Injektionstechnik in periphere Gelenke - Berner Institut für ...
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PRAXIS M<strong>in</strong>i-Review Praxis 2013; 102 (8): 457 – 464 457<br />
Bethesda Spital AG, Rheumatologie und Ultraschall, Basel 1 ; Rheumatologische Praxis, Kloten und Rheumakl<strong>in</strong>ik,<br />
Universitätsspital Zürich 2<br />
1<br />
Giorgio Tamborr<strong>in</strong>i, 2 Andreas Krebs<br />
<strong>Injektionstechnik</strong> <strong>periphere</strong>r <strong>Gelenke</strong> und<br />
periartikulärer Strukturen aus der Sicht kl<strong>in</strong>isch<br />
tätiger Rheumatologen<br />
Injections Technique of Jo<strong>in</strong>t and of Periarticular Structures<br />
Zusammenfassung<br />
Diagnostische und therapeutische Gelenks<strong>in</strong>jektionen<br />
und Injektionen periartikulärer<br />
Strukturen (z.B. Sehnenscheiden)<br />
werden im kl<strong>in</strong>ischen Alltag<br />
häufig durchgeführt. In dieser Arbeit<br />
fassen wir aktuelle Richtl<strong>in</strong>ien von <strong>Injektionstechnik</strong>en<br />
zusammen, wie sie<br />
auch <strong>in</strong> den Workshops der letztjährigen<br />
«Medidays» am Universitätsspital<br />
Zürich vorgestellt wurden. Im Weiteren<br />
wird auf Medikamente, Komplikationen,<br />
unerwünschte Wirkungen<br />
und Kontra<strong>in</strong>dikationen e<strong>in</strong>gegangen.<br />
E<strong>in</strong> besonderes Augenmerk legen wir<br />
auf die Indikationen und Technik ultraschallgesteuerter<br />
Injektionen am Bewegungsapparat.<br />
Schlüsselwörter: Injektion – Infiltration<br />
– Gelenk – Arthritis – Ultraschall<br />
Tab. 1: Beispiele von Indikationen zur therapeutischen Injektion<br />
Arthrose (v. a. aktivierte Arthrose mit Erguss)<br />
Nicht-septische Arthritis*<br />
Nicht-septische Tenosynovitis*<br />
Nicht-septische Bursitis*<br />
Ausgewählte Enthesopathien**<br />
Nervenentrapment***<br />
* Bei z. B. Rheumatoider Arthritis, Kristallarthritis, Kollagenosen oder Spondyloarthritis<br />
** Bei z. B. Spondyloarthritis, mechanischen Überlastungssyndromen<br />
(z. B. Rotatorenmanschette der Schulter oder der Hüfte)<br />
*** z. B. Karpaltunnelsyndrom, Tarsaltunnelsyndrom, Mortonneurom<br />
Tab. 2: Untersuchung der Synovialflüssigkeit<br />
Zellzahl<br />
Zelldifferenzierung<br />
Grampräparat<br />
Kultur<br />
Gezielte PCR-Untersuchungen<br />
Kristalldiagnostik/Polarisationsmikroskopie (Urat, Kalziumpyrophosphat, Hydroxylapatit)<br />
Im rheumatologischen Alltag begegnen<br />
uns über 100 verschiedene Krankheiten,<br />
die mit Gelenksbeschwerden e<strong>in</strong>hergehen<br />
können. <strong>Gelenke</strong>, Sehnenscheiden<br />
oder Bursen werden diagnostisch (z. B.<br />
zum Infektausschluss) oder zur mechanischen<br />
Entlastung punktiert [1]. Das<br />
aseptische Gelenk, Sehnenscheiden,<br />
Bursen und andere periartikuläre Strukturen<br />
können bei gegebener Indikation<br />
(Tab. 1) therapeutisch <strong>in</strong>filtriert werden.<br />
Voraussetzungen <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e nebenwirkungsfreie<br />
bzw. nebenwirkungsarme<br />
Infiltrationstechnik s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e klare Indikation<br />
oder Diagnose, die Information<br />
und das mündliche (schriftlich nicht<br />
obligat) E<strong>in</strong>verständnis des Patienten,<br />
fundierte anatomische Kenntnisse, e<strong>in</strong>e<br />
korrekte Medikamentendosierung und<br />
genügend Fertigkeiten <strong>in</strong> der technischen<br />
Durchführung e<strong>in</strong>er Infiltration<br />
mit entsprechender Nachsorge [2].<br />
