>Wolfgang</strong> <strong>Marzin</strong> begann seine Laufbahn als<br />
Projektleiter beim Internationalen Messe- und<br />
Ausstellungsdienst München. Es folgten Stationen<br />
bei renommierten Messeveranstaltern in leitenden<br />
Funktionen. <strong>Wolfgang</strong> <strong>Marzin</strong> ist Vorsitzender der<br />
Geschäftsführung der Messe Frankfurt.<br />
25
26<br />
Wirtschaft<br />
Weiterführende Informationen: www.heidelberger-leben.de<br />
Rente für Selbstständige?<br />
Wie Unternehmer<br />
sich absichern können<br />
Exklusiv-Interview von ebn24 das Magazin mit <strong>Thomas</strong> <strong>Bahr</strong>, Vorstandsvorsitzender der Heidelberger<br />
Lebensversicherung AG, über die Möglichkeiten einer finanziellen Altersabsicherung für Selbstständige.<br />
In Deutschland gibt es laut dem Statistischen Bundes amt<br />
fast 7,5 Millionen Unternehmen und Betriebe. Im vergangenen<br />
Jahr sollen rund 40.000 Existenzgründungen<br />
neu hinzugekommen sein, so das Institut für Mittel stands -<br />
forschung in Bonn. Deutschland ist also fleißig, innovativ<br />
und kreativ. Doch ist es auch firm in der Altersvorsorge? Denn<br />
neben dem häufig geschätzten Bau oder Kauf des Eigenheims<br />
wäre da noch die Rente für Selbstständige, mit der<br />
sich Unternehmerinnen und Unternehmer für das sorgenfreie<br />
Leben nach der Berufstätigkeit absichern können.<br />
Herr <strong>Bahr</strong>, Selbstständige arbeiten nun doch wirklich<br />
schon genug. Warum sollten sie auch noch etwas für<br />
ihre Altersvorsorge tun?<br />
THOMAS BAHR: Wer ein Unternehmen aufbaut,<br />
Arbeits stellen schafft und eine große Verantwortung<br />
trägt, der vergisst meist, dass es auch eine Zeit nach<br />
der Arbeit gibt, in der es darum geht, sich seinen<br />
Lebens standard zu erhalten und gut leisten zu können.<br />
Ich weiß, Selbst ständigkeit kommt von selbst und<br />
ständig, doch auf die Absicherung für das Alter trifft<br />
das leider nicht zu. Das erfolgt eher nach dem Prinzip<br />
„keiner“ und „wenig“. Dabei ist gerade für Unter nehmer<br />
wichtig, sich möglichst früh Gedanken<br />
um den Ruhe stand zu machen.<br />
Wieso gerade für Unter nehmer?<br />
THOMAS BAHR: Weil sie ihr Augenmerk<br />
meist auf ihre Firma legen: Aufträge<br />
sichern, Kosten decken, Investitionen<br />
tätigen, Kredite tilgen. Da<br />
bleibt für die eigene Alters -<br />
vor sorge häufig wenig Zeit<br />
und Geld. Dann kann das<br />
„Häusle“ mit sechzig<br />
zwar eine an ge nehme<br />
Beruhigung darstellen,<br />
aber für die Sorge<br />
weniger im Alter reicht<br />
es dennoch nicht. Dabei<br />
gibt es seit der Ein füh rung des<br />
3-Schichten- Modells der Altersvor<br />
sorge eine Variante, die speziell<br />
auf Selbstständige zugeschnitten<br />
ist: die Basisrente.<br />
Die Rente also für Selbstständige?<br />
THOMAS BAHR: Genau.<br />
Die Basis- oder Rüruprente<br />
lohnt sich vor allem aufgrund<br />
ihrer steuerlichen Vor teile. Einzah<br />
lungen lassen sich als Sonderausgaben<br />
geltend machen. 2011<br />
können 72 Prozent des Höchstbei<br />
trages (20.000 Euro für<br />
Singles/ 40.000 Euro für Ehepaare)<br />
angerechnet werden. In<br />
den kommenden Jahren steigt<br />
der Anteil jährlich um zwei Prozentpunkte<br />
bis auf 100 Prozent ab<br />
dem Jahr 2025. Und: Viele Ver träge<br />
ermöglichen verminderte Anfangsbeiträge<br />
für Existenz gründer oder<br />
erlauben Sonder zuzahlungen.<br />
Von zuletzt Ge nanntem<br />
profitieren besonders
Fotos: Peter Vogel 2010/Heidelberger Lebensversicherung AG<br />
Selbst im schlimmsten Fall einer Insolvenz<br />
kann das für die Basisrente angelegte Kapital<br />
in der Ansparphase nicht angegriffen werden.<br />
Unter nehmer mit Saison betrieb und daraus folgendem<br />
unregel mäßigem Ein kommen. Selbst im schlimmsten Fall<br />
einer Insolvenz bietet die Basis rente Vorteile, was eben falls<br />
Vielen nicht bekannt ist. Denn während „verwert bares“<br />
Vermögen in solch einem Fall auf gebraucht werden<br />
muss, kann das für die Basisrente angelegte Kapital in<br />
der Ansparphase nicht angegriffen werden.<br />
Das klingt nach der Lösung schlechthin. Doch bei<br />
Steuerfreiheit auf der einen Seite folgt doch<br />
sicherlich auch das böse Ende auf der<br />
anderen Seite …<br />
THOMAS BAHR: Die Anspar phase<br />
ist steuerfrei. In der sogenannten Rentenphase,<br />
wenn es also zur Aus zahlung<br />
kommt, muss auch die Basis rente<br />
versteuert werden, aller dings bis<br />
2040 nur anteilig.<br />
Basisrente ist aber nicht<br />
gleich Basis rente. Worauf sollten<br />
Unter nehmer achten?<br />
THOMAS BAHR: Grundsätzlich<br />
ist zwischen einer klassischen Vorsorge<br />
und einer fondsgebundenen<br />
Alters vor sorge zu unterscheiden –<br />
auch bei der Basisrente. Die klassische<br />
Vorsorge möglichkeit zeichnet<br />
sich besonders durch ihre große<br />
Sicherheit aus. Dafür sorgt der<br />
garan tierte Mindest zins. Dieser ist<br />
in den vergangenen zehn Jahren<br />
aller dings von vier Prozent auf<br />
der zeit 2,25 Prozent abgesenkt<br />
worden und wird 2012 weiter auf<br />
1,75 Prozent fallen.<br />
Mit einer fonds gebundenen Basisrente<br />
kann ich als Kunde jedoch von den<br />
Chancen an den Aktien märkten und damit von<br />
einer möglichen höheren Rendite profitieren.<br />
Auf der anderen Seite trägt der Kunde dann<br />
das volle Risiko.<br />
THOMAS BAHR: Ja und nein. Natürlich<br />
unterliegen aktien orientierte Anlagepro dukte<br />
Kurs schwan kungen. Allerdings kann<br />
jeder Kunde selbst bestimmen, in<br />
welche Fonds er im Rahmen seines Versicherungsvertrages<br />
investiert sein möchte und kann diese im<br />
Regelfall während seiner Vertragslaufzeit kostenfrei<br />
wechseln. Gute Versicherer bieten ihren Kunden eine<br />
breite Palette unterschiedlicher Fonds aus unter -<br />
schiedlichen Anlage klassen. Je nach dem, welcher<br />
Anleger typ ich also bin, wähle ich eher Fonds aus<br />
einer risikohöheren Klasse wie Aktien fonds oder aus<br />
der risikoniedrigeren Klasse wie Rentenfonds. Wichtig<br />
ist, dass der Kunde immer wieder sein eigenes Anlageverhalten<br />
prüft, mit seinem Berater darüber spricht<br />
und bei Bedarf Anpassungen für seinen individuellen<br />
Rendite-/Sicherheitsmix vornimmt.<br />
Aber wie weiß ich als Kunde denn, ob ich die richtigen<br />
Fonds gewählt habe?<br />
THOMAS BAHR: Eine Orientierung geben<br />
sogenannte Fondsratings. Mitunter bieten das<br />
auch die Versicherer selbst an. Die Heidelberger<br />
Leben beispiels weise prüft vier Mal pro Jahr<br />
die Qualität ihres Fonds angebots. Auf diese Art<br />
von Service und Leistung sollten Anleger achten.<br />
Denn damit wird ihnen die Sicherheit gegeben,<br />
für ihr Versicherungs produkt immer aus den besten<br />
Fonds innerhalb der angebotenen Risikoklassen wählen<br />
zu können. So ein Qualitätssicherungsprozess stärkt<br />
in unseren Augen das Vertrauen der Kunden in fondsgebundene<br />
Produkte. Neben dem Haus, das sich Unternehmer<br />
vielleicht gebaut haben, kann eine fondsgebundene<br />
Basis rente also dazu beitragen, dem Alter<br />
mit gutem Gefühl und ruhigem Gewissen<br />
entgegenzublicken.<br />
Das Interview führte Susanne Heiß.<br />
ZUR PERSON:<br />
Wirtschaft 27<br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Bahr</strong> ist Vorstandsvorsitzender der<br />
Heidelberger Lebensversicherung AG – einem<br />
Spezialisten für Altersvorsorgelösungen. Das Unter -<br />
nehmen verwaltet mit seinen rund 260 Mitarbeitern<br />
derzeit ein Vermögen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro.<br />
Im Geschäftsjahr 2009 erwirtschaftete die Gesellschaft<br />
einen Jahresüberschuss von 25,9 Millionen Euro.
