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methodisches Arbeiten mit älteren Klienten in der Beratungsstelle

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Behandlung von<br />

Abhängigkeitsstörungen im Alter<br />

Der Bereich 60+ an<br />

<strong>der</strong> Caritas Fachambulanz für<br />

erwachsene Suchtkranke München<br />

Schwanthalerstraße 84 Rgb 80336 München T 089/530991-0 F 089/530991-10<br />

christ<strong>in</strong>e.pschierer@caritasmuenchen.de www.staerker-als-sucht.de


Fachforum<br />

11:00 – 11:30 Persönliche Vorstellung und Altersbezug<br />

11:30 – 12:00 Beson<strong>der</strong>heiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlung älterer<br />

abhängiger Menschen<br />

12:00 – 12.30 Diskussion


Begegnungen<br />

E<strong>in</strong> 70jähriger Türke<br />

kommt <strong>mit</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Tochter <strong>in</strong> die<br />

Motivationsgruppe<br />

Er soll <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Kl<strong>in</strong>ik<br />

– hat Angst<br />

E<strong>in</strong>e 60jährige<br />

Frau kommt<br />

alkoholisiert <strong>in</strong><br />

die<br />

E<strong>in</strong>zelberatung –<br />

sie habe Krebs<br />

E<strong>in</strong><br />

Ehepaar 50 -<br />

62 kommt zur<br />

E<strong>in</strong>zelberatung –<br />

<strong>der</strong> Mann hört<br />

nicht auf zu<br />

tr<strong>in</strong>ken, hat<br />

kogn. E<strong>in</strong>bußen<br />

E<strong>in</strong>e rechtliche<br />

Betreuer<strong>in</strong> ruft<br />

an – ihre 65-jr.<br />

Klient<strong>in</strong> tr<strong>in</strong>kt<br />

exzessiv – will<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Behandlung<br />

Von <strong>der</strong><br />

Tageskl<strong>in</strong>ik wird<br />

e<strong>in</strong>e 72jr. Frau<br />

überwiesen, <strong>mit</strong><br />

Doppeldiagnose<br />

und großer Angst<br />

vor Gruppen


Behandlungsbedarf Bereich 60+<br />

‣ Zunahme <strong>der</strong> <strong>älteren</strong> Bevölkerung ab 60 (stat. Bundesamt www.destatis.de)<br />

‣ 10 % <strong>der</strong> Altersgruppe rauchen (stat. Bundesamt www.destatis.de)<br />

‣ 6,9% M und 7,7% F tr<strong>in</strong>ken risikoreich (Richtwerte <strong>der</strong> WHO für gesunde<br />

Erwachsene)<br />

‣ 2-3% M und 0,5-1% F zeigen e<strong>in</strong>e Alkoholabhängigkeit (DHS 2008)<br />

‣ 8% M und 13% F zeigen problematischen Gebrauch psychoaktiver<br />

Medikamente (Zunahme <strong>mit</strong> dem Alter, DHS Substanzbezogene Störungen im Alter 2008)<br />

‣ 2007 Behandlungen <strong>in</strong> den Fachambulanzen 4 % älter als 60 Jahre<br />

(Deutsche Suchthilfestatistik, 750 FA )


H<strong>in</strong>weise für Substanzmissbrauch<br />

und Abhängigkeit im Alter<br />

Grundsätzlich durch die Multimorbidität schwerer erkennbar –<br />

Symptome für Abhängigkeit können auch an<strong>der</strong>e Ursachen haben.<br />

‣ Häufige Stürze<br />

‣ Kreislaufstörungen, Schw<strong>in</strong>del<br />

‣ Somatische Erkrankungen<br />

‣ Mangelernährung<br />

‣ Kognitive Störungen<br />

‣ Sozialer Rückzug, Depression<br />

‣ Gereiztheit, aggressive Ausbrüche, We<strong>in</strong>erlichkeit<br />

‣ Verwahrlosung<br />

‣ Abflachung <strong>der</strong> Persönlichkeit (Abwehr von Schamgefühlen)


Behandlungsbedarf Bereich 60+<br />

Wieviel Kosten, Krankenhausaufenthalte und auch<br />

Operationen könnten Menschen ab 60 erspart werden, wenn<br />

bei <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Aufnahmediagnostik die Möglichkeit<br />

e<strong>in</strong>es schädlichen Medikamenten- o<strong>der</strong> Alkoholkonsums<br />

eruiert würde – und entsprechende<br />

Behandlungsmaßnahmen e<strong>in</strong>geleitet würden?


