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Stichwort - Deutscher Bundestag

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<strong>Stichwort</strong><br />

<strong>Deutscher</strong><br />

<strong>Bundestag</strong><br />

Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Wie parlamentarische<br />

Demokratie funktioniert


Inhalt<br />

6<br />

8<br />

14<br />

20<br />

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81<br />

Der <strong>Bundestag</strong> – das Herz der deutschen Demokratie<br />

Die Aufgaben des <strong>Bundestag</strong>es<br />

Der <strong>Bundestag</strong> – Rede- oder Arbeitsparlament?<br />

Der <strong>Bundestag</strong> und seine Ausschüsse<br />

Die gewählten Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es<br />

Die Wahl der Abgeordneten<br />

Wer wird Abgeordneter?<br />

Welche Rechte haben Abgeordnete?<br />

Wie werden die Abgeordneten für ihr Mandat »entschädigt«?<br />

Welche Pflichten haben Abgeordnete?<br />

Fraktionen<br />

Wie werden Fraktionen gegründet und wie sind sie aufgebaut?<br />

Welche Rolle spielen Fraktionen im <strong>Bundestag</strong>?<br />

Regierungsfraktionen kontra Oppositionsfraktionen<br />

Grenzen des Fraktionenparlaments<br />

Die Beziehung zwischen Fraktion und Partei<br />

Fraktionslose Abgeordnete<br />

Gruppen<br />

Die Leitungsorgane des Parlaments<br />

Der <strong>Bundestag</strong>spräsident<br />

Die Vizepräsidenten und das Präsidium<br />

Der Ältestenrat<br />

Die <strong>Bundestag</strong>sverwaltung<br />

Die Abgeordneten im parlamentarischen Alltag<br />

Der Abgeordnete im »Fraktionenparlament«<br />

Zwischen Wahlkreis und Berlin<br />

Eine Arbeitswoche in Berlin<br />

Die Abgeordneten im Arbeitsparlament –<br />

Experten statt Generalisten<br />

Die Hinterbänkler – gibt es sie?


83<br />

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101<br />

Der <strong>Bundestag</strong> – Kontinuität und Wandel<br />

Parlamentsreformen –<br />

der <strong>Bundestag</strong> als »lernende Institution«<br />

Der <strong>Bundestag</strong> im 21. Jahrhundert: Herausforderungen<br />

Service<br />

17. <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>: Sitzverteilung<br />

Abgeordnete nach Schul- und Hochschulbildung<br />

Abgeordnete nach Altersgruppen<br />

Das Reichstagsgebäude<br />

Das Paul-Löbe-Haus<br />

Das Jakob-Kaiser-Haus<br />

Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus<br />

Was ist wo im Parlamentsviertel<br />

Register<br />

Informationen im Internet<br />

Literaturhinweise


Das Viertel rund um das Reichstagsgebäude in<br />

Berlin ist ein wahrer Publikumsmagnet. Jedes Jahr<br />

strömen Tausende Besucher in die Parlamentsbauten,<br />

schlendern die Kuppel des Reichstagsgebäudes<br />

hinauf und schauen hinab in den Plenarsaal mit<br />

seinen blauen Stühlen und dem <strong>Bundestag</strong>sadler.<br />

Doch die Parlamentsgebäude sind mehr als nur<br />

architektonische Sehenswürdigkeiten. Hier wird<br />

Demokratie gemacht. Hier werden Gesetze verabschiedet,<br />

hier diskutieren Abgeordnete im Plenum<br />

über Themen, die jeden in Deutschland angehen.<br />

Die Abgeordneten<br />

des <strong>Bundestag</strong>es<br />

werden in allgemeiner,<br />

unmittelbarer,<br />

freier,<br />

gleicher und<br />

geheimer Wahl<br />

gewählt.<br />

Ein Großteil der parlamentarischen Arbeit findet<br />

dabei nicht im Plenarsaal statt, sondern in Ausschüssen,<br />

Gremien und im Wahlkreis der Abgeordneten.<br />

Wie aber funktioniert der <strong>Bundestag</strong> genau?<br />

Ein Blick hinter die Kulissen gibt Antwort.


Der <strong>Bundestag</strong> –<br />

das Herz der deutschen Demokratie<br />

Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie. Die Verfasser<br />

des Grundgesetzes, der deutschen Verfassung, haben einen Staat<br />

geschaffen, in dessen Mittelpunkt ein starkes Parlament steht: der<br />

Deutsche <strong>Bundestag</strong>. Neben dem Bundespräsidenten, der Bundesregierung,<br />

dem Bundesrat und dem Bundesverfassungsgericht ist<br />

der <strong>Bundestag</strong> eines der fünf Staatsorgane der deutschen Demokratie.<br />

Die Entscheidungen<br />

des <strong>Bundestag</strong>es<br />

beeinflussen<br />

das Leben<br />

aller Menschen<br />

in Deutschland.<br />

Der <strong>Bundestag</strong> kann als das Herz der bundesdeutschen Demokratie<br />

bezeichnet werden. Unter den fünf Staatsorganen ist es<br />

ein ganz besonderes: Es ist die einzige Institution auf Bundesebene,<br />

deren Mitglieder von den deutschen Staatsbürgern<br />

direkt gewählt werden. Die Bürger wählen ihre Vertreter in ihre<br />

Volksvertretung und nehmen so Einfluss auf die Zusammensetzung<br />

des Parlaments. Und was der <strong>Bundestag</strong> tut, beeinflusst<br />

wiederum das Leben der Menschen. Denn im Parlament werden<br />

die Gesetze verabschiedet, die das Zusammenleben in Deutschland<br />

regeln – Gesetze, die beispielsweise festlegen, dass man in<br />

den ersten Führerscheinjahren kein Auto fahren darf, wenn<br />

man Alkohol getrunken hat. Oder wie hoch das Kindergeld ausfällt.<br />

Oder dass man in eine Pflegeversicherung einzahlen muss.<br />

Im <strong>Bundestag</strong> wird beschlossen, ob sich die Bundeswehr an<br />

Auslandseinsätzen beteiligt, wer wie viele Steuern an den Staat<br />

zahlen muss und was mit den Einnahmen des Staates finanziert<br />

werden soll.<br />

Die Bürger wählen aber nicht nur den <strong>Bundestag</strong> direkt. Auch in<br />

anderen Bereichen in Deutschland gibt es direkt gewählte Parlamente:<br />

In den Bundesländern heißen sie Landtage, in Bremen<br />

und Hamburg Bürgerschaften und in Berlin Abgeordnetenhaus.<br />

Auf der kommunalen Ebene kennt man die direkt<br />

gewählten Stadt- und Gemeindeparlamente oder -räte. Außerdem<br />

können die deutschen Wähler gemeinsam mit den Bürgern<br />

der 26 anderen Staaten der Europäischen Union alle fünf Jahre<br />

das Europäische Parlament wählen.<br />

6


Der <strong>Bundestag</strong> – das Herz der deutschen Demokratie<br />

Schaut man über den nationalen Tellerrand hinaus, lässt sich<br />

kaum ein Staat in der Welt finden, der kein Parlament hat –<br />

auch wenn es nicht immer Parlament heißt, sondern vielleicht<br />

Kongress, Versammlung oder Rat. Natürlich ist auch nicht jede<br />

Körperschaft, die Parlament genannt wird, immer demokratisch<br />

vom Staatsvolk gewählt. Auch Diktaturen leisten sich »Parlamente«,<br />

die den Anschein von Demokratie geben sollen, aber in<br />

der politischen Wirklichkeit meist nur eine Attrappe sind.<br />

In Deutschland heißt die Volksvertretung <strong>Bundestag</strong>. Es ist eine<br />

deutsche Tradition, das Wort »Tag« statt »Parlament« zu benutzen.<br />

So hieß das Parlament der Weimarer Republik zum Beispiel<br />

Reichstag. Und auf Landesebene spricht man von Landtagen.<br />

Eine weitere deutsche Besonderheit: Das deutsche Parlament<br />

unterscheidet sich von den Volksvertretungen in vielen anderen<br />

Staaten dadurch, dass es aus nur einer Kammer besteht. Gelegentlich<br />

hört oder liest man, der Bundesrat, also die Vertretung<br />

der Länder auf Bundesebene, sei die »zweite Kammer« des deutschen<br />

Parlaments. Der Bundesrat ist aber ein eigenständiges<br />

Staatsorgan, das an der parlamentarischen Arbeit beteiligt ist.<br />

Fast alle Staaten<br />

in der Welt haben<br />

Parlamente.<br />

Die Kammern der Parlamente<br />

Parlamente bestehen aus Häusern oder Kammern. Das britische Parlament<br />

ist ein klassisches Zweikammerparlament, unterteilt in Unterhaus, in dem<br />

die gewählten Volksvertreter sitzen, und Oberhaus, das nicht gewählt wird,<br />

sondern aus Vertretern des Adels und der Kirche besteht. Der US Congress<br />

der Vereinigten Staaten besteht ebenfalls aus zwei Häusern: dem Senat,<br />

in dem jeder der 50 Bundesstaaten mit jeweils zwei Senatoren vertreten<br />

ist, und dem Repräsentantenhaus mit derzeit 435 direkt gewählten Abgeordneten.<br />

Und auch das französische Parlament ist in die zwei Kammern<br />

Nationalversammlung und Senat aufgeteilt. Weitere bikamerale Parlamente<br />

gibt es in Belgien, Österreich, Polen und vielen anderen Staaten. In<br />

Ländern wie Dänemark, Portugal oder Schweden dagegen besteht das<br />

Parlament wie in Deutschland nur aus einer Kammer.<br />

7


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Die Aufgaben des <strong>Bundestag</strong>es<br />

Was ist das Besondere an Parlamenten? Warum sind sie so<br />

wichtig? Dies wird an dem Wort »Volksvertretung« deutlich, das<br />

man manchmal anstelle von »Parlament« verwendet. Körperschaften<br />

wie der <strong>Bundestag</strong> haben die Aufgabe, die Mitglieder<br />

eines Volkes, also die Bürgerinnen und Bürger eines Staates, zu<br />

vertreten. In modernen, vielschichtigen Gesellschaften kann<br />

sich nicht jeder umfassend, andauernd und im Detail mit politischen<br />

Fragen auseinandersetzen. Dass aber dennoch die unterschiedlichen<br />

Interessen der Bürger bei Entscheidungen<br />

berücksichtigt werden, dafür sorgen solche parlamentarischen<br />

Körperschaften, die vom Volk gewählt werden und deren Mitglieder<br />

sich regelmäßig zur Wiederwahl stellen müssen.<br />

Es reicht aber nicht aus, dass die Bürger ein Parlament unmittelbar<br />

wählen. In einer Demokratie muss das direkt gewählte<br />

Parlament wichtige Aufgaben und eine erhebliche Macht haben.<br />

Sonst wären die Volksvertretungen »zahnlose Tiger«, die<br />

gefährlich und mächtig aussehen, aber nicht beißen können.<br />

Verweis<br />

<strong>Stichwort</strong><br />

»Gesetzgebung«<br />

Gesetzgebung<br />

Wenn es um die Macht von Parlamenten geht, stößt man auch<br />

auf eine Bezeichnung, die Juristen gern für den <strong>Bundestag</strong> verwenden:<br />

der »Gesetzgeber«. Gesetzentwürfe zu erörtern und<br />

Gesetze zu verabschieden – das ist eine der wichtigsten Aufgaben<br />

des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es und überhaupt eine Hauptfunktion<br />

von Parlamenten. So spricht man von US-amerikanischen<br />

Volksvertretungen als von »Legislatures«. Das ist der<br />

englische Begriff für »Gesetzgeber«. An der Gesetzgebung in<br />

Deutschland wirken auch noch andere Organe wie der Bundesrat<br />

oder die Bundesregierung mit. Auch die Medien, Interessenverbände<br />

und Wissenschaftler nehmen Einfluss auf die Entstehung<br />

von Gesetzen. Denn häufig hat bereits vor der ersten<br />

parlamentarischen Beratung eine Diskussion in Fernsehen,<br />

Rundfunk und Presse stattgefunden, vor allem dann, wenn es<br />

8


Der <strong>Bundestag</strong> – das Herz der deutschen Demokratie<br />

sich um eine kontroverse Fragestellung handelt. Oft haben Gremien<br />

wie Koalitionsausschüsse oder das Bundeskabinett versucht,<br />

eine Einigung über einen Gesetzentwurf herzustellen,<br />

bevor er in den <strong>Bundestag</strong> gelangt.<br />

Dennoch kann niemand den Abgeordneten die Aufgabe und die<br />

damit verbundene Verantwortung abnehmen, über das Schicksal<br />

solcher Initiativen zu beraten und verbindlich zu entscheiden.<br />

Die Bundesgesetze werden vom <strong>Bundestag</strong> beschlossen. So<br />

will es das Grundgesetz in Artikel 77: »Die Bundesgesetze werden<br />

vom <strong>Bundestag</strong> beschlossen. Sie sind nach ihrer Annahme<br />

durch den Präsidenten des <strong>Bundestag</strong>es unverzüglich dem Bundesrate<br />

zuzuleiten.« Es nimmt auch niemand den Parlamentariern<br />

die nicht immer leichte Aufgabe ab, die Entscheidungen<br />

den Bürgern gegenüber zu vermitteln und zu begründen.<br />

Zufriedenheit und Unzufriedenheit spüren die direkt gewählten<br />

Parlamentarier besonders drastisch und schnell, sei es im<br />

unmittelbaren Kontakt mit den Bürgern oder spätestens bei der<br />

nächsten Wahl.<br />

Die Wahl der Regierung<br />

Neben der Gesetzgebung hat der <strong>Bundestag</strong><br />

natürlich noch weitere bedeutsame Aufgaben.<br />

Eine der wichtigsten steht unmittelbar<br />

zu Beginn einer Legislaturperiode an: die<br />

Wahl des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin.<br />

Damit sind wir bei einem der wichtigsten<br />

Merkmale der deutschen Demokratie angelangt:<br />

Die Regierung geht aus dem Parlament hervor. Dabei<br />

muss der Kanzler nicht zwangsläufig Mitglied des <strong>Bundestag</strong>es<br />

sein. Der Regierungschef wird von einer parlamentarischen<br />

Mehrheit gewählt und im weiteren Verlauf der Wahlperiode von<br />

dieser unterstützt. Verliert der Bundeskanzler die Unterstützung<br />

im <strong>Bundestag</strong>, so verliert er in der Regel auch sein Amt.<br />

Die Regierungsbank<br />

im Plenarsaal des<br />

17. <strong>Bundestag</strong>es.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Lichtblick/Achim Melde<br />

9


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Das konstruktive Misstrauensvotum<br />