28<br />
Wirtschaft<br />
Mazar-i Scharif<br />
Kundus<br />
Wachstum Wachstum dank dank<br />
internationaler<br />
internationaler<br />
Hilfe Hilfe<br />
Blick über Kandahar.<br />
s<br />
Kabul
Fotos: Nigel Clarke/stock.xchange; Jerzy Sawluk/PIXELIO; TiM Caspary/PIXELIO; F.M./PIXELIO; KfW-Bildarchiv/Mika Schmidt<br />
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />
möchte künftig verstärkt Länder in den Fokus der Wirtschaft rücken, in denen es für<br />
deutsche Investoren erst auf den zweiten Blick gute ökonomische Perspektiven gibt. Als<br />
erstes Projekt wird in Zusammenarbeit mit der Europäischer Wirtschafts Verlag GmbH<br />
Afghanistan präsentiert. Die Zukunft im Land sieht besser aus, als zumeist in den<br />
Medien dargestellt.<br />
Die wirtschaftliche Lage in Afghanistan hat sich<br />
deutlich verbessert. Die Wachstumsrate liegt<br />
durchschnittlich im zweistelligen Bereich – im<br />
vergangenen Jahr sogar bei über 22 Prozent.<br />
Einen wesentlichen Anteil an diesem Erfolg haben<br />
der von Deutschland im Jahr 2004 forcierte Aufbau der<br />
First Micro Finance Bank (FMFB) sowie die Einrichtung der<br />
Investitionsagentur Afghan Investment Support Agency<br />
(AISA). Die FMFB verfügt inzwischen über 32 Zweig stellen<br />
im Land und hat über 100.000 Mikrokredite sowie 900<br />
Darlehen an mittelständische Unternehmen vergeben.<br />
Bei der AISA sind inzwischen etwa 15.000 Unternehmen<br />
mit über 4 Milliarden US-Dollar Kapital registriert, die weit<br />
über 600.000 Arbeitsplätze geschaffen haben. Auch die<br />
Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG)<br />
Wirtschaft<br />
ist im Land aktiv und unterstützt private Investoren bei<br />
ihrem Engagement in Afghanistan. In Nordafghanistan<br />
konnten allein mit deutscher Hilfe über 600 Kilometer<br />
Straße und zahlreiche Brücken gebaut werden. Mit Einkommen<br />
schaffenden Maßnahmen, Lieferungen von Wassertanks<br />
und Saatgut, sowie Bewässerungs vorhaben wurden<br />
über 250.000 Afghanen am Hindukusch erreicht.<br />
Deutschland hat, einschließlich humanitärer Hilfe, Not- und<br />
Übergangshilfe, bereits mehr als 1,1 Milliarden Euro für<br />
Afghanistan bereitgestellt und ist damit der drittgrößte<br />
bilaterale Geldgeber. Um die Lage in Afghanistan dauerhaft<br />
zu stabilisieren, sind noch weitere Anstrengungen<br />
erforder lich. Bereits jetzt hat sich das Leben vieler<br />
Menschen durch den deutschen Einsatz deut lich ver bessert.<br />
29
30<br />
Blaue Moschee: Postkartenidylle in Mazãr-i Scharif in der Provinz Balch. Als heilige Stadt des Islam ein<br />
bedeutender Wallfahrtsort und seit 2005 der flächenmäßig größte Standort der Bundeswehr in Afghanistan.<br />
In der Gesundheits versorgung, der Grund schul bildung<br />
oder der Stromversorgung konnte ein Stand erreicht<br />
werden, der in Afghanistan in den letzten Jahr zehnten<br />
undenkbar war. Haupt zielgruppe sind schutz bedürftige<br />
Bevölker ungs gruppen wie zurück kehrende Flücht linge,<br />
Frauen und Kinder. Durch Gesund heits projekte in<br />
Nordafghanistan konnten seit 2006 über 750.000<br />
Patienten behandelt werden. Darunter sind besonders<br />
viele Mütter und Säuglinge in so genannten „Baby<br />
Care Centres“.<br />
Schwerpunkte im Rahmen der Afghanisch-Deutschen<br />
Ent wicklungszusammenarbeit sind nachhaltige Wirtschafts<br />
entwicklung durch Förderung von Einkommen<br />
und Beschäftigung, Energieversorgung (insbesondere<br />
erneuerbare Energien), städtische Trinkwasser versorgung<br />
und Bildung (Grund- und berufliche Bildung). Dabei kommt<br />
dem Aufbau tragfähiger personeller und institu tioneller<br />
Kapazitäten der afghanischen Partner insti tu tionen und<br />
der Ausbildung von Personal besonderes Gewicht zu.<br />
Deutschland leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicher -<br />
stellung der Stromversorgung der afghanischen Haupt-<br />
stadt Kabul und in ländlichen Regionen Nord afghanistans.<br />
Wichtig ist hier das Engagement deutscher Unter nehmen<br />
in Afghanistan. Ohne deren Investitionen gelingt der Aufbau<br />
nur sehr langsam.<br />
Über das nationale Bildungsprogramm hat die Bundes -<br />
regierung zum Bau von rund 2.000 Schulen beigetragen.<br />
Dadurch sind circa 11.000 neue Unterrichtsräume ent -<br />
standen für rund 25.000 Lehrkräfte und etwa 500.000<br />
Schüler. Landesweit gehen aktuell 6,5 Millionen Kinder zur<br />
Schule (davon 35 Prozent Mädchen), fünfmal mehr als zu<br />
Zeiten der Taliban. Mit dem zur Verfügung ge stellten Beitrag<br />
in Höhe von 15 Millionen Euro, hat die Bundes regierung zur<br />
Zahlung der Gehälter von rund 300.000 Lehrerinnen und<br />
Lehrern, sowie Richterinnen und Richtern beigetragen. In<br />
der beruflichen Aus bildung unterstützt die Bundes -<br />
regierung den Wieder aufbau der technischen Schulen<br />
Kabul, Kandahar, Khost sowie den Neubau einer Berufs -<br />
schule in Tarin Kowt. Allein am Technikum Kabul können<br />
nach Erweiterung des Lehrbetriebs 2.300 Jugendliche aus -<br />
gebildet werden. Die Schule in Kandahar bietet nach dem<br />
Wieder aufbau Kapazität für 600 Auszubildende.<br />
Fotos: ISAF Public Affairs; KfW-Bildarchiv/Mika Schmidt
Zwei lachende Schülerinnen in einem<br />
Klassenraum vor einer Schultafel.<br />
Wirtschaft<br />
Jungen an einem Brunnen, ein Junge pumpt Wasser<br />
in einen Kanister zur Versorgung der Familie.<br />
31
32<br />
Wirtschaft<br />
Ein Lehrer erklärt zwei<br />
Schülern ein Mikroskop.<br />
Pumpwerk an einem Stausee zur Betreibung<br />
eines Wasserversorgungssystems.<br />
Jungen beim Werkunterricht in einer Schule.
