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Fokus: Zypern [PDF] - Allianz Global Investors

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<strong>Fokus</strong>: <strong>Zypern</strong><br />

Thema<br />

Trotz seiner geringen wirtschaftlichen Größe geriet in letzter Zeit<br />

innerhalb des Euroraums <strong>Zypern</strong> verstärkt in den <strong>Fokus</strong> der Marktbeobachter.<br />

Aus gegebenem Anlass setzen wir unsere Übersicht<br />

über die aktuelle Lage und die geplanten Maßnahmen innerhalb des<br />

Euroraums mit <strong>Zypern</strong> fort.<br />

Stefan Scheurer<br />

Vice President, <strong>Global</strong><br />

Capital Markets & Thematic<br />

Research, <strong>Allianz</strong><br />

<strong>Global</strong> <strong>Investors</strong><br />

Im Mai 2011 verlor <strong>Zypern</strong> den direkten Zugang<br />

zu den internationalen Kapitalmärkten. Um seinen<br />

Finanzierungsverpflichtungen für 2012 nachzukommen<br />

erhielt das Land Ende 2011 von der russischen<br />

Regierung einen Kredit in Höhe von 2,5 Mrd. Euro,<br />

umgerechnet etwa 14 % des zypriotischen Bruttoinlandsprodukts<br />

(BIP). Im Juni 2012 stellte <strong>Zypern</strong> als<br />

fünftes Land des Euroraums einen formellen Antrag<br />

auf finanzielle Hilfe bei der Troika aus Europäischer<br />

Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und<br />

Internationalem Währungsfonds (IWF), nachdem<br />

zypriotische Banken in den Abschreibungs- und<br />

Restrukturierungsstrudel griechischer Banken geraten<br />

waren.<br />

<strong>Zypern</strong>s Bankensektor im Zentrum<br />

der finanziellen Schwierigkeiten<br />

Im Zentrum der finanziellen Schwierigkeiten steht<br />

<strong>Zypern</strong>s Bankensektor. Gemessen relativ zum BIP<br />

des Landes, liegt dessen Anteil etwa um das 8-Fache<br />

höher als die derzeitige Wirtschaftsleistung des<br />

Landes. Auch ohne ausländische Banken bzw. deren<br />

Tochterfirmen in der Kalkulation, liegt die Größe<br />

des Bankensektors bei etwa dem 5,5-Fachen des BIP<br />

<strong>Zypern</strong>s. – Die Parallelen zu Irland und der Größe<br />

des irischen Bankensektors erscheinen evident,<br />

denn in Irland hatte der Bankensektor 2009 etwa das<br />

5,3-Fache der Wirtschaftsleistung des Landes ausgemacht.<br />

– Zusätzlich strömte in den letzten Jahren<br />

zunehmend mehr Kapital nach <strong>Zypern</strong>. Das vorteilhafte<br />

Steuerumfeld – der Unternehmens steuersatz<br />

liegt aktuell bei 10 % –, die lockere Regulierung<br />

sowie der Abfluss von Kapital aus Griechenland<br />

begünstigten die Entwicklung, machten das Land im<br />

Umkehrschluss aber auch stark anfällig. Nicht nur<br />

durch das direkte Halten von griechischen Staatsanleihen<br />

– zwei Restrukturierungsprogramme in<br />

Griechenland führten zu Verlusten auf den Nominalwert<br />

der Anleihen –, sondern auch durch die hohe<br />

Kreditvergabe an griechische Kreditnehmer, die<br />

durch die gestiegenen Ausfallraten zusätzlich zum<br />

Problem für die Banken wurde. Das führte dazu, dass<br />

der Bankensektor <strong>Zypern</strong>s in Summe zu gering kapitalisiert<br />

war und ist 1 .<br />

1<br />

Quelle: Internationaler Währungsfonds (IWF), „Cyprus: 2011<br />

Article IV Consultation“, November 2011.<br />

Verstehen. Handeln.