Grundsätzlich soll e<strong>in</strong>e lokale Steroidtherapie<br />
nur bei klarer Indikation (z. B.<br />
Entzündung) vorgenommen werden.<br />
Bei ungenügendem Erfolg kann je nach<br />
Grunderkrankung die Infiltration (auch<br />
mehrmals) wiederholt werden.<br />
In der Differenzialdiagnose ist nebst<br />
Anamnese, Kl<strong>in</strong>ik und weiterer Diagnostik<br />
(z. B. Labor, Bildgebung) die<br />
Untersuchung der gewonnenen Synovialflüssigkeit<br />
(Tab. 2) wichtig. Die Tabelle<br />
3 zeigt e<strong>in</strong>e Interpretationshilfe<br />
der Zellzahl und Zelldifferenzierung<br />
unter E<strong>in</strong>bezug der Punktatfarbe und<br />
Viskosität [3], die Tabelle 4 illustriert<br />
polarisationsmikroskopische Befunde<br />
aus dem Gelenkpunktat im Vergleich zu<br />
typischen Ultraschallbefunden bei Kristallarthropathien.<br />
Im Artikel verwendete Abkürzungen:<br />
DIP Distales Interphalangealgelenk<br />
MCP Metakarpophalangealgelenk<br />
PIP Proximales Interphalangealgelenk<br />
US Ultraschall<br />
© 2013 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern<br />
DOI 10.1024/1661-8157/a001253
PRAXIS M<strong>in</strong>i-Review Praxis 2013; 102 (8): 457 – 464 458<br />
Tab. 3: Analyse des Gelenkpunktates (wbc/mm3=Granulozyten pro mm/3, PMN=polynukleäre<br />
neutrophile Granulozyten)<br />
Normal<br />
nicht-entzündlich<br />
E<strong>in</strong>e Punktion oder Infiltration sollte<br />
schmerzarm, bzw. schmerzlos erfolgen.<br />
Der Patient soll <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sauberen Raum<br />
ohne Zugluft angenehm und entspannt<br />
positioniert se<strong>in</strong> [4]. Wir orientieren<br />
uns an der Oberflächenanatomie. Hierbei<br />
s<strong>in</strong>d v. a. ossäre Orientierungspunkte<br />
von Bedeutung. Die Punktionsstelle wird<br />
nach orientierender Palpation durch<br />
sanften Druck mit e<strong>in</strong>er Kugelschreiberspitze<br />
markiert. Die Punktionsstelle sollte<br />
Entzündlich Septisch Hämorrhagisch<br />
Farbe Klar Klar Trüb Trüb Blutig<br />
Viskosität Hoch Hoch Tief Verschieden Verschieden<br />
wbc/mm3 50000 Verschieden<br />
%PMN 50 Verschieden<br />
Tab. 4: Typische Mikroskopie- und Ultraschallbefunde bei Kristallarthropathien<br />
Kalziumpyrophosphat (CPPD) Urat (Gicht) Hydroxyapatit<br />
Punktat: Rautenförmige<br />
Kristalle. Blau, wenn parallel<br />
zur Achse im Polarisationsmikroskop<br />
(Bild oben l<strong>in</strong>ks)<br />
Ultraschall: Echoreiche<br />
Punkte oder L<strong>in</strong>ien<br />
(Pfeile=Verkalkungen) <strong>in</strong>nerhalb<br />
von hyal<strong>in</strong>em oder<br />
Faser-Knorpel, Verkalkungen<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er proliferierten<br />
Synovialis, Synovitis, Bursitis,<br />
Erosionen, Osteophyten (z. B.<br />
MCP-Gelenk II und III). (Stern:<br />
Metacarpaleköpfchen)<br />
Punktat: Nadelförmige Kristalle.<br />
Gelb, wenn parallel zur<br />
Achse im Polarisationsmikroskop<br />
(Bild oben <strong>in</strong> der Mitte)<br />
Ultraschall: Wolkenartige<br />
echoreiche <strong>in</strong>traartikuläre<br />
Veränderungen mit vollständiger<br />
oder teilweiser dorsaler<br />
Schallauslöschung (Stern),<br />
echoreiche L<strong>in</strong>ien (Kristallablagerungen)<br />
auf dem Knorpel<br />
(Doppelkonturzeichen) oder<br />
<strong>in</strong>nerhalb von Weichteilen<br />
(Pfeil), Synovitis, Erosion, wolkenartige<br />
echoreiche Tophi,<br />
Bursitis<br />
Punktat: Wolkige Kristalle.<br />
Rot gefärbt mit Alizar<strong>in</strong>rot-<br />
Färbung (Bild oben rechts)<br />
Ultraschall: Echoreiche<br />
«harte» klar abgrenzbare<br />
schallschattenwerfende Verkalkungen<br />