Bereich 60+<br />

Entgiftung<br />

teil- und vollstat.<br />

Entwöhnung<br />

Erstgespräch<br />

Beratung Ver<strong>mit</strong>tlung<br />

Motivationsgruppe<br />

Psychologische. Testung<br />

Infogruppe<br />

IsarAmper-<br />

Kl<strong>in</strong>ikum<br />

Gerontopsychiatrie<br />

Vernetzung Altenhilfe<br />

Beratung<br />

Schulung<br />

Kooperation<br />

Struktur<br />

gruppe<br />

Ambulante<br />

Reha-Behandlung<br />

Gruppen- und<br />

E<strong>in</strong>zeltherapie<br />

Selbsthilfegruppen<br />

BEW; Haus-<br />

Kl<strong>in</strong>ikbesuche<br />

Angebote für<br />

Angehörige


Behandlungsstruktur Bereich 60+<br />

‣ abst<strong>in</strong>enzorientiert<br />

‣ psychodynamisch<br />

‣ Therapiedauer 1 – 1,5 Jahre<br />

‣ wöchentliche Gruppentherapie (1,5 Std)<br />

‣ ca. 2- 3wöchig E<strong>in</strong>zelgespräche (1 Std)<br />

‣ altersspezifische und unspezifische<br />

Indikationsgruppen


Behandlungsstruktur Bereich 60+<br />

‣ altersspezifische Indikationsgruppen:<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Informationen, Rückfallprophylaxe,<br />

kognitives Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, spirituelle Gruppen, Freizeitangebote<br />

‣ altersunspezifische Indikationsgruppen:<br />

Kunsttherapie, Soziale Kompetenz, Entspannung


Das Spannungsfeld <strong>der</strong> Beratung<br />

Autonomie<br />

Selbst- und<br />

Fremdgefährdung<br />

Respekt vor <strong>der</strong><br />

Suchterkrankung<br />

und<br />

Erhalt von<br />

Lebensqualität


Psychosoziale Risikofaktoren für Missbrauch und<br />

Abhängigkeit bei <strong>älteren</strong> Menschen<br />

- Identitätskrisen (empty nest, Berentung)<br />

- Narzisstische Kränkungen durch<br />

physischen Alternsprozess<br />

und Altersstereotypien<br />

- Aufbrechen alter Traumen,<br />

psych. Störungen werden aktualisiert


Psychosoziale Risikofaktoren für Missbrauch und<br />

Abhängigkeit bei <strong>älteren</strong> Menschen<br />

- Überfor<strong>der</strong>ung durch neue soziale Aufgaben z.B. Pflege von<br />

Angehörigen<br />

- Soziale Verlusterfahrungen<br />

- Armut<br />

- Konflikte <strong>mit</strong> erwachsenen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n werden aktualisiert


Mediz<strong>in</strong>ische Risikofaktoren<br />

Im Alter werden Alkohol und Medikamente<br />

langsamer abgebaut – bei gleichbleiben<strong>der</strong> Dosis ist e<strong>in</strong>e<br />

erhöhte Konzentration im Körper gegeben.<br />

Weniger Wasser <strong>in</strong> den Zellen bed<strong>in</strong>gt erhöhte<br />