<strong>Fokus</strong>: <strong>Zypern</strong><br />

Darauf reagierte die Ratingagentur Moody’s, indem<br />

sie <strong>Zypern</strong>s Bonitätsnote um drei Stufen von B3 auf<br />

Caa3 herabstufte, um die Risiken eines eventuell<br />

zukünftigen Staatsbankrotts zu adressieren.<br />

Bankenstresstest und mögliche<br />

Übertragungseffekte<br />

Wie hoch die Stützung zypriotischer Banken und<br />

des zypriotischen Staates ausfällt, grenzte der<br />

Banken stresstest ein. Je nach dem zugrunde gelegten<br />

Risikoszenario lag der Kapitalbedarf zwischen<br />

5,9 Mrd. Euro (circa 30 % des BIP) und 8,8 Mrd. Euro<br />

(circa 50 % des BIP), somit im Worst-Case-Szenario<br />

leicht unter den vorläufigen Schätzungen von<br />

10 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Irlands Hilfsantrag zur<br />

Stützung seines Bankensektors lag bei umgerechnet<br />

rund 40 % des irischen BIP.<br />

Die möglichen politischen wie auch wirtschaftlichen<br />

Konsequenzen könnten allerdings weitreichender<br />

sein. So wurde zunächst die Präsidentschaftswahl<br />

am 17. und 24. Februar 2013 abgewartet, ehe ein<br />

Rettungspaket bewilligen und konkrete Schritte<br />

zu einer nachhaltigen konjunkturellen Situation in<br />

<strong>Zypern</strong> unternehmen konnte. Dies vor dem Hintergrund<br />

laut werdender Vorbehalte bezüglich der<br />

Transparenz der zypriotischen Bankenlandschaft<br />

und deren Rolle als sicherer Hafen für Steuerflüchtlinge<br />

und Empfänger von Schwarzgeld.<br />

Hinzu kommt, dass eine mögliche Kapitalflucht<br />

zu erneuten Übertragungseffekten innerhalb des<br />

Euroraums führen und die Bilanzen der Banken in<br />

anderen EU-Peripherieländern negativ beeinträchtigen<br />

könnte.<br />

<strong>Zypern</strong>s Verschuldungssituation<br />

<strong>Zypern</strong> ist die drittkleinste Wirtschaft innerhalb<br />

des Euroraums und produzierte laut IWF 2012 eine<br />

nominale Wirtschaftsleistung von knapp 18 Mrd.<br />

Euro. Diese macht gerade einmal 0,2 % des BIP des<br />

Euroraums aus. Die Makrodaten des Landes scheinen<br />

sich kaum von denen anderer EU-Peripheriestaaten<br />

zu unterscheiden. Im Jahr 2007 erwirtschaftete<br />

<strong>Zypern</strong> nahezu einen ausgeglichenen Haushalt,<br />

der in den Folgejahren in ein Defizit von bis zu 6 %<br />

des BIP umschlug. Die Arbeitslosigkeit befindet sich<br />

mit über 12 % auf Rekordhöhe und für das nächste<br />

Jahr geht die Europäische Kommission von einer<br />

weiter steigenden Arbeitslosenrate in Richtung 14 %<br />

aus.<br />

Eine anhaltende und womöglich sich intensivierende<br />

Rezession, ein höheres Haushaltsdefizit in<br />

Folge von gesunkenen Einnahmen sowie eine<br />

Rekapitalisierung des zypriotischen Bankensektors<br />

durch den Staat könnten die Verschuldungssituation<br />

<strong>Zypern</strong>s deutlich verschlechtern. Das aktuelle<br />

Verschuldungsniveau liegt laut IWF bei 71 % des BIP<br />

Schaubild 1: <strong>Zypern</strong>s steigende Verschuldung<br />

in % des BIP<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

–10<br />

–20<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012e 2013e 2014e 2015e 2016e 2017e<br />

Konjunkturbereinigtes Haushaltssaldo<br />

Bruttostaatsverschuldung<br />

* e = erwartet<br />

Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für die Zukunft. Quelle: IWF, World Economic Outlook, Okt. 2012,<br />

<strong>Allianz</strong>Gl <strong>Global</strong> Capital Markets & Thematic Research.<br />

