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Originalarbeit S. 5 - 15<br />

Wiener Zeitschrift für Suchtforschung Jg.24 2001 Nr. 3/4 <br />

Die kulturelle Genese der Sucht<br />

K. WASSENBERG<br />

MISTEL - Hochschule Magdeburg-Stendal<br />

Zusammenfassung:<br />

Der Aufsatz verfolgt die verschiedenen wissenschaftlichen<br />

Modelle zur Erklärung von auffälligem Verhalten seit der<br />

Reformation. Es wird dargestellt, wie die Vorstellungen<br />

individueller Zwanghaftigkeit zuerst in der protestantischen<br />

Theologie entwickelt und später von Medizinern übernommen<br />

wurden. Zentrale These der Arbeit ist, dass die Unterscheidung<br />

zwischen Abhängigkeit und Sucht auf deren<br />

Herkunft aus unterschiedlichen theologischen Quellen zurückzuführen<br />

ist.<br />

Die Beschäftigung mit Suchtkrankheiten vermittelt kein<br />

einheitliches Bild. Im Gegenteil, im ersten Moment eröffnet<br />

sich dem Theoretiker ein scheinbar unübersehbarer Wirrwarr<br />

von verschiedenen Ansätzen und Lehrgebäuden über<br />

Ursachen, Verlaufsformen und Erscheinungsbildern von<br />

drogeninduziertem auffälligen Verhalten. Auffällig aus historischer<br />

Sicht ist vor allem, daß keine Ordnung im Diskurs<br />

herrscht. Mal galoppieren trunkene Elefanten auf der Suche<br />

nach Angegortem durch die Savanne, süchtige Ratten<br />

fressen Kaffeesatz und dann wiederum wird ein Gelegenheitskonsument<br />

harter Drogen vorgestellt, den es theoretisch<br />

gar nicht geben dürfte. Dem Seufzer über das Drogenszenario:<br />

‘Nichts geht mehr’ folgt die theoretische Auflösung<br />

in: ‘Alles geht’. Diese Auflösung ins Beliebige ist die<br />

Quelle der Verzweiflung des Therapeuten, der einem Menschen<br />

helfen will und dem vorgehalten wird, daß die ganze<br />

Gesellschaft süchtig sei; der sich von der Wissenschaft<br />

zwar manche Belehrung gefallen lassen muß, aber nur<br />

selten konkrete Hilfe bekommt.<br />

Trotzdem besitzen die vielen, oft konträren Vorstellungen<br />

auch einige Gemeinsamkeiten. Eine ist, daß das Verhalten<br />

unter Drogeneinfluß kulturbedingt sei; eine gegensätzliche<br />

will Verhalten unter Drogeneinfluß als physische Substanzwirkung<br />

objektivieren. Der vorliegende Aufsatz will auf die<br />

Suche nach kulturellen Ursprüngen gehen und damit vor<br />

allem die erste These prüfen. Denn auch um das wenige<br />

Gemeinsame der Theorie über Drogengebrauch ranken<br />

sich Gemeinplätze und unbewiesene Behauptungen. Ein<br />

solches Gemeinsames ist die Vorstellung, daß Drogengebrauch<br />

bei bestimmten Menschen einen ‘Kontrollverlust’<br />

hervorrufe. Dieser Begriff soll den Verlust der Entscheidungsfähigkeit<br />

gegenüber der Substanz oder sogar einer<br />

Handlung beschreiben. In Kürze gesagt, sind besonders<br />

die kulturwissenschaftlichen Überlegungen zu dem Schluß<br />

gekommen, daß diese Vorstellung des individuellen Kontrollverlustes<br />

aus der Alkoholforschung entsprang, mit<br />

amerikanischen Einflüssen um 1800 aufkam und den Durchbruch<br />

erst mit Jellinek gegen Mitte des 20. Jahrhunderts<br />

fand. Zuvor sei man der Meinung gewesen, daß die Trinker<br />

willentlich trinken würden, als Ziel des Trinkens also der<br />

trunkene Bewußtseinszustand sei; deshalb sei Saufen als<br />

sündig angesehen worden. Daraus läßt sich ableiten, daß<br />

demnach die Trinksünde eine Willensentscheidung gewesen<br />

sein müsse: Wir haben hier einen wichtigen Gemeinplatz<br />

der modernen Alkoholforschung vor uns, der unbewiesen<br />

von den meisten Alkoholforschern übernommen<br />

wurde.<br />

Ich will versuchen aufzuzeigen, daß einige solcher Befunde<br />

nur teilweise richtig sind. Im wesentlichen werde ich mich<br />

auf folgende Quellen berufen: Dem ersten und dem zweiten<br />

adiaphoristischen Streit in den evangelischen Kirchen,<br />

dem parallel dazu beginnenden medizinischen Diskurs des<br />

17. und 18. Jahrhunderts und der medizinischen Übernahme<br />

der Suchtvorstellung im 17. Jahrhundert. Das Vorhaben<br />

ist natürlich für einen Aufsatz zu groß angelegt und<br />

man möge mir verzeihen, daß ich oft Quellen nicht in der<br />

ihnen zustehenden Breite gewürdigt habe.<br />

Die reformatorische Konstruktion des Kontrollverlustes<br />

im Ersten Adiaphoristischen Streit<br />

Will man etwas über die Vorstellungen und Meinungen der<br />

Menschen früherer Zeiten erfahren, findet man wichtige<br />

Quellen in den religiösen Diskursen der Reformationsliteratur<br />

des 16. Jahrhunderts. Hier entwerfen im sog. Ersten<br />

Adiaphoristischen Streit eine Reihe von Autoren Streitschriften,<br />

welche Hinweise zu Gedanken und theologischen<br />

Hintergründen von normativen Einschätzungen über<br />

ausschweifendes Verhalten geben. Adiaphora bedeutet<br />

soviel wie ‘Mitteldinge’ und bezieht sich auf die Frage, ob<br />

Verhaltensweisen, die an sich sittlich indifferent sind wie<br />

etwa Fressen und Saufen, aber auch Singen und Tanzen,<br />

gut oder böse sind. Wichtigstes Merkmal dieser Adiaphora<br />

ist, daß ihre normative Verortung nur indirekt möglich ist.<br />

Ob eine solche Handlung gut oder böse sei, kann nur aus<br />

ihren Folgen geschlossen werden.<br />

Ebenso sind die zu jener Zeit Verbreitung findenden Polizeiordnungen<br />

zu nennen. In den damaligen medizinischen<br />

Schriften findet man hingegen nur sehr wenig über Probleme<br />

der Trunkenheit. Im folgenden will ich kurz einen theologischen<br />

Klassiker mit seinen Ansichten zur Trunkenheit<br />

vorstellen: Sebastian Franck. Zwar ist er keiner der großen<br />

Reformatoren, aber Egon Friedell nennt ihn den ‘größten<br />

protestantischen Mystiker der Lutherzeit’ (Friedell; I:166),<br />

der aus dem Katholizismus heraus zum Luthertum konvertierte<br />

und schließlich konfessionslos blieb. Franck liefert<br />

die bedeutendeste Quelle zum Einblick in eine allerdings<br />

isolierte Meinung über ‘Das greuliche Laster der Trunckenheit’.<br />

Als Exegese interpretiert er die Haltung der Bibel als<br />

Wort Gottes zum Thema Trunkenheit. Ich gehe kurz auf<br />

den Inhalt ein:<br />

Die Trunkenbolde verehren Bacchus als „Gott/ und des<br />

teuffels heyliger geyst/ der hat sie besessen“.<br />

Hier zeigt uns Franck recht klar, daß Gott dem unmäßig<br />

essenden und trinkenden Menschen zürne. Solche könnten<br />

keine Christen sein, und wahre Christen sollten ihrer<br />

meiden. Bald kommt er zu der Einsicht, daß „Thrunckenhayt<br />

verderbet den leyb/ und ist ain ursach viler kranckhait/<br />

und ains unzeytigen tods.“ Auch die Frage, „ob armüt auß<br />

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Wiener Zeitschrift für Suchtforschung Jg.24 2001 Nr. 3/4 <br />