Fotos: KfW-Bildarchiv/Mika Schmidt; KfW-Bildarchiv/photothek.net<br />
Das Ziel der Bundesregierung ist es, in den nächsten vier<br />
Jahren die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass mit<br />
einer kontinuierlichen Rück führung der militärischen<br />
Präsenz begonnen werden kann. Die Präsenz ziviler<br />
Wieder aufbau helfer in Afghanistan wird jedoch wesentlich<br />
länger notwendig sein, als die der Bundeswehr. Das<br />
wesentliche Element der Unterstützung sind die regionalen<br />
Wieder aufbauteams (Pro vincial Reconstruction Teams –<br />
PRTs). Es gibt enge Abstimmungen zwischen ziviler<br />
(Diplo maten, Polizeiausbilder, Wiederaufbauhelfer) und<br />
militärischer Komponenten für Sicherheit und Wiederaufbau<br />
in den Provinzen. Deutschland führt zwei der<br />
insgesamt fünf PRTs im Norden Afghanistans – Kundus<br />
und Faisabad. Darüber hinaus ist seit Februar 2008 ein<br />
regionales Beratungsteam in Taloqan tätig. Deutschland<br />
hat die führende Rolle im Polizeiaufbau übernommen. Im<br />
Rahmen eines bilateralen Abkommens bilden deutsche<br />
Beamte ihre afghanischen Kollegen aus und fort. Seit<br />
Juni 2007 wird der Polizeiaufbau zusätzlich im Rahmen<br />
der Euro päischen Polizeimission (Eupol AFG) in<br />
Afghanistan ausgeweitet und intensiviert. Das deutsche<br />
Engagement ist dem Umfang und der Bedeutung<br />
nach dabei eine wichtige Stütze.<br />
Aktuelle Umfragen machen deutlich, dass diese Fortschritte<br />
für viele Afghanen spürbar sind. Über 70 Prozent<br />
der afghanischen Bevöl kerung blicken optimistisch in<br />
Weiterführende Informationen: www.bmz.de, www.botschaft-afghanistan.de & www.ebn24.com<br />
die Zukunft. Ebenso viele geben an, in den letzten<br />
zwölf Monaten hätten sich ihre Lebens ver hält nisse<br />
enorm verbessert. Ein großer Teil ihrer Hoffnungen<br />
richtet sich weiter hin auf die Unterstützung aus<br />
Deutschland.<br />
ZUR PERSON:<br />
Christian Kirk befasst sich seit über 20 Jahren mit<br />
Standort marketing. Bereits während seines Studiums<br />
war er in unterschiedlichen Marketing- und<br />
Verlagsunternehmen tätig und konnte europaweit<br />
Erfahrungen sammeln, bevor er 1988 sein erstes<br />
Unternehmen gründete. Heute ist die Medien Gruppe Kirk<br />
international in 17 Ländern aktiv und speziell für mittelständische<br />
Unternehmen der ideale Dienstleister im<br />
Bereich crossmedialer Kommunikation.<br />
33
34<br />
„Marke DeutschlanD“<br />
Mit auslanDssenDer MultiMeDial<br />
+ + + Im Zeitalter von Globalisierung und Digita l i sierung ist nichts globaler als der Aus tausch von<br />
Nachrichten und anderen Informationen. Milliarden von Menschen können Ereignisse in Politik,<br />
Wirtschaft und Kultur in Echtzeit verfolgen. + + +<br />
Staaten wie Unternehmen stehen vor der<br />
Heraus forder ung, sich mit ihren Bot schaften<br />
in unserer multi medialen Welt durchzusetzen.<br />
Sie konkurrieren um Wirt schaftsmärkte, Inves -<br />
titionen, Touristen, Kultur- und Werte sys teme,<br />
Gesellschafts modelle – und natürlich politische Macht<br />
und Einfluss. Immer mehr Nationen wollen sich außer -<br />
halb des eigenen Kultur kreises präsen tieren und verstärken<br />
daher ihre inter nationalen Kommunikationsaktivitäten<br />
– zunehmend mit elektronischen Medien. Das<br />
Ziel: Ein fluss auf den Kampf um die öffentliche Weltmeinung<br />
zu nehmen, die eigenen Vorzüge verständlich<br />
zu ver mitteln. Für Deutschland ist es daher von erheb -<br />
lichem Interesse, ein differenz iertes und möglichst<br />
authentisches Bild von sich selbst zu kommunizieren.<br />
Die Ausprägung eines positiven Deutschland bilds gehört<br />
zu den „soften“ Rahmen be dingungen erfolg reicher<br />
deutscher Außen- und Wirtschaftspolitik.<br />
Auch der Rest der Welt treibt seine inter na tiona len<br />
Medien aktivitäten voran, ins be sondere mit TV- Angeboten.<br />
So bietet Russland mit Russia Today mittler weile<br />
einen arabischen Kanal sowie 24 Stunden Programm<br />
auf Englisch und Spanisch. China investiert mehrere<br />
Mil liarden Dollar in den Ausbau seines internationalen<br />
TV- Auftritts und startet mit CNC World einen zweiten<br />
eng lischen Fernsehkanal. Ebenfalls auf der globalen<br />
Bühne ist jetzt Brasilien vertreten. Das politische und<br />
ökonomische Schwergewicht Latein amerikas betreibt<br />
seit Früh jahr 2010 einen internationalen Kanal. Zu -<br />
nächst konzentriert sich TV Brasil Internacional dabei<br />
auf Afrika – ein Ziel gebiet, das auch Chinesen und<br />
Franzosen im Blick haben.<br />
Deutschland positioniert sich auf den internationalen<br />
Medien märkten als ver lässlicher außenpolitischer Partner,<br />
als attraktiver Wirtschaftsstandort, als Kultur nation von
Fotos: M. Altmann/DW; Deutsche Welle<br />
Rang. Am Bild unseres Landes in der Welt zeichnen<br />
viele mit: Goethe-Institute, AHKs und andere Einrich -<br />
tungen der aus wärtigen Wirtschafts- und Kulturpolitik,<br />
Millionen deutscher Touristen im Ausland und aus -<br />
ländischer Besucher nach einem positiven Aufenthalt<br />
in Deutsch land bei ihrer Rück kehr in ihre Heimat -<br />
länder, Vertreter aus ländischer Medien in Deutschland<br />
sowie natürlich die deutschen Medien selbst. An -<br />
gesichts seines inter nationalen Renom mees, seiner<br />
Sprach kompetenz und welt weiten technischen Infra -<br />
struktur kommt dem deutschen Auslands rundfunk hier -<br />
bei eine zentrale Rolle zu.<br />
In ihrer anerkannt unabhängigen, pluralistischen Berichterstattung<br />
in allen drei Medien vermittelt die Deutsche<br />
Welle die „Marke Deutschland“. Die Eliten weltweit<br />
Medien<br />
Brend Goff und Meggin Leigh:<br />
Deutschland multimedial<br />
unabhängig und pluralistisch.<br />
35<br />
nutzen für die eigene Meinungs bildung neben den einheimischen<br />
auch ausländische Medien. Mit ihrer Bericht -<br />
erstattung in Englisch und weiteren wich tigen Sprachen<br />
der Welt – etwa Brasilianisch, Russisch, Hindi, Chinesisch<br />
– bietet die Deutsche Welle die einzige Möglichkeit, sich<br />
aus erster Hand in der Landessprache über Deutschland<br />
und die deutsche Per spektive auf relevante inter nationale<br />
Vorgänge zu informieren.<br />
Das kommt auch dem Wirtschafts stand ort Deutschland<br />
zugute. Zudem zählt die Förderung der deutschen<br />
Wirt schaft zur unternehmenspolitischen Kernaufgabe.<br />
Ob Dax-30-Konzern oder mittelständisches Familienunter<br />
nehmen, ob Top-Banker oder Manager in der Kreativbranche,<br />
sie alle finden in der Berichterstattung über<br />
Märkte und ihre Macher ihren Platz.