Für die Amtsenthebung eines Kanzlers, der nicht mehr das Vertrauen<br />

des Parlaments genießt, können sich die Abgeordneten<br />

des konstruktiven Misstrauensvotums bedienen. Der <strong>Bundestag</strong><br />

kann den amtierenden Kanzler abberufen, wenn er zugleich<br />

mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen neuen wählt. Es<br />

heißt deswegen »konstruktiv«, weil es nicht ausreicht, nur eine<br />

Mehrheit gegen jemanden zu organisieren, sondern die Parlamentarier<br />

müssen sich zugleich auf einen neuen Regierungschef<br />

einigen können.<br />

Foto © Presse- und Informationsamt der<br />

Bundesregierung/Detlef Gräfingholt<br />

Verweis<br />

<strong>Stichwort</strong><br />

»Geschichte des<br />

Deutschen<br />

<strong>Bundestag</strong>es«<br />

CDU/CSU-Fraktionschef<br />

Rainer Barzel gratuliert<br />

Bundeskanzler Willy<br />

Brandt nach dem ge -<br />

scheiterten Miss trau -<br />

ensvotum 1972.<br />

Misstrauensvoten gegen den Bundeskanzler hat es in der<br />

Geschichte der Bundesrepublik bisher nur zwei Mal gegeben.<br />

Das gegen Willy Brandt (SPD) von 1972 scheiterte, das gegen Helmut<br />

Schmidt (SPD) im Jahr 1982 fand die erforderliche Mehrheit<br />

im <strong>Bundestag</strong>. Damals wurde Helmut Kohl (CDU/CSU) zu<br />

Schmidts Nachfolger gewählt.<br />

Die Vertrauensfrage<br />

Aber auch der Kanzler kann sich jederzeit einer hinreichenden<br />

parlamentarischen Unterstützung vergewissern, indem er die<br />

Vertrauensfrage stellt. Dann müssen die Abgeordneten Farbe<br />

bekennen: Stehen sie hinter dem Kanzler oder nicht? Spricht<br />

ihm die Mehrheit der <strong>Bundestag</strong>sabgeordneten das Vertrauen<br />

nicht aus, kann der Bundespräsident das Parlament auflösen.<br />

So eine Situation hat es bereits drei Mal in der Geschichte der<br />

Bundesrepublik gegeben. 1972 stellte Willy Brandt die Vertrauensfrage,<br />

nachdem im Zuge der Auseinandersetzungen um die<br />

Ostverträge Abgeordnete aus der sozial-liberalen Koalition zur<br />

CDU/CSU-Opposition übergetreten waren. Die Vertrauensfrage<br />

scheiterte wie erwartet, und die SPD wurde in den anschließenden<br />

Neuwahlen als stärkste Fraktion in ihrer Politik von den<br />

Wählern bestätigt. 1982 stellte dann Helmut Kohl nach dem<br />

konstruktiven Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt die Vertrauensfrage<br />

– mit dem Ziel, dass ihm das Parlament das Ver-<br />

10


Der <strong>Bundestag</strong> – das Herz der deutschen Demokratie<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong><br />

Gewollt verloren:<br />

Bundeskanzler Helmut<br />

Kohl (CDU/CSU) stellte<br />

1982 die Vertrauens -<br />

frage, um Neuwahlen<br />

zu ermöglichen.<br />

trauen entzieht, um Neuwahlen möglich zu machen. Die vorgezogene<br />

<strong>Bundestag</strong>swahl im März 1983 brachte ihm und seiner<br />

Regierung mit einem erheblichen Stimmengewinn schließlich<br />

den erhofften Erfolg. Zuletzt stellte Gerhard Schröder (SPD) 2005<br />

die Vertrauensfrage. Diese scheiterte, und Bundespräsident Horst<br />

Köhler löste den <strong>Bundestag</strong> auf. Auch hier wurde die Vertrauensfrage<br />

genutzt, um Neuwahlen herbeizuführen. Denn sich selbst<br />

auflösen kann der <strong>Bundestag</strong> nicht.<br />

Stabilität für die Demokratie<br />

Das Grundgesetz will mit Regelungen wie der Vertrauensfrage, dem konstruktiven<br />

Misstrauensvotum und einem fehlenden Selbstauflösungsrecht<br />

die Stabilität der deutschen Demokratie stärken und die Beziehung<br />

zwischen Regierung und Parlamentsmehrheit festigen. Schnell wechselnde<br />

Regierungen mit nur kurzer Haltbarkeit wie in der Weimarer Republik<br />

(1919 bis 1933) sollen verhindert werden.<br />

Die parlamentarische Kontrolle<br />

Außer der Gesetzgebung und der Kanzlerwahl hat der <strong>Bundestag</strong><br />

auch die Aufgabe zu kontrollieren. Aber wen und was überwacht<br />

das Parlament? Der <strong>Bundestag</strong> kontrolliert vor allem das,<br />

was die Bundesregierung tut. Dazu können die Abgeordneten<br />

und Fraktionen Anfragen stellen, die von der Regierung beant-<br />

11


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

wortet werden müssen. Es gibt ganz verschiedene Fragerechte,<br />

die sich darin unterscheiden, wer sie nutzen darf und wie das<br />

Verfahren der Beantwortung aussieht.<br />

Verweis<br />

<strong>Stichwort</strong> »Unter -<br />

suchungsausschüsse«<br />

Das »schärfste Schwert« der parlamentarischen Kontrolle sind<br />

die Untersuchungsausschüsse. So ein Ausschuss wird mit<br />

besonderen Befugnissen ausgestattet, um einen Sachverhalt<br />

umfassend aufklären zu können. Nach Artikel 44 des Grundgesetzes<br />

kann und muss der <strong>Bundestag</strong> auf Antrag eines Viertels<br />

seiner Mitglieder einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Die<br />

Verhandlungen sind grundsätzlich öffentlich; Zuschauer können<br />

die Zeugenvernehmungen beobachten. Ton- und Filmaufnahmen<br />

werden nur dann zugelassen, wenn eine Mehrheit von<br />

zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder und die zu vernehmenden<br />

oder anzuhörenden Personen zugestimmt haben. Dazu<br />

kam es erstmals in der 15. Wahlperiode, als der damalige<br />

Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) im<br />

Untersuchungsausschuss befragt wurde. Es ging um die »Visa-<br />

Affäre«, bei der der Ausschuss Missbrauchsfälle bei der Vergabe<br />

von Visa in deutschen Botschaften und Konsulaten untersuchte.<br />

Der damalige Bundes -<br />

außenminister Joschka<br />

Fischer (Bünd nis 90/<br />

Die Grünen) bei der<br />

Anhörung des Visa-<br />

Untersuchungs aus -<br />

schus ses 2005, die live<br />

im Fernsehen übertragen<br />

wurde.<br />

Foto © picture-alliance/dpa/lbn/Tim Brakemeier<br />

12


Der <strong>Bundestag</strong> – das Herz der deutschen Demokratie<br />

Diese Befragung wurde nicht nur im Parlamentsfernsehen übertragen,<br />

sondern erreichte auch über Fernsehsender eine große<br />

Öffentlichkeit. Von den Kontrollinstrumenten wie dem Untersuchungsausschuss<br />

macht überwiegend die Opposition Gebrauch,<br />

also die Abgeordneten, die die Regierung nicht gewählt haben<br />

und sie nicht unterstützen, sondern Alternativen entwickeln.<br />

Die Untersuchungsausschüsse der 17. Wahlperiode<br />

Auf Antrag der Oppositionsfraktionen beschloss der <strong>Bundestag</strong>, einen<br />

Un ter suchungsausschuss zum Atommülllager Gorleben einzusetzen.<br />

Die 15 Mit glieder des Ausschusses sollen prüfen, ob die Entscheidung in<br />

den 1980er-Jahren, Gorleben als einzigen Standort für ein atomares Endlager<br />

festzulegen, nach angemessener fachlicher Prüfung getroffen wurde<br />

oder ob die damalige Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut<br />

Kohl (CDU/CSU) Einfluss auf wissenschaftliche Gutachten genommen hat.<br />

Dabei geht es besonders um Gefahren durch Einsickern von Grundwasser.<br />

Ende 2009 hat sich außerdem der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss<br />

konstituiert. Seine Aufgaben sind es unter anderem,<br />

den Luftangriff auf zwei von Taliban entführte Tanklastwagen im September<br />

2009 und die damit verbundene Aufklärungs- und Informationspraxis<br />

der Bundesregierung zu untersuchen.<br />

Forumsbildung<br />

Schließlich ist der <strong>Bundestag</strong> auch das »Forum der Nation«, der<br />

Ort der großen Debatten über gesellschaftliche Probleme. Bei<br />

dieser Aufgabe muss das Parlament mit den Medien zusammenarbeiten,<br />

um die Bürger zu erreichen. Fernsehsender wie<br />

»Phoenix« berichten ausführlich über das parlamentarische<br />

Geschehen. Und auf den Tribünen des Plenarsaals können<br />

Zuschauer (wenn auch nur in begrenzter Zahl) die Debatten live<br />

verfolgen. Auch das Internet bietet dem <strong>Bundestag</strong> mittlerweile<br />

viele Möglichkeiten, mit Bürgern unmittelbar in Kontakt zu<br />

treten. Wer nicht im <strong>Bundestag</strong> selbst dabei sein kann, kann<br />

über die Internetseite des Parlaments* die Debatten verfolgen.<br />

* www.bundestag.de<br />

13


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Natürlich finden mittlerweile auch viele politische Diskussionen<br />

unter Beteiligung von Politikern außerhalb des Plenarsaals<br />

statt, zum Beispiel in Polit-Talkrunden im Fernsehen oder in<br />

Streitgesprächen in Zeitungen.<br />

Der <strong>Bundestag</strong> – Rede- oder Arbeitsparlament?<br />

Der große Sitzungsraum, also der Plenarsaal im Berliner Reichstagsgebäude<br />

mit der großen Adlerfigur an der Stirnseite – das<br />

ist der Ort, an den viele denken, wenn sie »<strong>Bundestag</strong>« oder<br />

»Parlament« hören. Blickt man nur auf das, was im Plenum<br />

geschieht, gewinnt man schnell den Eindruck, der <strong>Bundestag</strong><br />

Blick ins<br />

House of Commons:<br />

Das britische<br />

Parlament gilt als<br />

»Mutter aller<br />

Parlamente«.<br />

Foto © picture-alliance/dpa/epa PA<br />

sei das, was man ein Redeparlament nennt. Von einem Redeparlament<br />

spricht man, wenn die parlamentarische Hauptarbeit<br />

in der Vollversammlung der Abgeordneten stattfindet, in der<br />

öffentlichen Auseinandersetzung im Plenum. Das britische<br />

Unterhaus, das House of Commons, ist ein gutes Beispiel für<br />

14


Der <strong>Bundestag</strong> – das Herz der deutschen Demokratie<br />

diesen Typ von Parlament. Dass das Reden überhaupt ein wichtiger<br />

Bestandteil des Parlamentarismus ist, steckt schon in der<br />

Bezeichnung »Parlament«, die sich vom lateinischen Wort für<br />

Gespräch ableitet.<br />

Schaut man ein wenig genauer auf die Arbeit im <strong>Bundestag</strong>,<br />

stellt man fest, dass das deutsche Parlament auch Merkmale<br />

eines Arbeitsparlaments hat. Ein Arbeitsparlament ist dadurch<br />

gekennzeichnet, dass der Großteil seiner Tätigkeit in Fachausschüssen<br />

abläuft. Die Hauptaufgabe eines solchen Parlaments<br />

ist die sachkundige Bearbeitung von Gesetzesvorlagen. Der USamerikanische<br />

Kongress ist ein typisches Arbeitsparlament.<br />

Foto © picture-alliance/dpa/epa/Stefan Zaklin<br />

Klassisches Arbeits -<br />

parlament: der<br />

US Congress der<br />

Vereinigten Staaten.<br />

Der <strong>Bundestag</strong> aber scheint Rede- und Arbeitsparlament<br />

zugleich zu sein: Zum einen wird im Plenum vor den Augen der<br />

Öffentlichkeit debattiert. Das Grundgesetz fordert, dass die Verhandlungen<br />

öffentlich sind. Dies bedeutet heutzutage:<br />

medienöffentlich. Die parlamentarischen Spielregeln sorgen<br />

15


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Sitzung des Innen -<br />

ausschusses im<br />

Paul-Löbe-Haus.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Katrin Neuhauser<br />

dafür, dass sich Rede und Widerrede abwechseln. Eigene Argumente<br />

werden präsentiert, die Position der Gegenseite kritisiert.<br />

Die zivilisierte Auseinandersetzung ist die Aufgabe einer<br />

»Volksvertretung«, denn auch in der Bevölkerung stoßen Interessen<br />

aufeinander. Dieser gesellschaftliche Streit findet sich im<br />

Parlament wieder.<br />

Vorarbeit durch die Fachausschüsse<br />

Was im Plenum geschieht, ist oft nur eine Darstellung und Verabschiedung<br />

von Entscheidungen, die andernorts vorbereitet<br />

worden sind. Die weniger streitvolle Sacharbeit, die dem Plenarbeschluss<br />

vorangeht, wird in den Fachausschüssen geleistet,<br />

an die das Plenum die eingebrachten Gesetzentwürfe überweist.<br />

Die Vorarbeit der Fachausschüsse wird dann in Beschluss-<br />

16


Der <strong>Bundestag</strong> – das Herz der deutschen Demokratie<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Anke Jacob<br />

Öffentlich und<br />

transparent sind die<br />

Abstimmungen im<br />

<strong>Bundestag</strong>.<br />

vorlagen zusammengefasst, in denen die Empfehlungen des<br />

Ausschusses oder der Ausschussmehrheit eingearbeitet sind.<br />

Diese werden dem Plenum vorgelegt. Der <strong>Bundestag</strong> als Versammlung<br />

aller Parlamentarier stimmt dann über die Vorarbeit<br />

der Ausschüsse ab. Die rechtskräftigen und endgültigen<br />

Beschlüsse werden nach der Beratung in der Vollversammlung<br />

getroffen. Der Plenarsaal ist damit Ort der öffentlichen Debatte<br />

und der Entscheidung.<br />

Bei den Abstimmungen reicht in der Regel die Mehrheit der<br />

anwesenden Abgeordneten – es sei denn, die »Kanzlermehrheit«,<br />

also mehr als die Hälfte der Abgeordneten, wird benötigt.<br />

Dass bei vielen Abstimmungen nicht immer alle Parlamentarier<br />

anwesend sind (manchmal sogar nur ein Bruchteil),<br />

hängt mit der Arbeitsweise im <strong>Bundestag</strong> zusammen, die eben<br />

außerhalb des Plenarsaals noch wichtige weitere Arbeitsorte<br />

kennt und in der die Plenarverhandlungen in den Fraktionen<br />

vorbereitet werden.<br />

17


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Abstimmung durch<br />

Handheben.<br />

Foto © picture-alliance/dpa/Johannes Eisele<br />

Abstimmungen im <strong>Bundestag</strong><br />

Wenn die Abgeordneten im <strong>Bundestag</strong> abstimmen, kann dies<br />

auf verschiedene Arten ablaufen. Das übliche Verfahren ist die<br />

Abstimmung per Handheben. In der dritten Lesung von Gesetzen<br />

erheben sich die Abgeordneten von ihren Plätzen, wenn sie<br />

Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung zu einem Gesetzentwurf<br />

signalisieren wollen. Ist das Ergebnis nicht ganz klar, kann<br />

die Abstimmung durch einen »Hammelsprung« wiederholt<br />

werden: Die Abgeordneten verlassen den Saal und betreten ihn<br />

durch verschiedene Türen, die mit »Ja«, »Nein« oder »Enthaltung«<br />

markiert sind. Dabei werden sie von jeweils zwei Schriftführern<br />

an jeder Tür gezählt. In den letzten 60 Jahren wurde im<br />

<strong>Bundestag</strong> insgesamt 518 Mal durch Hammelsprung abgestimmt.<br />

18


Der <strong>Bundestag</strong> – das Herz der deutschen Demokratie<br />

Hammelsprung<br />

Das Auszählverfahren, bei dem die Parlamentarier den Saal durch drei<br />

Türen verlassen, die mit »Ja«, »Nein« und »Enthaltung« gekennzeichnet<br />

sind, ist bereits 1874 im Reichstag der Kaiserzeit eingeführt worden. Der<br />

Begriff Hammelsprung ist zwar niemals in die Geschäftsordnung des Parlaments<br />

aufgenommen worden. Er wird aber seit Langem verwendet und<br />

ist erstmals für das Jahr 1879 belegt. Auch der Architekt des alten Berliner<br />

Reichstagsgebäudes, Paul Wallot, kannte den Begriff, als er 1894 entsprechend<br />

der damaligen Geschäftsordnungslage nur zwei Abstimmungstüren<br />

für »Ja« und »Nein« schuf. Dabei zierte die »Nein«-Tür ein Bild der Märchengestalt<br />