dem trincken kom“ stellt er und antwortet:<br />

„Wer gern frölich ist wirt mangeln/ Und wer wein un öl liebt/<br />

wirt nit reich/ Und am 23.Capitel/ Mein son sey nicht<br />

unndter den sauffern unnd schlemmern/ dann die sauffer<br />

und prasser verarmen/ und ein schlaffer muß zerrissen<br />

klayder tragen/ Ursach/ der wein macht faul und werckloß“.<br />

Als Trinker gehört man also nicht zum christlichen Volke,<br />

nimmt nicht teil an der ‘normalen’ Realitätskonstruktion.<br />

Man verwirkt infolgedessen seine beiden Leben, sein diesseitiges<br />

und sein jenseitiges. Der Ausschluß ist total, aber<br />

nicht nur der individuelle Leib ist gefährdet. Mehr noch<br />

stehen allgemeine Beziehungen, in welche der Mensch<br />

eingebunden ist, im Vordergrund. Der Alkohol ist Repräsentant<br />

eines ganzen Lebensstils: der Fröhlichkeit und der<br />

Sinneslust. Aber er ist nicht bloß Symbol; die Wirkung der<br />

Droge Alkohol wird als unmittelbar sozial begriffen. Ursache<br />

und Symptom verdichten sich hier zu einer analytischen<br />

Einheit: sie sind eins.<br />

„Dann also gewont die natur des sauffens/ das sie immer<br />

zu durst unnd zu trincken muß habenn/ und jhe lenger sie<br />

trinckenn/ jhe lenger sye sauffen. Also plagt sie Gott/ das<br />

sich die natur umbkert/ unnd das tranck sein aigen ampt<br />

an ihn verleyrt/ Wie sapient. am 11. stehet/ unnd am 16.<br />

Capitel/ Wodurch der mensch Sündiget/ dadurch wird er<br />

peiniget/.“<br />

Damit gibt uns Sebastian Franck einen wichtigen Schlüssel<br />

zur Deutung reformatorischen Trinkverhaltens an die Hand:<br />

Der Trinker sei in der aktuellen Trinkhandlung an etwas<br />

ausgeliefert, dem er hilflos gegenübersteht. Ist es hier noch<br />

eine strafende göttliche Macht, so wird es später eine<br />

Eigenschaft, die der Droge Alkohol an sich immanent ist.<br />

Hier ist die Willenlosigkeit noch ‘normal’, schließlich hat der<br />

Trinker es mit Gott selbst zu tun.<br />

„Das sieht man an unserm trincken wol/ das sie allzeyt frü<br />

und spat dürst/ sauffenn biß sie ubergehen/ fahen darnach<br />

wider an/ Und wann sie vol seynd/ und die kandten<br />

nimmer zum maul künden bringen/ so dürst sie allererst/<br />

Das ist der sünd rechte billiche straff/ Wie Esaias schreybt<br />

am 5.Capitel. Wie man gesündt hatt/ also soll auch die<br />

buß und marter sein/ unnd fahet die peyn hie an.“<br />

Der Trinker ist dem Deutungsmuster ‘sündhaftes Trinken’<br />

zufolge also in einen Prozeß eingebunden, in dem der erste<br />

exzessive Trinkakt eine sündige Handlung darstellt. Dadurch<br />

errege er Gottes Zorn. Jener lasse den Trinker nun weitertrinken,<br />

bis er nicht mehr kann. Nach kurzer körperlicher<br />

Erholung quäle Gott den Trinker erneut mit der unmäßigen<br />

Zufuhr von Alkohol. Der Trinker ist demnach in einem<br />

Prozeß gefangen, in dem Trinkmotive eine abnehmende<br />

Bedeutung haben. Er braucht, hat er erst einmal die Trinksünde<br />

begonnen, keinen Anlaß mehr; er trinkt um Gottes<br />

Willen. Er hat demzufolge also keinen Einfluß mehr auf sein<br />

eigenes Trinkverhalten.<br />

Es war von mir schon erwähnt worden, daß die Medizin sich<br />

zu der Zeit nur mit somatischen Wirkungen der Trunkenheit<br />

beschäftigt - Verhaltenszwänge sind ihr bis dahin noch<br />

unbekannt. Der Arzt Stromer hält die Trunkenheit für eine<br />

„willige unsynnickeit“ und lehnt die medizinische Untersuchung<br />

von Lastern als Sache der Philosophen ab. Es<br />

lassen sich demnach durchaus Vorstellungen eines religiös<br />

motivierten Kontrollverlustes finden, jene aber waren<br />

weder medizinisch begründbar, noch wurde sie von allen<br />

Reformatoren übernommen.<br />

Das lag vor allem an den theoretischen Grundannahmen<br />

der Theologen: Luther ging von der sogenannten ‘Rechtfertigungslehre’<br />

aus. Demnach habe Jesus stellvertretend für<br />

die gläubigen Christen die Erbsünde auf sich genommen.<br />

Ein lutherischer Christ kann demnach seine Gnade auch<br />

nach einer begangenen Sünde wiedererlangen, wenn er<br />

Gott aufrichtig darum bittet. Genau aber diese Möglichkeit<br />

ist dem Sünder im Zustand akuter Trunkenheit verschlossen.<br />

Er könne nicht Gott durch den Glauben um Hilfe und<br />

Beistand anrufen, weil „die Seele wird vom Leib beschwert,<br />

wo er mit Trunkenheit überladen ist, [aber...] wo die Seele<br />

wacker und nüchtern ist, da wird auch der Leib mäßig und<br />

geschickt“ (E A 9: 76). Das führt uns zu den Ursachen der<br />

Trunkenheit aus Lutherischer Sicht: „Wo der Leib in Völlerei<br />

liegt, da muß zuvor die Seele ein Trunkenbold seyn, so<br />

Gottes Wort und das Gebet nicht achtet“ (E A 9:76). Für<br />

Luther ist also die Trunkenheit ein seelisches Problem.<br />

Trotzdem kann der lutherische Trinker nicht aus der Gnade<br />

fallen, wenn er Gott reuig um solche bittet.<br />

Der gleiche Problemausgang hatte im Calvinismus ganz<br />

andere Auswirkungen. Auf Max Weber geht die Bemerkung<br />

zurück, daß das Luthertum die kreatürliche Unbefangenheit<br />

des Menschen weniger einschnüre als der Calvinismus.<br />

Der Calvinismus geht von der ‘Prädestinationslehre’<br />

aus, welche besagt, daß Gott eines Menschen Schicksal<br />

von Anbeginn her vorbestimmt habe. Sowohl gute als auch<br />

böse Taten beruhen hier nicht mehr auf menschlichem<br />

Wollen, sondern sind bestenfalls Ausdruck göttlicher Gnade<br />

oder Ungnade. Deshalb griffen reformierte Gemeinden<br />

bei vorliegender Trunkenheit viel härter durch. So wird<br />

denn auf die Frage der Trunkenheit ausdrücklich im Heidelberger<br />

Katechismus, der 1563 veröffentlicht wurde und für<br />

alle Reformierten verbindlich war, Bezug genommen. Demzufolge<br />

sei exzessives Alkoholtrinken kein diffuses Laster.<br />

Ganz im Gegenteil, der Trunkenbold begehe eine Todsünde.<br />

„Können denn die nicht selig werden, die sich von ihrem<br />

undankbaren, unbußfertigen Wandel zu Gott nicht bekehren?“<br />

fragt der Heidelberger Katechismus in seiner 87.<br />

Frage. Die Antwort:“Keineswegs; denn wie die Schrift sagt:<br />

Kein Unkeuscher, Abgöttischer, Ehebrecher, Dieb, Geiziger,<br />

Trunkenbold, Lästerer, Räuber und dergleichen wird<br />

das Reich Gottes erben“ (O.Weber 1986:48).<br />

Fassen wir zusammen: Im 16.Jahrhundert deduzieren religiöse<br />

Wissenschaftler aus der Bibel ein Modell zwanghaften<br />

Trinkens. Der Verlust der Kontrolle über das Trinken<br />

wird ausgelöst entweder durch Versagen der sozialen<br />

Kontrolle der Gemeinde oder aber als Strafe Gottes durch<br />

Mißbrauch. Der Kontrollverlust ist Folge des bösen Tuns.<br />

Einzig Luther glaubt, daß der Trinker bereits vor Eintritt der<br />

bösen Tat prädisponiert sei. Er habe eine Trunkenboldseele.<br />

Bei medizinischen Autoren der Zeit konnte ich etwas<br />

Vergleichbares nicht finden.<br />

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Wiener Zeitschrift für Suchtforschung Jg.24 2001 Nr. 3/4 <br />

