IVOM bei diabetischem Makulödem - Medical Network
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<strong>IVOM</strong>-Seminar des ÖAC – Österreichische Augenchirurgen<br />
<strong>IVOM</strong> <strong>bei</strong> <strong>diabetischem</strong> <strong>Makulödem</strong><br />
Wann, wie oft, wann nicht?<br />
Von A. Wedrich, V. Gasser-Steiner, M. Michelitsch, M. Weger, A. Haas<br />
Das diabetische Makulaödem ist<br />
nach wie vor eine der häufigsten<br />
visusbeeinträchtigenden Komplikationen<br />
der Diabetes mellitus.<br />
Die kumulative 25-Jahres-Inzidenz<br />
variiert in der Literatur zwischen<br />
17 und 29 Prozent und ist assoziiert<br />
mit HbA1c Blutdruck, Rauchen, Proteinurie<br />
und Schwere der diabetischen Retinopathie.<br />
Seit 1985 gilt die Lasertherapie<br />
– neben der Verbesserung der Einstellung<br />
von Diabetes und Blutdruck – als „golden<br />
standard“ in der Behandlung des klinischsignifikanten<br />
Makulaödems (KSMÖ). Das<br />
KSMÖ wird durch Dicke, Ausdehnung und<br />
Lokalisation zur Fovea definiert. Durch die<br />
Laserbehandlung kann in 50 Prozent der<br />
Fälle ein moderater Visusverlust verhindert<br />
werden, wo<strong>bei</strong> nachfolgende Fallserien eine<br />
Visusverbesserung <strong>bei</strong> bis zu 45 Prozent<br />
und eine Stabilisierung <strong>bei</strong> nahezu 90 Prozent<br />
berichteten. 2002 wurde eine neue<br />
Klassifikation des diabetischen Makulaödems<br />
(DMÖ von der American Academy of<br />
Ophthalmology herausgegeben, die bis heute<br />
Gültigkeit besitzt. In dieser wird in ein<br />
mildes DMÖ (Netzhautverdickung und / oder<br />
harte Exudate am hinteren Pol, aber von der<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Andreas Wedrich<br />
Vorstand der Universitäts-Augenklinik an<br />
der Medizinischen Universität Graz (LKH)<br />
Auenbruggerpl. 4, 8036 Graz<br />
Tel.: 0316 / 385–123 94<br />
augwww@medunigraz.at<br />
kwww.medunigraz.at/augenheilkunde<br />
Fovea weit entfernt), mäßiges DMÖ (Verdickung<br />
/ harte Exudate reichen ans Zentrum,<br />
lassen dieses aber ausge spart) und<br />
schweres DMÖ (Verdickung und harte Exudate<br />
bis ins Zentrum der Fovea) eingeteilt.<br />
Mäßig und schwer entsprechen dem KSMÖ,<br />
das eine evidenzbasierte Behandlungsindikation<br />
darstellt.<br />
Neben diesen Schweregraden ist auch<br />
ätiologisch für die Behandlungsplanung<br />
zwischen einem traktiv bedingten, ischämischen<br />
und nicht-ischämischen Makulaödem<br />
zu differenzieren. Daraus ergibt sich<br />
auch das Spektrum der zur Behandlungsplanung<br />
notwendigen Untersuchungen. Neben<br />
Funktion (Visus) und Biomikroskopie aller<br />
Augenabschnitte sind die Fluoreszenzangiographie<br />
zum Ausschluss einer Ischämie und<br />
die optische Kohärenztomographie (OCT) zur<br />
Bestimmung der Dicke und zum Ausschluss<br />
einer Traktion <strong>bei</strong> der Erstdiagnose und Behandlungsplanung<br />
als Standard anzusehen.<br />
Zur Verlaufsbeobachtung ist neben Funktion<br />
und Biomikroskopie das OCT hilfreich. Die<br />
Dokumentation kann durch die Fundusfotographie<br />
ergänzt werden.<br />
Das traktive DMÖ ist eine klassische Indikation<br />
für eine Vitrektomie. Mittels 23 G-<br />
Vitrektomie kann heute relativ komplikationsarm<br />
die Traktion beseitigt und damit die<br />
Vorraussetzung für eine Verbesserung in hohem<br />
Maße gelegt werden.<br />
Beim nicht-traktiven – klassischen –<br />