Rübezahl. Die »Ja«-Tür zeigte den blinden Zyklopen Polyphem,<br />

der seinen Widdern über den Rücken streicht. Unter deren Bäuchen<br />

klammern sich Odysseus und seine Gefährten fest, um dem Riesen<br />

zu entkommen.<br />

Die namentliche Abstimmung wird vor allem bei politisch<br />

umstrittenen Fragen angewendet und muss durchgeführt werden,<br />

wenn eine Fraktion oder mindestens fünf Prozent der Mitglieder<br />

des <strong>Bundestag</strong>es sie verlangen. Bei der namentlichen<br />

Ab stim mung kommen farbige Stimmkarten<br />

zum Einsatz, auf denen der<br />

Name des Abgeordneten sowie seine<br />

Frak tionszugehörigkeit stehen und<br />

die in Urnen geworfen werden. Blaue<br />

Karten stehen für »Ja«, rote Karten für<br />

»Nein« und weiße für »Stimmenthaltung«.<br />

Das Abstimmungsergebnis wird<br />

dann im stenografischen Protokoll<br />

und im Internet dokumentiert.<br />

Wenn das Plenum wichtige Amtsträger wie die Bundeskanzlerin<br />

oder den <strong>Bundestag</strong>spräsidenten wählt, geben die Parlamentarier<br />

ihre Stimme verdeckt ab. Das Verfahren ähnelt dann dem<br />

Vorgehen in einem Wahllokal zum Beispiel bei einer Bundes-<br />

Blau, rot oder weiß:<br />

namentliche Abstim -<br />

mung.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/<br />

Lichtblick/Achim Melde<br />

19


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Verweis<br />

<strong>Stichwort</strong> »Die<br />

Bundes versammlung«<br />

tagswahl: Die Abgeordneten erhalten einen Stimmzettel, den<br />

sie in einer Wahlkabine markieren, ihn in einen Umschlag stecken<br />

und dann in eine Urne werfen. Geheime Wahlen sind in<br />

der Geschäftsordnung und in einigen Bundesgesetzen vorgesehen.<br />

Geheim gewählt werden die Bundeskanzlerin, der Bundespräsident,<br />

der Wehrbeauftragte, der <strong>Bundestag</strong>spräsident und seine<br />

Stellvertreter sowie der Präsident des Bundesrechnungshofs.<br />

Der <strong>Bundestag</strong> und seine Ausschüsse<br />

Der <strong>Bundestag</strong> gliedert sich in viele Teilorganisationen. Schaut<br />

man auf die Ebene unterhalb der Vollversammlung, entdeckt<br />

man eine große Zahl von Parlamentarierzusammenschlüssen,<br />

die zum Teil sehr unabhängig voneinander arbeiten und<br />

manchmal sogar in Konkurrenz zueinander stehen.<br />

Verweis<br />

<strong>Stichwort</strong><br />

»Ausschüsse«<br />

Die Ausschüsse<br />

In den derzeit 22 ständigen Ausschüssen des <strong>Bundestag</strong>es läuft<br />

ein großer Teil der Gesetzgebungsarbeit ab. Einige der Ausschüsse<br />

haben eine herausgehobene Funktion: Der Auswärtige<br />

Ausschuss, der Verteidigungsausschuss, der Ausschuss für die<br />

Angelegenheiten der Europäischen Union und der Petitionsausschuss<br />

sind im Grundgesetz verankert und müssen in jeder<br />

Wahlperiode eingesetzt werden. Die Ausschüsse sind »kleine<br />

Vollversammlungen« des Parlaments mit einem Umfang von je<br />

13 bis 41 Mitgliedern. Eine Ausnahme ist der Gemeinsame Ausschuss,<br />

den das Grundgesetz für den Verteidigungsfall als Notparlament<br />

vorsieht: Er besteht aus 32 Abgeordneten und 16 Mitgliedern<br />

des Bundesrats.<br />

In ihrer Zusammensetzung spiegeln die Ausschüsse die Mehrheitsverhältnisse<br />

im Parlament wider. In den ständigen Ausschüssen<br />

setzen sich die Fachpolitiker im Detail mit den Gesetzentwürfen<br />

oder sonstigen sachpolitischen Fragen auseinander.<br />

Neben den ständigen Fachausschüssen gibt es den Vermittlungsausschuss<br />

und den Wahlprüfungsausschuss. Der Vermitt-<br />

20


Der <strong>Bundestag</strong> – das Herz der deutschen Demokratie<br />

lungsausschuss (je 16 Mitglieder aus <strong>Bundestag</strong> und Bundesrat)<br />

kommt dann zusammen, wenn sich <strong>Bundestag</strong> und Bundesrat<br />

nicht einig sind, was die Verabschiedung eines Gesetzes betrifft.<br />

Der Wahlprüfungsauschuss (neun Mitglieder) bearbeitet eventuelle<br />

Beschwerden zur <strong>Bundestag</strong>swahl.<br />

Die ständigen Ausschüsse nach Anzahl der Mitglieder<br />

13<br />

18<br />

Wahlprüfung, Immunität<br />

und Geschäftsordnung<br />

Menschenrechte und humanitäre Hilfe /<br />

Sport / Tourismus<br />

24<br />

Kultur und Medien / Wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung<br />

26<br />

Petitionen<br />

34<br />

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung /<br />

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz /<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend / Umwelt,<br />

Naturschutz und Reaktorsicherheit / Verteidigung<br />

Grafik © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Marc Mendelson<br />

37<br />

41<br />

35 + 16<br />

Arbeit und Soziales / Auswärtiges /<br />

Finanzen / Gesundheit / Inneres / Recht /<br />

Verkehr, Bau und Stadtentwicklung /<br />

Wirtschaft und Technologie<br />

Haushalt<br />

Angelegenheiten der Europäischen Union<br />

(einschließlich 16 mitwirkungsberechtigte Mitglieder<br />

des Europäischen Parlaments)<br />

21


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Die meisten Ausschüsse spiegeln von ihrer inhaltlichen Zuständigkeit<br />

her die Ministerien der Bundesregierung: Der Verteidigungsausschuss<br />

steht dem Verteidigungsministerium gegenüber,<br />

der Auswärtige Ausschuss dem Auswärtigen Amt, der<br />

Innenausschuss dem Innenministerium und so weiter. Einige<br />

Ausschüsse wie der Petitionsausschuss oder der Geschäftsordnungsausschuss<br />

haben jedoch kein Ministeriumspendant. Einer<br />

der mächtigsten Fachausschüsse ist zweifelsfrei der Haushaltsausschuss.<br />

Er berät den Bundeshaushaltsplan und den Bundeshaushaltsgesetzentwurf.<br />

In diesen beiden Vorlagen schlägt die<br />

Regierung vor, wie und wofür die staatlichen Einnahmen ausgegeben<br />

werden sollen.<br />

Einige Ausschüsse haben Unterausschüsse eingerichtet, die bei<br />

der Vorbereitung der Themen helfen und über die gesamte<br />

Wahlperiode arbeiten. Mitunter werden die Unterausschüsse<br />

kurzfristig zur Bearbeitung einer anliegenden Fragestellung<br />

gebildet. So hat der Auswärtige Ausschuss insgesamt vier Unterausschüsse,<br />

darunter einen, der sich ausschließlich mit den für<br />

Deutschland relevanten Aktivitäten der Vereinten Nationen<br />

beschäftigt.<br />

Verweis<br />

<strong>Stichwort</strong> »Enquetekommissionen«<br />

Das ständige Ausschusswesen kann noch durch nicht ständige<br />

Gremien erweitert werden, zum Beispiel durch Untersuchungsausschüsse,<br />

Sonderausschüsse oder durch Enquetekommissionen,<br />

in denen Abgeordnete zusammen mit Experten von außerhalb des<br />

Parlaments langfristige Fragen bearbeiten. Zum Präsidium und<br />

zum Ältestenrat, zwei weitere, für die Arbeit des Parlaments wichtige<br />

Gremien, kommen wir später noch, ebenso zu den Fraktionen,<br />

einer besonderen Variante von Abgeordnetenzusammenschlüssen,<br />

die das Bild des Parlaments nach außen prägen und die<br />

Willensbildung sowie die notwendigen Mehrheiten für Entscheidungen<br />

organisieren. Aber der <strong>Bundestag</strong> untergliedert sich noch<br />

weiter, nämlich in über 600 eigenständige Einheiten. Denn die<br />

einzelnen Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es sind rechtlich gesehen<br />

selbstständige Teileinheiten der Volksvertretung.<br />

22


Die gewählten Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es<br />

Parlamente bestehen aus einer großen Gruppe von direkt gewählten,<br />

formal unabhängigen Personen. Zusammen bilden die Abgeordneten<br />

die Volksvertretung, das Parlament. Aber wer genau sind<br />

eigentlich diese parlamentarischen Grundbausteine, die einzelnen<br />

Parlamentarier?<br />

Der <strong>Bundestag</strong> setzt sich aus mindestens 598 Personen zusammen.<br />

Man nennt seine Mitglieder auch »Mandatsträger«, denn<br />

sie haben den Auftrag, also das »Mandat«, erhalten, die Bürger<br />

zu vertreten. Eine andere Bezeichnung ist »Abgeordnete«.<br />

Ursprünglich versteht man darunter, dass die Mitglieder des<br />

Parlaments von ihren Wahlkreisen und Wählern »beauftragt«<br />

oder »abgeordnet« worden sind, um deren Anliegen einzubringen.<br />

Eine ähnliche Idee steht hinter dem Begriff »Volksvertreter«:<br />

Die Mitglieder des Parlaments sollen in ihrer Gesamtheit<br />

die Bürger repräsentieren und eine »Herrschaft des Volkes«, so<br />

die Übersetzung von »Demokratie«, ermöglichen. Im englischsprachigen<br />

Bereich heißen die Volksvertreter »Representatives«,<br />

also »Repräsentanten«. Die bundesdeutschen Parlamentarier<br />

tragen offiziell die Bezeichnung MdB. Das steht für »Mitglied des<br />

Deutschen <strong>Bundestag</strong>es«.<br />

Die Wahl der Abgeordneten<br />

Mitglied des <strong>Bundestag</strong>es wird man, indem man – einfach ge -<br />

sagt – von den wahlberechtigten deutschen Bürgern gewählt<br />

wird. Die Sache ist natürlich etwas komplizierter. Die <strong>Bundestag</strong>swahlen<br />

finden alle vier Jahre statt. Falls der <strong>Bundestag</strong> vorzeitig<br />

aufgelöst wird, kann sich der Abstand zwischen den Wahlen<br />

verringern. Dies ist zuletzt 2005 geschehen, als bereits drei<br />

Jahre nach der vorangegangenen Wahl die Bürger wieder ihre<br />

Stimme abgeben konnten.<br />

Verweis<br />

<strong>Stichwort</strong> »Wahlen«<br />

Die Wähler geben eine Erst- und eine Zweitstimme ab. Mit der<br />

Erststimme entscheiden sie, wer ihren Wahlkreis – einen von<br />

insgesamt 299 in Deutschland – im <strong>Bundestag</strong> vertreten soll.<br />

23


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Die Zweitstimme<br />

ist entscheidend<br />

für die Sitz ver -<br />

teilung im Bun -<br />

destag.<br />

Wer von den Kandidaten die meisten Stimmen erhält, dem fällt<br />

das Direktmandat dieses Wahlkreises zu und der wird Mitglied<br />

des <strong>Bundestag</strong>es. Mit der Zweitstimme stimmen die wahlberechtigten<br />

Bürger für eine der Parteilisten, die in ihrem Bundesland<br />

zur Wahl zugelassen worden sind. Der Anteil an Zweitstimmen<br />

entscheidet darüber, wie viele der insgesamt 598 Sitze<br />

eine Partei im <strong>Bundestag</strong> erhält – und ob sie überhaupt über<br />

das Zweitstimmenergebnis in das Parlament gelangt. Denn<br />

dafür ist die Fünfprozenthürde zu überspringen: Parteien müssen<br />

bundesweit mindestens fünf Prozent der abgegebenen<br />

Zweitstimmen auf sich vereinen, bevor ihre Stimmen bei der<br />

Mandatsberechnung berücksichtigt werden. Es gibt allerdings<br />

eine Ausnahmeklausel für den Fall, dass eine Partei mindestens<br />

drei Direktmandate gewonnen hat, aber beim Zweitstimmenergebnis<br />

nicht über fünf Prozent der Stimmen einfahren konnte.<br />

In diesem Fall werden ihre Zweitstimmen trotzdem bei der Sitzverteilung<br />

berücksichtigt. Die Fünfprozentregelung gilt zudem<br />

nicht für Parteien nationaler Minderheiten wie zum Beispiel für<br />

die Vertreter der dänischen oder sorbischen Minderheiten. Diese<br />

Bevölkerungsteile werden auch im Wahlrecht besonders<br />

geschützt. Um in den <strong>Bundestag</strong> zu gelangen, müssen die Parteien<br />

nationaler Minderheiten nur so viele Zweitstimmen<br />

gewinnen, dass ihnen mindestens ein Mandat zusteht. Allerdings<br />

hat auf Bundesebene bislang noch keine dieser Parteien<br />

von der Regelung profitiert.<br />

Das Zweitstimmenergebnis entscheidet also darüber, welche<br />

Partei wie viele Sitze im <strong>Bundestag</strong> einnehmen darf. Die Mandate,<br />

die eine Partei erhält, müssen allerdings erst einmal mit den<br />

Kandidaten besetzt werden, die ein Direktmandat gewonnen<br />

haben. Bleiben dann noch <strong>Bundestag</strong>ssitze über, werden diese<br />

an die Personen vergeben, die auf den Landeslisten der Parteien<br />

stehen, wobei die Listen von oben nach unten abgearbeitet<br />

werden. Hat eine Partei in einem Bundesland mehr Direktman -<br />

date gewonnen, als ihr aufgrund des Zweitstimmenergebnis ses<br />

an <strong>Bundestag</strong>ssitzen zustehen, kommt es zu Überhangmanda-<br />

24


Die gewählten Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es<br />

ten. Das geschieht häufig und führt dazu, dass der übliche<br />

Umfang des <strong>Bundestag</strong>es über der Mindestzahl von 598 liegt.<br />

Zwei Arten von Abgeordneten?<br />

Gibt es also zwei Arten von Abgeordneten: diejenigen, die<br />

direkt von den Bürgern eines Wahlkreises gewählt worden sind,<br />

und diejenigen, die über die Liste einer Partei in den <strong>Bundestag</strong><br />

gelangt sind? Das Parlamentsrecht macht hier keinen Unterschied.<br />

Beide Arten von MdBs haben dieselben Rechte und<br />

Pflichten. Überhaupt sind viele Direktkandidaten zugleich auf<br />

einer Liste »abgesichert«: Gewinnen sie den Wahlkreis nicht,<br />

dann garantiert ihnen ein hoher Listenplatz trotzdem den Einzug<br />

ins Parlament. Andersrum gilt: Fast alle Abgeordneten, die<br />

über die Liste ins Parlament gelangen, kümmern sich um einen<br />

Wahlkreis, auch wenn dieser an den gegnerischen Parteikandidaten<br />

gefallen ist.<br />

Ob direkt oder über eine Liste, eines wird beim Blick auf die<br />

<strong>Bundestag</strong>swahl deutlich: Die Parteien spielen in dem Verfahren<br />

eine zentrale Rolle. Was die Zweitstimme betrifft, ist das<br />

unübersehbar. Denn mit dieser Stimme lassen sich nur Listen<br />

wählen, die in der Regel von landesweit antretenden Parteien<br />

aufgestellt werden. Aber auch bei den Direktmandaten sind es<br />

normalerweise Kandidaten der etablierten Parteien, die den<br />

Zuschlag erhalten. Zwar besteht die Möglichkeit für unabhängige<br />

Einzelkandidaten, in einem Wahlkreis anzutreten. Allerdings<br />

ist es eine große Ausnahme, wenn Abgeordnete in den <strong>Bundestag</strong><br />

gewählt werden, die keiner Parlamentspartei angehören.<br />

Egal ob direkt<br />

oder über eine<br />

Liste ins Parla -<br />

ment gewählt –<br />

alle Abgeordneten<br />

haben dieselben<br />

Rechte und<br />

Pflich ten.<br />

Wer wird Abgeordneter?<br />

Ein Blick auf die Zusammensetzung des Parlaments macht<br />

schnell klar, dass der <strong>Bundestag</strong> die bundesdeutsche Bevölkerung<br />

nicht spiegelbildlich abbildet. Dies lässt sich an einigen<br />

Zahlen deutlich machen: So liegt der Prozentsatz an Frauen<br />

unter den Mitgliedern des <strong>Bundestag</strong>es mit 32,8 Prozent deut-<br />

