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herunter rutschen konnten. Oder wir gossen in den ... - Bremen

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Me<strong>in</strong>e Lehrer<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> ersten vier Grundschuljahren war Fräule<strong>in</strong> Buchholz, m.E. e<strong>in</strong>e sehr<br />

gute, wenn auch recht strenge Lehrer<strong>in</strong>, aber das war zu der Zeit ja nichts besonderes.<br />

Zum<strong>in</strong>dest aber <strong>konnten</strong> <strong>wir</strong> nach dem 4. Schuljahr lesen, schreiben und die vier<br />

Grundrechenarten. Somit konnte ich dann die Mittelschule (heute Realschule) besuchen,<br />

dieses war nicht allen K<strong>in</strong>dern vergönnt, <strong>den</strong>n das kostete Schulgeld, während die<br />

Volksschule ke<strong>in</strong> Geld erhob. Die Eltern hatten <strong>in</strong> Lötzen für me<strong>in</strong>e Schwestern nicht nur<br />

Schulgeld zahlen müssen, sondern auch <strong>den</strong> Aufenthalt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pension. Viele Witwen, die<br />

nur e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e oder auch gar ke<strong>in</strong>e Versorgung hatten, nahmen gern - es war meist die<br />

e<strong>in</strong>zige Verdienstmöglichkeit - Pensionäre auf. Alle K<strong>in</strong>der der größeren Güter, die die<br />

höhere Schule besuchen sollten, mußten mit 10 Jahren <strong>in</strong> Pension gehen, es sei <strong>den</strong>n, es<br />

bestand die Möglichkeit, die K<strong>in</strong>der zu Hause entsprechend zu unterrichten. Aber die<br />

Prüfungen mußten vor e<strong>in</strong>er staatlichen Kommission abgelegt wer<strong>den</strong>. Diese Pensionen waren<br />

nicht gerade immer k<strong>in</strong>derfreundlich und auch me<strong>in</strong>e Schwestern fan<strong>den</strong> es <strong>in</strong> Lötzen nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt wunderbar. Es gab auch ke<strong>in</strong>e Lehrmittelfreiheit, alle Bücher, Hefte und andere<br />

notwendige D<strong>in</strong>ge für die Schule mußten von <strong>den</strong> Eltern bezahlt wer<strong>den</strong>. Die Volksschule lag<br />

am anderen Ende von der Stadt, ca. 1 1/2 km Fußweg, die Mittelschule war nur 5 M<strong>in</strong>uten um<br />

die Ecke. Im Sommer f<strong>in</strong>g die Schule um 7.10 Uhr an, im W<strong>in</strong>ter um 8.00 Uhr. Wenn es dann<br />

im W<strong>in</strong>ter noch dunkel war und manchmal Frost bis zu 20°, mußten <strong>wir</strong> uns schon recht<br />

warm anziehen für <strong>den</strong> langen Weg. Wir hatten Kan<strong>in</strong>chenfelle, die man über <strong>den</strong> Kopf<br />

streifen konnte und die unter <strong>den</strong> W<strong>in</strong>termantel gezogen wur<strong>den</strong>, da waren Brust und Rükken<br />

sehr schön warm. Hosen (außer pludrigen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gshosen) gab es damals für Mädchen noch<br />

nicht, <strong>wir</strong> trugen dicke Wollstrümpfe und hohe Schnürschuhe gegen <strong>den</strong> Schnee. Ich hatte e<strong>in</strong><br />

grünes, gestricktes Bleylekleid für die Schule und natürlich immer e<strong>in</strong>e Schürze um. Für<br />

damalige Verhältnisse g<strong>in</strong>gen <strong>wir</strong> gut und wohl auch teuer angezogen, auf me<strong>in</strong>em<br />

W<strong>in</strong>termantel war immer e<strong>in</strong> Pelzkragen, daran konnte man schon das "Honoratiorenk<strong>in</strong>d"<br />

erkennen. Mädchenschuhe hatten Ösen für die Schnürsenkel, Jungenschuhe Haken, ich hätte<br />

im Leben ke<strong>in</strong>e Jungenschuhe angezogen! Fräule<strong>in</strong> Buchholz liebte ich sehr, obwohl auch ich<br />

e<strong>in</strong>mal mit dem Rohrstock geschlagen wor<strong>den</strong> b<strong>in</strong>. Die ganze Klasse hatte mal über sie<br />

gelacht, da wurde beim Rohrstock niemand ausgenommen. Da sie meist <strong>den</strong> Stock als<br />

Zeigestock benutzte, war sie aus Versehen damit <strong>in</strong> e<strong>in</strong> offenes T<strong>in</strong>tenfaß gekommen (die<br />