exudativen DMÖ hat die Einführung der lokalen<br />
intravitrealen Behandlungstechnik<br />
(<strong>IVOM</strong>) das Management des DMÖ massiv<br />
verändert. Während das mäßige DMÖ nach<br />
wie vor eine Indikation für die klassische,<br />
fokale oder modifizierte Gridlaserkoagulation<br />
darstellt, ist das schwere, nicht-ischämische<br />
Makulaödem DIE Indikation für eine<br />
<strong>IVOM</strong>, wo<strong>bei</strong> als „First-line“-Therapie nicht<br />
selektive Anti-VEGF-Substanzen eingesetzt<br />
werden.<br />
Ranibizumab ist derzeit für die Indikation<br />
DMÖ zugelassen, die Wirkung von Bevacizumab<br />
scheint vergleichbar und sehr<br />
ermutigende Ergebnisse zeigt VEGF-Trap,<br />
welches derzeit in Studien getestet wird.<br />
Die Behandlung beginnt mit einer Initiierungsphase<br />
mit drei <strong>IVOM</strong> in monatlichen<br />
Abständen, die Wiederbehandlung ist<br />
von Visus, Fundusbefund und OCT abhängig.<br />
Die Behandlungen werden bis zur Stabilisierung<br />
fortgesetzt. Stabilisierung liegt<br />
vor, wenn <strong>bei</strong> den letzten drei monatlichen<br />
Kontrollen kein weiterer Visusanstieg und<br />
im OCT keine weitere Dickenabnahme um<br />
mindestens 10 Prozent beobachtet wird.<br />
Das Fehlen eines fovealen Ödems sowie ein<br />
Visus von mindestens 1,0 gelten ebenfalls<br />
Schweres diabetisches Makulaödem mit<br />
Verdickung der Netzhaut bis ins Zentrum<br />
der Makula<br />
als Stabilisierungskriterien; damit kann die<br />
Therapie beendet werden. Eine Wiederaufnahme<br />
der Behandlung kann <strong>bei</strong> einer neuerlichen<br />
signifikanten Visusreduktion, einer<br />
neuerlichen signifikanten Dickenzunahme<br />
im OCT respektive einer deutlichen Leakagezunahme<br />
im Foveabereich – nach Fluoreszenzangiographie<br />
– empfohlen werden.<br />
Ähnlich wie <strong>bei</strong> der Indikation der neovaskulären<br />
alterbedingten Makuladegeneration<br />
sind häufige Behandlungen notwendig.<br />
Schwierig sind die Kriterien für einen Therapieabbruch<br />
zu definieren. Spricht etwa<br />
die Behandlung mit Anti-VEGF nicht an –<br />
weiterer Visusverlust, Zunahme der Netzhautdicke<br />
in der Fovea um mehr als 20<br />
Prozent oder fehlende Aussicht auf eine relevante<br />
Verbesserung – so ist ein Abbruch<br />
der Behandlung mit Anti-VEGF-Substanzen<br />
indiziert.<br />
46 <strong>Medical</strong> <strong>Network</strong> SPECIAL September 2012
<strong>IVOM</strong>-Seminar des ÖAC – Österreichische Augenchirurgen<br />
OCT vor Triesense<br />
OCT vor Bevacizumab<br />
Alternativ können zu Anti-VEGF-Subs tanzen<br />
auch Kortikosteroide eingesetzt werden. Neben<br />
Triamcinolon sind derzeit Fluocinolon-<br />
Acetonid sowie ein Dexamethason-Implant<br />
verfügbar, deren Wirksamkeit in klinischen<br />
prospektiven Studien im Vergleich zur Standardbehandlung<br />
mit Laser bewiesen wurde.<br />
Der Vorteil ist <strong>bei</strong> dieser Therapie die gegenüber<br />
Anti-VEGF-Substanzen mit mehr<br />
OCT, 4 Wochen nach Triesense<br />
OCT, 4 Wochen nach Bevacizumab<br />
als drei Monaten deutlich längere Wirkdauer;<br />
allerdings treten Katarakt und Sekundärglaukom,<br />
letzteres <strong>bei</strong> bis zu 60 Prozent, als<br />
inhärente Begleiterscheinung auf, weshalb<br />
sie auch derzeit als „Second-line“-Therapie<br />
gelten.<br />
Das ischämische DMÖ ist nach wie vor<br />
ein ungelöstes Problem. Bezüglich Laserbehandlung<br />