25


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Werner Schüring<br />

Fast 33 Prozent aller<br />

Ab ge ordneten sind<br />

Frauen, bei der Frak -<br />

tion Bünd nis 90/Die<br />

Grünen sind es sogar<br />

mehr als die Hälfte,<br />

darunter die Abgeord -<br />

neten Marieluise Beck,<br />

Kerstin Andreae, Priska<br />

Hinz und Ute Koczy<br />

(v. l.).<br />

lich unter dem Anteil der weiblichen Bevölkerung in Deutschland<br />

(Ende 2008: 51 Prozent). Gemittelt sind die Parlamentarier<br />

älter als der Bevölkerungsdurchschnitt. Die Anzahl von Personen<br />

mit Fachhochschul- oder Hochschulabschluss unter den Parlamentariern<br />

ist überdurchschnittlich. Nicht alle Berufe sind im<br />

Parlament vertreten, einige wiederum sehr stark. Rund 25<br />

Pro zent der Abgeordneten haben ein Studium der Rechts- und<br />

Staatswissenschaften absolviert. Lehrer sind ebenfalls stark im<br />

Parlament vertreten: Sie machen 5,6 Prozent der Abgeordneten<br />

des 17. Deutschen <strong>Bundestag</strong>es aus.<br />

26


Die gewählten Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es<br />

Was sind die Gründe? Zunächst liegt es an den Rahmenbedingungen<br />

der <strong>Bundestag</strong>swahl. Das Verfahren hat Einfluss darauf,<br />

wer überhaupt Mitglied im Deutschen <strong>Bundestag</strong> werden kann.<br />

Eine fast unverzichtbare Voraussetzung ist es, von einer Partei<br />

bei der Kandidatur unterstützt zu werden. Das heißt, die Landesdelegiertenkonferenz<br />

einer Partei muss jemanden auf einen<br />

erfolgreichen Listenplatz gesetzt haben. Oder die lokale Parteigliederung,<br />

beispielsweise ein Kreisverband, hat die Person als<br />

Direktkandidaten im Wahlkreis aufgestellt. Der Personenkreis,<br />

der in einer Partei besonders engagiert ist und somit für eine<br />

Kandidatur infrage kommt, ist nicht ein Spiegelbild der Bevölkerung.<br />

Insgesamt sind nur wenige Prozent der deutschen Bürgerinnen<br />

und Bürger Mitglied in einer Partei. In dieser Gruppe<br />

sind bestimmte Berufs- und Altersgruppen besonders stark vertreten.<br />

Auch dies trägt zu einer entsprechenden Zusammensetzung<br />

des Parlaments bei. Darüber hinaus gibt es noch die<br />

»Quereinsteiger«, die keine innerparteiliche Karriere absolviert<br />

haben und auf anderen Wegen ins Parlament gelangt sind.<br />

In den vergangenen Jahrzehnten lässt sich noch ein weiterer<br />

Trend beobachten, was die Zusammensetzung des <strong>Bundestag</strong>es<br />

betrifft: die Professionalisierung des Abgeordnetenberufs. Die<br />

Zahl der <strong>Bundestag</strong>sabgeordneten, die bereits vor ihrer Wahl<br />

einen politischen Beruf hatten, ist gestiegen. So sind beispielsweise<br />

einige Parlamentarier vor ihrer Mandatszeit als Mitarbeiter<br />

eines Abgeordneten tätig gewesen. Auch steigt die Zahl der<br />

Abgeordneten, die nach ihrer Zeit im Parlament nicht mehr in<br />

ihren ursprünglichen Beruf zurückkehren. Politik ist für viele<br />

Parlamentarier nicht nur zu einer Berufung, sondern zum Beruf<br />

geworden.<br />

Politik ist für<br />

Parlamentarier<br />

Beruf und<br />

Berufung.<br />

Ein perfekt repräsentatives Parlament kann es allerdings gar<br />

nicht geben. In modernen, vielschichtigen Gesellschaften können<br />

Parlamente nie ein vollkommenes Spiegelbild der Gesellschaft<br />

sein. Wie könnte sich eine Nation von etwa 82 Millionen<br />

Bürgern mit nur 622 Abgeordneten abbilden lassen? Es gibt<br />

27


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

allein 350 formale Ausbildungsberufe und Hunderte Varianten<br />

von akademischen Abschlüssen. Diese Vielfalt lässt sich nicht<br />

eins zu eins in der Zusammensetzung eines Parlaments darstellen.<br />

Selbst wenn dies möglich wäre: Ein repräsentatives Parlament<br />

muss nicht zwangsläufig ein besseres sein. Denn die Interessen<br />

eines Bevölkerungsteils können auch von jemandem<br />

vertreten werden, der nicht aus diesem Bereich kommt – und<br />

dies mitunter besser. So wird man als Rechtsbeistand immer<br />

jemanden nehmen, der sich im Rechtssystem gut auskennt,<br />

und nicht unbedingt jemanden, der einem ähnlich ist. Gerade<br />

bei der Gesetzgebung und der Kontrolle der Regierung bedarf es<br />

sachkundiger Parlamentarier, die sich im politischen Geschäft<br />

auskennen.<br />

Das Immunitäts -<br />

recht und das<br />

Indemnitätsrecht<br />

sind traditionelle<br />

Privilegien der<br />

Abgeordneten.<br />

Man kann der Professionalisierung des Abgeordnetenberufs also<br />

durchaus Positives abgewinnen. Die mangelnde Spiegelbildlichkeit<br />

des Parlaments erscheint vor diesem Hintergrund nicht<br />

dramatisch. Allerdings ist darauf zu achten, dass die Berufspolitiker<br />

nicht den Kontakt zu denjenigen verlieren, die sie vertreten<br />

sollen. Deswegen stehen die Parlamentarier vor der Herausforderung,<br />

dicht an den Bürgern und ihren Lebenswelten dran<br />

zu bleiben – trotz aller Professionalisierung.<br />

Welche Rechte haben Abgeordnete?<br />

Wenn ein Bürger zum Parlamentarier wird, befindet er sich<br />

plötzlich in einer ganz besonderen Rechtsstellung. Zunächst<br />

haben die Abgeordneten zwei traditionelle Privilegien: das<br />

Immunitätsrecht und das Indemnitätsrecht. Diese beiden Rechte<br />

gehören zu den klassischen Facetten des Parlamentarismus<br />

und finden sich in nahezu jeder Volksvertretung. Außerdem<br />

haben die Abgeordneten ein Zeugnisverweigerungsrecht: Wenn<br />

ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete Dinge anvertraut<br />

werden, dürfen sie vor Gericht darüber das Zeugnis verweigern.<br />

28


Die gewählten Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es<br />

Immunität und Indemnität<br />

Immunität bedeutet, dass ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des<br />

<strong>Bundestag</strong>es strafrechtlich verfolgt und verhaftet werden darf. Allerdings<br />

gibt es Ausnahmen, wenn zum Beispiel ein Parlamentarier auf frischer<br />

(Straf-)Tat ertappt wird. Auch bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen<br />

Freiheit eines Abgeordneten ist die Genehmigung des <strong>Bundestag</strong>es<br />

erforderlich. Die Immunität von Abgeordneten kann auf Beschluss des<br />

Parlaments aufgehoben werden.<br />

Indemnität bedeutet, dass Abgeordnete nicht aufgrund von Abstimmungen<br />

oder von Äußerungen, die sie im <strong>Bundestag</strong>, in einem Ausschuss oder<br />

in ihrer Fraktion gemacht haben, gerichtlich oder dienstlich verfolgt und<br />

außerhalb des Parlaments zur Rechenschaft gezogen werden dürfen. Da -<br />

von ausgenommen sind verleumderische Aussagen.<br />

Diese Rechte schützen die Abgeordneten in ihrer Rolle als Vertrauenspersonen<br />

sowie vor willkürlicher Verfolgung. Insbesondere<br />

das Immunitäts- und das Indemnitätsprivileg stammen<br />

aus einer Zeit, in der sich die Volksvertreter der Willkür parlamentsfeindlicher<br />

Fürsten ausgesetzt sahen. Dem gegenüber steht<br />

die Idee, dass die Abgeordneten völlig frei und unabhängig in<br />

ihrer parlamentarischen Arbeit sein müssen. Sie dürfen in ihrer<br />

Mandatsausübung nicht eingeschränkt werden und sollen nicht<br />

aus Angst vor Strafen gegen ihr Gewissen argumentieren oder<br />

stimmen.<br />

»Freies« Mandat<br />

bedeutet, dass<br />

Abgeordnete nur<br />

ihrem Gewissen<br />

unterworfen sind.<br />

Die Gewissensfreiheit der Abgeordneten wird durch den Artikel<br />

38 des Grundgesetzes garantiert, der den Parlamentariern ein<br />

»freies« Mandat zuspricht. Abgeordnete sind nach der Verfassung<br />

»Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen<br />

nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen«. Das<br />

Gegenteil vom freien Mandat wäre das »imperative« Mandat.<br />

Hier müssten die Abgeordneten bei jeder Meinungsäußerung<br />

und Entscheidung nicht ihrem Gewissen, sondern dem Auftrag<br />

ihrer Partei, der Fraktion oder ihrer Wähler folgen. Es ist ein<br />

29


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Kennzeichen von demokratischen Parlamenten, dass ihre Mitglieder<br />

rechtlich gesehen nur ihrem Gewissen unterworfen<br />

sind.<br />

Parlamentarier<br />

müssen effektiv<br />

und unabhängig<br />

arbeiten können.<br />

Die rechtliche Unabhängigkeit der Volksvertreter zeigt sich in<br />

der parlamentarischen Alltagsarbeit. Die <strong>Bundestag</strong>smitglieder<br />

sind mit einer Reihe von Vorrechten ausgestattet, die sie ohne<br />

Rücksprache mit anderen nutzen können. So haben sie die<br />

Möglichkeit, der Bundesregierung Fragen zu stellen, und das<br />

Recht, von dieser eine Antwort zu erhalten. Sie können in einer<br />

bestimmten Phase des Gesetzgebungsprozesses Änderungsanträge<br />

einbringen. Auch das parlamentarische Stimmrecht ist ein<br />

individuelles Privileg: Jedes Mitglied des <strong>Bundestag</strong>es muss<br />

seine Stimme persönlich abgeben. Es kann dieses Recht nicht<br />

auf andere Parlamentarier oder die Fraktion übertragen.<br />

Regierungsbefragung<br />

Ein wichtiges Kontrollinstrument für den einzelnen Parlamentarier ist die<br />

Regierungsbefragung. Diese findet in Sitzungswochen immer mittwochs<br />

unmittelbar nach der Kabinettssitzung statt. Hier können Abgeordnete<br />

über die Vorhaben der Bundesregierung Auskunft erhalten und Fragen an<br />

die Regierungsmitglieder richten. Die Regierungsbefragung im Plenum ist<br />

auf 35 Minuten begrenzt und ein wichtiges Mittel, den Informationsfluss<br />

zwischen Regierung und Parlament zu verbessern.<br />

Damit die Abgeordneten effektiv und unabhängig arbeiten können,<br />

werden sie mit Personalmitteln und einer Arbeitsinfrastruktur<br />

ausgestattet. Jedes Mitglied des <strong>Bundestag</strong>es kann die<br />

Büroräume und die technische Infrastruktur im Parlament kostenfrei<br />

nutzen. Zudem erhalten die Abgeordneten eine steuerfreie<br />

Pauschale, die sogenannte Kostenpauschale von monatlich<br />

3.969 Euro. Damit können die Abgeordneten die Unkosten abdecken,<br />

die bei der Ausübung ihres Mandats entstehen, zum Beispiel<br />

für die Unterhaltung eines Büros im Wahlkreis.<br />

30


Die gewählten Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es<br />

Foto © picture-alliance/dpa/Marcel Mettelsiefen<br />

Sichtachsen im<br />

Jakob-Kaiser-Haus:<br />

Mehr als die Hälfte<br />

aller Abge ord neten -<br />

büros, die Sit zungs -<br />

räume und Büros der<br />

Fraktions stäbe sowie<br />

die Arbeits räu me der<br />

Vize präsiden ten des<br />

<strong>Bundestag</strong>es befinden<br />

sich hier.<br />

Kosten entstehen den Abgeordneten auch für persönliche Mitarbeiter.<br />

Hierfür stellt der <strong>Bundestag</strong> gegen Nachweis einen<br />

Betrag von insgesamt höchstens 14.712 Euro im Monat zur Verfügung.<br />

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mitarbeiter am Parlamentssitz<br />

oder im Wahlkreis angestellt sind. Mitglieder des<br />

<strong>Bundestag</strong>es haben außerdem die Möglichkeit, mit einer Netzkarte<br />

die Deutsche Bahn kostenlos für dienstliche Reisen zu<br />

nutzen. Außerdem beziehen sie für ihr parlamentarisches Mandat<br />

ein Einkommen, das »Entschädigung« genannt wird.<br />

31


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Wie werden die Abgeordneten für ihr Mandat<br />

»entschädigt«?<br />

Der Abgeord -<br />

netenberuf ist<br />

ein Vollzeitjob<br />

und muss entsprechend<br />

vergütet<br />

werden.<br />

»Entschädigung« klingt als Bezeichnung für die Tatsache, dass<br />

man ein monatliches Einkommen bezieht, erst einmal ungewöhnlich.<br />

»Entschädigt« wird in der Regel jemand, dem Schaden<br />

zugefügt worden ist oder dem für eine Leistung Kosten entstanden<br />

sind. Dieser ungewöhnliche Begriff hat einen historischen<br />

Hintergrund. In den frühen Parlamenten gingen die Abgeordneten<br />

noch einem Hauptberuf nach. Für ihre Teilnahme an den<br />

Sitzungen des Parlaments wurden diese »Feierabendparlamentarier«<br />

entschädigt. Sie erhielten eine Erstattung der Unkosten,<br />

die an einem solchen Sitzungstag anfielen – auch weil sie in<br />

diesem Zeitraum nicht ihrem Hauptberuf nachgehen konnten.<br />

Diäten<br />

Die Abgeordnetenentschädigungen werden auch »Diäten« genannt. Das<br />

hat nichts mit einer Gewichtsabnahme zu tun, sondern stammt vom französischen<br />

Wort für »die tagende Versammlung«: »diète«. Seit 1906 gibt es<br />

in Deutschland Diäten. Davor war die Mitgliedschaft im Parlament ehrenamtlich.<br />

Das »Diäten-Urteil« des Bundesverfassungsgerichts von 1975 verpflichtet<br />

die Abgeordneten ausdrücklich, selbst und »vor den Augen der<br />

Öffentlichkeit« über die Höhe ihrer Entschädigung zu beschließen. Steuerpflichtig<br />

wurde der im Grundgesetz festgehaltene »Anspruch auf angemessene,<br />

ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung« der Parlamentarier<br />

durch das Abgeordnetengesetz von 1977.<br />

Im Laufe der Zeit ist das parlamentarische Arbeitsvolumen so<br />

groß geworden, dass man es nicht mehr nebenbei bewältigen<br />

kann. Aus dem »Nebenjob Parlamentarier« ist ein Beruf geworden.<br />

Aus der Entschädigung wurde tatsächlich ein Einkommen,<br />

auch wenn das Wort »Entschädigung« geblieben ist. Die Entschädigung<br />

beträgt 7.668 Euro brutto im Monat und orientiert<br />

sich am Gehalt der obersten Bundesrichter.<br />

32


Die gewählten Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es<br />

Verglichen mit den Entschädigungen von Parlamentariern in<br />

anderen Staaten befinden sich die <strong>Bundestag</strong>sabgeordneten im<br />