Die reformatorische Konstruktion des Kontrollverlustes<br />

im Zweiten Adiaphoristischen Streit<br />

Zwar hat der Erste Adiaphoristische Streit Auswirkungen in<br />

zahlreichen Gemeindeordnungen und Kirchenverordnungen,<br />

aber für das Leben breiter Teile der Bevölkerung bleibt<br />

er doch wohl folgenlos. Das ändert sich erst grundlegend<br />

mit dem Zweiten Adiaphoristischen Streit. Gegen Mitte des<br />

17. Jahrhunderts erregen die Fragen nach den Mitteldingen<br />

wieder die protestantischen Gemüter und initiieren<br />

eine für Laien unübersehbare Zahl von Bewegungen und<br />

Spaltungen. Auf calvinischer Seite finden wir neben vielen<br />

anderen vor allem Gisbert Voet, der als Universitätsprofessor<br />

in Utrecht über Einfluß verfügte. Scharf spricht er sich<br />

gegen sittliche Indifferenz der Mitteldinge aus. Ein ganzes<br />

wissenschaftliches Werk widmet er dem aus reformierter<br />

Sicht sündigen Tanzen und plädiert für Verbote. In einem<br />

anderen Buch gibt er Anweisungen, wie gegessen und<br />

getrunken werden solle. Mit diesen bis ins Einzelne gehenden<br />

Anweisungen dringt der Calvinismus tief ins Alltagsleben<br />

der Bevölkerung ein. Der niederländische Calvinismus<br />

nimmt mit Voetius den Weg der präzisen Verregelung des<br />

Alltagslebens, vor allem beim Essen und Trinken. „Und weil<br />

kein Werk den Menschen mehr zum Tier macht wie Essen<br />

und Trinken, so macht der Mißbrauch von Essen und<br />

Trinken, wie Prassen, Trunkentrinken und Saufen den<br />

Menschen verächtlicher als ein Tier“ (Voet 1641:239).<br />

Schlemmerern wird regelrecht der Appetit verdorben; sie<br />

sollen während des Mahls an ihre christlichen Brüder<br />

denken, die Hunger leiden.<br />

Auf lutherischer Seite fällt der Zweite Adiaphoristische<br />

Streit sanfter aus. Hier sind vor allem Johann Arnd und<br />

Philipp Jakob Spener zu nennen. Die Person des Trinkers<br />

ist bei ihnen eine völlig andere als im Calvinismus.<br />

„Ach du heiliger und gerechter GOtt [...] ich klage dir/ daß<br />

ich offt meinen leib beschweret habe mit überfluß im<br />

essen und trinken/ dadurch ich mich sehr versündiget hab<br />

an dir meinem lieben Gott/ an meinem nechsten/ und an<br />

mir selbst: vergib mir diese sünde und ergerniß/ wende<br />

von mir die schwere straffe/ da du das wehe dräuest den<br />

säuffern“ (Arndt 1650?: 83).<br />

Der Trinker ist ein Gott um Gnade Bittender; er hat keine<br />

eigene seelische Kraft, den Verlockungen des Fleisches zu<br />

widerstehen.<br />

„Gib mir lust und liebe zur mäßigkeit und nüchterkeit/ auf<br />

daß mein gebet nicht verhindert werde behüte mich für<br />

dem bösen laster der trunckenheit/ dadurch sich ein<br />

mensch selbst zum unvernünfftigen viehe macht/ dadurch<br />

deine gaben/ so du uns mehr zu unsers leibes nothdurfft<br />

als zur wollust geschaffen und gegeben hast/ schändlich<br />

und gantz undankbarlich mißbraucht werden“ (Arndt<br />

1650?:84).<br />

Hier ist der Trunkenbold zwar ein Sünder, aber im krassen<br />

Gegensatz zur calvinischen Theologie kann ihm vergeben<br />

werden. Damit ist der Sünde der Trunkenheit ihre Schärfe<br />

genommen. Christian Scriver, Freund und Mitstreiter Speners,<br />

verfaßt sogar ein eigenes Buch über die Frage, ob<br />

Trinken eine Todsünde sei. Ihm war aufgefallen, daß die<br />

Bibel in Hinsicht auf Trunkenheit widersprüchlich ist.<br />

Einerseits sei Wein eine Gabe Gottes, andererseits sei<br />

Trunkenheit sündhaft. Daran angelehnt, entwirft Scriver<br />

einen Unterschied zwischen dem zugelassenen und dem<br />

verbotenen Trunk. „Oder wie einige besser reden/ unter<br />

den geheiligten Freuden-Trunck der Gottesfürchtigen/ und<br />

das Sauffen der Gottlosen“ (1686:4f.).<br />

„Was ist der Unterschied zwischen der verbottenen Sauff-<br />

Freude/ und eigentlichen Trunckenheit/ und zwischen der<br />

zugelassenen/ ja auf gewisse maß/ gebotenen Trinck-<br />

Freude und Ergötzlichkeit?“ (1686:8). Der Unterschied<br />

liege in der Person:<br />

„Ein Mensch/ der in Unbußfertigkeit/ Unglauben/ Sicherheit/<br />

und also ausser dem Stande der Gnaden/ und der<br />

Gemeinschafft JESU lebt/ [dem ist auch] sein Thun/ sein<br />

Essen/ Trincken/ frölich seyn/ weil es mit Unglauben/<br />

Verachtung GOttes/ Unbußfertigkeit gemänget“ (1686:9).<br />

„Ein gottloser Mensch hat kein Recht zu den Gaben und<br />

Gütern GOttes/ weiln das Ebenbild GOttes in ihm nicht<br />

erneuert/ und er kein Kind Gottes ist“ (1686:10).<br />

„Wenn nun ein solcher Mensch isset und trinket/ daß er<br />

frölich wird/ wenn er gleich keinen Excess thäte/ so ists<br />

doch unrein und verwerfflich für GOtt/ wie viel mehr/ wenn<br />

er schlemmet/ und sich mit Speise und Trunck überladet/<br />

daß er voll und truncken wird“ (1686:11).<br />

Befindet sich aber ein Mensch im Stande der Gnade,<br />

„der hat das Recht eines Kindes zu den Gaben und Gütern<br />

GOttes/ sein Essen und Trincken/ seine Freude/ seine<br />

Ergötzligkeit ist geheiliget/ durch den Glauben“ (1686:12).<br />

Selbst wenn sich ein solcher Mensch nach schwerer Arbeit<br />

quasi aus Versehen betrinken sollte, würde ihm solches<br />

nicht als Sünde angerechnet, sondern auf seine kindliche<br />

Erkenntnis und seine demütigste Abbitte hin um Christi<br />

Willen vergeben werden.<br />

Man muß sich diese Zeilen auf der Zunge zergehen lassen.<br />

Der christliche Autor unterscheidet zwischen Trunkenbolden,<br />

die gottlos sind, und Trinkern, die gottesfürchtig wahrscheinlich<br />

die gleiche Menge trinken. Der Unterschied<br />

besteht weniger in der Trinkmenge, sondern in der seelischen<br />

Haltung des Trinkers. Natürlich bedeutet diese Differenzierung<br />

kein Freibriefen für Maßlosigkeiten. Aber trotzdem<br />

wird dem lutherischen Trinker doch eine gewisse<br />

kreatürliche Unbedarftheit zugebilligt. Und diese kann schon<br />

mal einem Glas Wein zum Opfer fallen, aber die Guten<br />

gehen „hernach mit desto mehrer Freudigkeit an die Arbeit<br />

ihres Beruffs [...] und GOTT und dem Nechsten mit Lust zu<br />

dienen“(1686:26). Erst wenn jemand sich mit Lust vollsaufe<br />

um des Saufens Willen, also intentional ein Trinker ist,<br />

dann sei solches Trinken eine Todsünde.<br />

„Eine verdorbene Trunckenheit aber ists/ und ohne Zweifel<br />

eine Tod-Sünde/ wenn ein unbußfertiger irrdischgesinnter<br />

Mensch sich vorsätzlicher weise vollsaufft/ Gelegenheit<br />

zum Sauffen verlanget/ und die begierigst annimmt/<br />

seine Freude und Lust darinn suchet/ die Gesellschafft<br />

ohn Unterscheid und offt/ die/ so am liederlichsten/<br />

oder/ wie er meinet am lustigsten ist/ am meisten beliebet“<br />

(1686:67).<br />

Der Lutheraner Scriver billigt dem bösen Trunkenbold also<br />

durchaus Motive zu. Diese bestehen im lustvollen Hinwenden<br />

zum Rausch. Gerade diese Akzeptanz des Rausches<br />

ist die Sünde. Die bewußte Hinwendung zum sinnlichen<br />

Lebenswandel ist das lutherische Moment, auf das es<br />

Scriver ankommt. Das Gegenteil ist die bewußte Hinwendung<br />

zu Christus. Und jener führt den guten Christen auch<br />

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Wiener Zeitschrift für Suchtforschung Jg.24 2001 Nr. 3/4 <br />