Substanzkonzentration<br />

Reaktionsvermögen ist durch Abnahme <strong>der</strong> S<strong>in</strong>nesfähigkeiten<br />

und <strong>der</strong> Bewusstse<strong>in</strong>sverän<strong>der</strong>ungen durch Substanzmissbrauch<br />

verlangsamt<br />

Wechselwirkung von Alkohol und Medikamenten oft unklar<br />

Fehldiagnosen<br />

Bastigkeit - Polypharmazie im Alter<br />

Wolter - Sucht im Alter


Gesellschaftlich bed<strong>in</strong>gte Risikofaktoren<br />

‣ Leichts<strong>in</strong>nige Verordnung von Medikamenten <strong>mit</strong> Suchtpotential<br />

‣ Verharmlosung von Alkoholkonsum aufgrund abwerten<strong>der</strong><br />

Altersstereotypien:<br />

„Lass ihm doch se<strong>in</strong> Glaser`l We<strong>in</strong>,<br />

er hat ja sonst nichts mehr vom Leben“


Formen <strong>der</strong> Abhängigkeit im Alter<br />

late- onset-tr<strong>in</strong>ken*<br />

‣ später Beg<strong>in</strong>n, häufig bed<strong>in</strong>gt durch belastende Verän<strong>der</strong>ungen<br />

‣ psychische Stabilität<br />

‣ höhere Selbstzuversicht<br />

‣ Ressourcen<br />

‣ Gute Prognose<br />

early- onset- tr<strong>in</strong>ken<br />

‣ chronische langandauernde Abhängigkeit<br />

‣ stark gefährdete Gesundheit ist häufig Motivation zur Abst<strong>in</strong>enz<br />

*DHS Substanzbezogene Störungen im Alter 2008


Aspekte altersspezifischer Behandlung<br />

‣ Offene, längere Motivationsphase<br />

‣ Altersspezifische Übertragungen<br />

‣ Lebensgeschichtliche Erfahrungen<br />

‣ Erkennen und Bearbeiten von Altersstereotypien<br />

‣ Ängste des/<strong>der</strong> Therapeuten/<strong>in</strong> vor dem eigenen Altern


Altersspezifische Aspekte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Behandlung<br />

Wertschätzung


Offene Motivationsphase<br />

Ältere Menschen benötigen mehr Zeit<br />

für die Entscheidung zu e<strong>in</strong>er Behandlung<br />

‣ Vertrauensaufbau wird durch Barrieren erschwert<br />

(Fremdheit <strong>der</strong> Generationen, Autoritätsängste, Übertragungen)<br />

‣ Schuld- und Schamgefühle s<strong>in</strong>d sehr stark<br />

‣ Selbstwertproblematik: „In me<strong>in</strong>em Alter noch<br />

soviel Kosten verursachen“<br />

Peters Me<strong>in</strong>olf „Psychosoziale Beratung und Psychotherapie im Alter“ V&R 2006


Übertragungsphänomene<br />

Umgekehrte Eltern-K<strong>in</strong>d-Übertragungen<br />

Schwierigkeiten tabuisierte, schambehaftete<br />

Themen anzusprechen<br />

Enkelübertragung<br />

verführt zur „E<strong>in</strong>schüchterung“ und „Schonung“<br />

Geschwisterübertragungen<br />

Rivalität, Eifersucht


Kenntnisse über lebensgeschichtliche<br />

Erfahrungen älterer Menschen<br />

Um e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>terpersonellen seelischen Raum schaffen zu<br />

können ist es wichtig sich auf den lebensgeschichtlichen<br />

H<strong>in</strong>tergrund des Gegenübers e<strong>in</strong>zulassen und dadurch e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>nere Offenheit und Hellhörigkeit zu entwickeln, da<strong>mit</strong><br />

schwierige, schmerzhafte Erfahrungen angesprochen und<br />

geme<strong>in</strong>sam ertragen werden können.<br />

*‘Radebold, Bohleber, Z<strong>in</strong>necker Transgenerationale Weitergabe kriegsbelasteter K<strong>in</strong>dheiten<br />