(Pfeile) oder kle<strong>in</strong>e<br />
«weiche» diffuse<br />
dabei nicht im Bereich e<strong>in</strong>er Effloreszenz<br />
oder e<strong>in</strong>es Gefässes liegen. E<strong>in</strong>e Rasur e<strong>in</strong>er<br />
behaarten Stelle ist nicht nötig. Die<br />
Punktionsstelle sollte entsprechend den<br />
Anweisungen (v. a. Des<strong>in</strong>fektionsdauer)<br />
des benutzten Produktes (z. B. alkoholische<br />
oder jodhaltige Lösung) des<strong>in</strong>fiziert<br />
werden. Gegebenenfalls kann die<br />
Injektionsstelle mittels kühlendem Spray<br />
unempf<strong>in</strong>dlich gemacht werden. E<strong>in</strong>e<br />
vorgängige Betäubung mit e<strong>in</strong>em Lokalanästhetikum<br />
ist h<strong>in</strong>gegen (bei korrekter<br />
und rascher Infiltration) nicht nötig.<br />
Als Ausnahmen seien hier das Vorgehen<br />
z.B. beim Kalkneedl<strong>in</strong>g an der Schulter<br />
erwähnt, wo e<strong>in</strong>e Anästhesie vor Intervention<br />
<strong>in</strong> die Bursa subdeltoidea erfolgt<br />
oder bei Injektionen bei K<strong>in</strong>dern. Bei<br />
Letzteren ist e<strong>in</strong>e prä<strong>in</strong>terventionelle<br />
frühzeitige Applikation von lokalanästhetischen<br />
Topika (z.B. Pflaster oder<br />
Crème) e<strong>in</strong>e zusätzliche Option. Das Tragen<br />
e<strong>in</strong>es Mundschutzes aller Personen<br />
im Interventionsraum wird empfohlen.<br />
Bei E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er no-touch technique<br />
ist dagegen das Tragen von Handschuhen<br />
nach den Richtl<strong>in</strong>ien der SGR (Schweizerische<br />
Gesellschaft <strong>für</strong> Rheumatologie)<br />
nicht notwendig [5,6]. Je nachdem kann<br />
es aber zum Schutz des Punktierenden<br />
s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, (nicht-sterile) Handschuhe<br />
zu tragen [6,7].<br />
Bei der Punktion e<strong>in</strong>es Gelenks nach kl<strong>in</strong>ischer<br />
(oder vorgängiger sonographischer)<br />
Orientierung erfolgt der E<strong>in</strong>stich<br />
<strong>in</strong> der Regel senkrecht zur Hautoberfläche<br />
unter Vermeidung oberflächlicher<br />
Venen. Bei paratend<strong>in</strong>ösen Infiltrationen<br />
oder direkt ultraschallkontrollierten<br />
Infiltrationen wird e<strong>in</strong> flacherer E<strong>in</strong>stichw<strong>in</strong>kel<br />
gewählt [8,9]. Idealerweise<br />
wird bei jeder <strong>in</strong>traartikulären Punktion<br />
Synovialflüssigkeit aspiriert, bevor<br />
e<strong>in</strong>e Injektion vorgenommen wird. Dies<br />
beweist die sichere <strong>in</strong>traartikuläre Lage<br />
der Nadel, ermöglicht e<strong>in</strong>e Punktatanalyse<br />
und führt bei grosser Ergussmenge<br />
auch zu e<strong>in</strong>er therapeutischen Entlastung.<br />
Bei e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> diagnostischen<br />
Punktion kann e<strong>in</strong>e zusätzliche Lavage<br />
des <strong>Gelenke</strong>s bei Punctio sicca (=ke<strong>in</strong>e<br />
Synovialflüssigkeit konnte punktiert<br />
werden) erwogen werden. Die Injektion<br />
e<strong>in</strong>es Medikamentes sollte widerstandslos<br />
und schmerzfrei erfolgen, allenfalls<br />
beschreibt der Patient e<strong>in</strong>en kurzdauernden<br />
Druck oder e<strong>in</strong> Brennen. Nach<br />
der Punktion soll e<strong>in</strong>e kurze Kompression<br />
(ca. 30–60 Sekunden) der Injektionsstelle<br />
mit e<strong>in</strong>em sterilen Tupfer erfolgen.<br />
Abschliessend wird e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Heftpflaster<br />
aufgeklebt oder e<strong>in</strong> Schnellverband<br />
angelegt.