2


<strong>Fokus</strong>: <strong>Zypern</strong><br />

(2008: knapp 50 %) und soll laut IWF-Schätzungen in<br />

2012 weiter auf bis zu 90 % angestiegen sein – trotz<br />

diverser fiskalischer Maßnahmen wie u. a. einer<br />

Mehrwertsteuererhöhung im März 2012 um 2 Prozentpunkte<br />

auf 17 %. Kommt die Rekapitalisierung<br />

zweier Banken von maximal knapp 9 Mrd. Euro (über<br />

50 % des BIP) noch hinzu, würde es die Verschuldung<br />

auf fast 150 % des BIP erhöhen – basierend auf den<br />

Schätzungen des IWF für das Jahr 2013 (siehe Schaubild<br />

1). Das wirft die Frage nach einem möglichen<br />

Schuldenschnitt bzw. einer nachhaltigen Lösung der<br />

Verschuldungssituation des Landes auf.<br />

<strong>Zypern</strong>s Rettungspaket<br />

Bereits im Sommer 2012 hatte <strong>Zypern</strong> um ein Kreditpaket<br />

in Höhe von 17 Mrd. Euro gebeten, um seine<br />

angeschlagenen Banken zu stützen und den Staatshaushalt<br />

zu finanzieren. Da politisch jedoch keine<br />

Möglichkeit gefunden wurde, das Rettungspaket der<br />

Troika auf über 10 Mrd. Euro aufzustocken, scheint<br />

<strong>Zypern</strong> die Differenz von 7 Mrd. Euro zur Stabilisierung<br />

des Systems aus eigenen Mitteln aufbringen<br />

zu müssen, um die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung<br />

<strong>Zypern</strong>s zu gewährleisten – ein wichtiger Punkt<br />

für den IWF, damit er sich auch beteiligen kann.<br />

Aktuell werden folgende Möglichkeiten diskutiert:<br />

• Die Besteuerung von Bankeinlagen, indem Guthaben<br />

über 100.000 Euro stärker besteuert werden<br />

als Guthaben unter 100.000 Euro, falls überhaupt.<br />

• In <strong>Zypern</strong> soll u. a. der Unternehmenssteuersatz<br />

von 10 % auf 12,5 % angehoben werden, um den<br />

restlichen Kapitalbedarf zu decken. Auch scheinen<br />

Gläubiger mit nachrangigem Status beteiligt zu<br />

werden. Zudem sollen die öffentliche Verwaltung<br />

sowie die Größe des Bankensystems bis 2018<br />

auf den EU-Durchschnitt von etwa 4 % des BIP<br />

verkleinert werden. In Summe dürfte es sich um<br />

fiskalische Maßnahmen in Höhe von 4,5 % des<br />

zypriotischen BIP handeln.<br />

• Privatisierungserlöse in Höhe von 3 Mrd. Euro u. a.<br />

aus dem Verkauf von Beteiligungen an Banken<br />

erscheinen laut zypriotischem Finanzministerium<br />

in den kommenden Jahren erzielbar. Zuletzt<br />

wurde die Erschließung möglicher Gasreserven<br />

vor der zypriotischen Küste diskutiert. Wenngleich<br />

eher langfristig ausgelegt, könnten die daraus<br />

resultierenden Erlöse für die Stabilisierung der<br />

öffentlichen Finanzen als auch zur Unterstützung<br />

des Wachstums verwendet werden.<br />

• Die Regierung in Nikosia ist zudem in Verhandlungen<br />

mit Russland, um u.a. die Rückzahlung<br />

seines 2011 bereitgestellten Kredits über<br />

2,5 Mrd. Euro von 2016 auf 2022 zu strecken.<br />

Auch eine Zins reduktion von 4,5 % auf 3,5 %<br />

inkl. einer zweijährigen tilgungsfreien Zeit wird<br />

angestrebt.<br />

Schaubild 2: Schuldnerstruktur <strong>Zypern</strong>s<br />

<strong>Zypern</strong>s Refinanzierungsbedarf<br />

In 2013 steht einzig im Juni eine Rückzahlung in<br />

Höhe von 1,4 Mrd. Euro sowie im Juli in Höhe von<br />

700 Mio. Euro an. Für die Jahre 2014 bis 2016 beläuft<br />

sich der Refinanzierungsbedarf <strong>Zypern</strong>s auf fast<br />

3 Mrd. Euro (siehe Schaubild 3). Dieser Gesamtbetrag<br />

steht jedoch noch unter Vorbehalt, denn mögliche<br />

Revisionen des Haushaltsbudgets aufgrund<br />

sinkender Einnahmen könnten zu einem höheren<br />

Refinanzierungsbedarf führen. Die Beleihung von<br />

250 Mio. Euro aus dem Pensionsvermögen staatseigener<br />