2009


Sucht im Alter<br />

Angst Angst Tapfer Stark Hart<br />

Verlorense<strong>in</strong> Dunkelheit E<strong>in</strong>samkeit<br />

Hunger<br />

Angst Angst Schmerz<br />

Verlorenheit Feuer<br />

Hunger Tod Sirenen<br />

Grausamkeit Flucht Fliegeralarm Bomben<br />

Bomben Bomben<br />

Angst<br />

Bedrohung<br />

Angst Trauer Schmerz<br />

Verzweiflung<br />

Flucht Angst Flucht<br />

Tod<br />

Feuer<br />

Zerstückelte Leichenteile<br />

Hunger Hunger Hunger


Eigene Abwehr gegen das Altern<br />

e<strong>in</strong>e fehlende<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung <strong>mit</strong> den<br />

eigenen Gefühlen gegenüber dem<br />

Altern führt zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>neren<br />

Abwehr <strong>der</strong> im Alter<br />

bevorstehenden narzisstischen<br />

Kränkungen und da<strong>mit</strong> zur<br />

Abwehr <strong>der</strong> Gefühle des/<strong>der</strong><br />

Patienten/<strong>in</strong>, was bedeutet, dass<br />

wesentliche Aspekte <strong>der</strong><br />

Suchtproblematik nicht<br />

bearbeitet werden können.


grantig<br />

unflexibel<br />

Können Jüngere<br />

nicht verstehen,<br />

s<strong>in</strong>d neidisch<br />

Langsam<br />

schwach<br />

stur<br />

Reden nur<br />

über<br />

Krankheiten<br />

S<strong>in</strong>d hässlich und rigide<br />

egozentrisch<br />

Mögen ke<strong>in</strong>e<br />

Neuheiten,<br />

ke<strong>in</strong>e Technik<br />

Schnell<br />

überfor<strong>der</strong>t<br />

grantig<br />

Altersstereotypien<br />

Altern als persönliches Versagen<br />

Narzißtische, leistungsorientierte Gesellschaft stellt ke<strong>in</strong>e Kompetenzen<br />

für Akzeptanz von altersbed<strong>in</strong>gten Schwächen zu Verfügung<br />

z.B. soziale B<strong>in</strong>dungen, ganzheitliche Identitäten


Faltenfrei<br />

<strong>mit</strong><br />

Botox<br />

Fit und<br />

sexy <strong>mit</strong><br />

50+ <strong>mit</strong><br />

60+ <strong>mit</strong><br />

70++++<br />

Dass Leben<br />

beg<strong>in</strong>nt wenn<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Hund<br />

aus dem Haus s<strong>in</strong>d<br />

best<br />

ager<br />

Reich,<br />

potent, agil<br />

klug<br />

und erfahren<br />

Gut<br />

drauf<br />

Altersstereotypien<br />

Heute Kompetenzmodelle des Alterns – Gefahr <strong>der</strong> Abwehr unbewußter<br />

Versagensängste , Gefahr <strong>der</strong> Umkehr von Negativbil<strong>der</strong>n – man muß jung bleiben<br />

Auflösung des Alters und manische Abwehr des Alterns – new ag<strong>in</strong>g,<br />

Hormontherapie, wellness etc.<br />

Projektion auf viertes Alter – ab ca 85 Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Gebrechlichkeit.


forever young …….<br />

Die abgespaltenen, als bedrohlich erlebten<br />

Seiten des Alters existieren im Unbewußten fort,<br />

<strong>in</strong>dem sie aber nicht <strong>in</strong>tegriert werden, beraubt<br />

sich das Selbst e<strong>in</strong>er wesentlichen<br />

Erfahrungsdimension. Verschließt es sich <strong>der</strong><br />

Erfahrung des Älterwerdens, besteht die Gefahr,<br />

dass die Innenseite <strong>der</strong> Persönlichkeit zum<br />

Stillstand kommt, während die äußere Fassade<br />

älter wird (Stroeken 1993)


Aspekte altersspezifischer Behandlung<br />

‣ Aktuelle Lebenssituation z.B. E<strong>in</strong>samkeit, Paarproblematik, Armut<br />

‣ Kenntnisse über den Prozess des Alterns (physisch, geistig, psychisch)<br />

‣ Kooperation <strong>mit</strong> E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Altenhilfe und Mediz<strong>in</strong><br />