durch ein Rauschabenteuer. Zur Teilnahme daran wird<br />

dem Menschen geraten, daß er sich<br />

„als ein gehorsames liebes Kind/ bey seinem Gott und<br />

Vater anmelde/ [der solle ihn] bey solchem angestelten<br />

Freuden-Mahl/ mit seinem Geist regieren/ für den Stricken<br />

des Satans bewahren/ und durch seine Gnade sein<br />

Hertz also lencken wolle/ daß er die geziemende maß<br />

Christlicher Freude und Ergötzlichkeit nicht überschreite“<br />

(1686:78).<br />

Dem gläubigen Menschen wird hier seine Fähigkeit zum<br />

autonomen Handeln genommen. Zwar hat er eine Entscheidungsfähigkeit<br />

zum Guten oder Bösen, aber auf sich<br />

gestellt ist er unfähig zu guten Werken. Durch den Glauben<br />

an Gott kann er die Trinksituation bestehen. Mit Blick auf<br />

diese besonders dem Luthertum eigenen Innerlichkeit kann<br />

Gott sogar Sünden, die unbeabsichtigt passiert sind, vergeben.<br />

Es ist nur wichtig, ob sie beabsichtigt oder unbeabsichtigt<br />

geschehen sind. Zu diesem Zweck soll man sich<br />

nach einem Trinkabend nicht einfach zu Bett gehen, sondern<br />

vorsichtshalber noch einmal Gott anrufen, sich bei ihm<br />

bedanken und um Vergebung zufällig begangener Sünden<br />

bitten. Solches würde dann unser<br />

„lieber Vater verzeihen/ und was etwa den Tag in sein<br />

Register kommen/ nebst allen unsern andern Sündenschulden<br />

mit dem Blute seines allerliebsten Sohnes durchstreichen<br />

und vertilgen“ (1686:83).<br />

Mit dem Zweiten Adiaphoristischen Streit nehmen sich<br />

religiöse Erweckungsbewegungen vor allem des Trunkenheitsdiskurses<br />

an, die in der Frage seiner Sündhaftigkeit<br />

auf die alten Klassiker der Reformation aufsetzen. Die<br />

calvinische Prädestinationslehre führt direkt in Asketismus,<br />

indem sie auch intimste Lusthaftigkeit und Sinnesfreuden<br />

der Aufmerksamkeit Gottes unterwirft. Eine rigorose<br />

Verregelung des Alltags ist die Folge. Die lutherische<br />

Seite legt ihr Gewicht auf die Rechtfertigungslehre und<br />

vergibt dem gläubigen Trinker seine Ausschweifungen als<br />

kindliche Unschuld. Der dunkle Calvinismus ist zugleich<br />

rational und unbarmherzig. Hier gibt es nichts zu vergeben.<br />

Wer sich unter calvinischer Diktion der Trunkenheit ergibt,<br />

beweist, daß er zur Verdammnis prädestiniert ist. Gleichzeitig<br />

geben die festen Regeln ein Netz zur Unterstützung<br />

maßvollen beherrschten Trinkens. Dem Lutherismus ist<br />

diese Verregelung fremd. Er läßt den Volkssitten viel Freiraum<br />

und interveniert erst bei deutlicher Auffälligkeit. Es ist<br />

dieses aber nicht die einzige Trennlinie zwischen Calvinismus<br />

und Lutherismus. Ebenso die Fragen nach dem Tanzen,<br />

Kartenspielen und Kommödienspielen und sogar Singen<br />

und Sprechen wurden wieder bedeutsam. Immer neigt<br />

der calvinische Ansatz zum Verbot oder zur Verregelung<br />

solcher sinnlicher Freuden. Und es ist auffällig, daß die<br />

meisten dieser Fragen auch in der heutigen Suchttheorie<br />

eine entscheidende Rolle spielen.<br />

Als erstes Charakteristikum soll deshalb gelten, daß der<br />

adiaphoristische Diskurs die sinnlichen, spontanen Affekte<br />

einer rationalen Kontrolle unterwirft. Überschreiten des<br />

rationalen Maßes gilt ihm als sündlich, zumindest unangemessen.<br />

Der Soziologe Norbert Elias verwies darauf, daß<br />

in der westlichen Zivilisation dieses Überschreiten mit<br />

Scham belegt wird. Weil der adiaphoristische Diskurs Mitteldinge<br />

mit Rationalität belegt, will er sie auch gleichzeitig<br />

als vernünftig behandelt wissen: das Individuum kann sich<br />

nun in bestimmbaren Grenzen vernünftig verhalten. Wichtiger<br />

ist aber, daß durch diese Einschränkung Außenbereiche<br />

entstehen, die unvernünftig sind. Sinnlichkeit degeneriert<br />

im Laufe dieses Prozesses tendenziell zu Unvernunft...<br />

und das Individuum lehnt im Umkehrschluß die<br />

Verantwortung für sinnliche Handlungen ab. Ein Graubereich<br />

entsteht.<br />

Als zweites Charakteristikum soll die Einschränkung gelten,<br />

daß die unterschiedlichen Fraktionen des Protestantismus<br />

unterschiedliche Lösungen für dieses Dilemma anbieten.<br />

Während die Lutheraner diese sinnlichen Grauzonen<br />

zwar kenntlich machen, aber nicht sonderlich stark sanktionieren,<br />

umgrenzen die Calvinisten den Garten sinnlichen<br />

Glücks mit hohen Zäunen. Die im nächsten Kapitel dargestellten<br />

Polizeiordnungen zeigen deutlich die soziale Verregelung<br />

des individuell nicht mehr Beherrschbaren. Gleichzeitig<br />

wirkt die Einflußnahme nach innen: Die Menschen in<br />

reformierten Gegenden werden insgesamt reservierter und<br />

affektarmer. Und insgesamt glauben die Menschen im<br />

christlichen Europa, sich auch an diesen Gegensatz der<br />

Körpersprache nonverbal erkennen zu können. Körpersprache<br />

wird im Laufe dieses Kulturprozesses zum Merkmal<br />

regionaler und religiöser Zugehörigkeit.<br />

Die juristische Konstruktion des Kontrollverlustes<br />

Fest steht, daß beginnend im 16. Jahrhundert und zunehmend<br />

im 17. Jahrhundert eine Ansicht Verbreitung findet,<br />

nach der ein Trunkenbold seine Entscheidungsfähigkeit<br />

gegenüber dem Konsum von Bier und Wein verliert. Diese<br />

Ansicht setzt sich besonders in den sogenannten asketischen<br />

Richtungen der Reformation durch. Diese Richtungen<br />

entwickeln Max Weber zufolge einen besonders frühen<br />

und starken Individualisierungsschub. Es soll hier nicht<br />

weiter auf dessen theologischen Hintergrund eingegangen<br />

werden, sondern kurz deren juristische Folgen aufgezeigt<br />

werden.<br />

Als Quellen dienen mir Polizei- und Reichstagsordnungen<br />

der damaligen Zeit. Die evangelischen Gemeinde-, Kirchen-<br />

und Polizeiordnungen dokumentiert E. Sehling (Hrsg.)<br />

in „Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts“.<br />

Dort finden wir Maßnahmen zum Einschränken<br />

des Bier- und Weintrinkens. Diese Regeln beziehen sich<br />

auf die Menge, die getrunken werden darf, auf die Art des<br />

Trinkens, ob zugeprostet oder zum Trinken genötigt werden<br />

darf usw. Meist zeigt sich folgendes Bild: Lutherische<br />

Ordnungen reglementieren das Gemeindegeschehen weit<br />

weniger als calvinische Ordnungen. Im Calvinismus finden<br />

wir deshalb auch umfangreiche Verregelungen des Zechens<br />

und abendlichen Trinkens. Meist herrschen recht<br />

klare Vorstellungen über die Schließungszeiten der Wirtshäuser<br />

und den Umfang des erlaubten Trinkens. Nie habe<br />

ich allerdings direkte Trinkverbote gefunden. In seiner<br />

Arbeit „Vom Recht der Trunkenheit“ faßt Heinrich Bode<br />

1726 die Gesetze zusammen. Dort zitiert er den Reichstag<br />

zu Speyer von 1570:<br />

„Es soll durch den Feld-Marschalch in allen Mißhandlungen,<br />

so voller Weise durch Herren, Junckern, Knecht,<br />

Groß- oder Kleinhauß geschehen, und straffbar sind, die<br />

Trunckenheit zu keiner Entschuldigung oder Milderung<br />

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der Strafe angezogen oder angesehen, sondern vielmehr<br />