36<br />
Medien<br />
Die DW ermöglicht der Welt einen Blick in die Schaufenster<br />
der deutschen Wirtschaft: Ein Großteil der mittelständischen<br />
Welt marktführer kommt nicht etwa aus<br />
den USA oder Japan, sondern aus Rellingen, Wüstenselbitz<br />
oder Weiler-Simmer berg. Das TV-Wirtschaftsmagazin<br />
„Made in Germany“ erzählt die Geschichten<br />
dieser Unternehmen, ihre Geschäftsideen, den Kampf<br />
um Märkte, ihre regionale Ver wurzel ung, den eigenen<br />
Führungsstil und das Verhältnis zu den Mitarbeitern.<br />
Ein Engagement, das nicht nur Zuschauer zu würdigen<br />
wissen: Die Industrie- und Han dels kammer zeichnete<br />
bereits mehr fach Reihen und Beiträge der DW mit dem<br />
renommierten Ernst-Schneider-Preis aus. Wobei der<br />
Wirtschafts standort nur ein Teil des umfassenden<br />
Deutschland bilds ist, das vermittelt wird.<br />
„deutschland heute – Das Deutsch landmagazin“ auf<br />
DW-TV etwa zeigt Deutschland, wie es ist – was die<br />
Menschen bewegt und was sie machen. Das Magazin<br />
Moderatorin Ezdehar Sheashaa arbeitet<br />
im arabischen TV-Programm der DW.<br />
mit Berichten, Reportagen und Serien liefert ein lebendiges<br />
Bild des alltäglichen Lebens in Deutschland. Immer<br />
nahe an den Menschen werden dabei Einblicke und<br />
Eindrücke aus dem ganzen Land vermittelt.<br />
Das Reisemagazin „hin & weg“ stellt unter schiedliche<br />
Re gionen wie Berlin-Brandenburg, Metropolen wie<br />
München oder Magdeburg und Landschaften vor und<br />
macht Vorschläge für Aktivitäten vor Ort. Das Besondere<br />
beim Reisen sind aber nicht nur die Sehens würdig -<br />
keiten eines Landes, sondern vor allem die ganz per sönlichen<br />
Eindrücke und die Menschen, denen man be gegnet.<br />
Die Sendung begleitet in jeder Ausgabe einen Touristen<br />
auf seiner Reise durch Deutschland, Ein heimische ver -<br />
raten ihre ganz persönlichen Reise tipps, die so in keinem<br />
Reise führer stehen. Ergänzend dazu finden an Deutschland<br />
Interes sierte auf www.dw-world.de umfangreiche Dossiers,<br />
beispielsweise mit Bei trägen über die deutschen Bundesländer<br />
– auch über Berlin und Brandenburg.
Fotos: M. Altmann/DW; Deutsche Welle; NASA<br />
weltweit erfolgreich<br />
Medien<br />
Mit Der Marke DeutschlanD<br />
Nutzer der Angebote haben ein deutlich<br />
differenziertes und positiveres Bild von<br />
Deutschland. Damit fährt der Sender für Deutschland<br />
eine hohe Imagerendite ein. Je positiver das Image,<br />
desto größer die Bereitschaft, Inves titionen in Deutschland<br />
zu tätigen, deutsche Produkte zu importieren,<br />
deutsche Kultur zu konsumieren, die deutsche Sprache<br />
zu lernen. In der weltweiten Umfrage „BBC World Service<br />
Country Rating Poll“, die jedes Jahr die aktuellen Beliebtheitswerte<br />
von 16 einflussreichen Staaten ermittelt,<br />
belegt Deutschland 2011 erneut Platz eins. Für 62 Prozent<br />
der fast 29.000 Befragten in aller Welt hat Deutschland<br />
ein hohes Prestige und ange nehme Außenwirkung.<br />
Eine starke mediale Außen präsenz ist Voraussetzung,<br />
damit auch künftig diese bemerkenswerten Sym pathie -<br />
werte er reicht werden können.<br />
ZUR PERSON:<br />
Erik Bettermann, geboren 1944 in Linden thal (Kreis<br />
Leipzig), studierte Philosophie, Pädagogik und Sozial -<br />
pä da gogik. Beruf liche Stationen: 1989–1991 Stell ver -<br />
tre tender SPD-Bundes geschäftsführer, 1995–2001<br />
Bevoll mächt igter für Bundes ange legen heiten, Europa<br />
und Entwicklungs zusammen arbeit der Freien Hansestadt<br />
Bremen. Er ist seit 2001 Intendant der Deutschen Welle.<br />
37<br />
Weiterführende Informationen: www.dw-world.de & www.ebn24.com
38<br />
SPACE: The final frontier<br />
Die unendlichen Weiten des Universums zu erforschen war zu Zeiten des berühmten Raumschiffs „Enterprise“ aus der gleichnamigen US-Serie<br />
in den 1960er Jahren tatsächlich nur wenigen glücklichen Personen vorbehalten. Nicht nur die Sterne lagen damals in weiter Ferne …<br />
denn die USA und Russland hielten das Monopol der Weltraumfahrt in ihren Händen. Und heute? Sie sind schon mitten unter uns,<br />
die Vasco da Gamas der Neuzeit, um die letzten Grenzen der Menschheit zu überwinden.<br />
Wer denkt, dass Deepspace und Starship<br />
das Vokabular pubertierender Weltraumabenteurer<br />
und Fans von außerirdischen<br />
Hollywood-Produktionen sind, der irrt<br />
gewaltig. Zurzeit ist der europäische<br />
Satellit Rosetta auf dem Weg quer durch unser<br />
Sonnensystem unterwegs zu einem Rendezvous mit<br />
dem Kometen Churyumov-Gerasimenko. Fern der Heimatwelt<br />
soll Rosetta nach insgesamt zehn Jahren Flugzeit<br />
2014 auf diesem landen, und hat dann 7.000.000.000 km<br />
(in Worten sieben Milliarden Kilometer) zurückgelegt.<br />
Eine wissenschaftliche Sensation wäre perfekt, wenn<br />
alles gut geht. Jedes mikroskopisch kleinste Staubkorn<br />
könnte bei der Reisegeschwindigkeit von 28.000 km/<br />
pro Minute den Traum sprichwörtlich zum Platzen<br />
bringen und die Geschwindigkeit des Kometen<br />
erleichtert die präzise Punktlandung nicht gerade.<br />
Diese Deepspace-Mission genannte Erkundung hat<br />
mit den bisherigen erdnahen Aktivitäten der Europäer<br />
nichts mehr zu tun. Änderungen der Flugrouten sind<br />
kompliziert, sollten plötzliche Hindernisse auftauchen.<br />
Der Datenaustausch braucht wegen der gewaltigen<br />
Entfernungen und hohen Geschwindigkeiten Stunden<br />
von und zu dem Satelliten. Hier ist hochentwickelte<br />
Technik und Know-how gefragt.<br />
Möglich werden diese und viele weitere Weltraumaktivitäten<br />
für Europa durch die European Space Agency (ESA) und<br />
deren European Operations Centre (ESOC), dem<br />
Kontrollzentrum der ESA. Schon 1967 zu Zeiten von<br />
Raumschiff Enterprise gegründet, nimmt man erst in<br />
den letzten Jahren durch Erkundungstouren zum Mars<br />
und Venus wirklich von der ESA Notiz. ESOC ist für<br />
den Betrieb sämtlicher ESA-Satelliten und für das dazu<br />
notwendige weltweite Netzwerk der<br />
ESA- Bodenstationen verantwortlich. Das<br />
Zen trum hat bislang 60 ESA-Satelliten<br />
operationell betreut.