‣ Unterbrechungen während <strong>der</strong> Therapie aus Gesundheitsgründen<br />

‣ Beson<strong>der</strong>e Mobilitätsanfor<strong>der</strong>ungen (Kl<strong>in</strong>ik- Hausbesuche, Briefe, Telefon)


Wertschätzung <strong>der</strong> positiven Aspekte des Alterns<br />

‣ Verstehen <strong>der</strong> Persönlichkeit<br />

‣ Schätze <strong>der</strong> Vergangenheit, <strong>der</strong> Identität<br />

‣ Achtung <strong>der</strong> Gegenwart<br />

‣ Alter als Herausfor<strong>der</strong>ung und Freiheit<br />

‣ S<strong>in</strong>nf<strong>in</strong>dung, Gelassenheit, Offenheit<br />

‣ Akzeptanz <strong>der</strong> Endlichkeit des Lebens


Evaluationsstudie Bereich 60+<br />

Ausgewählte Ergebnisse e<strong>in</strong>er Katamnese von alkoholabhängigen<br />

<strong>älteren</strong> Menschen nach Behandlung <strong>mit</strong> dem Therapieprogramm<br />

60+<br />

Caritas Fachambulanz für Suchtkranke München<br />

2006 – 2009<br />

durchgeführt von<br />

Dr. He<strong>in</strong>rich Küfner<br />

IFT Institut für Therapieforschung, München<br />

Kuefner@ift.de


Fragestellung und Ziele <strong>der</strong><br />

Evaluationsstudie<br />

1. Wie zeigt sich <strong>der</strong> Behandlungserfolg des<br />

altersspezifischen Therapieprogramms Bereich 60+?<br />

2. Wie werden die e<strong>in</strong>zelnen Therapiekomponenten<br />

h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Nützlichkeit und Wichtigkeit beurteilt?


1. Wie zeigt sich <strong>der</strong> Erfolg des Bereich<br />

60+?<br />

Primäres Erfolgskriterium =<br />

Abst<strong>in</strong>enz<br />

Sekundäre Erfolgskriterien = Merkmale <strong>der</strong> Lebensqualität<br />

im körperlichen, psychischen<br />

und sozialen Bereich


2. Wie werden die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Therapiekomponenten h<strong>in</strong>sichtlich<br />

Nützlichkeit und Wichtigkeit beurteilt?<br />

Anhand e<strong>in</strong>es spezifisch entwickelten Fragebogens<br />

zur Beurteilung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Therapiekomponenten des<br />

Bereichs 60+ durch die Patient/<strong>in</strong>nen


Methodik<br />

Retrospektive Evaluationsstudie<br />

Die Datenerhebung bezieht sich auf Patient/<strong>in</strong>nen nach<br />

Entlassung aus 60+ im Behandlungszeitraum von<br />

2006 - 2009<br />

Der Katamnesezeitraum ist aufgeteilt <strong>in</strong> 1. und<br />

2. Halbjahr nach Therapie und letztes Halbjahr vor<br />

Datenerhebung.


Erhebungs<strong>in</strong>strumente<br />

Semistandardisiertes Interview , basierend auf<br />

früheren Studien und den Dokumentationsstandards<br />

<strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für<br />

Suchtforschung und Suchttherapie<br />

Fragebogen über die Nützlichkeit <strong>der</strong><br />

Therapiekomponenten


Patientengruppen<br />

Ausgangsstichprobe und Katamnesen Stichproben<br />

2006- 2009 50 Patient/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> ambulanter Entwöhnungstherapie, aus<br />