Mittelfeld. Allerdings ist ein Vergleich nicht immer ganz einfach,<br />

weil neben dem Einkommen auch noch andere Dinge berücksichtigt<br />

werden müssen, zum Beispiel die Regelungen zur<br />

Altersversorgung. Die Höhe der jeweiligen Altersbezüge staffelt<br />

sich danach, wie viele Jahre die Abgeordneten im Parlament<br />

waren. Zusätzliche Renten aus der gesetzlichen Versicherung<br />

werden angerechnet.<br />

Für die unmittelbare Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Deutschen<br />

<strong>Bundestag</strong> erhalten die Abgeordneten Übergangsgelder.<br />

Diese sollen ihnen den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern.<br />

Wie lange Abgeordnete Übergangsgeld erhalten, hängt davon<br />

ab, wie viele Jahre die Parlamentarier Mitglied des <strong>Bundestag</strong>es<br />

waren. Für jedes Jahr der Mitgliedschaft im Parlament wird<br />

jeweils für einen Monat Übergangsgeld in Höhe der aktuellen<br />

Abgeordnetenentschädigung gezahlt. Zusätzliche Einkünfte<br />

werden übrigens ab dem zweiten Monat nach dem Ausscheiden<br />

angerechnet.<br />

Abhängig von<br />

ihrer Mitglied -<br />

schaft im Bun -<br />

destag erhalten<br />

Abge ord nete auch<br />

Alters bezüge.<br />

Die Fragen rund um die Abgeordnetenentschädigung, die<br />

Altersversorgung und die Übergangsgelder der <strong>Bundestag</strong>smitglieder<br />

gehören zu den kontroversen Aspekten der parlamentarischen<br />

Demokratie. Die bestehenden Regelungen waren auch<br />

Anlass zur Kritik, oft verbunden mit dem Vorwurf der Selbstbedienung.<br />

Immer wieder ist über eine Reform diskutiert und<br />

immer wieder sind Veränderungen vorgenommen worden. Der<br />

Vorschlag, die Abgeordnetenentschädigungen automatisch an<br />

die Gehälter von obersten Bundesrichtern zu koppeln, konnte<br />

nicht umgesetzt werden. Einen »Automatismus« darf es nicht<br />

geben, befand das Bundesverfassungsgericht. Auch die Idee,<br />

eine unabhängige Kommission Vorschläge für die Höhe der Entschädigung<br />

entwickeln zu lassen, die der <strong>Bundestag</strong> dann verabschiedet,<br />

hat bislang keine parlamentarische Mehrheit<br />

gefunden.<br />

33


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Der Beschluss, die Diäten zu erhöhen, führt meist zu einer heftigen<br />

Diskussion in der Öffentlichkeit. Das hat den <strong>Bundestag</strong><br />

über Jahre dazu bewegt, auf eine Anhebung der Abgeordnetenbezüge<br />

zu verzichten. Ohnehin gibt es keine klare Formel für<br />

das, was ein »angemessenes« Einkommen für ein Mitglied des<br />

Parlaments ist. Das frühere Einkommen der Parlamentarier ist<br />

jedenfalls keine Bezugsgröße. Je nachdem, welchen Beruf die<br />

Mandatsträger zuvor ausgeübt haben, kann es sich um eine<br />

finanzielle Verbesserung oder Verschlechterung handeln. Übrigens<br />

verdienen Abgeordnete, die gleichzeitig Bundesminister<br />

oder Regierungschef sind, keineswegs doppelt. Ihre Einkommen<br />

werden miteinander verrechnet.<br />

Als einzige<br />

Berufsgruppe<br />

in Deutschland<br />

müssen die<br />

Abge ordneten<br />

öffentlich über<br />

ihre Bezüge<br />

entscheiden.<br />

Für Außenstehende hängt die Frage nach der Angemessenheit<br />

auch damit zusammen, welche Leistungen <strong>Bundestag</strong>sabgeordnete<br />

erbringen. Wenn falsche Vorstellungen über die Arbeit der<br />

Parlamentarier vorherrschen, dann leidet darunter auch die<br />

Diätendebatte. Das Einkommen und die Versorgung von <strong>Bundestag</strong>smitgliedern<br />

müssen jedenfalls der Rolle des Parlaments<br />

in der deutschen Demokratie und der Verantwortung gerecht<br />

werden, die die Abgeordneten tragen. Und die Entschädigung<br />

muss die Chance bieten, eine Zeit lang den Beruf ruhen zu lassen,<br />

ohne dass man danach in Existenznöte gerät.<br />

Letzten Endes ist die Transparenz ausschlaggebend: Nicht nur<br />

müssen die Abgeordneten als einzige Berufsgruppe in Deutschland<br />

öffentlich über ihre Entschädigungen entscheiden. Die<br />

finanziellen Leistungen für die Parlamentarier müssen auch gut<br />

vermittelbar sein. In diesem Sinne sind in den vergangenen<br />

Jahren einige schwer durchschaubare und kaum nachvollziehbare<br />

Regelungen abgeschafft worden. Beispielsweise ist es nun<br />

nicht mehr möglich, die Altersversorgungen aus verschiedenen<br />

Mandaten und Ämtern ohne Anrechnung zusammenzuführen.<br />

Auch sind die Übergangsgelder gekürzt worden.<br />

34


Die gewählten Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es<br />

10.000<br />

Euro<br />

Bezüge der Abgeordneten im Vergleich<br />

mit Bundesrichtergehältern<br />

8.000<br />

Bundesrichter<br />

Nullrunde<br />

Grafik © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Marc Mendelson<br />

6.000<br />

4.000<br />

2.000<br />

Jahr<br />

Abgeordnete<br />

Nullrunde<br />

Nullrunde<br />

92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09<br />

Welche Pflichten haben Abgeordnete?<br />

Die Abgeordneten des <strong>Bundestag</strong>es haben natürlich nicht nur<br />

Rechte, sondern auch Pflichten, die durch das Mandat entstehen.<br />

Die Abgeordneten müssen bestimmte Verhaltensregeln<br />

befolgen. Sie sollen sich beispielsweise an den Sitzungstagen in<br />

den Gebäuden des <strong>Bundestag</strong>es aufhalten und müssen sich<br />

persönlich in die ausliegenden Anwesenheitslisten eintragen.<br />

Tun sie das nicht, wird ihre Kostenpauschale gekürzt: Pro verpasstem<br />

Sitzungstag werden 50 Euro aus der Pauschale einbehalten;<br />

wenn das Mitglied des Parlaments in diesem Zeitraum<br />

nicht beurlaubt war, werden an einem Plenartag sogar 100 Euro<br />

fällig. Auch die Teilnahme an namentlichen Abstimmungen<br />

oder einer Wahl mit Namensaufruf ist obligatorisch: Wer fehlt,<br />

dem werden 50 Euro von der Kostenpauschale einbehalten – es<br />

sei denn, das Mitglied war beurlaubt. In allen Räumen des<br />

Wer an Sitzungs -<br />

tagen fehlt,<br />

bekommt weniger<br />

Geld.<br />

35


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

<strong>Bundestag</strong>es ertönt ein Klingelzeichen, wenn im Plenum eine<br />

Abstimmung mit den Stimmkarten ansteht. Überhören kann<br />

man die namentlichen Abstimmungen also nicht.<br />

Nebentätigkeiten<br />

müssen dem<br />

<strong>Bundestag</strong>spräsidenten<br />

angezeigt<br />

werden.<br />

Nebentätigkeiten<br />

Abgeordneter zu sein ist für die meisten ein Hauptberuf. Dennoch<br />

können Parlamentarier auch zusätzlichen Verpflichtungen<br />

nachgehen. Einige der sogenannten Nebentätigkeiten können<br />

mit dem Vorberuf zusammenhängen – zum Beispiel der Rechtsanwalt,<br />

der neben seiner Abgeordnetentätigkeit noch Mandanten<br />

vor Gericht vertreten möchte, oder der Unternehmer, der<br />

seinen Familienbetrieb weiterführt, auch nachdem er ins Parlament<br />

gewählt worden ist. Einige Parlamentarier sind Mitglieder<br />

in Aufsichtsräten von Unternehmen. Andere Abgeordnete arbeiten<br />

für gesellschaftliche Vereinigungen.<br />

Solche Nebentätigkeiten können nach der <strong>Bundestag</strong>szeit den<br />

Wiedereintritt ins Berufsleben erleichtern und für die Mandatsausübung<br />

durchaus hilfreich sein. Sie helfen, den Kontakt zu<br />

anderen Bereichen der Gesellschaft zu gewinnen oder zu halten.<br />

Sie erleichtern einigen Berufsgruppen den Eintritt in die<br />

parlamentarische Arbeit. Engagements neben dem Mandat<br />

geraten aber dann in die Diskussion, wenn sich ein Interessenkonflikt<br />

zwischen der Aufgabe des Abgeordneten und seiner<br />

Nebentätigkeit entwickeln kann. Deswegen ist auch in diesem<br />

Bereich Offenheit wichtig.<br />

Die sogenannten Verhaltensregeln und das Abgeordnetengesetz<br />

legen fest, wie dabei vorzugehen ist. Die Abgeordneten müssen<br />

dem <strong>Bundestag</strong>spräsidenten zu Beginn der Wahlperiode eine<br />

Reihe von Informationen zukommen lassen. Anzeigepflichtig<br />

sind unter anderem die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit sowie<br />

Tätigkeiten als Aufsichtsratsmitglied. Bestimmte Nebentätigkeiten,<br />

die Abgeordnete während der Mandatszeit aufnehmen,<br />

müssen ebenfalls gemeldet werden. Auch wenn sie Spenden<br />

annehmen, sind die Parlamentarier ab einem ge wissen Betrag<br />

36


Die gewählten Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es<br />

Foto © picture-alliance/dpa/lbn/Tim Brakemeier<br />

Die Geschäfts ordnung<br />

des Bundes tages<br />

bestimmt, dass<br />

Abgeordnete ihre<br />

Nebentätigkeiten<br />

angeben müssen.<br />

dazu verpflichtet, die finanzielle Zuwendung beim <strong>Bundestag</strong>spräsidenten<br />

anzuzeigen. Bestimmte Spenden, zum Beispiel sol -<br />

che, die auf Entscheidungen Einfluss nehmen wollen, dürfen<br />

Abgeordnete gar nicht erst an neh men.<br />

Alle Nebenjobs, egal ob bezahlt oder unbezahlt, müssen dem<br />

<strong>Bundestag</strong>spräsidenten angezeigt werden, um mögliche Inte-<br />

37


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

ressenkonflikte offenzulegen. Die Nebentätigkeiten werden<br />

dann im <strong>Bundestag</strong>shandbuch und im Internet veröffentlicht.<br />

So kann jeder Wähler einsehen, ob und wie viele Nebeneinkünfte<br />

sein Abgeordneter hat. Verstöße gegen die Anzeigepflicht<br />

werden mit einem Ordnungsgeld von maximal der Hälfte der<br />

jährlichen Diäten und der öffentlichen Bekanntgabe des Verstoßes<br />

bestraft.<br />

Nebentätigkeiten<br />

Das geänderte Abgeordnetengesetz über die Transparenz von Nebeneinkünften<br />

ist bereits im Oktober 2005 in Kraft getreten. Doch dann klagten<br />

neun Abgeordnete aus den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen<br />

die neuen Verhaltensregeln vor dem Bundesverfassungsgericht. Am 4. Juli<br />

2007 wurde die Klage abgewiesen. Einnahmen aus nebenberuflichen<br />

Tätigkeiten werden nun in drei Stufen erfasst: monatliche Einkünfte von<br />

1.000 bis 3.500 Euro, von 3.501 bis zu 7.000 Euro und über 7.000 Euro. Alle<br />

Nebeneinkünfte über 1.000 Euro im Monat oder 10.000 Euro im Jahr müssen<br />

gemeldet und veröffentlicht werden.<br />

Neben den offiziellen Pflichten haben die Abgeordneten natürlich<br />

auch eine inoffizielle Pflicht: die Verpflichtung gegenüber<br />

ihren Wählern. Kümmert sich ein Parlamentarier nach der <strong>Bundestag</strong>swahl<br />

nicht um seinen Wahlkreis und sein Mandat als<br />

Volksvertreter, wird ihn der Wähler spätestens bei der nächsten<br />

Wahl dafür abstrafen und ihn nicht wiederwählen. Die Erneuerung<br />

des Mandats stünde für den Parlamentarier auf dem Spiel.<br />

38


Fraktionen<br />

Parlamente wie der <strong>Bundestag</strong> werden auch als Fraktionenparlamente<br />

bezeichnet. Das heißt aber nicht nur, dass sich Abgeordnete<br />

nach ihrer parteipolitischen Orientierung zusammenschließen.<br />

Die Fraktionen spielen in der parlamentarischen Arbeit eine<br />

ganz entscheidende Rolle.<br />

Fraktionen werden zwar im Grundgesetz nur an einer Stelle<br />

erwähnt – nämlich in Artikel 53 a, in dem es um den Gemeinsamen<br />

Ausschuss geht, der im Verteidigungsfall als Notparlament<br />

fungiert. Dennoch sind die Fraktionen zu zentralen Knotenpunkten<br />

im politischen Prozess geworden. Dabei haben sich<br />

parteipolitische Formationen erst vergleichsweise spät innerhalb<br />

der Volksvertretungen herausgebildet. Denn die frühen<br />

Parlamente waren noch Versammlungen unverbundener Abgeordneter.<br />

In der mittlerweile gewachsenen Rolle der Fraktionen<br />

zeigt sich auch die gewachsene Rolle der Parteien im politischen<br />

System Deutschlands.<br />

Wie werden Fraktionen gegründet<br />

und wie sind sie aufgebaut?<br />

Ausführlich werden Fraktionen in der Geschäftsordnung des<br />

<strong>Bundestag</strong>es angesprochen. Dort ist festgelegt, welche Rechte<br />

Fraktionen haben und wer was wann tun muss, um eine Fraktion<br />

zu gründen. Zur Gründung einer Fraktion braucht man<br />

zunächst einmal eine ausreichende Zahl an Abgeordneten,<br />

nämlich mindestens fünf Prozent aller Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es.<br />

Wie viele es genau sein müssen, hängt also vom Umfang<br />

des aktuellen <strong>Bundestag</strong>es ab und damit auch von der Anzahl<br />

der Überhangmandate. Eine weitere Voraussetzung ist, dass<br />

Fraktionsmitglieder derselben Partei angehören – genauer<br />

gesagt: Sie sollten zumindest nicht Parteien angehören, die in<br />

einem Bundesland miteinander in Wettbewerb stehen. Jede<br />

andere Form der Fraktionsbildung bedarf der Zustimmung des<br />

<strong>Bundestag</strong>es.<br />

Mindestens fünf<br />

Prozent aller<br />

Abgeordneten<br />

können sich zu<br />

einer Fraktion<br />

zusammenschließen,<br />

wenn sie<br />

derselben Partei<br />

angehören.<br />

39


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Die Vorsitzenden der<br />

CDU/CSU-Fraktion<br />

Volker Kauder und<br />

der FDP-Fraktion<br />

Rainer Brüderle (v. r.).<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Werner Schüring<br />

In der 17. Wahl -<br />

periode gibt es<br />

fünf Fraktionen<br />

im <strong>Bundestag</strong>.<br />

Die Geschäftsordnung legt auch fest, dass die Bildung einer<br />

Fraktion, ihr Name sowie die Namen des oder der Vorsitzenden<br />

dem <strong>Bundestag</strong>spräsidenten mitgeteilt werden müssen. Dabei<br />

leiten sich die Fraktionsnamen üblicherweise von den Namen<br />

der Parteien ab, der ihre Mitglieder angehören: die Fraktion der<br />

SPD, die Fraktion der CDU/CSU, die Fraktion der FDP sowie die<br />

Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und von Die Linke. Die<br />