PRAXIS M<strong>in</strong>i-Review Praxis 2013; 102 (8): 457 – 464 459<br />
Die im kl<strong>in</strong>ischen Alltag meist geeignete<br />
Injektionsnadel (immer E<strong>in</strong>wegmaterial<br />
benutzen), das Injektionsvolumen<br />
und die Steroiddosis richten sich nach<br />
der Grösse und Lage des <strong>Gelenke</strong>s. In<br />
der Tabelle 5 s<strong>in</strong>d die von den Autoren<br />
bevorzugten Kanülen und Injektionsvolum<strong>in</strong>a<br />
zusammengefasst. Grundsätzlich<br />
werden <strong>für</strong> Infiltrationen möglichst<br />
dünne Injektionsnadeln verwendet (vor<br />
allem im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e möglichst<br />
schmerzarme Injektion); je dünner (und<br />
länger) die Nadel, desto schwieriger ist<br />
aber die Aspiration von Gelenkserguss.<br />
Die Abbildungen 1 und 2 erläutern e<strong>in</strong>e<br />
Auswahl von möglichen <strong>Injektionstechnik</strong>en<br />
an der Schulter.<br />
Wichtige Steroidnebenwirkungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />
der Tabelle 6 zusammengefasst [10–17].<br />
Im Weiteren können selten vasovagale<br />
Reaktionen und äusserst selten Nervenschädigungen,<br />
Hämatome oder allergische<br />
Reaktionen bis zur Anaphylaxie<br />
(cave Lokalanästhetika) auftreten. In der<br />
Tab. 5: Bevorzugte Kanüle, Injektionsvolumen und Steroiddosis nach Region<br />
Region Kanüle Steroiddosis Volumen<br />
Hüfte<br />
20G x 2 3 /4 */0,9x70 mm 7 mg Betamethason 4–5 ml<br />
23G x 2 3 /8 */0,6x60 mm 40 mg Triamc<strong>in</strong>olon<br />
Schulter, Knie 22G x 1 1 /4 */0,7x30 mm 7 mg Betamethason 4–5 ml<br />
40 mg Triamc<strong>in</strong>olon<br />
Ellbogen 24G x 1*/0,55x25 mm 3,5 (7) mg Betamethason<br />
20 (-40) mg Triamc<strong>in</strong>olon<br />
1–2 ml<br />
Handgelenk,<br />
Sprunggelenk<br />
F<strong>in</strong>ger, Zehengelenke<br />
Sehnenscheiden,<br />
Enthesen,<br />
Bursa<br />
25G x 5 /8 */0,5x16 mm<br />
27G x 3 /4 */0,4x20 mm<br />
25G x 5 /8 */0,5x16 mm<br />
27G x 3 /4 */0,4x20 mm<br />
25G x 5 /8 . 0,5*16 mm<br />
25G x 5 /8 . 0,5*20 mm<br />
24G x 1*/0,55x25 mm<br />
3,5 mg Betamethason<br />
20 mg Triamc<strong>in</strong>olon<br />
1,75–3,5 mg Betamethason<br />
10–20 mg Triamc<strong>in</strong>olon<br />
1,75 (3,5) mg Betamethason<br />
10 (20) mg Triamc<strong>in</strong>olon<br />
allenfalls nur wasserlösliche<br />
Steroide!<br />
0,5–1 ml<br />
0,25 – max. 0,75 ml<br />
0,5–2 ml<br />
Tabelle 7 werden wichtige Vorsichtsmassnahmen<br />
vor und nach e<strong>in</strong>er Infiltration<br />
sowie relative und absolute Kontra<strong>in</strong>dikationen<br />
zusammengefasst.<br />
Die Steroiddosierung hängt ebenfalls<br />
von der Grösse des <strong>Gelenke</strong>s ab. Bei <strong>in</strong>traartikulärer<br />
oder <strong>in</strong>trabursaler Infiltration<br />
wird <strong>in</strong> aller Regel e<strong>in</strong> kristall<strong>in</strong>es<br />