solche Verbrechung desto schärffer, schwerer, auch gedoppelt<br />

gerechtfertigt, und gestrafft werden, cum quibus<br />

convenit ordin. Cur. ittb. part. 3. tit. 25. Es soll in Schmach<br />

und Schläghändeln der Trunckenheit zu keiner Entschuldigung<br />

verdienter Strafe fürgewandt und angenommen,<br />

besondern gedoppelt und gestalt gestrafft werden, daß<br />

männig verstehen möge, daß die Trunckenheit nicht die<br />

wenigste Ursach der erkandten Straff gewesen“ (s.Bode<br />

1726: 39f.).<br />

Faßt man die Polizeiordnungen und Erlasse des 16. Jahrhunderts<br />

zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: Über<br />

Polizeiordnungen versuchen die städtischen Administrationen<br />

Ordnung zu schaffen. Sie errichten kommunale Interventionssysteme,<br />

die auf rechtlicher Grundlage und aufbauend<br />

auf den Stand der damaligen Wissenschaften,<br />

allen voran der Theologie, die Sitten und Regeln in den<br />

Schankstätten und auf Festen schärfer definieren. Augenscheinlich<br />

halten sie ein trunkenes Individuum immer noch<br />

für strafmündig, jedenfalls ist Trunkenheit kein Grund zur<br />

Milderung von Strafen, im Gegenteil, sie sollen ‘gedoppelt’<br />

werden. Im 17. Jahrhundert kehrt sich das langsam um.<br />

Auch zu dieser Zeit schaffen reformatorisch gesinnte Polizeiordnungen<br />

in erster Linie Ordnung unter einem trunkenen<br />

Volk, aber der Tenor ändert sich langsam. Im 18.<br />

Jahrhundert kommt aber neben den Kampf gegen akute<br />

Trunkenheit auch einer gegen chronische Trunkenheit. So<br />

findet man in der Pfalz unter Christian dem Vierten eine<br />

Verordnung gegen das Laster der Trunkenheit. Zwar kehren<br />

hier die schon bekannten Ausschanksbeschränkungen<br />

wieder und fortgesetzte Auffälligkeit konnte mit „zeitlichund<br />

ewiger Gefängnuß, Karren-Strafe oder Landes Verweisung“<br />

geahndet werden, aber auch Entmündigung war<br />

juristisch möglich. Augenscheinlich hatte man zu dieser<br />

Zeit schon Vorstellungen von einem mangelnden individuellen<br />

Kontrollverhalten und eingeschränkter Geschäftsfähigkeit<br />

chronischer Trinker. Jedenfalls waren die Gefängnisse<br />

jener Zeit voll von Trinkern, ein Eindruck, den Freiherr<br />

von Seld noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestätigen<br />

konnte. Allerdings war die ‘juristische Behandlung’ von<br />

Trinkern auch in Zusammenhang mit der Beurteilung einer<br />

Straftat unter Alkoholeinfluß zu sehen. Die alkoholinduzierte<br />

Straftat war als Denkmodell noch nicht bekannt und man<br />

sah noch keinen Grund, die Eigendynamik einer bösen Tat<br />

zugunsten des Täters auszulegen. Auch der göttliche Wille<br />

zum Bösen in der Welt nahm den Menschen nicht die Last<br />

der Strafe. Somit brachte die Jurisprudenz auch keine<br />

Neuerung in der Beurteilung der Trinker; jene ging erst von<br />

einer Medizin aus, die allerdings zuvor ihre Grundlagen<br />

völlig erneuern mußte.<br />

Die medizinische Konstruktion des Kontrollverlustes<br />

Parallel zu den theologischen und juristischen Standpunkten<br />

gab es mehrere Versuche, diese Deutungsmuster ins<br />

Medizinische zu übersetzen. Immer stehen dabei die Mediziner<br />

in bestimmten geistigen Traditionen, und meist war<br />

diese geistige Position den Medizinern auch bewußt. Vor<br />

allem aber ist eine erstaunliche Ungleichzeitigkeit im Fortschritt<br />

medizinischer Theorie zu beobachten. Nicht an allen<br />

geistigen Zentren beschäftigt sich die Medizintheorie mit<br />

Neuem, mit fortschrittlichen Ideen, meist nimmt sie sogar<br />

Gegenpositionen ein. Ein Hinweis, daß die Säkularisierung<br />

ein Prozeß war, der von der Weltdeutung vorangetrieben<br />

wurde und seine Kräfte vor allem aus der Theologie in<br />

unterschiedlicher Intensität bezog. Eine solche Quelle war<br />

der calvinische Pietismus, wie wir ihn bei Gisbert Voet<br />

finden, und die Philosophie Descartes’, besonders sein<br />

Werk über den Menschen. Der Arzt, der sein kurzes Leben<br />

nutzte, diese Systeme in einem umfangreichen Werk zusammenzufügen,<br />

war Cornelius Bontekoe, alias Dekker. Er<br />

schrieb um die Mitte des 17. Jahrhunderts in den Niederlanden<br />

ein umfangreiches Werk über eine neue Art, den<br />

Menschen und seinen Organismus zu verstehen. In aller<br />

Kürze war diese von Bontekoe entwickelte sogenannte<br />

‘Cartesische Medizin’ materialistisch: Der Blutkreislauf erzeuge<br />

einen Nervensaft, der wiederum einzelne Muskeln<br />

aufpumpe und dadurch Bewegung erzeuge. Die Sinnesorgane<br />

würden den Nervensaft je nach äußerer Erregung in<br />

bestimmte Richtungen leiten. Zusammen mit seinem Kollegen<br />

Blancaard verfaßte er zahlreiche Bücher über Drogen;<br />

die Drogen der damaligen Zeit waren Tee, Kaffee,<br />

Nikotin und Alkohol.<br />

Um die einzelnen Positionen exemplarisch darzustellen,<br />

beginne ich mit dem Calviner Bontekoe. Er entwickelt die<br />

ausgereiftesten Vorstellungen einer individuellen Krankheit<br />

„Trunkenheit“. Er nennt sie<br />

„eine Kranckheit des Gehirnes/ und der daraus entstehenden<br />

Empfindung/ die Niemanden als muthwilliger<br />

Weise aus eigener Schuld zustösset: und ist sich zu<br />

verwundern/ daß die Menschen/ ohnerachtet sie ohne<br />

dem den Kranckheiten unterworffen/ und solchen abzuwehren/<br />

Mittel und Sorge genug von nöthen haben/<br />

dennoch eine Gewohnheit machen sich Tag vor Tag<br />

kranck/ oder wie man es zum Unterschied nennet/ truncken/<br />

toll/ und voll zusauffen“ (Bontekoe 1685:198).<br />

Der Krankheitsverlauf sei nicht schlagartig, sondern verlaufe<br />

in Phasen.<br />

„Aber vor der Trunckenheit gehe einige Umbstände noch<br />

her/ welche gleichsam die Leitern seyn/ wobey man<br />

aufsteiget/ ehe der Leib gantz eingenommen wird; und<br />

dieses seyn die Lustigkeit und Fröligkeit/ neue Stärcke/<br />

die Ersinnung allerley Gedancken/ die Veränderung der<br />

Gemüths-Bewegung/ und die Anleitung zu unterschiedenen<br />

Ausgrüblungen.“ (ders. :202).<br />

Die Bontekoe’schen Definitionen verweisen unverkennbar<br />

auf calvinische Grundlagen. Doch trotz der theologischen<br />

Ausrichtung hat die Trunkenheit bei ihm Krankheitsstatus,<br />

denn<br />

„diß ist das zweyte/ das man aufmerken muß/ daß nemlich<br />

die Trunckenheit eine Kranckheit ist gleich wie der Schlag<br />

und Paralysis, wobey noch drittens kommt/ daß sie eine<br />

Ursache ist/ vieler anderen Kranckheiten/ als des Steins/<br />

der Gicht/ Fieber/ und eines frühen und schweren Alters/<br />

ja zuweilen eines gar gehlichen Todes; solcher Gestalt/<br />

daß viele in ihrer Trunckenheit mit Leib und Seele/ welches<br />

wohl zu bedencken ist/ umbkommen“ (ders. : 204).<br />

Dabei entwirft Bontekoe schon Indikatoren zur Beurteilung<br />

von Spiegelalkoholikern. Es gäbe Menschen, die<br />

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„sich an den Trunck gewehnen und sich nicht wohl befinden<br />

bis die Seele was naß gemachet worden“ (Bontekoe<br />

1685:208). Sein Freund und Mitstreiter Stephan Blankaard<br />

fordert die Bevölkerung zur Abstinenz von alkoholischen<br />

Getränken auf und ist sich sicher, daß das Paradies<br />

auf Erden entstehe, wenn die Gemeinden erst alkoholische<br />

Getränke verbieten würden (s. Blankaart 1707).<br />

Den letzten Schliff an diesem Modell individueller Alkoholkrankheit<br />

legt Heidenreich Overkamp 1705. Er beschreibt<br />

detailliert Einflüsse für eine Disposition zur Trunkenheit.<br />

Diese Einflüsse beziehen sich auf die natürliche Umwelt,<br />

aber auch auf pränatale Bedingungen. Zu Beginn des 18.<br />

Jahrhunderts schildert er Wandlungen der psychischen<br />

Konstitution infolge akuter Alkoholintoxikation:<br />

„Hiermit kommen wir nun zu den schmauß-brüdern/ versoffenen<br />

fliegen und trunckenbolden/ oder mit kurtzen/<br />

die ihr leben und gesundheit/ in wein/ bier oder brantewein<br />

versauffen. Diese gesellschafft ist von so unterschiedener<br />

natur und art/ daß jede zu beschreiben oder zu<br />

erzehlen unmöglich ist. Dann der sich nüchtern vor einer<br />

todten mauß gefürchtet/ will nun in der vollheit sich rauffen<br />

und schlagen. Ein anderer/ der sonst wie ein stock gesessen/<br />

und das maul nicht auffgethan/ will zu reden nicht<br />

aufhören“ (Overkamp 1705:137f.).<br />

Die verschiedenen psychischen Reaktionen der Trinker<br />

auf Alkohol erregen Overkamps Interesse, da augenscheinlich<br />

diese auch unterschiedlichen Gefahren ausgesetzt<br />

sind. Er unterscheidet drei Einflüsse, die den Menschen<br />

prägen. Diese sind zumindest frühkindlich, meist aber<br />

pränataler Natur.<br />

„Unserer geburt nach/ sind wir alle von einander unterschieden/<br />

hernach auch in der aufferziehung/ auch dem<br />

lande nach/ darinnen wir wohnen; wie denn diese drey<br />

allen unsern gliedmassen eine sonderliche art eindrücken/<br />

die so fort ihren sitz in unterschiedlicher bewegung/<br />

und zustand des bluts behält/ wie solches auch fermentiret/<br />

oder in diese und jene mixtur gesetzet ist: Aus diesen<br />

werden hernach die sonderlichen geister gesondert/ und<br />

giebt ein subtiles blut flüchtige/ ein schweres und dickes<br />

aber schwere geister und säffte“ (Overkamp 1705:138f.).<br />

Die frühen Einflüsse bewirken demnach unterschiedliche<br />

somatische Konstitutionen, die wiederum Unterschiede in<br />

der Verarbeitung alkoholinduzierter Zustände bewirken.<br />

Besondere Bedeutung kommt der pränatalen Lebensphase<br />

zu. Ab der Zeugung und vor der Geburt gehe das Kind<br />

eine Symbiose mit der Mutter ein. Je nachdem, was stärker<br />

sei, das Ei oder Sperma, werde das Kind ein Mädchen oder<br />

ein Junge, präge sich die Natur der Mutter oder des Vaters<br />

stärker ein. Aber stärkere Gefühlseindrücke während der<br />

Schwangerschaft hätten auch bleibenden und formenden<br />

Einfluß auf das Kind, da es noch wachse und alles noch<br />

weich und formbar sei.<br />

„Hingegen die mutter/ welcher nerven schon gehärtet und<br />

nicht beyglich/ wie in der frucht/ empfindet keine solche<br />

veränderung des gehirns/ sondern läst allmählig die betrübnis<br />

fahren/ und den mann begraben seyn; sonderlich<br />

wenn sie keine noth hat“ (Overkamp 1705: 140).<br />

Die psychische Prädisposition beruht demnach auf somatischen<br />

Anpassungsreaktionen des Kindes. Jene können<br />

allerdings recht unterschiedlicher Natur sein.<br />

„Also wenn die mutter bey dem schwer-gehen etwan<br />

wegen hintritt ihres mannes ihren lustigen humeur verändert/<br />

lebt bekümmert und betrübt/ so wird dessen die<br />

frucht theilhafftig/ und bekommt solche davon zur nahrung<br />

ein schweres blut/ woraus hernach auch dergleichen<br />

schlechte geistige säffte geschieden werden: Nach dieser<br />

regung und bewegung aber wird das gehirn gestaltet<br />

und maniret/ weilen die nerven zu der zeit noch weich<br />

sind/ und den lauff der geistigen säffte folgen/ oder nach<br />

denenselben sich beugen und krümmen müssen“ (Overkamp<br />

1705:140).<br />

Nach der Geburt kämen erzieherische Familieneinflüsse<br />

als prägend und formend hinzu.<br />

„Es ist aber der kinder gehirn beuglich wie wachs/ alle<br />

gliedmassen sind weich/ und können in jenes allerley<br />

dinge leicht eingedrucket/ und diese hingegen nach willen<br />

gewendet oder gewöhnet werden/ worinnen dann es bey<br />

dem alten sprüchwort bleibt: Wie die alten sungen/ so<br />

zwitschern die jungen [...] Dann die kinder ahmen alles<br />

nach/ reden wie ihre vorgesetzten/ lernen auch also<br />

gehen/ und gewöhnen sich ihre maniren an“ (Overkamp<br />

1705:141).<br />

Wir sehen, auch die sozialen Einflüsse durch Erziehung<br />

oder Milieu haben im Kind einen somatischen Niederschlag.<br />

Selbst die Gewohnheit versteht Overkamp noch als<br />

langsame Formung von Nerven- und Blutadern. Für ihn ist<br />

alles, jede menschliche Handlung, verstehbar aus somatischen<br />

Grunddispositionen.<br />

Der letzte wesentliche Einfluß, der Menschen forme, sei die<br />

natürliche Umwelt.<br />

„Das land/ darinnen wir wohnen/ verändert zum dritten<br />

gleicher gestalt/ mehrentheils den leib/ und die lufft/ so<br />

sich unter das geblüte mengt/ machet auch einen grossen<br />

unterscheid bey den leuten. Denn ob wir wohl speiß und<br />

tranck nach unserer natur anzuordnen wissen/ so gehet<br />

es doch mit der lufft nicht an/ und wenn wir diese meiden<br />

wollen/ müssen wir gar das land räumen. Weil denn nun<br />

die lufft uns so nothwendig und von uns eingezogen<br />

werden muß/ solche aber sehr unterschiedlich / als verursachet<br />

selbige so mancherley fermentationes in dem<br />

geblüt/ und nach solchen sondern sich auch die geister/<br />

nach welchen alle actiones ihre veränderungen haben“<br />

(141).<br />

Diese somatischen Grundkonstitutionen hätten dann erhebliche<br />

Auswirkungen sogar auf die Kultur. Overkamp<br />

gibt uns ein Beispiel. Franzosen hätten dünne Luft; sie<br />

mache ein fröhlicheres Gemüt als bei den Holländern.<br />

„Nemlich jene lufft erhält die geister effervescenz und<br />

dadurch bleiben die höhlgen im gehirn geöffnet/ daß die<br />

geistigen säffte desto eher ungehindert verführet werden/<br />

die nerven auffspannen/ und alle glieder schnell bewegen.<br />

Darum singen/ tantzen und springen die Frantzosen<br />

stets [...] welches die Holländer hingegen und andere mit<br />

einem trunck wein zuwege bringen/ weil denn darvon<br />

geschrieben stehet: Der wein erfreuet des menschen<br />

hertz“ (142).<br />

Wichtig ist für Overkamp aber mehr eine Klassifikation<br />

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individueller Prädispositionen. So kämen furchtsame Menschen<br />