Fotos: ESA<br />
Außerdem hat ESOC zahlreiche Missionen anderer<br />
Organisationen unterstützt. Aufgrund seiner hochentwickelten<br />
Technik und seiner Spezialisten-Teams ist<br />
ESOC in der Lage, gleichzeitig 15 Satelliten in<br />
Routine und weitere Satelliten in der kritischen<br />
Startphase zu kontrollieren sowie Rettungsaktionen<br />
für weitere Satelliten durchzuführen.<br />
Unmittelbar nach der Trennung des Satelliten<br />
von der Trägerrakete übernimmt<br />
ESOC dazu die Steuerung vom Hauptkontrollraum<br />
in Darmstadt aus auf. Hier<br />
werden alle Manöver durchgeführt, die den<br />
Satelliten in seine endgültige orbitale<br />
Umlaufbahn oder eben interstellare Flugbahn<br />
bringen. Sobald der Satellit seine Routineflugbahn<br />
erreicht hat, wird die Kontrolle von einem Nebenkontrollraum<br />
übernommen. Verantwortlich ist man in<br />
Darmstadt für die Auswahl und Berechnung der möglichen<br />
Umlaufbahnen, Berechnung der Raketenflugbahn<br />
und des Startfensters, Forschung zu Gefahren und<br />
langfristiger Entwicklung des Weltraumschrotts, aber<br />
auch für die Berechnung der Position, Geschwindigkeit<br />
und Fluglage des Satelliten.<br />
Weiterführende Informationen: www.esa.int & www.ebn24.com<br />
technik<br />
Etwa 260 ESA-Mitarbeiter und etwa 500 Mitarbeiter von<br />
Vertragsfirmen sowie weitere 1.200 Stellen im Umfeld<br />
sind mit der Raumfahrt in Darmstadt verbunden. Die ESA<br />
als Gesamtorganisation verfügt über ein Jahresbudget<br />
von etwa 3,9 Milliarden Euro (2010). Das<br />
ESA-Zentrum in Darmstadt liegt bei einem<br />
jährlichen Beschaffungsvolumen von circa<br />
200 Millionen Euro.<br />
Hier liegt aber keine, wie häufig vermutet,<br />
Verschwendung von Steuergeldern für irgendwelche<br />
interstellaren Hirngespinste oder gar ein<br />
Fass ohne Boden vor. Über 90 Prozent des<br />
Jahresbudgets gehen für direkte Auftragsvergaben<br />
an private Unternehmen drauf. ESA-ESOC bietet beispielsweise<br />
mit dem „Centrum für Satellitennavigation<br />
Hessen“ (cesah) ein Gründerzentrum für Jungunternehmer<br />
in Kooperation mit dem Land Hessen, der TU<br />
Darmstadt, etablierten Unternehmen und dem ESA<br />
Technologie-Programm an. Dazu gehören auch Forschung<br />
und Entwicklungen für den Raumfahrtbetrieb, darunter<br />
beispielsweise die Entwicklung von Software für die<br />
Satellitensteuerung.<br />
Die aus der Forschung und Entwicklung gewonnenen<br />
Kenntnisse sollen möglichst vielen Unternehmen zur<br />
Verfügung stehen, um damit wirtschaftlichen Nutzen<br />
zu generieren. Über 200 Weltraumtechnologien haben<br />
bereits ihren direkten Weg in die zivile Anwendung<br />
gefunden, wie gekühlte Rennfahreranzüge in der Formel 1<br />
oder in der Gesundheitsindustrie. Genau genommen<br />
werden mit privaten Partnern und Beteiligungen<br />
durch die wirtschaftliche Umsetzung der gewonnenen<br />
Techno logien und des Know-hows zehnfach<br />
mehr Steuer einnahmen generiert als Mittel<br />
ausgegeben.<br />
39<br />
Die Erforschung der unentdeckten Welten<br />
ist wie zu Zeiten des berühmten Seefahrers<br />
und Weltentdeckers Vasco da Gama ein<br />
Abenteuer, aber eines, das sich in jeder<br />
Hinsicht lohnt. Weder das Abenteuer,<br />
der gesellschaftliche noch der wirtschaftliche<br />
Nutzen kommen dabei<br />
zu kurz. von Jürgen Ströbele
40<br />
technik<br />
Der Keks<br />
Zeigen, Erzählen, Berühren, Fühlen … Wer heute eine Marke<br />
etablieren will, muss sich vor allem von einer Vielzahl ähnlicher<br />
Produkte abheben. Multisensorisches Marketing nutzt dabei die aktuellen<br />
Erkenntnisse der Neuroökonomie und Wahrnehmungspsychologie, um<br />
den Marketing prozess effektiver zu gestalten.<br />
Das Auge isst mit, heißt es. Wir alle kennen<br />
diese Situa tionen, wenn uns beim Betrachten<br />
eines reichgedeckten Tisches förmlich das<br />
Wasser im Mund zusammenläuft. Glaubt man<br />
den Werbe spots bekannter Lebens mittelhersteller,<br />
dann müsste dieser geflügelte Satz aller dings<br />
ergänzt werden: Denn nicht allein Form und Farbe suggerieren<br />
Qualität und Frische, auch „der Ton macht die<br />
Musik“. Und so knacken die Würste im Meica-Werbe spot,<br />
gluckert das fassfrische Pils bei Bitburger und „crunshed“<br />
der Bahlsen-Keks, dass es nur so eine Freude ist. Die<br />
magische Wirkung von Tönen und Klängen ist längst<br />
auch in der Lebensmittelindustrie angekommen.<br />
Auditive und visuelle Signale sind seit den Anfangstagen der<br />
Fernsehwerbung wichtige Gestaltungsmittel. Zu lange war<br />
aus dem Tonlabor<br />
man allerdings auf die Aspekte der Visuali sierung<br />
beschränkt. Diese Strategie leuchtet ein, werden doch<br />
über 80 Prozent unserer Sinneseindrücke vom Seh nerv<br />
verarbeitet. Warum also Geruch, Gehör, Geschmack und<br />
Tastsinn mit einbeziehen? Die Antwort ist einfach und<br />
bezieht sich auf die schier unendliche Fülle an Werbe -<br />
botschaften, die aus unserer Umwelt auf uns einwirken<br />
und es somit immer schwieriger machen, mittels der herkömmlichen<br />
Marketinginstrumente einen Wettbewerbsvorteil<br />
gegenüber Konkurrenzprodukten zu erlangen.<br />
Für Marketingstrategen und Produktdesigner geht es,<br />
bei der Gestaltung von Marken, in erster Linie darum,<br />
positive Emotionen zu erzeugen und Aufmerksamkeit<br />
zu erregen. Durch das gleichzeitige An sprechen mehrerer<br />
Sinnesorgane wird der Wahr nehmungs prozess
Fotos: Daimler AG; FIAT S.p.A<br />
viel schichtiger und das Marken image durch mehrere<br />
Sinneseindrücke nachhaltiger gesetzt. Vor allem die Fern -<br />
seh werbung setzt seit langem auf ausgeklügelte akustische<br />
Welten, zum Beispiel durch sogenannte Soundlogos.<br />
Und so identifizieren wir das bekannte „di-di-di-diii-di“<br />
auch ohne Bild als den populären Telekom-Jingle.<br />
Spitzenreiter im Design multisensueller Produkte ist die<br />
Automobilindustrie. So beschäftigen heute nahezu alle be -<br />
kannten Her steller eigene Akustik teams, die nicht nur den<br />
fahrzeugtypischen Motoren sound gene rieren, sondern sich<br />
mit Klangdesigns vom Blinker geräusch bis zum Zuschlagen<br />
der Türen beschäftigen. Für Alfa Romeos Modell 8C<br />
Competizione entwickelte darüber hinaus der italienische<br />
Leder hersteller Poltrona Frau, ein extrem weiches, griffiges<br />
und geruchsintensives Leder, das maßgeblich die Olfaktorik<br />
des Innenraums bestimmt. Dass hier unter ande rem<br />
Moschus-Duftstoffe integriert wurden, verwundert nicht bei<br />
einem Supersportwagen mit 450 PS und V8-Motor.<br />
Etwas verrückter geht es beim Gebäck hersteller Bahlsen<br />
zu. Dort entwickelt ein eigenes Soundteam den passenden<br />
Ton für jeden Keks. So muss der Keksriegel „Pick-Up“<br />
einen hellen, kurzen Knack erzeugen, während die Mürbe -<br />
teig-„Kipferln“ eher gedämpft klingen. Bei dem bekannten<br />
Lebens mittelproduzenten Nestlé ist bereits seit 1997 ein<br />
sogenannter Croustimetre im Einsatz. Der Apparat simuliert<br />
die Funktion des Gebisses und kann die Stärke der<br />
Geräusche in Dezibel als Computer grafik darstellen.<br />
Laut Friedrich Blutner, Akustiker und Experte im Sound -<br />
design, hat selbst das „Glucker geräusch“<br />
von Bier eine Auswirkung<br />
auf unser Qualitätsempfinden.<br />
ZUR PERSON:<br />
technik<br />
Röbke Wulff ist Redakteur im <strong>Europäischen</strong> Wirtschafts<br />
Verlag. Er studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften<br />
sowie Soziologie an der Martin-Luther-Uni ver sität<br />
Halle-Wittenberg. Bereits während seines Studiums<br />
beschäftigte er sich intensiv mit Wahrnehmungspsychologie<br />
und audiovisuellen Gestaltungsmethoden.<br />
Er kann zudem auf eine mehr als zwanzigjährige<br />
Musikausbildung zurückblicken.<br />
41<br />
Blutner zu folge hat Bier,<br />
das durch Konsistenz und<br />
Flaschen design einen Rhythmus von fünf bis sechs Hertz erzeugt,<br />
die positivste emotionale Wirkung. Die Akustik messung in diesem<br />
Bereich ist eine hoch präzise Wissenschaft. So müssen neben<br />
den Pro dukt eigen schaften auch anato mische Gegeben heiten<br />
des Konsumenten berücksichtigt werden, da beispiels weise<br />
Kaugeräusche auch vom Kiefer knochen übertragen werden.<br />
Sinnliche Gestaltungsmittel, die mehrere Sinne an sprechen,<br />
sind letztendlich in der Lage, Werte, Quali täten oder Funktionen<br />
von Produkten darzustellen und die Wirkung objektiv<br />
gegebener Produkt leis tungen durch die Auslösung positiver<br />
Emotionen her vor zurufen oder zu verstärken. Dabei gilt, je<br />
subtiler und vielschichtiger die Erfahrung eines Produktes ist,<br />
desto weniger ist es durch ein anderes ersetzbar.<br />
Allerdings lassen sich Mängel in der<br />
Pro dukt leistung auch mit dem An -<br />
sprechen über meh rere Sinne nicht<br />
dauerhaft kaschieren.