unten genannten Kriterien ausgewählt wurden<br />

N = 43 <strong>mit</strong> m<strong>in</strong>destens 6 Monatkatamnese<br />

Alkohol- o<strong>der</strong> Medikamentenabhängigkeit<br />

Alle Teilnehmer/<strong>in</strong>nen auch bei vorzeitigem Abbruch<br />

3 Patient/<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d<br />

verstorben<br />

8 Patient/<strong>in</strong>nen haben<br />

Teilnahme verweigert<br />

Katamnesestichprobe N = 32<br />

Datenausschöpfung 80%


Charakteristika <strong>der</strong> Patientenstichprobe<br />

Katamnesestichprobe N = 32<br />

Katamnesedauer 6 – 46 Monate<br />

Ø Katamnesedauer 26 Monate<br />

65,6 % s<strong>in</strong>d Frauen<br />

34,4 % s<strong>in</strong>d Männer<br />

Durchschnittsalter = 68 Jahre<br />

Altersspanne = 60 Jahre – 82 Jahre


Hauptdiagnosen <strong>der</strong> Stichprobe<br />

Alkoholabhängigkeit 96,9 %<br />

Medikamentenabhängigkeit 3,1%<br />

Medikamentenabhängigkeit<br />

Alkoholabhängigkeit<br />

0 20 40 60 80 100


Zusatzdiagnosen<br />

%<br />

leichte Intelligenzm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

Medikamentenabhängigkeit<br />

Panikstörung<br />

Persönlichkeitsstörungen<br />

Nikot<strong>in</strong>störung<br />

Alkoholabhängigkeit<br />

affektive Störungen<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

alle<br />

3,1<br />

3,1<br />

3,1<br />

6,2<br />

6,2<br />

3,1<br />

21,7<br />

46,9<br />

53,1


Vorbehandlungen<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>e stationäre Entzugsbehandlung 81,3%<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>e tagkl<strong>in</strong>ische Behandlung 34,4%<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>e stat. med. Rehabehandlung 37,5%<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>e ambulante Rehabehandlung 25,0%<br />

ke<strong>in</strong>e ambulante Behandlung 75,0%


Zugang <strong>der</strong> Patient/<strong>in</strong>nen über<br />

3,1% Sozialdienst<br />

3,1% sonstiges<br />

9,4% Arztpraxen<br />

9,4 % Eigen<strong>in</strong>itiative<br />

9,4 % Familien, Freunde<br />

31,1% an<strong>der</strong>e<br />

Suchte<strong>in</strong>richtungen<br />

34,4 % Kl<strong>in</strong>iken<br />

med. Stellen


Therapieverlauf:<br />

83,7 % Therapiezeit regulär beendet<br />

16,3 % Therapie vorzeitig abgebrochen<br />

37,1 % Rückfall während <strong>der</strong> Therapie<br />

(lange Dauer <strong>der</strong> Therapie bis 1,5 Jahre)


Die häufigsten Gründe für Rückfälle<br />

53,3 % die Überzeugung wie<strong>der</strong> kontrolliert tr<strong>in</strong>ken zu<br />

können<br />

40 % e<strong>in</strong>e gute Stimmung<br />

40 % Depressionen<br />

jeweils<br />

33,3 % Verärgerung, Frustrationen, Stressgefühle<br />

Suchtdruck, schwierige Lebenssituationen


Wichtig zur Bewältigung des Rückfalls war<br />

(nach eigenen Angaben)<br />

58,3 % <strong>der</strong> eigene Wille<br />

17,6 % professionelle Hilfe<br />

17,6 % äußere Faktoren z.B. Erkrankung


Abst<strong>in</strong>enz im Katamnesezeitraum<br />

im gesamten Jahr nach<br />

Therapie<br />

6 Monate vor Datenerhebung<br />

2. Halbjahr nach Therapie<br />

1. Halbjahr nach Therapie<br />

48,4 %<br />

46,9%<br />

54,8%<br />

62,5%


48,4% <strong>der</strong> Patient/<strong>in</strong>nen<br />

waren e<strong>in</strong> Jahr nach Beendigung<br />

<strong>der</strong> Therapie durchgehend abst<strong>in</strong>ent


Wie schwer war für Sie die<br />

Entscheidung für das altersspezifische<br />

Therapieprogramm?<br />

sehr schwer<br />

3,20%<br />

ziemlich schwer<br />

6,50%<br />

teilweise schwer<br />

16,10%<br />

zeimlich leicht<br />

32,30%<br />

überhaupt nicht schwer<br />

41,90%


Zufriedenheit <strong>mit</strong> dem altersspezifischen<br />

Therapieprogramm 60+<br />

90,4% <strong>der</strong> Patient/<strong>in</strong>nen waren <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Behandlung ziemlich<br />

o<strong>der</strong> völlig zufrieden<br />

(= e<strong>in</strong>e statistisch bed<strong>in</strong>gte leichte positive Vezerrung <strong>der</strong> Daten, da 8<br />