Depot-Steroid gewählt; bei peritend<strong>in</strong>ösen<br />
Infiltrationen oder bei Infiltration<br />
sehr oberflächlicher Strukturen werden<br />
vorzugsweise re<strong>in</strong> wasserlösliche Steroide<br />
bevorzugt. Die <strong>in</strong> der Schweiz hauptsächlich<br />
verwendeten Wirkstoffe s<strong>in</strong>d<br />
Abb. 1: Injektionen an der Schulter anterior.<br />
a) Injektion des Acromioclavicular-<br />
<strong>Gelenke</strong>s. Der Patient sitzt. Identifizierung<br />
und Palpation des Gelenkspaltes.<br />
Dieser lässt sich am besten palpieren,<br />
wenn der Clavicula entlang von medial<br />
nach lateral getastet wird. Markierung<br />
der Injektionsstelle (ca. 1–2 cm medial der<br />
lateralen Acromionkante), Des<strong>in</strong>fektion,<br />
Injektion ca. 1 cm leicht medialwärts tief<br />
senkrecht durch das Lig. acromioclaviculare<br />
<strong>in</strong>traartikulär zwischen Clavicula und<br />
Acromion. Indikationen: Arthritis (z. B.<br />
Rheumatoide Arthritis, Spondyloarthritis,<br />
Kristallarthritis), aktivierte Arthrose.<br />
Kanü le: 27G x 3 /4*/0,4x20 mm bis 24G<br />
x 1*/0,55x25 mm; Volumen: 0,5–1 ml.<br />
b) Injektion <strong>in</strong> den Subacromialraum,<br />
Injektion von ventral-lateral. Identifizierung<br />
und Palpation des Subakromialraums<br />
caudal des lateralen Endes des<br />
Acromions beim sitzenden Patienten.<br />
Markierung der Injektionsstelle zwischen<br />
Acromion und Tuberculum majus ca.<br />
1 cm caudal des <strong>in</strong>ferioren Randes des<br />
Acromions von lateral bei hängendem<br />
Arm oder bei <strong>in</strong> Neutralstellung auf dem<br />
Be<strong>in</strong> abgestü tzten Arm. Des<strong>in</strong>fektion,<br />
Injektion ca. 1–3 cm tief <strong>in</strong> den subakromialen<br />
Raum. Indikationen: Bursitis bei<br />
z. B. Rheumatoider arthritis, Spondyloarthritis,<br />
Kristallarthritis, mechanischem<br />
Imp<strong>in</strong>gement, degenerativer Rotatorenmanschettenläsion,<br />
Sehnenverkalkungen.<br />
Kanü le: 22G x 1 1 /4*/0,7x30 mm (bei<br />
grazilem Habitus 24G x 1*/0,55x25 mm);<br />
Volumen: 5 ml. c) Injektion des Glenohumeralgelenkes,<br />
Injektion von ventral.<br />
Der Arm des sitzenden oder liegenden<br />
Patienten liegt <strong>in</strong> leichter Innenrotation<br />
auf dem Abdomen. Identifizierung und<br />
Palpation des Prozessus coracoideus von<br />
ventral. Markierung der Injektionsstelle<br />
ca. 1 cm lateral und caudal vom Prozessus<br />
coracoideus und medial des Tuberculum<br />
m<strong>in</strong>us, Des<strong>in</strong>fektion, Injektion <strong>in</strong>traartikulär<br />
ca. 2 cm tief <strong>in</strong> das Schultergelenk.<br />
Indikationen: Arthritis (z. B. Rheumatoide<br />
Arthritis, Spondyloarthritis, Kristallarthritis),<br />
aktivierte Arthrose, Capsulitis<br />
adhaesiva (frozen shoulder) Kanü le: 22G x<br />
1 1 /4*/0, x30 mm; Volumen: 4–5 ml.