Abgeordneten der CDU und CSU bilden eine Fraktionsgemeinschaft.<br />

Dieser Zusammenschluss besteht aus den Mitgliedern<br />

zweier Parteien, die allerdings in keinem Bundesland bei Wahlen<br />

als Konkurrenten antreten. Denn die CSU kandidiert nur in<br />

Bayern, die CDU wiederum hat keinen eigenen bayerischen Landesverband.<br />

Zu Beginn der Wahlperiode werden die Fraktionen im <strong>Bundestag</strong><br />

üblicherweise schnell gebildet, weil in der Regel an die Fraktionsstruktur<br />

der vergangenen Wahlperiode angeknüpft werden<br />

kann. Allerdings werden die Abgeordneten nicht automatisch<br />

Fraktionsmitglieder, nur weil sie einer Partei angehören. Es steht<br />

ihnen letzten Endes frei, sich einer Fraktion anzuschließen. Parlamentarier<br />

können auch jederzeit ihre Fraktionsmitgliedschaft<br />

40


Fraktionen<br />

kündigen oder von der Fraktion ausgeschlossen werden. Sie<br />

sind dann fraktionslos. Die Mitglieder der Fraktionen geben sich<br />

Geschäftsordnungen, die die internen Arbeitsabläufe festlegen.<br />

Auch ihr organisatorischer Aufbau ist hier geregelt. Das zentrale<br />

Organ ist die Fraktionsversammlung, die aus allen Mitgliedern<br />

besteht. Sie kommt in den Sitzungswochen mindestens einmal<br />

zusammen, um über die Tagesordnung der Plenarsitzungen zu<br />

beraten und, soweit möglich, eine einheitliche Position der<br />

Fraktion zu den Themen zu entwickeln. Die Fraktionsversammlung<br />

wählt die Fraktionsführung. Diese ist von Fraktion zu Fraktion<br />

unterschiedlich aufgebaut. Gemeinsam ist ihnen allen,<br />

dass es eine(n) Fraktionsvorsitzende(n) oder, wie im Fall der<br />

Fraktion Bünd nis 90/Die Grünen, zwei Fraktionsvorsitzende<br />

gibt. Zusammen mit weiteren gewählten Mitgliedern bilden die<br />

Vorsitzenden den Fraktionsvorstand.<br />

Eine wichtige Rolle in den Fraktionen und in der gesamten<br />

<strong>Bundestag</strong>sarbeit spielen die Parlamentarischen Geschäftsführer,<br />

insbesondere die Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer.<br />

Sie koordinieren die <strong>Bundestag</strong>sarbeit und managen die Plenarsitzungen<br />

in Abstimmung mit den Parlamentarischen<br />

Geschäftsführern der anderen Fraktionen. Die Mitglieder der<br />

Fraktionen schließen sich nach thematischen Schwerpunkten<br />

in Arbeitskreisen, Arbeitsgruppen oder Arbeitsgemeinschaften<br />

zusammen. Dort treffen sich regelmäßig die Fachleute der<br />

jeweiligen Fraktion für die verschiedenen Sachpolitiken. Diese<br />

fraktionsinternen Gremien gehören zu den wichtigsten Arbeitseinheiten<br />

im Parlament. Denn hier beginnt die Willensbildung<br />

der Fraktionen, und es werden erste Vorentscheidungen über<br />

zur Beratung anstehende Gesetzesvorlagen getroffen.<br />

Parlamen tarische<br />

Geschäfts führer<br />

sind die »Manager«<br />

des Parlaments.<br />

Weitere wichtige Untereinheiten der Fraktionen sind die Landesgruppen.<br />

In ihnen kommen die Fraktionsmitglieder eines<br />

Bundeslands zusammen. Ihre jeweilige Größe hängt davon ab,<br />

wie viele Mandate die Partei als Direktmandate oder über die<br />

Landesliste in dem jeweiligen Land erhalten konnte. In diesen<br />

41


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Beispiel für den Aufbau einer großen Fraktion: Organigramm der CDU/CSU-Fraktion<br />

Fraktionsvorsitzender<br />

Erster stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Vorsitzender der CSU-Landesgruppe*)<br />

Vorsitzende<br />

der<br />

21 Arbeitsgruppen<br />

bzw. Sprecher<br />

8 stellvertretende<br />

Vorsitzende<br />

mit speziellen<br />

Arbeitsbereichen<br />

Vorsitzende<br />

der<br />

6 soziologischen<br />

Gruppen<br />

15 Beisitzer<br />

*) Die CSU-Landesgruppe verfügt<br />

über weitere eigene Organe<br />

(Vorstand, sechs Arbeitskreise).<br />

Fraktionsvorstand<br />

Geschäftsführender<br />

Vorstand<br />

Erster Parlamentarischer<br />

Geschäftsführer<br />

_________________<br />

Vertreter des<br />

Ersten Parlamentarischen<br />

Geschäftsführers<br />

und Parlamentarischer<br />

Geschäftsführer der<br />

CSU-Landesgruppe<br />

_________________<br />

3 weitere Parlamentarische<br />

Geschäftsführer<br />

2 Justiziare<br />

Sprecher der<br />

CDU-Landesgruppen<br />

Fraktionsstab<br />

Verbindungsbüro<br />

Brüssel<br />

Grafik © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Marc Mendelson<br />

Gruppen gilt es, die Interessen eines Bundeslands in den Willensbildungsprozess<br />

der Fraktion einzubringen. In der Fraktionsgemeinschaft<br />

von CDU und CSU spielt die CSU-Landesgruppe<br />

eine hervorgehobene Rolle. Denn die CSU ist eine eigenständige<br />

Partei, deren Abgeordnete erst nach der Wahl mit den CDU-<br />

Parlamentariern eine gemeinsame Fraktion bilden. Insofern<br />

achtet die CSU auch darauf, in der Fraktionsgemeinschaft Profil<br />

zu bewahren – auch was die Ämter in der Fraktion betrifft. Der<br />

Chef der CSU-Landesgruppe ist immer stellvertretender Vorsitzender<br />

der Gesamtfraktion.<br />

42


Fraktionen<br />

Beispiel für den Aufbau einer kleineren Fraktion: Organigramm der Fraktion<br />

von Bündnis 90/Die Grünen<br />

Pressestelle<br />

Büro des<br />

Fraktionsvorsitzenden<br />

Justiziariat<br />

benennt<br />

Fraktionsversammlung<br />

Büro der<br />

Fraktionsvorsitzenden<br />

Büro der<br />

Parlamentarischen<br />

Geschäftsführung<br />

Bund-Länder-<br />

Koordination<br />

Fraktionsgeschäftsführung<br />

wählt<br />

bestätigt<br />

Grafik © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Marc Mendelson<br />

Dienstaufsicht<br />

1<br />

Wirtschaft und<br />

Soziales<br />

2<br />

Umwelt, Energie,<br />

Verbraucher und<br />

Verkehr<br />

Geschäftsführender<br />

Vorstand<br />

2 Vorsitzende,<br />

Erster Parlamentarischer Geschäftsführer,<br />

3 Parlamentarische Geschäftsführerinnen<br />

Arbeitskreise<br />

3<br />

Demokratie,<br />

Recht und<br />

Gesellschaftspolitik<br />

Fraktionsvorstand<br />

Geschäftsführender Vorstand +<br />

stellvertretende Fraktionsvorsitzende,<br />

Vizepräsidentin<br />

Fachaufsicht<br />

4<br />

Internationale<br />

Politik und<br />

Menschenrechte<br />

Referat<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Brüsseler Büro<br />

5<br />

Wissensgesellschaft<br />

und<br />

Generationen<br />

Welche Rolle spielen Fraktionen im <strong>Bundestag</strong>?<br />

Fraktionen sind die Dreh- und Angelpunkte in der Arbeit des<br />

<strong>Bundestag</strong>es. Sie haben die Aufgabe, die parlamentarische Willensbildung<br />

am Laufen zu halten und Entscheidungen des <strong>Bundestag</strong>es<br />

vorzubereiten. Während der Plenarsitzungen sitzen die<br />

Abgeordneten in Fraktionsblöcken – und nicht in alphabetischer<br />

Folge (wie zum Beispiel in der Parlamentarischen Versammlung<br />

des Europarats) oder mit den anderen Abgeordneten<br />

aus ihrem Bundesland zusammen. Sie bilden vielmehr parteipolitische<br />

Blöcke von rechts nach links. Der Blick in das Plenum<br />

veranschaulicht somit auf den ersten Blick die Rolle der Fraktionen<br />

im <strong>Bundestag</strong> und die Breite des hier vertretenen politischen<br />

Spektrums.<br />

43


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Die Sitzordnung im Plenarsaal<br />

Im Plenarsaal spiegeln sich die Kräfteverhältnisse und ideologischen<br />

Unterschiede zwischen den Parteien auch in der Sitzordnung wider.<br />

Schon in der ersten deutschen Nationalversammlung 1849 in der<br />

Frankfurter Paulskirche wurde zwischen »linken« und »rechten«<br />

Gruppierungen unterschieden. Aus der Sicht des Parlamentspräsidenten<br />

saßen links die Fortschrittlichen, die die damalige Gesellschaft zum<br />

Teil radikal verändern wollten. In der Mitte saßen die freiheitlichliberalen<br />

und rechts im Parlament die konservativen Gruppierungen.<br />

Heute sitzt vom Präsidenten aus gesehen links Die Linke, gefolgt von<br />

der SPD, daneben Bündnis 90/Die Grünen, dann die CDU/CSU und<br />

abschließend die FDP.<br />

Fraktionen<br />

haben viele<br />

Rechte und<br />

Gestaltungsmöglichkeiten.<br />

Die Fraktionen verfügen über große Gestaltungsmöglichkeiten.<br />

Viele parlamentarische Rechte sind mittlerweile zu Rechten der<br />

Fraktionen geworden, mitunter auf Kosten der Spielräume der<br />

einzelnen Abgeordneten. Ein Gesetzentwurf kann beispielsweise<br />

nicht von einem einzelnen Parlamentarier eingebracht werden.<br />

Das kann nur eine Fraktion oder ein Zusammenschluss von<br />

mindestens fünf Prozent der Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es. Auch<br />

Anträge und Entschließungsanträge bedürfen der Unterzeichnung<br />

von mindestens fünf Prozent aller <strong>Bundestag</strong>sabgeordneten<br />

– eine Bedingung, die Fraktionen üblicherweise erfüllen.<br />

Entschließungsantrag und Antrag<br />

Mit einem Entschließungsantrag fordert das Parlament die Regierung<br />

zur Handlung auf oder stellt die Auffassung des <strong>Bundestag</strong>es zu einem<br />

be stimmten Thema heraus. Der Antrag kann dies selbstständig anstreben,<br />

der Entschließungsantrag muss sich auf eine vorliegende Initiative beziehen,<br />

beispielsweise auf einen Gesetzentwurf oder eine Regierungserklärung,<br />

Entschließungen des Europäischen Parlaments oder Vorlagen der<br />

Europäischen Union.<br />

44


Fraktionen<br />

Bestimmte Fragerechte sind ebenfalls den Fraktionen vorbehalten:<br />

Große und Kleine Anfragen können nur von fünf und mehr<br />

Prozent der Vollversammlung der Abgeordneten beantragt werden.<br />

Eine namentliche Abstimmung kann ebenfalls nur von<br />

einer fraktionsstarken Anzahl von Parlamentariern oder einer<br />

Fraktion erzwungen werden. Dieses Quorum gilt auch für die<br />

Beantragung einer Aktuellen Stunde. Das Zitierrecht, also über<br />

die Anwesenheit eines Regierungsmitglieds in einer Beratung<br />

des <strong>Bundestag</strong>es abstimmen zu lassen, steht gleichermaßen nur<br />

fraktionsstarken Zusammenschlüssen zu. Die Fraktionen bestimmen<br />

außerdem, wer wie lange im Plenum sprechen darf. Zwar<br />

entscheidet nach der Geschäftsordnung der <strong>Bundestag</strong>spräsident<br />

über die Rednerfolge in der Plenardebatte. Üblicherweise<br />

wird diese jedoch von den Fraktionen festgesetzt. Nach einem<br />

Schlüssel, der ihre jeweilige Stärke berücksichtigt, erhalten die<br />

Fraktionen in den Debatten Redezeiten und können diese mit<br />

Rednern ihrer Wahl besetzen.<br />

Die Fraktionen<br />

entscheiden über<br />

die Vergabe der<br />

Redezeiten im<br />

Plenum.<br />

Anfragen und Aktuelle Stunde<br />

Große Anfragen richten sich an die Bundesregierung und dienen der<br />

Aufklärung wichtiger Fragen. Sie können von einer Fraktion oder einem<br />

fraktionsstarken Zusammenschluss schriftlich eingebracht werden. Die<br />

Bundesregierung muss diese Anfragen beantworten. Wenn es die Antragsteller<br />

verlangen, findet im Plenum eine Debatte statt. Kleine Anfragen<br />

können ebenfalls von fünf Prozent der Abgeordneten oder einer Fraktion<br />

eingereicht werden. Frage und Antwort laufen schriftlich ab. Es gibt keine<br />

Plenarberatung.<br />

In einer Aktuellen Stunde können Themen von allgemeinem aktuellen<br />

Interesse diskutiert werden. Sie kann aber auch zur Klärung offener Fragen<br />

im Anschluss an die wöchentliche Fragestunde dienen. Eine Fraktion oder<br />

mindestens fünf Prozent der Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es können Aktuelle<br />

Stunden verlangen.<br />

45


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Fraktionen<br />

spielen bei der<br />

Besetzung von<br />

wichtigen Ämtern<br />

im <strong>Bundestag</strong><br />

eine entschei -<br />

dende Rolle.<br />

Auch bei der personellen Besetzung parlamentarischer Gremien<br />

sind die Fraktionen die entscheidenden Strippenzieher. Die<br />

Zusammensetzung beispielsweise von Fachausschüssen, Untersuchungsausschüssen<br />

oder Kommissionen orientiert sich an<br />

den Stärkeverhältnissen zwischen den Fraktionen im <strong>Bundestag</strong>.<br />

Die Fraktionen haben das Recht, die ihnen zugewiesenen<br />

Gremienposten mit den Kandidaten ihrer Wahl zu besetzen. Sie<br />

sind außerdem prominent in den Leitungsorganen des Parlaments<br />

vertreten: Der <strong>Bundestag</strong>spräsident wird üblicherweise<br />

von der mitgliederstärksten Fraktion nominiert; im Präsidium<br />

sitzen die von den Fraktionen vorgeschlagenen und vom Plenum<br />

gewählten Präsidenten und Vizepräsidenten, und im<br />

Ältestenrat kommen die Geschäftsführungen der Fraktionen<br />

zusammen. Darüber hinaus erhalten die Fraktionen Unterstützungsleistungen,<br />

die sie in ihrer Rolle noch stärken. Sie haben<br />

eigene Mitarbeiterstäbe und Räume, in denen sie beispielsweise<br />

ihre Fraktionsversammlungen abhalten können.<br />

Regierungsfraktionen kontra Oppositionsfraktionen<br />

Die Fraktionen arbeiten zusammen, stehen zum Teil aber auch<br />

in Konkurrenz zueinander. Die große Trennlinie im <strong>Bundestag</strong><br />

läuft dabei nicht zwischen allen Fraktionen gleichermaßen,<br />

sondern zwischen den Regierungsfraktionen auf der einen und<br />

den Oppositionsfraktionen auf der anderen Seite. Die Regierungsfraktionen<br />

sind diejenigen, die den Kanzler ins Amt<br />

gewählt haben und seine Politik im Laufe der Wahlperiode<br />

unterstützen. Sie befinden sich in einer »Handlungseinheit«<br />

mit der Regierung. Das heißt, der Regierung steht nicht das<br />

gesamte Parlament gegenüber. Wenn der Bundeskanzler seine<br />

parlamentarische Mehrheit verliert, weil nicht mehr alle Mitglieder<br />

der Regierungsfraktionen hinter ihm und seiner Politik<br />

stehen, kommt es in der Regel zu einer Neuwahl des Kanzlers<br />

oder zu einer Auflösung des <strong>Bundestag</strong>es durch den Bundespräsidenten.<br />