stellt ein schweres ischämisches<br />
DMÖ eine Kontraindikation dar; hinsichtlich<br />
einer Anti-VEGF-Therapie gibt es keine<br />
Daten, da diese PatientInnen von den<br />
Studien ausgeschlossen waren. Es scheint<br />
jedoch das Ansprechen auf eine Bevacizumab-Therapie<br />
negativ zu beeinflussen;<br />
umgekehrt scheint die Therapie nach bis zu<br />
einem Jahr keine Zunahme an Kapillarausfällen<br />
zu provozieren. Eine endgültige Aussage<br />
kann aber diesbezüblich nicht getroffen<br />
werden.<br />
Das zeigt auch ein bisschen die Defizite<br />
der klinischen Studien zum Thema<br />
DMÖ auf. Es gibt derzeit keinen direkten<br />
Vergleich der unterschiedlichen Anti-VE-<br />
GF-Substanzen. Inwieweit diese von anhaltenden<br />
Nutzen über zwei Jahre hinaus sind<br />
und wie die Frequenz der Wiederbehandlungen<br />
sich entwickelt, ist nach wie vor<br />
ungeklärt. Hinsichtlich Ödemtypen fehlen<br />
Subgruppenanalysen, ebenso bezüglich der<br />
Auswirkung eventueller Vorbehandlungen,<br />
Einfluss der Stoffwechselkontrolle und Dauer<br />
des Ödems. Nach wie vor ebenfalls nicht<br />
geklärt ist die Relation Folgekosten und Lebensqualität,<br />
eine sicherlich ethische und<br />
ökonomische Frage.<br />
Nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob durch<br />
Kombination der verschiedenen Therapieformen<br />
eine optimale, auf die Bedürfnisse<br />
der Betroffenen zugeschnittene Therapie in<br />
naher Zukunft verwirklicht werden kann. k<br />
<strong>IVOM</strong> extramural<br />
Von Univ.-Prof. Dr. Michael Stur<br />
Die fachgerechte und nachhaltige intravitreale<br />
Therapie von Netzhautkrankheiten<br />
erfordert über viele Jahre eine regelmässige<br />
und aufwendige Kontrolle und eine<br />
unverzüglich durchgeführte Therapie. Die<br />
dafür erforderliche Infrastruktur kann extramural<br />
genauso implementiert werden wie im<br />
intramuralen Bereich.<br />
Das Hauptproblem ist nicht, dass in den<br />
Facharztpraxen keine geeigneten Eingriffsräume<br />
vorhanden wären. Problematischer ist<br />
die korrekte Indikationstellung, die sowohl<br />
eine vertiefte retinologische Ausbildung als<br />
auch eine hochwertige Diagnostik (Spectral-<br />
OCT, Fluo- und ICG-Angiographie) erfordert.<br />
Zudem sollten auch alternative Therapieeinrichtungen<br />
(Laserkoagulation und PDT) verfügbar<br />
sein. Da im extramuralen Bereich eine<br />
kontinuierliche Arzt-Patientenbeziehung<br />
möglich ist, die systembedingt im intramuralen<br />
Bereich nicht erreicht werden kann,<br />
ist – <strong>bei</strong> gleicher Infrastruktur und Ausbildung<br />
– im extramuralen Bereich eine für<br />
den Patienten optimierte Betreuung leichter<br />
implementierbar als intramural.<br />
Andererseits muss sichergestellt werden,<br />
dass <strong>bei</strong> Komplikationen, die eine chirurgische<br />
Intervention erfordern, diese ohne<br />
Zeitverlust in einem intramuralen Zentrum<br />
erfolgen kann. Zudem sollte sichergestellt<br />
werden, dass die erforderlichen Leistungen<br />
und Medikamente im extra- und intramuralen<br />
Bereich in gleicher Art und Weise<br />
kostendeckend abgegolten werden. k<br />
Univ.-Prof. Dr. Michael Stur<br />
Anton-Frank-Gasse 5 / 4<br />
1180 Wien<br />
Tel: +43 / (0)1 / 470 70 17–0<br />
Fax: +43 / (0)1 / 470 70 17–4<br />
info@netzhautklinik.at<br />
kwww.netzhautklinik.at<br />
<strong>Medical</strong> <strong>Network</strong> SPECIAL September 2012 47