Unternehmen zur Bezahlung der Beamtengehälter<br />

im Dezember 2012 zeigt nicht nur die<br />

prekäre Situation <strong>Zypern</strong>s, sondern auch die Kennzeichen<br />

einer „Finanziellen Repression“ in einem der<br />

– geografisch wie auch gemessen am BIP – kleinsten<br />

Länder des Euroraums.<br />

Verstehen<br />

Inländische<br />

Banken 48 %<br />

Ausländische<br />

Investoren 45 %<br />

Andere inländische<br />

Investoren 3 %<br />

Inländische<br />

Versicherungen &<br />

Pensionsfonds 4 %<br />

Quelle: Ministry of Finance, <strong>Allianz</strong>Gl <strong>Global</strong> Capital Markets &<br />

Thematic Research.<br />

Die Kernfrage jedoch ist, ob – nach dem Sonderfall<br />

Griechenland mit der Beteiligung der Investoren in<br />

Staatsanleihen und nun auch <strong>Zypern</strong> mit einer Sondersteuer<br />

auf Privateinlagen – zukünftig ein weiterer<br />

„Sonderfall“ denkbar ist, in dessen Verlauf der<br />

Privatinvestor beteiligt wird. Dies könnte womöglich<br />

die Märkte erneut stark verunsichern und die<br />

Rettungspakete insgesamt erheblich gefährden.<br />

Allerdings dürfte die Lage in <strong>Zypern</strong> aufgrund der<br />

3


Schaubild 3: Refinanzierungsvolumen <strong>Zypern</strong>s<br />

in Mio. EUR<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020<br />

Anleihefälligkeit (Mio., EUR)<br />

Zinsen (Mio., EUR)<br />

Quelle: Bloomberg, <strong>Allianz</strong>Gl <strong>Global</strong> Capital Markets & Thematic Research.<br />

Besonderheiten und der Größe des Bankensystems<br />

als einmalig charakterisiert werden. Damit wären<br />

mögliche Ansteckungsgefahren eher gering und die<br />

Kapitalmärkte sollten sich vom kurzfristigen Schock<br />

wieder erholen.<br />

Stefan Scheurer<br />

Impressum<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Global</strong> <strong>Investors</strong> Europe GmbH<br />

Mainzer Landstraße 11–13<br />

60329 Frankfurt am Main<br />

<strong>Global</strong> Capital Markets & Thematic Research<br />

Hans-Jörg Naumer (hjn), Dennis Nacken (dn),<br />

Stefan Scheurer (st)<br />

Weitere Informationen rund um die<br />

Kapitalanlage erhalten Sie direkt unter:<br />

www.allianzgi.de<br />

Investieren birgt Risiken. Der Wert einer Anlage und die Erträge daraus können sowohl sinken als auch ansteigen und Investoren erhalten den investierten Betrag<br />

möglicher weise nicht in voller Höhe zurück.<br />

Die hierin enthaltenen Einschätzungen und Meinungen sind die des Herausgebers und / oder verbundener Unternehmen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und<br />

können sich – ohne Mitteilung hierüber – ändern. Die verwendeten Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen und wurden als korrekt und verlässlich betrachtet,<br />

jedoch nicht unabhängig überprüft; ihre Vollständigkeit und Richtigkeit sind nicht garantiert und es wird keine Haftung für direkte oder indirekte Schäden aus deren<br />

Verwendung übernommen, soweit nicht durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Fehlverhalten verursacht.<br />

Hierbei handelt es sich um eine Marketingmitteilung. Herausgegeben von <strong>Allianz</strong> <strong>Global</strong> <strong>Investors</strong> Europe GmbH, (www.allianzglobalinvestors.eu) einer Gesellschaft<br />

mit beschränkter Haftung, gegründet in Deutschland mit eingetragenem Sitz in Mainzer Landstraße 11-13, D-60329 Frankfurt / Main, zugelassen und beaufsichtigt von<br />

der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de). Die Vervielfältigung, Veröffentlichung sowie die Weitergabe des Inhalts in jedweder Form ist nicht<br />

gestattet. März 2013

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