40<br />
Gesundheit<br />
Vom Schreibtisch auf die Matte<br />
Business Yoga hat sich zu einem Trend entwickelt, denn fitte Arbeitnehmer sind seltener krank und<br />
leisten mehr. Viele Unternehmen investieren daher in die Gesundheit und bringen ihre Mitarbeiter mit<br />
fernöstlichen Entspannungstechniken in Schwung.<br />
Vergessen<br />
Sie Räucher stäbchen,<br />
Öko-Latschen und Biomüsli –<br />
damit hat Yoga genauso wenig zu tun<br />
wie mit einer Sekte. Die indische Lehre ist<br />
sehr beliebt, weil die Übungen – die sogenannten<br />
Asanas – nicht nur den Körper fit halten, sondern<br />
auch den Geist positiv beeinflussen. Durch<br />
die Kombination von Bewegung, Kraft aufbau,<br />
Atem übungen und Ent spannung, löst Yoga<br />
Blockaden, aktiviert die Energiezentren im<br />
Körper, sorgt für Aus ge glichenheit und<br />
führt damit zu Konzentration, Kraft und<br />
innerer Ruhe.<br />
Es gibt eine ganze Reihe von Yogastilen, die<br />
auf die Bedürf nisse des modernen Menschen<br />
abgestimmt sind. Business Yoga richtet<br />
sich gezielt an Unternehmer, Führungs kräfte,<br />
Manager sowie alle Arbeitnehmer, denen es an Aus gleich<br />
und Bewegung fehlt. Grundlage für die Übungen ist<br />
das traditionelle Hatha-Yoga, das sich sehr gut zum<br />
Einstieg eignet. Im Business Yoga wird besonders die<br />
Bauch-, Rücken-, Hals- und Nacken muskulatur<br />
gedehnt und ge kräftigt. Augen übungen wirken den<br />
negativen Begleiter scheinungen der Bildschirmarbeit<br />
Weiterführende Informationen:<br />
www.ebn24.com<br />
entgegen. In der Regel beginnen und enden die<br />
Stunden mit einer Ent spannung. Im Ver gleich zu<br />
anderen Yogaarten ist das Business Yoga weniger<br />
spirituell, sondern eher körperorientiert auf gestellt.<br />
So fällt es „Yoganeulingen“ leichter, einen<br />
Zugang zu erhalten.<br />
Kennen Sie das: Sie fühlen sich verspannt<br />
und schlapp oder stehen ständig unter Strom?<br />
Ob im Privatleben oder im Beruf, Stress ist<br />
heutzutage in aller Munde. Wenn die „Work-<br />
Life-Balance“ aus dem Gleich gewicht gerät,<br />
kann dies viele Ursachen haben: Leistungsdruck,<br />
Un zufriedenheit, Angst vor Versagen,<br />
Mobbing oder Unter forderung sind nur einige<br />
Beispiele. Negativ erlebter Stress kann – je<br />
nach Dauer und Intensität – zu körperlichen und mentalen<br />
Problemen führen. Die Arbeit nehmer neigen<br />
immer mehr zu Stresssymptomen wie Reizdarm, Nervosität,<br />
Gewichtszu- oder -abnahmen, Schlaf störungen und<br />
Burnout-Syndrom. Nach dem DAK-Gesund heits report<br />
2011 sind Rückenschmerzen die häufigste Ursache<br />
für Krankmeldungen.
Fotos: © Elke Andres<br />
ÜbungEn ZuM tEstEn<br />
So bleiben Sie fit am Arbeitsplatz<br />
Augenübung<br />
Brennende Augen und Kopfschmerzen sind die Folge<br />
eines langen Arbeitstages am Bildschirm. Um die<br />
Augen zu ent spannen, reiben Sie zunächst die Hand -<br />
fläch en an ei nander bis Wärme entsteht. Legen Sie die<br />
Hände auf die ge schlossenen Augen und atmen Sie<br />
dabei tief ein. Zählen Sie bis zehn, öffnen Sie die<br />
Augen und lassen Sie die Hände mit der nächsten<br />
Ausatmung sinken.<br />
Jeder fünfte Arbeit nehmer wird wegen Rücken problemen<br />
behandelt; auch junge Menschen unter 30 Jahren sind<br />
davon betroffen. Außerdem haben sich die Fehltage<br />
aufgrund psychischer Leiden im Ver gleich zum Vorjahr<br />
erhöht. Sie stehen an vierter Stelle der wichtigsten<br />
Krank heits arten und gehören sowohl zu den häufigsten<br />
als auch kosten intensivsten Erkrankungen.<br />
Aus diesen Gründen sollte frühzeitig mit Präventions maßnahmen<br />
begonnen werden. In Deutschland liegen daher<br />
Entspannungsmethoden im Trend. Deutschlandweit haben<br />
sich zahlreiche Anbieter auf Business Yoga spezialisiert.<br />
Zugute kommt ihnen dabei, dass seit 2009 gesundheitsfördernde<br />
Maßnahmen in Unternehmen vom Staat mit<br />
500 Euro pro Jahr und Mitarbeiter bezuschusst werden.<br />
Entscheidet sich der Arbeitgeber dafür, dann wird der<br />
steuer- und versicherungsfreie Betrag zusätzlich zu dem<br />
ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht. Die Wirkung<br />
von Yoga auf Körper und Geist wird von Experten und<br />
Wissenschaftlern bestätigt und bringt Vorteile für Arbeitgeber<br />
und -nehmer mit sich. Die Mitarbeiter sind seltener<br />
krank, ausgeglichener und zufriedener. Dies hat einen<br />
positiven Effekt auf das Betriebsklima und die Fehl quote.<br />
Auch die Krankenkassen unterstützen einmal im Jahr<br />
einen regelmäßigen Kurs mit zehn Yogalektionen. Es<br />
gibt verschiedene Möglichkeiten, am Business Yoga<br />
Hände aneinanderreiben ...<br />
teilzunehmen. Die Stunden werden entweder während<br />
oder nach der Arbeit direkt in den Unternehmen durchgeführt<br />
oder können extern in einer Yogaschule gebucht<br />
werden. Mit ein wenig Praxis können die Techniken in<br />
den Arbeits alltag integriert und teilweise auch<br />
am Schreib tisch umgesetzt werden.<br />
Sind Sie neugierig geworden? Dann<br />
probieren Sie es doch selbst einmal<br />
aus und begeben Sie sich auf den<br />
Weg zur inneren Gelassenheit.<br />
ZUR PERSON:<br />
... und auf die Augen legen.<br />
Gesundheit<br />
Melanie Doll hat eine kaufmännische Ausbildung<br />
absolviert und anschließend Betriebswirtschaftslehre mit<br />
den Schwerpunkten Marketing und Außenwirt schaft an der<br />
Fachhochschule Koblenz studiert. Sie hat Berufs erfahrung<br />
im Marketing und Vertrieb gesammelt, unter anderem in<br />
Neuseeland und Australien. Nach ihrem Volontariat ist sie<br />
als Redakteurin beim <strong>Europäischen</strong> Wirtschafts Verlag<br />
tätig. Seit fünf Jahren praktiziert sie regelmäßig Yoga.<br />
41<br />
Weiterführende Informationen: www.businessyogainstitut.de & www.ebn24.com
42<br />
kultur<br />
Kammer<br />
Rheinsberger<br />
Inspirationen<br />
Mitten im Nirgendwo – Mitten in der Kultur.<br />
Kulturhauptstadt im Norden Brandenburgs<br />
ist der selbstverliehene und nicht gerade an -<br />
spruchslose Titel, den sich Rheinsberg selbst<br />
gegeben hat. Kultur in der Provinz? Wer oder<br />
was steckt hinter dem Erfolg?<br />
Rheinsberg ist die Kulturhauptstadt im Norden<br />
Brandenburgs – heißt es ganz of fiziell. Wie wird<br />
man das mit nur 5.000 Ein wohnern? Nun, die<br />
Kammeroper Schloss Rheinsberg, die ich 1990<br />
mithil fe des gerade entstandenen Kunst- und<br />
Kultur vereins als Internationales Fest i val junger Opernsänger<br />
gründete, hat daran sicher einen großen Anteil.<br />
Es gibt das berühmte Schloss der Preußen prin zen Friedrich<br />
und Heinrich. Es ist Mu seum. Hier befindet sich auch das<br />
ein zige Kurt Tucholsky Literatur museum der Bundes republik<br />
Deutschland. Neben der Kammer oper hielt in das Kavalierhaus<br />
der Schloss an lage die heutige Bundes- und Landes mu sik -<br />
akademie Einzug. Seit der Jahrtau send wende 1999/2000<br />
ist das Schlosstheater wieder aufgebaut und auch in der<br />
St. Laurentiuskirche gibt es regelmäßig Kon zerte. Die<br />
Stadt lebt von und mit der Kultur.