46


Fraktionen<br />

Die »Kanzlermehrheit« setzt sich üblicherweise aus mehr als nur<br />

einer Fraktion zusammen – in der 17. Wahlperiode sind das die<br />

Fraktionen der CDU/CSU und der FDP. Nur von 1957 bis 1961 hatte<br />

eine Fraktion allein, nämlich die der CDU/CSU, die Kanzlermehrheit.<br />

Der Normalfall sind jedoch Koalitionsregierungen mit mehr<br />

als einer Fraktion. Sehr unterschiedlich sind bislang die Gesamtstärken<br />

der jeweiligen Regierungskoalitionen ausgefallen. Einige<br />

verfügten nur über hauchdünne Mehrheiten im <strong>Bundestag</strong>. Bei<br />

den beiden Großen Koalitionen (aus CDU/CSU und SPD) in der<br />

Geschichte der Bundesrepublik hingegen konnte der Bundeskanzler<br />

oder die Bundeskanzlerin auf eine große Anzahl von<br />

Abgeordneten bauen – in der Großen Koalition der 16. Wahlperiode<br />

unter Bundeskanzlerin Angela Merkel waren es mehr als<br />

zwei Drittel der Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es, in der ersten Großen<br />

Koalition unter Kurt Georg Kiesinger (1966 bis 1969) waren es<br />

sogar rund 90 Prozent. Allerdings muss eine Regierung bei Großen<br />

Koalitionen immer damit rechnen, dass es eine Reihe von<br />

Abweichlern gibt, also Abgeordnete, die die Regierungslinie nicht<br />

mittragen, ohne jedoch dabei die Mehrheit infrage zu stellen. So<br />

unterschiedlich die Größen der Regierungskoalitionen gewesen<br />

sind, so ungleich war der Umfang der jeweiligen parlamentarischen<br />

Opposition. In den Zeiträumen der Großen Koalitionen<br />

schrumpfte die Anzahl der Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es, die nicht<br />

der Regierungskoalition angehörten, auf unter ein Drittel.<br />

Die Opposition<br />

Seit 1983 besteht die parlamentarische Opposition aus mehr als<br />

einer Parteiformation. Zuvor war über lange Strecken hinweg<br />

immer nur eine Fraktion in der Opposition. Seit mehr als zwanzig<br />

Jahren setzt sich die Opposition aus mindestens zwei Fraktionen<br />

zusammen, derzeit sogar aus drei. Das hat Auswirkungen<br />

darauf, wie geschlossen (oder eben nicht) die Opposition<br />

der Regierung gegenübertreten kann.<br />

Kanzlermehrheit:<br />

Angela Merkel<br />

(CDU/CSU) steht an<br />

der Spitze der Regie -<br />

rungskoalition aus<br />

CDU/CSU und FDP.<br />

Foto © picture-alliance/dpa/Tim Brakemeier<br />

Die <strong>Bundestag</strong>sopposition hat die Aufgabe, die Regierung zu<br />

kontrollieren, zu kritisieren und Alternativen aufzuzeigen. Im<br />

47


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Wichtigste Auf ga be<br />

der Oppo si tions -<br />

fraktionen ist es,<br />

die Regie rung zu<br />

kontrollieren und<br />

Alter nativen aufzuzeigen.<br />

Parlament spielt die Opposition also eine wichtige Rolle. Denn<br />

Demokratie heißt auch, dass diejenigen kontrolliert werden<br />

müssen, die die Macht haben, damit sie ihre Macht nicht missbrauchen.<br />

Damit die Opposition diese wichtige demokratische<br />

Aufgabe erfüllen kann, muss sie geschützt werden. Wenn man<br />

für alle parlamentarischen Handlungen immer eine Mehrheit<br />

benötigte, wäre die Opposition lahmgelegt. Denn die Regierungsmehrheit<br />

könnte alles blockieren und dominieren; die<br />

Opposition wäre machtlos. Im <strong>Bundestag</strong> gibt es jedoch Rechte,<br />

die auch von einer Minderheit der Abgeordneten genutzt werden<br />

können. Im Bereich der Gesetzgebung kann jede Fraktion<br />

einen Gesetzentwurf in die Beratung einbringen, auch die Fraktionen<br />

der Opposition. Am Ende kann die Regierungsmehrheit<br />

diesen zwar ablehnen, aber die Opposition hat zumindest die<br />

Chance gehabt, Alternativen vorzuschlagen, und somit die<br />

Regierungskoalition gezwungen, öffentlich dazu Stellung zu<br />

beziehen.<br />

Viele Rechte im Bereich der parlamentarischen Kontrolle wie<br />

Große und Kleine Anfragen oder die Beantragung einer Aktuellen<br />

Stunde können von einzelnen, auch oppositionellen Fraktionen<br />

ausgeübt werden. Und tatsächlich nutzen die Oppositionsabgeordneten<br />

diese Kontrollinstrumente mehr als die<br />

Mitglieder der Regierungsfraktionen. Für zwei weitere »scharfe«<br />

Kontrollinstrumente braucht man ebenfalls keine Mehrheit:<br />

Untersuchungsausschüsse müssen eingesetzt werden, falls mindestens<br />

ein Viertel der Abgeordneten dies verlangt, und eine<br />

parlamentarische Minderheit kann beim Bundesverfassungsgericht<br />

gegen ein verabschiedetes Gesetz klagen, wenn sie der<br />

Auffassung ist, es sei verfassungswidrig, oder wenn sie sich in<br />

ihren Rechten eingeschränkt fühlt.<br />

In der 17. Wahlperiode stehen den 332 Mitgliedern der Regierungskoalition<br />

aus CDU/CSU und FDP 290 Abgeordnete der Oppositionsfraktionen<br />

von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke<br />

gegenüber.<br />

48


Fraktionen<br />

Oppositionsführer<br />

Im britischen Parlament wird die Rolle der Opposition besonders hervorgehoben.<br />

Es gibt sogar das offizielle Amt des »Oppositionsführers«, der<br />

den Titel »Leader of Her Majesty’s Opposition« (Vorsitzender der Opposition<br />

der Königin) tragen darf. Besteht allerdings wie in Deutschland die<br />

Opposition meist aus mehreren Parteien, die vielleicht auch noch unterschiedliche<br />

politische Ziele verfolgen, dann ist es schwierig, den »einen«<br />

Oppositionsführer auszumachen.<br />

Grenzen des Fraktionenparlaments<br />

Der Blick auf die Konflikte zwischen den Fraktionen ist wichtig<br />

für das Verständnis des parlamentarischen Betriebs. Aber nicht<br />

die gesamte <strong>Bundestag</strong>sarbeit läuft im Konflikt zwischen den<br />

parteipolitischen Gruppierungen ab. Die Fraktionen treten nicht<br />

immer als geschlossene Einheiten auf. Nicht für alle Abstimmungen<br />

wird im Vorfeld eine Fraktionsposition festgelegt. Bei<br />

manchen Themen kann oder sollte keine einheitliche Fraktionslinie<br />

gefunden werden. Das gilt beispielsweise für fundamental-ethische<br />

Fragen wie das Thema Schwangerschaftsabbruch.<br />

Bei solchen Themen kann man den Fraktionsmitgliedern<br />

kaum Vorgaben machen, denn dies sind mitunter sehr persönliche<br />

Gewissensfragen. Die anschließenden ergebnisoffenen<br />

Debatten werden oft als »Sternstunden« des Parlaments<br />

bezeichnet. Bei anderen Fragen kann die Konfliktlinie quer<br />

durch die Fraktionen gehen. Ein Beispiel hierfür ist das Thema<br />

Nichtraucherschutz, für das sich Abgeordnete aus allen Fraktionen<br />

starkgemacht haben. Eine Reihe von Gesetzentwürfen entsteht<br />

nicht im Konflikt der Fraktionen, sondern als interfraktionelle<br />

Initiative.<br />

Nicht immer gibt<br />

es bei Abstim -<br />

mungen eine<br />

einheitliche<br />

Fraktionslinie.<br />

In der alltäglichen parlamentarischen Arbeit gibt es bei<br />

Geschäftsordnungsfragen oft die Wendung »nach einer interfraktionellen<br />

Vereinbarung«. Das heißt, dass sich die Fraktionen<br />

49


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Foto © picture-alliance/dpa/Hannibal Hanschke<br />

Der Vorsitzende der<br />

SPD-Fraktion, Frank-<br />

Walter Steinmeier, und<br />

SPD-Parteichef Sigmar<br />

Gabriel (v. l.) bei einer<br />

Fraktionssitzung.<br />

vorher bereits einig geworden<br />

sind, wie lange beispiels<br />

weise über welches<br />

Thema gesprochen wird oder<br />

welchen Ausschüssen welche<br />

Gesetzentwürfe überwiesen<br />

werden. Was die Spielregeln<br />

des parlamen tarischen Be -<br />

triebs betrifft, versucht man<br />

stets eine große Übereinstimmung<br />

zwischen allen<br />

Fraktionen herzustellen. Wür -<br />

den die Fraktionen nie zu -<br />

sammenarbeiten, wäre die<br />

Folge die Lähmung des <strong>Bundestag</strong>es. Man würde sich und die<br />

parlamentarische Demokratie in Geschäftsordnungskämpfen ver -<br />

schleißen.<br />

Die Beziehung zwischen Fraktion und Partei<br />

Die Fraktionen und die außerparlamentarischen Parteien arbeiten<br />

eng zusammen, beispielsweise die SPD-Fraktion mit der SPD<br />

oder die CDU/CSU-Fraktion mit den Parteien CDU und CSU. Fraktionen<br />

gelten auch als die »parlamentarischen Arme« der Parteien.<br />

Über die parteipolitischen Zusammenschlüsse der Abgeordneten<br />

wirken die Parteien in das Parlament und in die<br />

Regierung hinein. Fraktionen und Parteien sind personell stark<br />

miteinander verflochten. Die Spitzen der <strong>Bundestag</strong>sfraktion<br />

und die außerparlamentarischen Parteiführungen sind zum Teil<br />

identisch.<br />

Auch die Willensbildung von Partei und Fraktion ist miteinander<br />

verbunden. Rein formal gesehen können die Abgeordneten<br />

unabhängig von äußeren Einflüssen entscheiden. Doch natürlich<br />

müssen sie auch die jeweiligen Positionen ihrer Partei<br />

berücksichtigen. So sind Beschlüsse von Parteitagen für die<br />

50


Fraktionen<br />

Arbeit der Fraktionen<br />

vielleicht nicht formal<br />

bin dend, aber zumindest<br />

eine starke Orien tie -<br />

rung. Reibungen zwi -<br />

schen Partei und Frak tion<br />

sind durchaus denkbar.<br />

Insbesondere bei Parteien,<br />

die die Regierung tra -<br />

gen, kann die Fraktion<br />

unter ei nem größeren<br />

Druck ste hen – vor al -<br />

lem, wenn sie Teil einer<br />

Ko a lition ist und Kompromisse<br />

erarbeiten und tragen muss. Parteipolitiker, die nicht<br />

im Parlament vertreten sind, können dagegen Positionen freier<br />

beziehen und sich dabei von den Fraktionsmitgliedern derselben<br />

Partei unterscheiden.<br />

Die Parteivorsitzenden<br />

von Die Linke, Gesine<br />

Lötzsch und Klaus<br />

Ernst, sowie der<br />

Fraktionsvorsitzende<br />

Gregor Gysi (v. l.).<br />

Foto: picture-alliance/dpa/Klaus-Dietmar Gabbert<br />

Wer ist letztendlich einflussreicher – die Partei oder die Fraktion?<br />

Es gibt parlamentarische Systeme, in denen die Fraktion das<br />

Machtzentrum der gesamten Partei bildet, zum Beispiel in<br />

Großbritannien. In anderen Fällen wie in Frankreich sind die<br />

Parlamentsfraktionen lediglich die schwachen Arme einer starken<br />

außerparlamentarischen Parteiorganisation. In Deutschland<br />

spricht man von einer mittleren Variante; Partei und Fraktion<br />

halten sich die Waage. Allerdings kann dies von Fraktion zu<br />

Fraktion unterschiedlich sein. So hat es beispielsweise insbesondere<br />

in den Anfangsjahren der Partei Die Grünen oft Konflikte<br />

zwischen der grünen Parteiführung und den grünen Parlamentsvertretern<br />

gegeben. Bei den Grünen wurde über Jahre<br />

eine deutliche Linie zwischen Parteipersonal und Fraktionspersonal<br />

gezogen: Wer im Parlament war, durfte keine Führungsposition<br />

in der Partei bekleiden. Die FDP ist das Gegenbeispiel:<br />

Hier ist die Parlamentsfraktion gegenüber der Partei vergleichsweise<br />

stark aufgestellt.<br />

51


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Fraktionslose Abgeordnete<br />

Im Laufe einer Legislaturperiode kommt es immer wieder vor,<br />

dass Abgeordnete ihre Fraktionsmitgliedschaft verlieren oder<br />

aufgeben. Dies kann völlig freiwillig geschehen, nämlich dann,<br />

wenn Abgeordnete für sich entscheiden, dass eine Fraktion nicht<br />

mehr ihre politische Heimat ist. Manchmal schließt eine Fraktion<br />

einen Abgeordneten aber auch aus, zum Beispiel wegen<br />

»parteischädigenden Verhaltens«.<br />

Abgeordnete<br />

müssen nicht<br />

einer Fraktion<br />

angehören.<br />

Fraktionslose Parlamentarier haben dieselben Abgeordnetenrechte<br />

wie Fraktionsmitglieder. Allerdings können sie nicht<br />

mehr die Privilegien nutzen, die mit der Mitgliedschaft in einer<br />

Fraktion verbunden sind. Dies hat beispielsweise Auswirkungen<br />

auf ihr Recht, in der Plenardebatte zu reden. Denn die Redezeiten<br />

werden über die Fraktionen verteilt. Fraktionslose Abgeordnete<br />

kommen, wenn überhaupt, erst am Ende einer langen<br />

Rednerliste zum Zuge. Zudem können sie nicht auf die Infrastruktur<br />

einer Fraktion zurückgreifen, keine Gesetzentwürfe<br />

einbringen, keine Kleinen oder Großen Anfragen stellen und<br />

keine namentliche Abstimmung verlangen. Andererseits unterliegen<br />

sie keiner Fraktionsdisziplin. Sie müssen sich nicht an<br />

Fraktionspositionen halten und sich auch nicht rechtfertigen,<br />

wenn sie in der einen oder anderen Frage eventuell abweichender<br />

Meinung sind.<br />

Gruppen<br />

Zwischen den einzelnen fraktionslosen Parlamentariern und den<br />

Fraktionen gibt es noch eine weitere Form der Verbindung von<br />

Abgeordneten: die Gruppe. Eine Gruppe ist ein Zusammenschluss<br />

von Parlamentariern gleicher politischer Überzeugung, der aber<br />

nicht die Fraktionsmindeststärke erreicht hat. Es gibt keine klare<br />

Festlegung, wie viele Abgeordnete zusammenkommen müssen,<br />

um eine Gruppe zu bilden. Letzten Endes entscheidet der <strong>Bundestag</strong>,<br />

also die Mehrheit, über die Anerkennung von Gruppen<br />

52


Fraktionen<br />

und die Zuerkennung von Rechten und<br />

Ausstattung.<br />

Zu Beginn der 12. Wahlperiode bildeten<br />

die acht Abgeordneten von Bündnis<br />

90/Die Grünen sowie die 17 Abgeordneten<br />

der PDS/Linke Liste jeweils<br />

solche Gruppen. Infolge der deutschen<br />

Einheit galt 1990 eine Sonderregelung,<br />

dass auch Parteien und Listenverbindungen,<br />

die allein in den neuen Bundesländern<br />

auf über fünf Prozent<br />

gelangen konnten, bei der Mandatsverteilung<br />

berücksichtigt werden sollten. Nach der Wahl 1994<br />

wurde der Zusammenschluss der 30 PDS-Abgeordneten als<br />

Gruppe eingestuft. In der 15. Wahlperiode ab 2002 wurde dagegen<br />

den beiden direkt gewählten PDS-Abgeordneten der Gruppenstatus<br />

verwehrt.<br />

Den bisherigen Gruppen standen ähnliche Rechte und Ressourcen<br />

wie den Fraktionen zu, allerdings in abgestuftem Maße. Sie<br />

konnten Mitglieder in den Ältestenrat und die Fachausschüsse<br />

entsenden, hatten Initiativrechte vergleichbar denen der Fraktionen<br />

und erhielten Mittel für Mitarbeiter und die Büroinfrastruktur.<br />

Sie hatten entsprechend ihrer Größe Redezeiten in der<br />

Plenardebatte. Gruppenvorsitzende hatten dieselben Privilegien<br />

wie die Vorsitzenden der Fraktionen. Bestimmte Rechte<br />

blieben allerdings den Fraktionen vorbehalten, beispielsweise<br />

namentliche Abstimmungen zu verlangen oder zu beantragen,<br />

ein Mitglied der Bundesregierung herbeizurufen.<br />

Doppelspitze der<br />

Fraktion Bündnis<br />

90/Die Grünen:<br />

Renate Künast und<br />

Jürgen Trittin.<br />

Weniger als<br />

fünf Prozent aller<br />

Abgeordneten<br />

mit gleicher politischer<br />

Überzeugung<br />

können<br />

sich zu einer<br />

Gruppe zusammenschließen.<br />

Foto: picture-alliance/ZB/Martin Schutt<br />

53


Die Leitungsorgane des Parlaments<br />

Bei jeder größeren Organisation gibt es eine Führungsspitze, bei<br />

jedem größeren Unternehmen oder Verein gibt es einen Vorstand.<br />

Auch der <strong>Bundestag</strong> hat eine Leitungsebene. Aber wie das Parlament<br />

in vielerlei Hinsicht eine ganz besondere Organisation ist,<br />

so sind auch die Leitungsorgane ganz besondere.<br />

Der <strong>Bundestag</strong> ist kein Verein, keine Firma, sondern ein Staatsorgan.<br />

