Mitteilungen 01-2013 - Alpenverein-Aschaffenburg.de
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Klettern<br />
halb schon eine ganze Reihe von Klettersteigern<br />
in <strong>de</strong>r senkrechten Wand ohne klar<br />
ersichtliche Stufung und aktuelle Steighilfen<br />
hing. Mit mehr o<strong>de</strong>r weniger Geschick setzten<br />
die Beobachteten das Gebot <strong>de</strong>r Reibung<br />
ein, während sie sich über die erste große<br />
Hür<strong>de</strong> hangelten. Das Motorengeräusch <strong>de</strong>s<br />
weiter entfernt an <strong>de</strong>r Wand stehen<strong>de</strong>n Helikopters<br />
ließ mich endgültig <strong>de</strong>n Rückzug antreten<br />
über die Schotterfel<strong>de</strong>r, in <strong>de</strong>nen die<br />
imposanten Bergklötze ihre Basis hatten,<br />
sowie <strong>de</strong>n einst schwer umkämpften Kriegsgebieten.<br />
Unbeeindruckt von <strong>de</strong>m Spektakel<br />
und ohne Mühe passierte in<strong>de</strong>s das sagenhafte<br />
Trio unserer Ü45-Gruppe elegant am<br />
Seil entlang <strong>de</strong>n abgetretenen Zugang. Winzig<br />
kleine bewegliche Punkte, die sich vom<br />
Kaiserjägersteig aus gesehen auf <strong>de</strong>r Südlichen<br />
Fanisspitze gegen <strong>de</strong>n Himmel abzeichneten,<br />
konnten nur eine Ahnung geben, wie<br />
groß das Gipfelglück jener sein musste, die<br />
solch einem kompakten, unwegsamen Klettersteiggelän<strong>de</strong><br />
mit seinen feinen Felsreliefs,<br />
Rissen und Scharten gewachsen waren.<br />
Trotz verhangenem Himmel haben wir uns<br />
tags darauf einem weiteren Gebirgsmassiv<br />
durch die verwurzelten Fichten- und Lärchenwäl<strong>de</strong>r<br />
genähert. Glücklicherweise<br />
blieb es bei <strong>de</strong>n wenigen Regentropfen, als<br />
wir unsere Gurte anlegten. Die Anstiegsroute<br />
am Pomagagnonzug ist in 3-4 Stockwerke<br />
geglie<strong>de</strong>rt, die jeweils über breite mit Latschen<br />
bewachsene Geröllbän<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n<br />
sind. Tritte so breit wie „Tische zum Schafkopf<br />
spielen“ (E. Stenger) sowie die Leiter und<br />
Klammern an einer Senkrechten sicherten<br />
gutes Vorankommen und boten <strong>de</strong>n Klettersteighel<strong>de</strong>n<br />
unter uns nur wenige Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
wie einige abgegriffene und speckige<br />
Stellen, die Fingern, Füßen und Oberschenkeln<br />
mehr abverlangten. Der Regen<br />
wartete bis die Gipfelbil<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Punta Fiames<br />
(2166 m) im Kasten o<strong>de</strong>r IPhone waren<br />
und hielt nahezu <strong>de</strong>n gesamten schwierigen<br />
Abstieg an. In einem grünen Becken schreckten<br />
wir noch eine Schar von Gämsen auf, danach<br />
ging es einen nicht en<strong>de</strong>n wollen<strong>de</strong>n<br />
Schutttrichter hinunter, wo sich <strong>de</strong>r Trampelpfad<br />
zuletzt noch fast gänzlich verlor. Völlig<br />
durchnässt, freuten wir uns im Trockenen<br />
angekommen bei leckerem Apfelstru<strong>de</strong>l und<br />
Hei<strong>de</strong>lbeer-Tarte, die Ferrata <strong>de</strong> Strobel nicht<br />
ausgelassen zu haben.<br />
Vom Schnee <strong>de</strong>r Kaltwetterfront waren die<br />
Felsen morgens wie mit Pu<strong>de</strong>rzucker bestäubt<br />
und gewannen zu<strong>de</strong>m durch die klare<br />
Luft an Konturen. Der Monte Cristallo (3154<br />
m) hing weiterhin fest in Wolken und an die<br />
Ferrata Bianchi war lei<strong>de</strong>r gar nicht zu <strong>de</strong>nken.<br />
Warm wur<strong>de</strong> es uns notgedrungen beim<br />
Aufstieg zu <strong>de</strong>n Cinque Torri, einer weiteren<br />
Festung <strong>de</strong>s 1. Weltkrieges, <strong>de</strong>ren Türme<br />
mittlerweile mit Kletterhaken gespickt und<br />
für je<strong>de</strong>rmann zum Anfassen sind: Von <strong>de</strong>n<br />
markanten Felsgebil<strong>de</strong>n hatten wir beste<br />
Fernsichten neben phantastischen Durchblicken<br />
und Fotospots. Edgar war sichtlich<br />
erfreut, <strong>de</strong>n rührigen Hüttenwirt, <strong>de</strong>r sage<br />
und schreibe 65 Jahre <strong>de</strong>r Cinque-Torri-Hütte<br />
vorstand, noch im letzten Jahr seines Amtes<br />
anzutreffen. Ich freute mich in<strong>de</strong>ssen ganz<br />
beson<strong>de</strong>rs über die dampfen<strong>de</strong> Gerstensuppe,<br />
die Speckknö<strong>de</strong>l und <strong>de</strong>n Ricottatopfenstru<strong>de</strong>l,<br />
die von <strong>de</strong>r gastfreundlichen<br />
Donna <strong>de</strong>s Hause serviert und für mich zum<br />
kulinarischen Highlight <strong>de</strong>r ganzen Woche<br />
wur<strong>de</strong>n, ein i<strong>de</strong>ales Trostpflaster für die ausgefallenen<br />
Klettersteige und getreu <strong>de</strong>m<br />
Motto, das Edgar beiläufig zum besten gab:<br />
„die Berge laufen nicht davon, sie wer<strong>de</strong>n nur<br />
höher“. An dieser Stelle darf ich mich bei ihm,<br />
Fritz alias Friedrich und Rigobert für die schönen<br />
Touren und vergnügten Erlebnisse ganz<br />
herzlich bedanken.<br />
Bericht & Fotos: Bettina Nebel<br />
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