oper<br />
Die Aufführungen sind inzwischen weit über die Region hinaus bekannt<br />
und beliebt. Der künstlerische Anspruch und das Ambiente überzeugen.<br />
Und das alles hat seinen historischen Hintergrund. Friedrich II.<br />
verbrachte hier – noch als Kronprinz – die vier glücklichs ten<br />
Jahre seines Lebens. Er ließ das vom Vater geschenkte Schloss<br />
umbauen, um den Musen zu frönen. Er musizierte mit Carl<br />
Philipp Emanuel Bach, František Ben da, den Brüdern<br />
Graun sowie mit Johann Joachim Quantz. Die Rheinsberger<br />
Kron prinzen-Residenz war Musen hof geworden. Für seine<br />
Rheinsberger Hofkapelle ließ Friedrich übrigens sofort<br />
nach Re gierungs antritt in Berlin das Opern haus Unter den<br />
Linden von Knobelsdorff bauen. So schlug die Geburtsstunde<br />
der heutigen Berliner Staats kapelle in Rheins berg.<br />
1744 schenkte Friedrich II. das Schloss seinem Bruder,<br />
dem Prinzen Heinrich, der es von 1753 an bewohnte. Bei<br />
allen Differenzen, die beide Brüder mehr trenn ten denn<br />
verbanden, den Musen waren sie gleichwohl zugeneigt.<br />
Friedrich hatte Flöte gespielt, Heinrich Geige. So ge dieh<br />
das Rheinsberger Musikleben. Der Kon zert saal im Schloss –<br />
von Friedrich kon zipiert – diente Heinrich zunächst als<br />
The ater raum. 1758 ließ der Prinz im Park das Heckentheater<br />
bauen, das Kavalier haus wurde als Herberge für<br />
Gäste und die Hofbediensteten erweitert und vervollständigt.<br />
Schließlich entstand 1774 das Schloss theater.<br />
Der Bühnen raum wie auch die Bühnentechnik genügten<br />
den modernsten Ansprüchen der Zeit. Es gab ein festes<br />
Theater programm: zweimal im Monat große Oper, an sons ten<br />
Schau spiele und Komödien. Prinz Heinrich als Theaterprinzipal<br />
bestimmte das Reper toire, die Besetzung und<br />
schrieb selbst Libretti. 1802 verstarb Heinrich. Die Musen<br />
zogen sich zurück. Später setzten Theodor Fontane und<br />
Kurt Tucholsky dem Städtchen am Grie nerick see mit<br />
ihren Werken ein literarisches Denkmal. 1949 wurde das<br />
Schloss Genesungsheim und später das erste Diabetiker-<br />
Sana to rium der DDR.<br />
Diese Nutzung hatte zu mindest den Vorteil, dass die<br />
Bauwerke nicht verfielen und im bescheidenen Ma ße<br />
sogar denkmal pflegerische Arbeiten durch geführt werden<br />
konnten. Immer hin erhielt der Spiegel saal im Schloss<br />
seine Bestimmung als Konzert- und Festsaal zurück.<br />
1948 ging ich nach Rheinsberg, um dort die Ober schule<br />
zu besuchen und das Abitur zu machen. Aus einem<br />
kleinen Dorf in Ostpreußen kommend, war der Auf enthalt<br />
in der kulturgeprägten Stadt ein bestimmendes Erlebnis<br />
für mich. Das Schlosstheater war in seiner Grund subs tanz<br />
noch erhalten. Lediglich eine große Lücke im Dach hat<br />
dann den schnellen Verfall herbeigeführt.<br />
43
44<br />
kultur<br />
Im Spiegelsaal hör te ich vom damaligen Kantor Stein<br />
auf dem Klavier gespielt sämtliche Beet ho ven -Sinfonien. Bei<br />
Uraufführungen kirch licher Kompo sitionen des Kantors<br />
habe ich auf der Trompete blasend in der St. Laurentiuskirche<br />
mitgewirkt. An meinem 17. Geburts tag konnte ich<br />
durch einen Aus flug der Schulklasse nach Berlin meine<br />
erste Oper hören: „Die Zauber flöte“ von Mozart. Dieses<br />
Schlüssel erlebnis hat mei nen künstlerischen Werde -<br />
gang ein gelei tet. Im Heckentheater erlebte ich dann als<br />
Gast spiel des Hans Otto Theaters Pots dam „Così fan<br />
tutte“ und andere Opern. Nach dem frühen Tod eines jungen<br />
Leh rers, der einen Oberschulchor ge grün det hatte,<br />
durfte ich diesen übernehmen. Es entstanden meine<br />
ersten Komposi tio nen, häufig im Spiegelsaal des<br />
Schlos ses auf geführt. Mit dem Chor errangen wir bei<br />
einem Wett bewerb des Landes in Pots dam sogar den<br />
ersten Preis. Von Rheins berg kam ich dann zum Musikstudium<br />
nach Berlin. Die Ver bindung zu der Stadt und<br />
den Freunden dort riss in den folgen den Jahren nie ab.<br />
Viele Jahre war es „nur“ eine Vision, dass an diesem Ort<br />
einmal ein Opernfestival statt finden könnte. 1989 be -<br />
stand schließ lich die berechtigte Hoffnung, das Diabe -<br />
tiker sana torium alsbald der nahe ge legenen Kurklinik<br />
in Hohenelse anzuglie dern. Die politische Wende<br />
im Oktober 1989 kam dem Vor haben zuvor. Es<br />
dau erte nicht lange und das Rheins berger<br />
Sanatorium wurde ge schlossen. Jetzt war<br />
alles möglich und ich konnte die Idee des<br />
Festivals verwirklichen.<br />
2011 gibt es nun schon den 21. Festivalsommer.<br />
Von Anfang an geht dem<br />
Festival ein Internationaler Gesangswett<br />
bewerb voraus. An diesen Wettbewerben<br />
nehmen jährlich 400 bis<br />
500 junge Opernsänger aus aller<br />
Welt teil. Die 40 besten präsen tieren<br />
wir dann in Rheinsberg in großen<br />
Opern partien, bei Gala-Abenden und<br />
in Konzerten. In den zwei Jahr zehnten<br />
waren das über 600 Sänger, die ihre
Weiterführende Informationen: www.kammeroper-schloss-rheinsberg.de & www.ebn24.com<br />
Karriere bei uns begannen und nun an allen gro ßen Opern -<br />
häusern singen – bis hin zu Covent Garden London, der<br />
Mai länder Scala und der Metropolitan Opera New York.<br />
Unser Publikum – das sind etwa 20.000 Opern freunde<br />
im Jahr – konnte bisher über 350 einzigartige Opernauf<br />
führ ungen im Ambiente des neuen Rheinsberger<br />
Mu sen hofs erleben. Gäste, von denen das Gast- und<br />
Übernachtungs ge werbe in er heb lichem Maße profitiert.<br />
Mit etwa 50 jungen Leuten der Region schließen<br />
wir in der Saison zudem Zeit ar beits ver träge. Sie sind<br />
tätig in der Technik crew und im Gäste service, so manche<br />
haben in der Ferien arbeit ihren Beruf gefunden.<br />
Die Kammer oper hat sich damit zu ei nem wichtigen<br />
Wirt schafts faktor für die Region entwickelt.<br />
ZUR PERSON:<br />
Prof. Siegfried Matthus wurde 1934 im ostpreußischen<br />
Mallenuppen geboren, studierte<br />
an der Deutschen Hochschule für Musik in Berlin.<br />
Der Meisterschüler Hanns Eislers arbeitet seit<br />
1960 als Komponist und ist seit 1990 Künstler ischer<br />
Leiter der Kam meroper Schloss Rheinsberg.<br />
Er komponierte unter anderem das „Te Deum“<br />
für die weltweit beachtete Weihe der wieder<br />
errichteten Dresdner Frauen kirche.<br />
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48<br />
standortMarketinG<br />
In Mannheim geboren und aufgewachsen, ist <strong>Xavier</strong> Kurt <strong>Naidoo</strong> für das Engagement in seiner Heimatstadt bekannt.<br />
Der Sänger hat die regionale Musikszene wesentlich geprägt und engagiert sich für die Nachwuchsförderung. Im Interview<br />
erläutert der Musiker, was Baden-Württemberg für Investoren und Einwohner attraktiv macht und spricht über<br />