Pat. verweigerten – evtl. nicht zufrieden)<br />

Skala von 0 – 4<br />

0 2 3 4<br />

überhaupt nicht etwas ziemlich voll nützlich


Wie nützlich war die altersspezifische<br />

Gruppe für die Abst<strong>in</strong>enz?<br />

voll nützlich<br />

ziemlich nützlich<br />

teilweise nützlich<br />

16,10%<br />

35,50%<br />

38,70%<br />

etwas nützlich<br />

überhaupt nicht nützlich<br />

3,20%<br />

6,50%


Wie nützlich war die altersspezifische<br />

Gruppe für die eigene Lebensqualität ?<br />

voll nützlich<br />

ziemlich nützlich<br />

teilweise nützlich<br />

21,40%<br />

17,90%<br />

46,40%<br />

etwas nützlich<br />

10,70%<br />

überhaupt nicht nützlich<br />

3,60%


Nützlichkeit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Therapiekomponenten<br />

Welche Angebote waren für Ihre Abst<strong>in</strong>enz und ihre<br />

Lebensqualität nützlich?<br />

Skala von 0 - 4<br />

0 1 2 3 4<br />

überhaupt etwas teilweise ziemlich voll nützlich<br />

nicht


Nützlich für die Abst<strong>in</strong>enz<br />

(Zusammenfassung 3 und 4 <strong>in</strong> % )<br />

Familien,- Paargespräche<br />

Alltagsgestaltung<br />

Freizeitangebot<br />

Kunsttherapie<br />

Gruppe <strong>mit</strong> spirituellen Themen<br />

Entspannungsgruppe<br />

mediz<strong>in</strong>ische Informationsgruppe<br />

kogn. Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

Rückfallprävention<br />

E<strong>in</strong>zelgespräche<br />

Behandlungsgruppe<br />

Motivationsgruppe<br />

40<br />

60<br />

61,6<br />

53,9<br />

50<br />

55,5<br />

80<br />

80<br />

77<br />

79,1<br />

85,1<br />

85,6<br />

0 20 40 60 80 100


Nützlichkeit für Lebensqualität<br />

(Zusammenfassung 3 und 4 <strong>in</strong> % )<br />

Paar- u. Familiengespräche<br />

Alltagsgestaltung<br />

Freizeitangebot<br />

Kunsttherapie<br />

spirituelle Gruppe<br />

Entspannungsgruppe<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Info<br />