PRAXIS M<strong>in</strong>i-Review Praxis 2013; 102 (8): 457 – 464 460<br />
Abb. 2: Injektionen an der Schulter pasterior.<br />
d) Injektion <strong>in</strong> den Subacromialraum,<br />
Injektion von dorsal. Identifizierung<br />
und Palpation des Subakromialraums<br />
caudal des lateralen Endes des Acromions<br />
beim sitzenden Patienten (Vertiefung<br />
zwischen Acromion und Humeruskopf).<br />
Markierung der Injektionsstelle zwischen<br />
Acromion und Humeruskopf von dorsal<br />
bei hängendem Arm oder bei <strong>in</strong> Neutralstellung<br />
auf dem Be<strong>in</strong> abgestü tzten Arm.<br />
Des<strong>in</strong>fektion, Injektion widerstandsfrei<br />
nach ventral-cranial (parallel zum vermuteten<br />
Acromionverlauf) ca. 2–4 cm tief <strong>in</strong><br />
Richtung Prozessus coracoideus <strong>in</strong> den<br />
subakromialen Raum, wobei die Nadel <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>kel von ca. 10 Grad nach cranial<br />
gehalten wird. Indikationen/Kanüle,<br />
Volumen: vgl. b). e) Injektion des Glenohumeralgelenkes,<br />
Injektion von dorsal.<br />
Der Arm des sitzenden Patienten ist <strong>in</strong><br />
Neutralstellung oder <strong>in</strong> leichter Aussenrotation.<br />
Identifizierung und Palpation<br />
des Gelenkspaltes von dorsal ca. 2–3 cm<br />
caudal und 2–3 cm medial vom lateralen<br />
Ende des Acromions. Markierung der<br />
Injektionsstelle, Des<strong>in</strong>fektion, Injektion<br />
<strong>in</strong>traartikulär ca. 3 cm tief zwischen Glenoid<br />
und Humeruskopf. Die Nadelspitze<br />
geht <strong>in</strong> Richtung Prozessus coracoideus.<br />
Indikationen/Kanüle, Volumen: vgl. c).<br />
Tab. 6: Potenzielle Steroidnebenwirkungen<br />
Systemische Nebenwirkungen • Gesichtsrötung (Flush), relativ häufig, nach 1–2 Tagen,<br />
dauert ca. 1–2 Tage<br />
• Hitzegefühl<br />
• Passagere BZ-Erhöhung bei Diabetikern<br />
• Vorübergehend leichte Erhöhung des Blutdrucks oder<br />
Herzklopfen<br />
• Uterusblutungen/Zwischenblutungen
PRAXIS M<strong>in</strong>i-Review Praxis 2013; 102 (8): 457 – 464 461<br />
Tab. 7: Vorsichtsmassnahmen und Kontra<strong>in</strong>dikationen<br />
Abb. 3: Position der Sonde <strong>in</strong> der Längsachse<br />
parallel zur Kanüle.<br />
wurden. Das kl<strong>in</strong>ische Ansprechen unterschied<br />
sich signifikant zu Gunsten<br />
der US-gesteuerten Interventionen. An<br />
den kle<strong>in</strong>en F<strong>in</strong>gergelenken lassen sich<br />
zur Diagnostik auch sehr kle<strong>in</strong>e synoviale<br />
oder tenosynoviale Ergussmengen<br />
punktieren (Abb. 4). Zudem erlaubt uns<br />
die US-gesteuerte Technik gezielte therapeutische<br />
Injektionen <strong>in</strong> entzündeten<br />
oder degenerativ veränderten F<strong>in</strong>gergelenken.<br />
So kann z. B. das Medikament<br />
unter direkter US-Sicht bei Osteoarthritis<br />
gezielt an den Osteophyten vorbei<br />
<strong>in</strong>traartikulär appliziert werden, typischerweise<br />
an PIP- oder DIP-<strong>Gelenke</strong>n.<br />
Die Detektionsrate krankhafter Befunde<br />
und der Erfolg e<strong>in</strong>er Gelenkspunktion<br />
zur Bestimmung der Zellzahl, zur Kristalldiagnostik<br />
und <strong>für</strong> mikrobiologische<br />
Untersuchungen ist mit dieser kostengünstigen<br />
und strahlenfreien Methode<br />
signifikant erhöht. So konnte z.B. gezeigt<br />
werden, dass im Kniegelenk Ergussmengen<br />
bereits ab 7 ml mittels US erfassbar<br />
s<strong>in</strong>d, was sensitiver als die kl<strong>in</strong>ische Untersuchung<br />
ist (ca. 30 % der Kniesynovitiden<br />
werden kl<strong>in</strong>isch nicht erfasst).<br />
Auch e<strong>in</strong>e komplizierte popliteale Bursa<br />
(Bakerzyste) lässt sich elegant punktieren<br />
(Abb. 5). An den MTP-<strong>Gelenke</strong>n<br />
werden gar zehn Mal mehr Synovitiden<br />
mittels US als kl<strong>in</strong>isch erfasst.<br />
Aufgrund der bestehenden Evidenz ergeben<br />
sich die <strong>in</strong> Tabelle 9 zusammengefassten<br />
Indikationen <strong>für</strong> US-gesteuerte<br />