Fässer waren <strong>in</strong> die Schulbänke e<strong>in</strong>gelassen). Die T<strong>in</strong>te spritzte im hohen Bogen, und <strong>wir</strong><br />

lachten respektlos, daraufh<strong>in</strong> gab es e<strong>in</strong>en Hieb über die Hand. Überhaupt spielte der Stock<br />

e<strong>in</strong>e erhebliche Rolle <strong>in</strong> der Schule, für mehrmals nicht gemachte Schularbeiten gab es Hiebe,<br />

manchmal auf die Handfläche, bei größeren Strafen über die F<strong>in</strong>gerspitzen. Fräule<strong>in</strong> Buchholz<br />

g<strong>in</strong>g immer sehr schick angezogen, ich bewunderte sie sehr. Vor allem war sie elegant<br />

angezogen, so etwas gab es sonst <strong>in</strong> Pr. Eylau kaum, me<strong>in</strong>e Mutter war zwar immer gut<br />

angezogen, aber nicht im S<strong>in</strong>ne von elegant. Ich kann mich bis heute auf die Kleider von Frl.<br />

Buchholz bes<strong>in</strong>nen. Wir hatten Schiefertafeln und mußten immer fleißig "Schönschreiben" <strong>in</strong><br />

Sütterl<strong>in</strong>schrift üben. Überhaupt wurde auf die Rechtschreibung sehr großen Wert gelegt.<br />

Auch Nachsitzen mußten <strong>wir</strong> oder bekamen Strafarbeiten auf, wenn es notwendig erschien.<br />

Daran nahm niemand Anstoß, sowie auch das Schlagen mit dem Stock nieman<strong>den</strong> empört<br />

hätte. In me<strong>in</strong>em Zeugnis stand immer "Bärbel ist schwatzhaft und vorlaut". Ansonsten<br />

brachte die Schule für mich weder besondere Freu<strong>den</strong> noch Probleme, weshalb ich im<br />

e<strong>in</strong>zelnen auch nicht so viel Er<strong>in</strong>nerungen habe, zum<strong>in</strong>dest nicht an die ersten vier<br />

Grundschuljahre. Paradiesisch waren für heutige Verhältnisse für uns die Spielmöglichkeiten.<br />

Zuerst auf dem Hof h<strong>in</strong>ter unserer ersten Wohnung "Wer fürchtet sich vor dem schwarzen<br />

Mann" oder auf dem Schulhof "Mütterchen darf ich". Als ich dann größer wurde, wurde die<br />

Umgebung erobert. Im W<strong>in</strong>ter, bed<strong>in</strong>gt durch das ostpr. Klima und <strong>den</strong> vielen Schnee, begann<br />

das Rodeln bzw. Schlittschuhlaufen auf dem Langen See. Es waren größere und kle<strong>in</strong>ere<br />

Berge <strong>in</strong> und um die Stadt. Teils haben <strong>wir</strong> am Abend Wasser auf unsere Rodelbahn ge<strong>gossen</strong>,<br />

um am nächsten Tag e<strong>in</strong>e Eisbahn zu haben, auf der <strong>wir</strong> dann auf e<strong>in</strong>er Kehrrichtschaufel


<strong>herunter</strong> <strong>rutschen</strong> <strong>konnten</strong>. <strong>Oder</strong> <strong>wir</strong> <strong>gossen</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Schulpausen Wasser auf <strong>den</strong> Schulhof,<br />

damit <strong>wir</strong> dann e<strong>in</strong>e gefrorene "Schlidderbahn" hatten. Die W<strong>in</strong>terfreu<strong>den</strong> waren vielfältig<br />

und teils auch beschwerlich, <strong>den</strong>n der Lange See war nur <strong>in</strong> ca. 20 bis 30 M<strong>in</strong>uten Fußmarsch<br />

zu erreichen. Da waren die Füße dann oftmals schon kalt, bis <strong>wir</strong> angekommen waren. Auch<br />

war es mühsam, die Schlittschuhe anzuschnallen, Eislaufstiefel hatten <strong>wir</strong> nicht. Wenn <strong>wir</strong><br />

dazu auch noch <strong>den</strong> "Nudler" (Schlüssel zum Festdrehen der Schlittschuhe) vergessen oder im<br />

Schnee verloren hatten, dann war das alles bei 10 bis 15 ° Frost e<strong>in</strong>e Körperertüchtigung<br />

besonderer Art. Mich hat das alles aber nie verdrießlich gemacht. Der höchste Berg war die<br />

"Napoleonskiefer", von dort aus soll Napoleon <strong>in</strong> der Schlacht bei Pr. Eylau am 7./8. Februar<br />

