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16 | Erotis<strong>ch</strong>e Literatur <strong>Books</strong> Nr. 2/2013<br />
«‹Du willst <strong>als</strong>o<br />
dur<strong>ch</strong>aus gepeits<strong>ch</strong>t<br />
werden?›,<br />
rief sie, indem<br />
sie den Kopf in<br />
den Nacken warf.<br />
‹Ja.›»<br />
«Venus im Pelz»<br />
«Gewisse Stellen»<br />
Man kann lä<strong>ch</strong>eln über das steife Beamtendeuts<strong>ch</strong>,<br />
in dem das damalige Urteil<br />
verfasst wurde – im ents<strong>ch</strong>eidenden Punkt<br />
muss man den Ri<strong>ch</strong>tern aber Re<strong>ch</strong>t geben:<br />
Der Dauerbrenner «Josefine Mutzenba<strong>ch</strong>er»<br />
IST Kinderpornografie. Das Bu<strong>ch</strong><br />
erzählt nämli<strong>ch</strong>, wie Josefine ihre Sexualität<br />
entdeckt und aus<strong>zu</strong>leben beginnt. Am<br />
Ende des ersten Bands ist sie 14 Jahre alt.<br />
«Pepi» wird s<strong>ch</strong>on <strong>als</strong> Fünfjährige missbrau<strong>ch</strong>t<br />
und kann darüber nur lustvoll lä<strong>ch</strong>eln,<br />
sie hat inzestuöse Beziehungen und<br />
gibt si<strong>ch</strong> freudig jedem hier, der si<strong>ch</strong> mit<br />
ihr vergnügen will. Anders <strong>als</strong> bei Sa<strong>ch</strong>er-<br />
Maso<strong>ch</strong> sind hier die «gewissen Stellen»<br />
die absolute Hauptsa<strong>ch</strong>e. Meist leiten nur<br />
zwei, drei Sätze von einem feurigen Abenteuer<br />
z<strong>um</strong> nä<strong>ch</strong>sten über. Wenn Wikipedia<br />
s<strong>ch</strong>reibt, hier werde au<strong>ch</strong> «ein Sittenbild<br />
des Wiener Proletariats im ausgehenden<br />
19. Jahrhunderts präsentiert», ist das eine<br />
wohlwollende Übertreibung. Die Spra<strong>ch</strong>e<br />
ist zwar tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> von anno daz<strong>um</strong>al, alles<br />
in allem bleibt «Josefine Mutzenba<strong>ch</strong>er»<br />
aber Pornografie in reinster Form.<br />
Immerhin aber eine fröhli<strong>ch</strong>e – hier hat<br />
jemand beim S<strong>ch</strong>reiben offenbar viel Spass<br />
gehabt und si<strong>ch</strong> einer beneidenswerten<br />
Fantasie bedienen können.<br />
«Sie» und «Er»<br />
Ist «Venus im Pelz» die Grossmutter von<br />
«Shades of Grey», dann muss man den<br />
1978 ers<strong>ch</strong>ienenen Roman «9 ½ Wo<strong>ch</strong>en<br />
– Erinnerungen an eine Liebesaffäre» von<br />
Elizabeth McNeill <strong>als</strong> dessen Mutter bezei<strong>ch</strong>nen.<br />
Das Bu<strong>ch</strong> hat bereits viele Ähnli<strong>ch</strong>keiten<br />
mit den aktuellen Titeln der Unterwerfungsliteratur:<br />
Es ist in der I<strong>ch</strong>-Form<br />
aus Si<strong>ch</strong>t der Frau erzählt, es spielt in der<br />
Grossstadt, die männli<strong>ch</strong>e Hauptfigur ist<br />
ein stinkrei<strong>ch</strong>er und knallharter Ges<strong>ch</strong>äftsmann.<br />
Die Erzählerin unterwirft si<strong>ch</strong> dem<br />
Mann mehr und mehr – bis <strong>zu</strong>r völligen<br />
Selbstaufgabe. Ihr Leben teilt si<strong>ch</strong> bald in<br />
einen berufli<strong>ch</strong>en Alltag, in dem sie sehr<br />
erfolgrei<strong>ch</strong> ist, und in das vorwiegend sexuell<br />
geprägte Leben mit dem ungenannt<br />
bleibenden «Ihm», in dem sie fast immer<br />
gefesselt bleibt – an den Tis<strong>ch</strong>, ans Bett, mit<br />
Hands<strong>ch</strong>ellen im Bad. Er ma<strong>ch</strong>t sie komplett<br />
von ihr abhängig, bestimmt ihr Programm,<br />
füttert sie, wäs<strong>ch</strong>t sie, kämmt ihr<br />
die Haare, liest ihr aus der Zeitung vor –<br />
und sie ist einfa<strong>ch</strong> wahnsinnig verliebt in<br />
diesen weltgewandten, sowohl dominanten<br />
wie mütterli<strong>ch</strong>en Kerl. Do<strong>ch</strong> wie so oft<br />
kann der Erregungspegel nur ho<strong>ch</strong> bleiben,<br />
wenn ständig die Dosis der Demütigungen<br />
erhöht wird. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> bri<strong>ch</strong>t die<br />
I<strong>ch</strong>-Erzählerin <strong>zu</strong>sammen, muss ins Krankenhaus<br />
– und löst si<strong>ch</strong> von ihrem Dominator.<br />
Der Befreiungss<strong>ch</strong>lag ist aber au<strong>ch</strong> ein<br />
Verlust: «Es ist jetzt s<strong>ch</strong>on Jahre her, und<br />
man<strong>ch</strong>mal frage i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong>, ob mein Körper<br />
je wieder anders reagieren wird <strong>als</strong> lau»,<br />
lautet der letzte Satz des kurzen Romans.<br />
Glaubwürdige Darstellung des<br />
Abdriftens<br />
Als «9 ½ Wo<strong>ch</strong>en» ers<strong>ch</strong>ien, s<strong>ch</strong>lug der<br />
Roman wie eine Bombe ein – das Interesse<br />
an Unterwerfungsliteratur verläuft wellenförmig<br />
und wird offenbar immer wieder<br />
von einzelnen Werken ausgelöst, die genau<br />
den Nerv der Zeit treffen. Die Welle<br />
s<strong>ch</strong>wappte dam<strong>als</strong> au<strong>ch</strong> ins Kino, denn «9<br />
½ Wo<strong>ch</strong>en» wurde mit Kim Basinger und<br />
Mickey Rourke in den Hauptrollen verfilmt.<br />
Heute können si<strong>ch</strong> die meisten wohl nur an<br />
den erfolgrei<strong>ch</strong>en Film erinnern, das Bu<strong>ch</strong><br />
ist aber weiterhin erhältli<strong>ch</strong>. Und es ist eigentli<strong>ch</strong><br />
unverständli<strong>ch</strong>, dass es ni<strong>ch</strong>t eine<br />
grössere Verbreitung gefunden hat, denn<br />
es ist über weite Stellen faszinierend. Über<br />
«Seine Stimme<br />
klang kultiviert<br />
und samtig, mit<br />
einem gewissen<br />
rauen Unterton,<br />
der mi<strong>ch</strong> sofort an<br />
Sex denken liess.<br />
An aussergewöhnli<strong>ch</strong>en<br />
Sex.»<br />
«Crossfire»<br />
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