meist aus der Geburt von einer furchtsamen Mutter<br />

mit schwachem Verstande.<br />

„Dafern aber ein solcher verzagter mensch den wein in<br />

kopff kriegt (...) so fängt das geblüte an zu fermentiren und<br />

zu wallen/ es werden die geister häuffig abgesondert“(143).<br />

Overkamp bleibt aber nicht bei einer Aufreihung von Einzelfällen<br />

stehen, sondern sucht nach einer allgemeinen Erklärung<br />

für alkoholinduzierte Verhaltens- und Befindlichkeitsstörungen.<br />

Diese plaziert er in somatischen Ursachen. Die<br />

psychischen Änderungen seien demnach nur Reaktionen<br />

auf somatische Dispositionen. Die Psyche oder Seele<br />

bekommt sozusagen körperliche Fehlinformationen, da ihr<br />

Kontakt zur realen Welt über Sinnesorgane geschieht.<br />

„Denn die geister mit dem wein veriniget/ eröffnen die hirnhöhlen/<br />

vertheilen sich in den gantzen leib/ spannen<br />

nerven und mäußgen auff; wenn nun diß, als eine ungewöhnliche<br />

Krafft/ die seele bemercket/ dencket sie nicht<br />

mehr in einem ohnmächtigen leibe zu wohnen/ sondern<br />

bildet sich Simsons stärcke ein/ und auff solche sich als<br />

unüberwindlich verlassend/ scheuet sie weder furcht noch<br />

todt“(143).<br />

Augenscheinlich hat der Arzt Erfahrungen mit bestimmten<br />

Berufsgruppen gemacht, denn ein Notar, dem die Glieder<br />

zittern,<br />

„muß erst die hand lernen wieder stille halten/ wenn er<br />

etwann ein testament wieder schreiben soll. Denn auff<br />

vieles brandtwein sauffen folget nach verlust der geister/<br />

welches hiervon geschieht/ ein dickes/ schwer- und<br />

schwachs blut/ wie solches zu sehen/ in deme dergleichen<br />

brandtewein-herrn gemeiniglich geschwollene beine<br />

und auffgelauffene gesichter haben: Wo nun nicht<br />

genugsame geister/ da ist auch keine gleichgewichtige<br />

auffspannung/ sondern ein zittern; derowegen müssen<br />

sich diese darnach des weins bedienen/ als welcher das<br />

schwere blut wieder rege macht und zum auffwallen<br />

bringt/ daß auch geistige kräffte können abgesondert/ und<br />

davon die hirn-röhren ernstlich erweitert werden/ wonach<br />

die geister einfliessen/ und seine gleichwichtige auffspannung<br />

sich wieder ereignet/ in gleichen die musculen ohne<br />

zittern sich gleichmäßig bewegen/ welches dann auch der<br />

brandtewein gleichfalls in etwas verrichten kan“ (146).<br />

Overkamp faßt diese vielen Beispiele zusammen mit dem<br />

Hinweis, daß alkoholische Getränke selbstverständlich<br />

Auswirkungen auf die Entscheidungsfähigkeit von Menschen<br />

haben. Aber der Leib sei wie eine „künstliche Maschine“<br />

und könne ohne Hilfe der Seele am Leben erhalten<br />

werden.<br />

„Wir haben auch oben leute angemercket/ die ihren sinn<br />

und verstand versoffen; es ist dieses nicht schlechthin zu<br />

verstehen/ denn der verstand ist mit der seele verbunden/<br />

und bestehet in keinem cörperlichen wesen: Also meinen<br />

wir nur die gestalt des gehirns/ oder die werckzeuge der<br />

vernunfft und sinnen/ die durch vieles sauffen zerbrochen/<br />

verderbet und unbequem werden“ (148). Diese Seele sei<br />

ein denkendes Wesen, aber kein Geist. „Also ist die<br />

einbildung nicht ein wesentlich stücke von der seele/<br />

sondern die vorstellung ist zugleich nöthig/ welche der<br />

geist erkennet/ [...] Diese vorbildung aber wird vermittelt<br />

der hirn-nerven der seele vorgetragen“ (150).<br />

Die Seele bringt also nichts Eigenes mit, sondern nur, was<br />

sie über den Körper und seine Sinnesorgane empfängt.<br />

Ihre Aufgabe ist deshalb mehr die einer beurteilenden<br />

Instanz,<br />

„wir sagen daher/ daß das sensorium commune die seele<br />

selber sey/ indem diese allein empfindet und fühlet“ (151).<br />

Faßt man die Befunde zusammen, dann wird deutlich, daß<br />

um 1700 im calvinischen Lager eine Medizin entsteht, die<br />

ein damals neues Modell individueller Alkoholdisposition<br />

entwickelt. Trotz individueller Neigung ist der Auslöser der<br />

Symptomatik die alkoholische Substanz. Zwar reagieren<br />

Menschen unterschiedlich schwer, aber die somatische<br />

Wirkung von Alkohol sei grundsätzlich bei allen gleich. Er<br />

entfalte eine selbständig verlaufende Krankheit; er sei<br />

förmlich eine eigene Krankheit mit eigener Symptomatik.<br />

Diese sei stufenweise progredient und führe in ihrer Schlußphase<br />

zu Fehlverhalten. Sowohl die körperlichen als auch<br />

die kognitiv-sinnlichen Fehler könnten vor allem im fortgeschrittenen<br />

Stadien nur noch durch erneute Gaben von<br />

alkoholischen Getränken korrigiert werden. Das Bedürfnis<br />

der Trinker nach erneutem Alkoholkonsum ist demnach<br />

Reflex der somatischen Fehldisposition. Damit ist die Grundlage<br />

für eine Theorie körperlicher und seelischer Alkoholabhängigkeit<br />

in ihren Grundzügen fertig.<br />

Die Medizin auf lutherischer Seite hat nichts Vergleichbares<br />

zu bieten und widerspricht sogar den Grundlagen der<br />

Cartesischen Medizin. Georg Ernst Stahl glaubt, daß die<br />

Seele eine Krankheit auslösen könne und führt die veraltete<br />

Humoralmedizin wieder in Deutschland ein; Friedrich<br />

Hoffmann opponiert gegen die Abstinenzdroge Tee und<br />

kreiert Wein als Heilmittel. Selbst ein Werk von Phillip<br />

Samuel Horn von 1747, ganz dem Thema Trunkenheit<br />

gewidmet, kennt kein eigenes Krankheitsbild Trunkenheit,<br />

sondern konzentriert sich auf die Unterscheidung von Gebrauch<br />

und Mißbrauch von „spirituösen Getränken“. Der<br />

Gebrauch ist, wenn<br />

„nach physiologischen Gründen auf eine Prickelung derer<br />

festen Theile, ein Zusammenziehen derselben erfolget,<br />

hiedurch aber ihre Spannung und Action vermehret wird,<br />

so lässet sich hieraus abnehmen, wie der Körper auch<br />

durch dessen äusserlichen Gebrauch gestärcket, und<br />

warum der Brandwein bey vorhandener Schwäche sowol<br />

derer Augen, als auch anderer Gliedmaßen, mit Nutzen<br />

appliciret werde“ (Horn 1747:10).<br />

Trunkenheit sei demnach ein temporärer Zustand. Dieser<br />

wird von Horn noch in Klassen unterteilt, hat aber keine<br />

eigene pathologische Dynamik. Die um 1750 im deutschsprachigen<br />

Raum herrschende Definition ist simpel:<br />

„Inzwischen ist doch dieses gewiß, daß, „wenn auf des<br />

Trincken eine Trunckenheit erfolget, man zuviel getruncken,<br />

und die Maaße dabey überschritten habe“ (25f.).<br />

Somit erscheint der erste Grad der Trunkenheit auch noch<br />

eher positiv als „Spitzgen“. Erst danach entstehe ein „wirklicher<br />

Rausch“. Bei Horn wird nun auch die Stahl’sche<br />

Humoralpathologie sichtbar, die die Cartesische Medizin<br />

noch bekämpft hatte. Der zufolge sollen sich die vier<br />

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Grundcharaktere unterschiedlich auf den Rausch auswirken.<br />