die liebenswerten Menschen.<br />
Weiterführende Informationen: www.xavier.de & www.ebn24.com
Fotos: © 2010 Söhne Mannheims GmbH; Popakademie Mannheim<br />
Sie haben in der Schulzeit bereits in einer Schulband<br />
ge spielt, die den Namen „Mannheim“ trug. Woher kommt<br />
Ihre tiefe Verbundenheit mit Mannheim?<br />
XAVIER NAIDOO: Ich glaube, es gibt Menschen, die<br />
ein fach sehr heimatverbunden sind, sich dem Ort ver -<br />
pflichtet fühlen, an dem sie geboren wurden und aufge<br />
wachsen sind. Und so ein Mensch bin ich. Jemand, der<br />
es sehr zu schätzen weiß, woher er kommt. Gerade wenn<br />
man viel unterwegs ist, ist es schön, seine Wurzeln zu kennen.<br />
Was ist das Besondere an Mannheim?<br />
XAVIER NAIDOO: Die Stadt ist überschaubar. Sie bietet<br />
aber viele Dinge, die man sonst nur in Groß städten findet;<br />
zum Beispiel den Hafen und die hier ansässigen internationalen<br />
Unternehmen. Ich fand in der Region rund um<br />
Mannheim die Möglich keiten, die man als Musiker braucht.<br />
Für mich war dieser Groß raum schon immer sehr attraktiv.<br />
Was genau ist denn so attraktiv und lebenswert?<br />
XAVIER NAIDOO: Zum einen haben wir hier in Mannheim<br />
und Umgebung einfach besseres Wetter als in anderen<br />
Teilen Deutschlands. Das Klima in der rheinischen Tief -<br />
ebene ist mediterran und zudem sehr menschen freundlich.<br />
Es gibt ein breites Kultur- und Freizeitangebot, das viel -<br />
fältig genug ist, um auch junge Leute zu begeistern. Hier<br />
wird man nichts missen und das ist einfach fantas tisch.<br />
Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Mannheim<br />
liegt zudem sehr zentral und bietet durch die gut aus -<br />
gebaute Infrastruktur schnelle Anbindungen inner halb<br />
Deutschlands sowie nach ganz Europa. Die Flug häfen in<br />
Frankfurt oder Stuttgart sind von Mannheim aus in kurzer<br />
Zeit erreichbar. Außerdem haben sich zahl reiche inter na -<br />
tionale Großkonzerne hier angesiedelt. Für Geschäfts- wie<br />
Privatleute ist Mannheim als Wohn- und Standort optimal.<br />
Sie erwähnten gerade die Geschäftsleute: Warum sollten<br />
Unternehmen sich hier niederlassen?<br />
XAVIER NAIDOO: Wenn Unternehmen sich einem Netz -<br />
werk anschließen möchten, dann sind sie in Mannheim<br />
sehr gut bedient. Es gibt hier stark vernetzte Firmen und<br />
Menschen, die in ganz Deutschland exzellente Kontakte<br />
haben und diese erfolgreich einsetzen.<br />
Wie würden Sie Baden-Württemberg beschreiben?<br />
XAVIER NAIDOO: Baden-Württemberg ist ein Muster -<br />
ländle. Die Baden-Württemberger sind innovativ. Dank<br />
der zahlreichen Patentanmeldungen gilt das Land in der<br />
EU als Region mit der höchsten Innovationsfähigkeit.<br />
Die Baden-Württemberger sind sehr fleißig und<br />
haben einen langen Atem bei der Entwicklung und<br />
Fertig stellung von Produkten. Das zeichnet Baden-<br />
Württemberg aus. In Baden-Württemberg haben außerdem<br />
namhafte inter nationale Konzerne ihre Wurzeln.<br />
Dies ist wohl der Welt offenheit der Baden-Württemberger<br />
zuzuschreiben. Das Land Baden-Württemberg grenzt<br />
an Frankreich und die Schweiz. Diese räumliche Nähe<br />
sorgt für einen regen wirt schaftlichen und kulturellen<br />
Aus tausch mit den Nach barn. So kann man auch einmal<br />
über den Tellerrand blicken.<br />
Wann haben Sie erkannt, dass die Musik auch ein Wirt schafts -<br />
faktor sein kann – in Mannheim und Baden-Württemberg?<br />
XAVIER NAIDOO: Als Künstler oder Musiker betrachtet<br />
man Musik erst einmal nicht als Wirtschaftsfaktor. Man<br />
macht die Musik nicht in erster Linie aus wirtschaft -<br />
lichen Gründen, sondern aus Leidenschaft. Irgend wann<br />
erkennt man jedoch den wirtschaftlichen Hinter grund.<br />
Vielleicht habe ich diesen ein bisschen früher gesehen<br />
als andere Musiker.<br />
Sie haben bei der Gründung des Kompetenzclusters<br />
„Mannheimer Modell“ mitgewirkt. Wie kam es dazu?<br />
XAVIER NAIDOO: Ich hatte die Vision, in Mannheim die<br />
Musikbranche zu stärken. Der Grundstock ist gelegt: Die<br />
musische Tradition geht hier bei uns bis auf die Kurfürsten<br />
zurück. Im 18. Jahr hundert errang die Mannheimer<br />
Hof kapelle bereits europa weite Anerkennung.<br />
Das Musische ist in der Stadt tief verwurzelt.<br />
Viele Musiker aus Mannheim, die<br />
in Deutschland gute Projekte starten,<br />
sind einfach nicht bekannt bzw.<br />
niemand weiß, dass sie aus<br />
unserer Stadt kommen. Genau<br />
das möchte ich ändern.<br />
Das Interview führte Melanie Doll.<br />
ZUR PERSON:<br />
<strong>Xavier</strong> Kurt <strong>Naidoo</strong> wurde 1971 geboren und ist<br />
in Mannheim aufgewachsen. Im Jahr 1998 veröffentlichte<br />
er sein erstes Album „Nicht von dieser<br />
Welt“. Neben seiner Solokarriere ist er Mit begründer<br />
der Band „Söhne Mannheims“, Mitglied der<br />
„Brothers Keepers“ sowie Dozent an der<br />
Popakademie Baden-Württemberg.<br />
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50<br />
Verlag<br />
Impressum<br />
EUROPÄISCHER WIRTSCHAFTS VERLAG GmbH<br />
Ein Unternehmen der MEDIEN GRUPPE KIRK AG<br />
Hilpertstraße 1, D-64295 Darmstadt<br />
Telefon +49 (0) 6151 1770-0<br />
Telefax +49 (0) 6151 1770-20<br />
ewv@ebn24.com<br />
www.ebn24.com<br />
Herausgeber<br />
Christian Kirk ©<br />
Gesamtleitung<br />
Jürgen Ströbele (Chefredaktion)<br />
MEDIA TEAM Gesellschaft für Kommunikation mbH<br />
Redaktion<br />
Melanie Doll & Röbke Wulff (Projektkoordination),<br />
Marina Büttner (Schlussredaktion), Christine Schuster (Lektorat)<br />
Layout & Produktion<br />
Franziska Knolle (Art-Direktorin), Irina Neugum (Produktionsleitung),<br />
Katharina Jedral-Tomski, Achim Kunz, Elke Andres,<br />
Michelle Rude, Stefan Sauerwein<br />
Film<br />
Jürgen Schmeisser (Regie),<br />
Natalia Schlosser, Sara Schreiner, Stefan Seibert<br />
Bildnachweis<br />
Titel: © M. Altmann/DW; Alexander Laljak<br />
Vertrieb<br />
Melanie Kirk-Becker<br />
Organisation<br />
Christopher Eckert, Myriam Essakal, Sarah Israng, Bianca Pöllner<br />
Auflage<br />
5.000<br />
Vervielfältigung & Nachdruck<br />
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Magazins darf ohne<br />
schriftliche Genehmigung des Verlages vervielfältigt oder verarbeitet<br />
werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere die gewerbliche<br />
Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme ins Internet oder andere<br />
elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD. Verstöße<br />
werden rechtlich verfolgt. Redaktionsschluss: 1. Juni 2011<br />
ISBN<br />
978-3-938630-97-6, Ausgabe 2/2011
Seit 1992 • Ausgabe 2/2011 • 5,00 €<br />
www.ebn24.com<br />
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