Rückfallprävention<br />

Kognitives Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

E<strong>in</strong>zelgespräche<br />

Behandlungsgruppe<br />

Motivationsgruppe<br />

40<br />

40<br />

50<br />

60<br />

61,6<br />

61,6<br />

66,6<br />

63,7<br />

75<br />

78,2<br />

74<br />

83,4<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90


Wichtigkeit von Themen<br />

Zusammenfassung ziemlich bis total wichtig<br />

Beziehung zur Therapeut<strong>in</strong> 83,4 %<br />

Suchtentwicklung 80 %<br />

u. Substanzgebrauch<br />

Gesundheit 72 %<br />

Familie u. Partnerschaft 75 %<br />

Aktuelle Lebenssituation 71,4%<br />

Erlebens- und Verhaltensmuster<br />

im Kontakt 68 %<br />

Persönliche Lebensgeschichte 63,1%<br />

Interessen und Hobbies 55,2%<br />

Soziale Kontakte und Freizeit 52,1%<br />

Sozioökonomische Situation 44%<br />

Lebensalter 42,3 %<br />

E<strong>in</strong>stellung zum eigenen Alter 42,9 %<br />

Geschlechtsidentität 20%<br />

Berufliche Situation 28,6%


Verän<strong>der</strong>ungen nach <strong>der</strong> Therapie<br />

Die häufigsten Verbesserungen gab es <strong>in</strong> den<br />

Bereichen<br />

Freizeit 40,7%<br />

Gesundheit 37,5%<br />

Partnerschaft 35,5%


Verän<strong>der</strong>ungen nach <strong>der</strong> Therapie<br />

Die häufigsten Verschlechterungen im Bereich<br />

Gesundheit 25%


Körperliche Folgen <strong>der</strong> Alkoholerkrankung<br />

I<br />

<strong>in</strong> % 1. HJ n Th 2. HJ n Th gegenwärtig<br />

Leberzhirrose 16,7 13,3 10<br />

Fettleber 23,3 16,7 13,3<br />

chron. Hepatitis 6,7 3,3 3,3<br />

Ösophagus-Varizen 6,7 10 6,7<br />

Chron. Gastritis 6,7 3,3 13,3<br />

chron. Pankreatitis 10 6,6 3,3<br />

Tuberkulose 6,7 3,3 3,3<br />

Herzmuskelentzündung 6,7 3,3 3,3<br />

Herz<strong>in</strong>suffizienz 10 6,7<br />

Nierenversagen 3,3<br />

cerebrale Anfälle 3,3<br />

Polyneuropathie 10 6,7 6,7<br />

chron. Abszesse 6,7<br />

chron. Hauterkrankungen 3,3<br />

schlechter Zahnstatus 6,7 10 6,7


Verän<strong>der</strong>ungen nach <strong>der</strong> Therapie<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1. Halbjahr<br />

gegenwärtig<br />

gegenwärtig<br />

2. Halbjahr<br />

1. Halbjahr


Schlussfolgerungen und Diskussion<br />

‣ durch das altersspezifische Angebot kommen deutlich<br />

mehr ältere Menschen zur Beratung<br />

‣ e<strong>in</strong>e niedrigschwelliger Zugang <strong>mit</strong> offener<br />

Motivationsphase ist wichtig um sich für<br />

Behandlung entscheiden zu können<br />

‣ die ger<strong>in</strong>ge Abbruchquote von 9,4 % könnte auch<br />

altersspezifisch bed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong> zu bewerten<br />

(Ø Abruchquote bei ambulanten Behandlungen 38,6% Deutsche Suchthilfestatistik 2006)


Schlussfolgerungen und Diskussion<br />

‣das alterspezifische Behandlungsangebot wurde<br />

beson<strong>der</strong>s wegen hoher Scham- und Schuldgefühle als<br />

hilfreich empfunden<br />

‣ Die Abst<strong>in</strong>enzqote von 48,4 % e<strong>in</strong> Jahr nach Therapie<br />

spricht für Therapiefähigkeit <strong>der</strong> <strong>älteren</strong> Menschen<br />

‣ Die Verbesserungen im Bereich Gesundheit (37,8 %)<br />

und die Verschlechterungen im Bereich Gesundheit (25%)<br />

s<strong>in</strong>d unter e<strong>in</strong>em altersspezifischen höheren<br />

Erkrankungsrisiko zu diskutieren.


Ausblick<br />

Die Zahlen im ambulanten Bereich 60+<br />

verweisen auf die Frage, ob nicht <strong>der</strong> Bedarf<br />

e<strong>in</strong>er suchtspezifischen Behandlung bei <strong>älteren</strong><br />

Menschen gegeben ist, die aus gesundheitlichen<br />

Gründen nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e<br />

Ambulanz aufzusuchen


Das war es, was<br />

ich über das Alter<br />

zu sagen hatte;<br />

mögt ihr zu ihm<br />

gelangen, da<strong>mit</strong><br />

ihr das, was ihr<br />

von mir gehört<br />

habt, durch die<br />

Erfahrung <strong>der</strong><br />

Wirklichkeit<br />

gutheißen könnt.*<br />

* Cicero Über das Alter Reclam S 111

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