Vor Infiltration • Ke<strong>in</strong>e Steroide bei Verdacht auf bestehende, schwelende Infektion<br />
(z. B. Harnwegs<strong>in</strong>fekt, unklarem Fieber, starker Erkältung) oder bei<br />
Hautverletzung, bzw. Haut<strong>in</strong>fektion<br />
• Ausschluss e<strong>in</strong>er Allergie auf Lokalanästhetika oder ev. Zusätze<br />
• Antikoagulation: Relative Kontra<strong>in</strong>dikation, d. h. <strong>in</strong>dividuelles<br />
Abwägen von Nutzen der Infiltration gegenüber etwas erhöhtem<br />
Blutungsrisiko unter Anwendung e<strong>in</strong>er optimalen atraumatischen<br />
<strong>Injektionstechnik</strong> mit post<strong>in</strong>terventioneller Kompression der Inkjektionsstelle<br />
(und auch dem Risiko, die Antikoagulation vorübergehend<br />
aufzuheben).<br />
• Ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>traartikuläre Infiltration 13 Monate vor geplanter Operation<br />
(z. B. Gelenksersatz)<br />
• Ke<strong>in</strong>e Injektion bei Frakturen<br />
• Steroid<strong>in</strong>filtration <strong>in</strong> Kunstgelenke relativ kontra<strong>in</strong>diziert und nach<br />
Rücksprache mit dem Orthopäden<br />
• Aufklärung des Patienten (Prozedere, Nebenwirkungen, Wirkungslatenz<br />
der kristall<strong>in</strong>en Lösung), am besten schriftlich bestätigen lassen<br />
• Bereithalten von Adrenal<strong>in</strong> resp. Epi-Pen<br />
Nach Infiltration • Anschliessend 6–24 h nicht duschen/baden (nicht evidence based)<br />
• Nach e<strong>in</strong>er Steroid<strong>in</strong>filtration betroffenes Gelenk/resp. Region schonen<br />
(<strong>für</strong> 2–3 Tage bis e<strong>in</strong>e Woche), damit Depot an Ort bleibt (nachhaltigere<br />
Wirkung)<br />
• Nachkontrolle nach 1–2 Wochen<br />
• Instruktion des Patienten, sich umgehend zu melden bei längerdauernder<br />
Schmerzzunahme und vor allem lokalen und/oder systemischen<br />
Entzündungs-/Infektionszeichen (Fieber, Schmerzen, Rötung, Schwellung,<br />
Eiter usw.)<br />
Interventionen [18–26]. Diese Techniken<br />
s<strong>in</strong>d nicht überall zugänglich und<br />
werden <strong>in</strong> Europa von
PRAXIS M<strong>in</strong>i-Review Praxis 2013; 102 (8): 457 – 464 462<br />
Tab. 8: Vorteile US-gesteuerter Infiltrationen<br />
gegenüber «bl<strong>in</strong>den» Injektionen<br />
Präzisere Lokalisation e<strong>in</strong>es pathologischen<br />
Befundes und genauere Platzierung der<br />
Kanüle bei schwierigem Punktionssitus<br />
Signifikant besseres Ansprechen auf therapeutische<br />
Injektionen<br />
Pathologische Befunde wie z. B. e<strong>in</strong>e<br />
Synovitis oder e<strong>in</strong>e Tenosynovitis werden<br />
differenziert und häufiger festgestellt.<br />
Höherer Erfolg e<strong>in</strong>er diagnostischen Gelenkspunktion<br />
gegenüber kl<strong>in</strong>isch gesteuerter<br />
Punktion. Beispiele: Schultergelenk: bis<br />
100 vs. 25 %, Sprunggelenk: bis 100 vs. 20 %,<br />
F<strong>in</strong>gergelenke: 96 vs. 59 %<br />
Abb. 5: Diagnostische Punktion e<strong>in</strong>er komplizierten Bakerzyste unter direkter US-Sicht.<br />
Sondenlage: Fossa poplitea dorsal longitud<strong>in</strong>al, L<strong>in</strong>ie=Kanüle, Sterne=echoarme Flüssigkeit<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Semimembranosus-Gastrocnemius-Bursa (=Bakerzyste)<br />
Tab. 9: Indikationen <strong>für</strong> US-gesteuerte Interventionen am Bewegungsapparat<br />
Gelenk<br />
Schulter<br />
Ellbogen<br />
Hand/F<strong>in</strong>ger<br />
Hüfte<br />
Knie<br />
Fuss<br />
Sakroiliakalgelenk<br />
Pathologie (Auswahl)<br />
Synovitis, Bursitis, US-Chirurgie (Slic<strong>in</strong>g und Needl<strong>in</strong>g)<br />
Synovitis, (Enthesopathie), Bursitis, Ganglion, Kubitaltunnelsyndrom<br />
Synovitis, Tenosynovitis, Ganglion, Karpaltunnelsyndrom<br />
Synovitis, (Enthesopathie), Bursitis<br />
Synovitis, (Enthesopathie), Bursitis<br />
Synovitis, (Enthesopathie), Tenosynovitis, Tarsaltunnelsyndrom,<br />
Bursitis, Pseudoneur<strong>in</strong>om<br />
SIG-Arthritis<br />
Key messages<br />