Diese merkwürdige Zurechtbiegung natürlicher und<br />

sozialer Vielfalt hat in Deutschland ihren Einfluß noch bis in<br />

das 20. Jahrhundert erhalten können. Bei Horn gegen Mitte<br />

des 18. Jahrhunderts taucht noch der Begriff der Gewöhnung<br />

auf. Allerdings gebraucht er ihn positiv im Sinne einer<br />

Abhärtung gegen Alkoholika.<br />

Ebenso argumentiert Samuel Schaarschmidt zur selben<br />

Zeit. Auch er hat die Vorstellung, daß Menschen sich an<br />

Wein, Branntwein und starke Biere gewöhnen und sie<br />

ihnen dann weniger schadeten. „Ein Rausch ist gemeiniglich<br />

eine durch Kunst hervorgebrachte, und nur gewisse Zeit<br />

dauernde Narrheit eines sonst vernünfftigen Menschen,<br />

und hat bekanndtermassen seine Stuffen“(52). Die unterste<br />

Stuffe der Trunkenheit ist ihm ebenfalls positiv. Er nennt<br />

sie liebevoll: „ein christlich, oder Jesuiter-Räuschgen“ (Schaarschmidt<br />

1743:54) Es solle alle Monate zur Gesundheit<br />

dienen. Brechen, Schwitzen und Laxieren würden die Unreinigkeiten<br />

aus dem Körper ausscheiden.<br />

Fassen wir die Funde zusammen, dann ergibt sich folgende<br />

Polarisierung: Die adiaphoristischen Streitigkeiten führen<br />

zu einer Verhärtung und Polarisierung der protestantischen<br />

Richtungen der evangelischen Kirche. Aber auch<br />

auf wissenschaftlichem Gebiet haben diese klareren Fassungen<br />

Auswirkungen. Im Schoße der Reformierten Kirche<br />

in den Niederlanden entsteht eine materialistische Medizin,<br />

die sich von der sonst üblichen Humoralmedizin absetzt.<br />

Diese materialistische Medizin revolutioniert das Verständnis<br />

von der Funktion des menschlichen Körpers, indem sie<br />

ihn als Maschine beschreibt. Sie versucht dadurch, menschliches<br />

Handeln allein aus den Körperbewegungen und -<br />

berührungen mit Materie zu deuten. Darin finden wir Spuren<br />

der Prädestinationslehre: Dem Menschen kommt hier<br />

nicht die Freiheit im Handeln zu. So auch die Hinweise auf<br />

langfristige Zwanghaftigkeit bei Alkoholkonsum. Auch hier<br />

schlägt die Sündhaftigkeit des Trinkens in die medizinische<br />

Beurteilung durch und gibt Anlaß zur absoluten Verdammnis,<br />

eben zur Vorherbestimmung des Trinkerschicksals.<br />

Ebenfalls finden wir eine asketische Orientierung in den<br />

calvinisch-medizinischen Modellen zum Trinken, die dem<br />

Luthertum fremd ist. Aber die Ursache der Trinkerkrankheit<br />

ist doch ganz in die Substanz, in die alkoholischen Getränke<br />

gelegt.<br />

Ganz anders reagiert das Luthertum. Hier haben alkoholische<br />

Getränke keine Wirkung über die akute Intoxikation<br />

hinaus. Ihr übertriebener Dauerkonsum mache zwar krank,<br />

aber dem Zustand wird keine Wirkung über die eigentliche<br />

Trunkenheit hinaus zugeschrieben. Weder der lutherische<br />

Pietismus noch die lutherischen Mediziner können ein<br />

Modell chronisch-zwanghafter Trunkenheit vorlegen. Deshalb<br />

muß hier die dauerhafte Auffälligkeit ganz in die Seele<br />

verlegt werden, also wieder zur theologischen Frage werden.<br />

Somit ist die Behandlung der Trunkenheit im Luthertum<br />

auch Aufgabe der Seelsorger, später der Psychologen.<br />

Die beiden Positionen lassen sich heute noch in den<br />

eigenartigen Gegensätzen der Guttempler und der Anonymen<br />

Alkoholiker finden. Erstere glauben an die grundsätzliche<br />

Schädlichkeit des Alkohols, zweite glauben, daß<br />

Trinker prädisponiert seien und die Frage der Kontrolle<br />

ohnehin nur mit Gottes Hilfe zu lösen sei: unverkennbar die<br />

lutherische Position Scrivers. Noch heute bestimmen die<br />

beiden gegensätzlichen Positionen in ihrer Reinform den<br />

eigenartigen Gegensatz von Sucht- und Abhängigkeitstheoretikern,<br />

der allerdings in der gegenwärtigen Drogendiskussion<br />

kaum wahrgenommen wird. Trotzdem haben beide<br />

Positionen erhebliche Auswirkungen auf die Praxis. Das<br />

Abhängigkeitsmodell wird in der Regel benutzt, um die<br />

Verbotspolitik bestimmter Drogen zu legitimieren: Sie sollen<br />

grundsätzlich abhängig machen. Das Suchtmodell hingegen<br />

findet mehr Anwendung auf die Alkoholika, die<br />

angeblich nur besonders disponierte Menschen süchtig<br />

machen. Ebenfalls lassen sich die Unterschiede noch in<br />

sprachlichen Nuancen finden. In den Niederlanden, dem<br />

Herkunftsland der Abhängigkeitstheorie, beschreibt man<br />

drogengebrauchende Menschen als ‘versklavt’ an der Substanz,<br />

geht als ganz von einer Substanzwirkung aus. Bei<br />

uns in Deutschland heißen sie ‘süchtig’. Man geht demnach<br />

mehr von einem aktiven, allerdings pathologischen, <strong>Beitrag</strong><br />

des Dauerkonsumenten aus. Allerdings führt die heutige<br />

Vermischung beider Modelle auch zu der paradoxen<br />

Situation, daß illegale Drogen strafrechtlich sanktioniert<br />

werden, während der Schaden durch legale Drogen wie<br />

Alkohol, Nikotin, Kaffee und wohl auch Tabletten ungleich<br />

höher ist.<br />

Beiden Modellen gemeinsam ist die Pathologisierung von<br />

Verhaltensabweichungen, also von Normenverstößen. Sie<br />

markieren damit das Niveau der sozialen Kontrolle und den<br />

damit korrespondierenden Vorstellungen von Selbstkontrolle.<br />

Die Normenverstöße waren zuvor theologischen<br />

Charakters und beschrieben etwas, was nicht von der<br />

unmittelbare Substanzwirkung hinausging. Durch die Übernahme<br />

der Deutungsmuster durch die Medizin bleibt dieses<br />

Mehr als nur die eigenliche Substanzwirkung erhalten,<br />

auch die Medizin fühlt nach dieser Neudeutung in der Lage,<br />

Normenverstöße zu beschreiben. Sucht oder Abhängigkeit<br />

geht über die Meßbare somatische Natur akuter oder<br />

chronischer Intoxikation hinaus.<br />

Die wirkliche Bedeutung als Kulturprozeß erhält dieser<br />

gesellschaftliche Vorgang, weil nun die ‘soziale Konstruktion<br />

von Wirklichkeit’ einen somatischen, biologischen Faktor<br />

in sich integriert hat. Normenverstöße sind nach Abschluß<br />

diese Prozesses pathologisch beschreibbar und die<br />

Wirklichkeit ist rationaler geworden als zuvor.<br />

Summary:<br />

The essay gives a view of different scientific approaches<br />

towards the explanation of unsusual drinking behaviour<br />

since the reformation. It shows how the idea of compulsive<br />

behaviour in the individual is first developed in protestant<br />

theology and is later shared by physicans (or medical<br />

doctors). The central thesis of the essay says that the<br />

distinction between the terms ‚dependency’ and ‚addiction’<br />

results from the fact that both therms have originated from<br />

different theological sources.<br />

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GESICHTETE LITERATUR:<br />

Ammersbach, H. 1664: Teutscher Vielfraß/ Des Teufels<br />

Leibpferd/ oder Christliche Betrachtung/ Darinn der itztgen<br />

letzten Freß- und Sauff-Welt treulich gezeiget wird. Jena.<br />

Anonyme Alkoholiker 1983: Ein Bericht über die Genesung<br />

alkoholkranker Männer und Frauen. New York.<br />

Blankaart, S. 1690: Von Würckungen Derer Arzneyen In<br />

dem Menschlichen Leibe. Leipzig.<br />

Blankaart, S. 1699: Cartesianische Academie. Leipzig.<br />

Blankaart, S. 1705: Hanstus Polychresti Oder: Zuverlässige<br />

Gedancken/ Vom Thee, Chocolate, Coffee, und Taback.<br />

Hamburg.<br />

Blankaart, S. 1707: Nieuw-Ligtende Praktyk der Medicinen,<br />

Waar in getoond werd, dat alls ziekten een verdiktheid des<br />

bloeds en sappen zijn, een alleen uit zuur, zout en slym<br />

voorkomen. Amsterdam.<br />

Bock, T. u. Weigand, H. Hrsg.: Handwerksbuch der Psychiatrie.<br />

Bonn 1991.<br />

Bock H. o.J. (1550?): Der vollen Brüder orden. Ohne Ort.<br />

Bontekoe, C. 1680: Dialogue van een groote thee en<br />

tabaccqsuyper, over het wonderlijck hart gevecht voorgevallen<br />

in den Haag tusschen twee moedige Hanen en<br />

Schermers, Johan Fredericq Swetser, alias doctor Helvetius,<br />

en Mennoniste Kees alias Dr. Cornelis Bontekoe. O.O.<br />

Bontekoe, C. 1684: Korte Verhandeling van’s Menschen<br />

Leven, Gesondheid, Siekte, en Dood. Gravenhage.<br />

Bontekoe, C. 1685a: Kurze Abhandlung von dem Menschlichen<br />

Leben/ Gesundheit/ Kranckheit/ und Tod. In Verlegung<br />

Friedrich Arnst/ druckts Andreas Richter.<br />

Bontekoe, C. 1685b: Drie Verhandelingen, I.Over de Natuur.<br />

II.Over de Bevinding. III.over de Sekerheid in den<br />

Genees- en Heel-Kunde. Gravenshage.<br />

Bontekoe, C. 1685c: Een Brief Aan Jan Frederik Swetsertje,<br />

Gesworen vyand van alle reden en verstand, Hoofdlasteraar<br />

van de twee groote mannen Coccejus en Descartes.<br />

Amsterdam.<br />

Bontekoe, C. 1688: Kort En bondig Recept, Of Remedie<br />

tegens het Podagra. Tot Keulen.<br />

Bontekoe, C. 1689: Alle De Philosophische, Medicinale en<br />

Chymische Werken Van Den Heer Corn. Bontekoe. Amsterdam.<br />

Bontekoe, C. 1689a: Omwerp Van ‘t Oud-gestel der Medicyne:<br />

In: Bontekoe C.1689: Alle De Philosophische, Medicinale<br />

en Chymische Werken Van Den Heer Corn. Bontekoe.<br />

Amsterdam.<br />

Bontekoe, C. 1689b: Tractaat Van het Exellenste Kruyd<br />

Thee, Coffi En Chocolate. In: Bontekoe C. 1689: Alle De<br />

Philosophische, Medicinale en Chymische Werken Van<br />

Den Heer Corn. Bontekoe. Amsterdam.<br />

Bontekoe, C. 1691 (1688/1691): Grundsätze der Medicin.<br />

Amsterdam (Franckfurt).<br />

Brosseder, J. 1981: Martin Luther. In: Fries, Heinrich und<br />

Kretschmar, Georg: Klassiker der Theologie. München.<br />

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Schmidt, Hans: Die Alkoholfrage in der Religion. Berlin<br />