1807 die französischen Truppen geleitet haben. Er lag ca. 3 km von me<strong>in</strong>em Elternhaus<br />

entfernt. Dorth<strong>in</strong> g<strong>in</strong>gen <strong>wir</strong> zeitweise zum Rodeln und auch später zum Skilaufen. Etwa um<br />

3.00 Uhr nachmittags hatte ich me<strong>in</strong>e Schularbeiten fertig, dann machte ich mich auf, mußte<br />

aber pünkt1ich um 7.00 Uhr abends wieder zu Hause se<strong>in</strong>, <strong>den</strong>n dann gab es Abendbrot. In<br />

diesen 4 Stun<strong>den</strong> hatte ich mich dann auch müde getobt und war entsetzlich durchgefroren<br />

und hungrig. Im Sommer dann das Ba<strong>den</strong> im Warschkeiter See mit se<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>maligen und<br />

modernen Badeanstalt, die sich noch heute sehen lassen könnte. Dort gab es e<strong>in</strong>en<br />

Sprungturm mit mehreren Sprungbrettern bis zu e<strong>in</strong>em 5m-Brett, vom Geländer waren es<br />

wohl 6 m (da wagte ich auch noch <strong>herunter</strong>zuspr<strong>in</strong>gen). Ganz große Jungen von der<br />

Aufbauschule sprangen vom Dach, etwa 8 m hoch, das taten sie mit e<strong>in</strong>em Regenschirm als<br />

Attraktion. Es gab große Grünflächen zum Spielen und e<strong>in</strong> Sonnenbad, e<strong>in</strong> mit Erdwällen<br />

umgrenztes Gelände, welches mit weichem und weißem Sand aufgefüllt war. Hier traf man<br />

sich am Nachmittag, es war wie am Strand an der See. Wir nannten das Sonnenbad<br />

"Haskekaul", weil e<strong>in</strong> Bürgermeister Haas es hatte anlegen lassen. Ich bekam von me<strong>in</strong>en<br />

Eltern <strong>in</strong> jedem Jahr e<strong>in</strong>e Jahreskarte für die Badeanstalt, Preis glaube ich 6,- oder 10,- RM,<br />

und damit konnte ich die Kab<strong>in</strong>en zum Umziehen benutzen und durfte mich <strong>den</strong> ganzen Tag<br />

dort aufhalten. Schwimmunterricht habe ich nicht gehabt, <strong>wir</strong> lernten das von <strong>den</strong> größeren<br />

Mädchen, die brachten uns das bei. Mit 3 Schwimmstößen konnte man "im Tiefen" die ersten<br />

Leitern erreichen. Wer das geschafft hatte, konnte bald darauf auch se<strong>in</strong> Freischwimmen<br />

machen. Nachdem auch ich mich freigeschwommen hatte, brauchte sich me<strong>in</strong>e Mutter ke<strong>in</strong>e<br />

Sorgen mehr zu machen. Es gab zwar e<strong>in</strong>en Bademeister - im Krieg versahen die Schüler der<br />

Aufbauschule diese Arbeit - aber offiziellen Schwimmunterricht gab es nicht. E<strong>in</strong>e große<br />

Attraktion waren zwei hölzerne Baumstämme im Wasser, auf <strong>den</strong>en man sitzen konnte. Es<br />

war e<strong>in</strong> Hei<strong>den</strong>spaß, wenn die großen Jungen sich auf diesen Baumstamm stellten und ihn<br />

unter Wasser drückten, dann fielen <strong>wir</strong> <strong>herunter</strong>. Sobald er wieder an die Oberfläche kam,<br />

begann das Spielchen von vorn. Außerdem wurde der Baumstamm gern gedreht, dann konnte<br />

man sich nicht darauf halten. Wie oft habe ich diese Stämme von der anderen Uferseite des<br />

Sees geholt, wenn sie dorth<strong>in</strong> abgetrieben wor<strong>den</strong> waren; immerh<strong>in</strong> brauchte man ca 30 M<strong>in</strong>.,<br />

um das gegenüberliegende Ufer zu erreichen. In me<strong>in</strong>er Er<strong>in</strong>nerung hatten <strong>wir</strong> immer schönes<br />

Wetter, so daß es sowohl im Sommer als auch im W<strong>in</strong>ter genug Möglichkeiten zum<br />

Sporttreiben gab. Außerdem hatten <strong>wir</strong> <strong>in</strong> der Volksschule e<strong>in</strong>e große und gut ausgestattete<br />

Turnhalle und auch e<strong>in</strong>en ausgezeichneten Turnunterricht.

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