Voraussetzungen <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e nebenwirkungsarme Infiltrationstechnik s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e klare Indikation oder Diagnose, die Information<br />
und das E<strong>in</strong>verständnis des Patienten, fundierte anatomische Kenntnisse, e<strong>in</strong>e korrekte Medikamentendosierung und<br />
genügend Fertigkeiten <strong>in</strong> der technischen Durchführung e<strong>in</strong>er Infiltration mit entsprechender Nachsorge.<br />
In der Differenzialdiagnose ist nebst Anamnese, Kl<strong>in</strong>ik und weiterer Diagnostik die Untersuchung der gewonnenen<br />
Synovial flüssigkeit wichtig.<br />
In ausgewählten Indikationen zeigen ultraschall-gesteuerte Infiltrationen e<strong>in</strong>deutige Vorteile gegenüber «bl<strong>in</strong>d» durchgeführten<br />
Punktionen und Injektionen.<br />
Lernfragen<br />
1. In verschiedenen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass z. B. «bl<strong>in</strong>de» Schulter<strong>in</strong>jektionen der subakromial oder glenohumeral<br />
vorgesehenen Injektionen <strong>in</strong> welchem Prozentsatz korrekt appliziert wurden? (E<strong>in</strong>fachauswahl, 1 richtige Antwort)<br />
a) 0–10 % c) 25–40 %<br />
b) 10–20 % d) 40–60 %<br />
2. Häufige systemische Nebenwirkungen von Steroiden bei <strong>in</strong>traartikulärer Injektion s<strong>in</strong>d:<br />
(E<strong>in</strong>fachauswahl, 1 richtige Antwort)<br />
a) Depressionen c) Kältegefühl und Tremor<br />
b) Hypotonien d) Passagere Blutzucker-Erhöhung bei Diabetikern
PRAXIS M<strong>in</strong>i-Review Praxis 2013; 102 (8): 457 – 464 463<br />
Abstract<br />
Injections of jo<strong>in</strong>t and of periarticular<br />
structures (e. g. tendon sheath) are<br />
frequent procedures <strong>in</strong> daily practice.<br />
In this review we summarize recent<br />
guidel<strong>in</strong>es of <strong>in</strong>jection technique, as we<br />
presented at the practical workshops<br />
oft he «Medidays» congress at the University<br />
Hospital Zurich. Furthermore<br />
we discuss drugs, <strong>in</strong>dications, complications,<br />
adverse reactions and contra<strong>in</strong>dications.<br />
Lastly we discuss the<br />
role of ultrasound guided <strong>in</strong>jections.<br />
Ultrasound-guided diagnostic and<br />
therapeutic <strong>in</strong>terventions are characterized<br />
by their excellent accuracy and<br />
improvement of cl<strong>in</strong>ical effectiveness<br />
compared to unguided procedures.<br />
Key words: Injection – synovial fluid<br />
analyses – ultrasound – arthritis – jo<strong>in</strong>t<br />
Résumé<br />
Injections articulaires et periarticulaires<br />
(par example des ga<strong>in</strong>es tend<strong>in</strong>euses)<br />
sont appliqué fréquent. Cet<br />
article résume les recommandations<br />
récentes des techniques d’<strong>in</strong>jections,<br />
comme présenté au congès «Medidays»<br />
de cette année à l’hôpital universitaire<br />
de Zürich. En outre on va discuter led<br />
médicaments, les effets secondaires et<br />
les contra-<strong>in</strong>dications. En dernier on<br />
discute les <strong>in</strong>dication et la technique<br />
d’<strong>in</strong>jections fait sous contrôle échografique.<br />
Mots-clés: <strong>in</strong>jection – synovite ultrason<br />
– arthrite – articulation<br />
Korrespondenzadresse<br />
KD Dr. med. Giorgio Tamborr<strong>in</strong>i<br />
Leitender Arzt<br />
Rheumatologie und Ultraschall<br />
Bethesda Spital AG<br />
Gellertstrasse 140<br />
4020 Basel<br />
giorgio.tamborr<strong>in</strong>i@bethesda.ch<br />
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PRAXIS M<strong>in</strong>i-Review Praxis 2013; 102 (8): 457 – 464 464<br />
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of a survey of experts andscientific societies. Rheumatology 2012; 51:<br />
184–190.<br />
Antworten zu den Lernfragen<br />
1. Antwort c) ist richtig.<br />
2. Antwort d) ist richtig.
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