1930.<br />

Canoczy, A.: Jean Calvin. In: Fries, Heinrich und Kretschmar,<br />

Georg: Klassiker der Theologie. München 1981.<br />

Daul, F. 1563: Tantzteuffel; Das ist/ wider den leichtfertigen/<br />

unverschempten Welt tantz. Franckfurt am Mayn.<br />

Descartes, R.: Über den Menschen.<br />

Deutsche Hauptstelle Suchtgefahren: Jahrbücher zur Frage<br />

der Suchtgefahren. Hamm.<br />

Elias N. 1976: Über den Prozeß der Zivilisation. Band I und<br />

II. Frankfurt am Main.<br />

Fahrenkrug H. 1984: Alkohol, Individuum und Gesellschaft.<br />

Zur Sozialgeschichte des Alkoholproblems in den USA.<br />

Frankfurt am Main, New York.<br />

Feuerlein W. 1975: Alkoholismus - Mißbrauch und Abhängigkeit.<br />

Stuttgart.<br />

Feuerlein, W.: Theorie der Sucht. Berlin, Heidelberg, New<br />

York, Tokio 1986.<br />

Franck S. 1531: Von dem grewlichen laster der Trunckenheit.<br />

Ohne Ort.<br />

Friedell, E. 1976: Kulturgeschichte der Neuzeit. München.<br />

à Gehema, J. A. 1691: Den rechten Tyd-Korter, Waer inne<br />

Op een Philosopische wyse van de vereenigingh der ziele<br />

met het lichaem van den mensche gehandelt word. In ‘s<br />

Gravenhage.<br />

Gläß T., Biel W. 1979: Der Guttempler-Orden in Deutschland.<br />

Hamburg.<br />

Heussi K. 1910: Kompendium der Kirchengeschichte. Tübingen.<br />

Hildanus F. 1623: Christliche Abmahnung von der Trunckenheit.<br />

Franckfurt.<br />

F. Hoffmann:Gründliche Anweisung Wie ein Mensch or<br />

dem frühzeitigen Tod und allerhand Arten Kranckheiten<br />

Durch ordentliche Lebens-Art sich verwahren könne. Halle<br />

1715.<br />

Hoffmann, F. 1718: Gründliche Anweisung, wie ein Mensch<br />

Durch vernünfftigen Gebrauch der Haus- und andern Diätetischen<br />

Mittel/ insonderheit des Weins Seine Gesundheit<br />

erhalten/ und sich von schweren Kranckheiten befreyen<br />

könne. IV. Teil Halle.<br />

Hoffmann, F. 1735: Gründlicher Unterricht/ Wie ein Mensch<br />

nach des Gesundheits-Regeln der heil. Schrift und durch<br />

vorsichtigen Gebrauch weniger Außerlesener Artzneyen/<br />

[...] sein Leben und Gesundheit lang conserviren könne.<br />

Ulm.<br />

Hoffmann, F. 1742: Vernünfftige physicalische Theologie<br />

und gründlicher Beweis des Göttlichen Wesens. Halle.<br />

Hoffmann, F. 1696: Eigentliche Untersuchung Der Saeure<br />

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Wiener Zeitschrift für Suchtforschung Jg.24 2001 Nr. 3/4 <br />

und der Schleimes Worinnen die von denen hochberuehmten<br />

Doct. Bontekoe un Blanchard und andern mehr bisshero<br />

auffgefuehrte neue Lehr-Saetze gruendlich widerleget<br />

sind und hingegen behauptet wird Das nicht alle Kranckheiten<br />

und Gebrechen Menschlichen Leibes vom Saur und<br />

Schleim herruehen. Halle in Sachsen 1696.<br />

Horn, P. S. 1747: Abhandlung von der Trunckenheit. Stralsund,<br />

Greifwald u. Leipzig.<br />

Janssen J. 1894: Culturzustände des deutschen Volkes.<br />

Band III und IV. Freiburg i.B.<br />

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In: Quarterly Journal of Studies on Alcohol 1946/ 7.<br />

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Legnaro A. 1982: Alkoholkonsum und Verhaltenskontrolle<br />

- Bedeutungswandel zwischen Mittelalter und Neuzeit in<br />

Europa. In: Völger G. und von Welck K. (Hrsg.): Rausch und<br />

Realität. Seite 153-175. Hamburg.<br />

Levine H.G. 1982: Die Entdeckung der Sucht - Wandel der<br />

Vorstellung über Trunkenheit in Nordamerika. In: Völger G.<br />

und von Welk K. (Hrsg.): Rausch und Realität. Seite 212-<br />

251. Hamburg.<br />

Luther, M. 1842: Sämmtliche Werke. Erlangen.<br />

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des Alkoholkonsums. In: Pfeiffer M., Schoene W.<br />

(Hrsg.): Psychopathologie im Kulturvergleich. Seite 116-<br />

131. Stuttgart.<br />

Neuberger M.; Pagel J. 1971: Handbuch der Geschichte<br />

der Medizin. Hildesheim/ New York. Band I-III.<br />

Overkamp, H. 1687: Lebens und Todes-Beschreibunge<br />

des Herren Cornelli Bontekoe. Hannover und Hildesheim.<br />

Overkamp, H.1689: Neues Gebäude der Chirurgie. Leipzig.<br />

Overkamp, H. 1692: Neu erfundene Heyl-Kunst oder Chirurgia,<br />

auf die Lehr-Sätze des Renatus Des Cartes gegründet.<br />

Leipzig.<br />

Overkamp, H. 1705: Medicinische und Chirurgische Schrifften.<br />

Leipzig.<br />

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Reil J. C. 1785: Diaetetischer Hausarzt für meine Landsleute.<br />

Band I und II. Aurich.<br />

Rolffs, E. u. Schmidt, H. 1930: Die Alkoholfrage in der<br />

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Sapper, K. 1917: Der Werdegang des Protestantismus in<br />

vier Jahrhunderten. München.<br />

Schaarschmidts, S. 1743 bis 1746: Samuel Schaarschmidts<br />

Medicinischer und Chirurgischer Nachrichten. Berlin.<br />

Schmidt K.D. 1927: Die Alkoholfrage in Orthodoxie, Pietismus<br />

und Rationalismus. In: Rolffs E., Schmidt H. 1927: Die<br />

Alkoholfrage in der Religion; Studien und Reden. Berlin.<br />

Scriver, C. 1682: Seelen-Schatz. Band I - IV. Magdeburg u.<br />

Helmstädt.<br />

Scriver, C. 1686: Theologisches Bedencken über die Fragen:<br />

Ob und wie weit es einem Christen zugelassen sey/<br />

bey einer guten Gesellschafft sich mit dem Trunck zu<br />

ergetzen? Und obs schlechter dings eine Todt-Sünde sey/<br />

einen Rausch zu trincken? Helmstedt.<br />

Scriver, C. 1686: Die Geheiligte und GOtt wolgefällige<br />

Christliche Hauß-Haltung. Magdeburg u. Helmstädt.<br />

von Seld A. 1864: Wenig bekannte Länder und sehr bekannte<br />

Menschen. Potsdam.<br />

von Seld A. 1925: Sechzig Jahre. Ein Leben an Bauern-und<br />

Fürsten-Höfen, unter Säufern, Kindern und Verbrechern.<br />

Hrsg: Vogt W. Göttingen<br />

Sehling, E.(Hrsg.) 1963: Die evangelischen Kirchenordnungen<br />

des XVI. Jahrhunderts. Tübingen.<br />

Stahl, G.E.: Neu-verbesserte Lehre von den Temperamenten.<br />

Leipzig 1734.<br />

Tulp N. 1641/1740: Geneeskundige Waarnemingen. Te<br />

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Verordnungen:<br />

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gegen das Laster der Trunckenheit, Zweibrücken.<br />

Christian der Vierte, Pfalz-Graf bey 11.Okt. 1759 Verordnung<br />

daß das creditieren erfolglos war, Zweibrücken.<br />

Christian der Vierte, Medicinal-Ordnung 1762.<br />

Christian der Vierte, Gnädigste Verordnung, das Betragen<br />

und Wirthschaft derer Unterthanen betreffend 1770.<br />

Voet, G. 1642: De Practycke Of Te Oeffeninge Dr Godtsaligheydt.<br />

Amsterdam.<br />

Voet, G. 1644: Een kort Traectaetjen Van de Danssen.<br />

Utrecht.<br />

Wanke, K. 1985: Normal - abhängig - süchtig: Zur Klärung<br />

des Suchtbegriffs. In: DHS: Süchtiges Verhalten. S.11-22.<br />

Hamm.<br />

Wanke, K. 1986: Definition und Nomenklatur. In: Feuerlein,<br />

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Wassenberg, K. 1991: Tee in Ostfriesland. Leer.<br />

Wassenberg, K. 1997: Der somatische Pietismus. Zur<br />

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die Suchtgefahren in Baden-Württemberg 1997: Elixiere<br />

des Teufels. Stuttgart.<br />

Weber, M. 1976: Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen.<br />

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Wiener Zeitschrift für Suchtforschung Jg.24 2001 Nr. 3/4 <br />

Weber, M. 1920: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie.<br />

Tübingen.<br />

Weber, O. 1963: Johann Calvin - Unterricht in der christlichen<br />

Religion; Institutio Christianae Religionis 1559. Neukirchen.<br />

Weber, O. 1986: Der Heidelberger Katechismus. Gütersloh.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. Karl Wassenberg<br />

MISTEL - Hochschule Magdeburg-Stendal<br />

Archiv für Temperenz- und Abstinenzliteratur<br />

Brandenburger Straße 9-10<br />

39 104 Magdeburg<br />

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