Er erfüllt hoheitliche Aufgaben. Und die Mitglieder des<br />

<strong>Bundestag</strong>es sind nicht in eine Hierarchie eingeordnet. Vielmehr<br />

sind sie selbstständige Einheiten, die rechtlich gesehen<br />

unabhängig von Weisungen anderer und somit auch unabhängig<br />

von Weisungen von oben handeln. Die Koordination einer<br />

solchen Organisation läuft deswegen anders ab, als man das<br />

aus anderen Zusammenhängen kennen mag. Leitungsorgane<br />

des <strong>Bundestag</strong>es sind der Präsident, das Präsidium sowie der<br />

Ältestenrat.<br />

<strong>Bundestag</strong>spräsident<br />

Norbert Lammert<br />

(CDU/CSU).<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/studio kohlmeier<br />

54


Die Leitungsorgane des Parlaments<br />

Der <strong>Bundestag</strong>spräsident<br />

Dem <strong>Bundestag</strong> steht der <strong>Bundestag</strong>spräsident vor. Er prägt das<br />

Gesicht des Parlaments in der Öffentlichkeit und gehört zur<br />

politischen Prominenz. Im Staat steht der <strong>Bundestag</strong>spräsident<br />

weit oben: In der protokollarischen Reihenfolge nimmt er Platz<br />

zwei hinter dem Bundespräsidenten ein. Wie aber wird man<br />

<strong>Bundestag</strong>spräsident? Das Grundgesetz sagt hierzu nur, dass der<br />

Präsident vom <strong>Bundestag</strong> gewählt wird. Alles Weitere regelt die<br />

Geschäftsordnung. <strong>Bundestag</strong>spräsident kann nur ein Mitglied<br />

des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es werden. Der <strong>Bundestag</strong>spräsident<br />

kommt also aus der »Mitte des Hauses«. Ansonsten gibt es<br />

keine formalen Voraussetzungen. Aus der Weimarer Republik<br />

stammt allerdings eine – nirgends niedergeschriebene – Tradition:<br />

Die jeweils stärkste Fraktion hat das Vorschlagsrecht bei<br />

der Wahl des <strong>Bundestag</strong>spräsidenten. Dies gilt auch für den<br />

Fall, dass die größte Fraktion gerade in der Opposition ist. So<br />

hatte die CDU/CSU-Fraktion aus der Opposition heraus das<br />

Recht, 1969 mit Kai-Uwe von Hassel, 1976 mit Karl Carstens und<br />

1979 mit Richard Stücklen dieses Amt zu besetzen.<br />

Der <strong>Bundestag</strong>spräsident:<br />

zweiter Mann<br />

im Staat.<br />

Die Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es wählen ihren Präsidenten mit<br />

verdeckten Stimmzetteln. Der Kandidat benötigt die Mehrheit<br />

der Mitglieder. Tatsächlich sind bei den bisherigen Wahlen<br />

zumeist mehr als zwei Drittel der Abgeordnetenstimmen auf<br />

den vorgeschlagenen Kandidaten entfallen. Was gut ist, denn<br />

der Präsident hat die Aufgabe, den gesamten <strong>Bundestag</strong> nach<br />

außen zu vertreten und in der Ausübung seines Amtes überparteilich<br />

zu handeln. Eine Abwahl des <strong>Bundestag</strong>spräsidenten<br />

sieht die Geschäftsordnung nicht vor. Der Präsident kann aber<br />

zurücktreten – ein <strong>Bundestag</strong>spräsident, der nicht mehr das<br />

Vertrauen des Parlaments genießt, wird sich kaum im Amt halten<br />

können.<br />

55


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Der <strong>Bundestag</strong>spräsident vertritt das Parlament gegenüber den<br />

anderen Staatsorganen und der Gesellschaft. Er vereidigt den<br />

Bundespräsidenten, die Bundeskanzlerin und die Bundesminister.<br />

Er ist Ansprechpartner für alle, die sich an den <strong>Bundestag</strong><br />

als Staatsorgan wenden wollen, vertritt das Parlament in<br />

Rechtsstreitigkeiten und steht der Parlamentsverwaltung vor.<br />

Der Präsident des <strong>Bundestag</strong>es ist der »Herr im Haus«. Er verfügt<br />

über das Hausrecht und die Polizeigewalt im Parlament. Er<br />

kann Ordnungsmaßnahmen gegen randalierende Zuschauer<br />

verhängen. Und innerhalb der Gebäude des Parlaments liegt<br />

alles, was zur hoheitlichen Aufgabe der Polizei gehört, in seiner<br />

Hand. Hierfür steht dem <strong>Bundestag</strong>spräsidenten die »Hauspolizei«<br />

des <strong>Bundestag</strong>es zur Verfügung. Die eigene Polizeigewalt<br />

der Volksvertretung hat ihre Wurzeln im frühen Parlamentarismus,<br />

als sich die Abgeordneten gegen die Fürsten absichern<br />

mussten, die auch mithilfe ihrer Polizeikräfte die parlamentarische<br />

Arbeit zu behindern versuchten.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Anke Jacob<br />

<strong>Bundestag</strong>spolizei<br />

Der <strong>Bundestag</strong> ist ein eigener Polizeibezirk, in dem der <strong>Bundestag</strong>spräsident<br />

das Hausrecht und die Polizeigewalt ausübt. Die Polizei beim Deutschen<br />

<strong>Bundestag</strong> sorgt für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und<br />

gewährleistet damit die Arbeitsfähigkeit des Parlaments. Dabei sind die<br />

Polizeibeamten nicht nur für alle Gebäude und Grundstücke des <strong>Bundestag</strong>es<br />

verantwortlich, sondern auch für Orte, die nur vorübergehend vom<br />

<strong>Bundestag</strong> genutzt werden. Die parlamentarische Polizeigewalt ist im<br />

Grundgesetz verankert. Zwar ist die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden<br />

im Bereich des Parlaments ausgeschlossen, aber die Polizei des <strong>Bundestag</strong>es<br />

arbeitet mit anderen Polizeibehörden eng zusammen.<br />

Allseits sichtbar und hervorgehoben ist der Präsident, wenn er<br />

die Plenarsitzungen des <strong>Bundestag</strong>es leitet, also wenn er Sitzungspräsident<br />

ist. Er oder einer seiner Stellvertreter nimmt in<br />

den Plenardebatten den mittleren der drei Plätze des Sitzungs-<br />

56


Die Leitungsorgane des Parlaments<br />

vorstands ein, den Platz zwischen den beiden Schriftführern.<br />

Die Schriftführer sind Parlamentarier, die von den Fraktionen<br />

vorgeschlagen werden. Je ein Abgeordneter aus der Regierungsmehrheit<br />

und der Opposition sitzen am Tisch des Sitzungsvorstands.<br />

Sie führen die Rednerliste und unterstützen den Sitzungspräsidenten<br />

in der Ausübung seiner Aufgaben.<br />

Als Zeichen des Respekts erheben sich die Abgeordneten von<br />

ihren Plätzen, wenn der sitzungsleitende Präsident zu Beginn<br />

der Plenardebatte den Saal betritt. Der Sitzungspräsident sorgt<br />

für den ordnungs- und absprachegemäßen Ablauf der Plenarberatungen.<br />

Er achtet auf die Einhaltung der Geschäftsordnungsregeln<br />

zum Beispiel bei Abstimmungen, ruft die Redner<br />

auf und sorgt dafür, dass die vortragenden Abgeordneten die<br />

ihnen zugewiesene Redezeit nicht überschreiten. Wenn ein<br />

Parlamentarier trotz Ermahnungen nicht zum Ende kommen<br />

will, kann der Präsident ihm das Wort entziehen. Der Sitzungspräsident<br />

wacht auch darüber, dass die Parlamentarier am Rednerpult<br />

oder auf den Sitzplätzen in Wort und Tat nicht die<br />

Würde des Hauses beschädigen. Bei Bedarf kann der Sitzungspräsident<br />

einen Parlamentarier mit einem Ordnungsruf belegen<br />

und in schwerwiegenden Fällen sogar des Saales verweisen.<br />

Der Bundes tags -<br />

präsident muss<br />

sich überparteilich<br />

verhalten.<br />

Als Sitzungsleiter und bei der Erfüllung der sonstigen Aufgaben<br />

muss sich der <strong>Bundestag</strong>spräsident überparteilich verhalten.<br />

Allerdings verliert ein Parlamentarier nicht seine parteipolitische<br />

Heimat, wenn er das Amt des <strong>Bundestag</strong>spräsidenten<br />

übernimmt. Der Parlamentspräsident bleibt weiterhin Mitglied<br />

seiner Fraktion und nimmt aufgrund seiner Funktion meist<br />

einen wichtigen Platz in der Fraktionsführung ein. Als gewählter<br />

Parlamentarier betreut er weiterhin seinen Wahlkreis und<br />

wirkt in den Entscheidungsgremien seiner Partei mit. Er kann<br />

wie jedes andere Mitglied an Debatten und Abstimmungen des<br />

<strong>Bundestag</strong>es teilnehmen – wenngleich der <strong>Bundestag</strong>spräsident<br />

in parteipolitisch kontroversen Debatten von seinem<br />

Rederecht meist nur begrenzt Gebrauch macht.<br />

57


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Der Speaker des House of Commons<br />

Die bleibende parteipolitische Zuordnung unterscheidet den <strong>Bundestag</strong>spräsidenten<br />

von anderen Parlamentsvorsitzenden wie dem Speaker des<br />

britischen Unterhauses. Tritt ein Speaker sein Amt an, wird er sich nicht<br />

mehr an Debatten oder Abstimmungen beteiligen. Durch sein Amt steht er<br />

über den Parteien und Fraktionen und kann so auch bei wechselnden<br />

Mehrheitsverhältnissen Speaker bleiben, wenn er die entsprechende<br />

Zustimmung des Unterhauses hat. Wenn sich aber im <strong>Bundestag</strong> die Kräfteverhältnisse<br />

nach Wahlen ändern, dann wechselt das Vorschlagsrecht für<br />

den <strong>Bundestag</strong>spräsidenten an die nun stärkste Fraktion. Es wird ein<br />

neuer <strong>Bundestag</strong>spräsident gewählt.<br />

Foto © picture-alliance/empics/Stefan Rousseau<br />

John Bercow, seit 2009 Speaker des House of Commons.<br />

58


Die Leitungsorgane des Parlaments<br />

Die Vizepräsidenten und das Präsidium<br />

Der <strong>Bundestag</strong>spräsident wird in seinen Aufgaben von Stellvertretern<br />

unterstützt und vertreten. Zusammen mit dem Präsidenten<br />

bilden die Vizepräsidenten das Präsidium des Deutschen<br />

<strong>Bundestag</strong>es. Auch die <strong>Bundestag</strong>svizepräsidenten werden von<br />

den Mitgliedern des Hauses gewählt – bis 1980 »in einem<br />

Paket«, also als gemeinsamer Vorschlag. Seitdem wird über die<br />

Kandidaten einzeln abgestimmt. Die Geschäftsordnung sichert<br />

mittlerweile jeder Fraktion das Recht zu, einen Kandidaten für<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Marc-Steffen Unger<br />

das Amt des Vizepräsidenten vorschlagen zu dürfen. Dass die<br />

Wahl jedoch keine reine Formsache ist, zeigen die Vorgänge zu<br />

Beginn der 16. Wahlperiode. Die Fraktion Die Linke hatte mit<br />

dem Parteivorsitzenden Lothar Bisky einen Kandidaten aufgestellt,<br />

der es in vier Anläufen nicht schaffte, die erforderliche<br />

Mehrheit im <strong>Bundestag</strong> zu erreichen. Die Linksfraktion nominierte<br />

dann Petra Pau, die schließlich gewählt wurde.<br />

Das Präsidium des<br />

17. Deutschen Bundes -<br />

tages (v. l.):<br />

Wolfgang Thierse (SPD),<br />

Katrin Göring-Eckardt<br />

(Bündnis 90/Die Grünen),<br />

Norbert Lammert (CDU),<br />

Petra Pau (Die Linke),<br />

Eduard Oswald (CSU),<br />

und Hermann Otto<br />

Solms (FDP).<br />

59


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Zu den wichtigsten Aufgaben der Vizepräsidenten gehört es, im<br />

Wechsel mit dem <strong>Bundestag</strong>spräsidenten die Plenarsitzungen<br />

zu leiten. In ihrer Arbeit als Sitzungspräsidenten kommen ihnen<br />

dieselben Pflichten und Rechte zu wie dem <strong>Bundestag</strong>spräsidenten.<br />

Auch in anderen Situationen vertreten die »Vizes« den<br />

Präsidenten. Dabei hat der Vizepräsident aus der zweitstärksten<br />

Fraktion das erste Zugriffsrecht, solche Termine wahrzunehmen.<br />

Der Bundes tags -<br />

präsident und<br />

seine Stell ver -<br />

treter besprechen<br />

alle wich tigen<br />

Fragen gemeinsam.<br />

In einer Reihe von Entscheidungen muss sich der <strong>Bundestag</strong>spräsident<br />

mit seinen Präsidiumskollegen »ins Benehmen setzen«,<br />

sie also informieren, und bei anderen Fragen sogar Einvernehmen<br />

mit ihnen herstellen: In den Punkten, in denen ein<br />

Einvernehmen erforderlich ist, können die Vizepräsidenten Entscheidungen<br />

mit Mehrheit verhindern. Allerdings wird in solchen<br />

Situationen immer versucht, einen Konsens herzustellen.<br />

Das Präsidium wirkt bei Personalentscheidungen in der <strong>Bundestag</strong>sverwaltung<br />

mit und wacht über die Einhaltung der Verhaltensregeln<br />

durch die Abgeordneten. Neben seinen offiziellen<br />

Zuständigkeiten ist das Präsidium ein kollegiales Leitungsorgan.<br />

Der <strong>Bundestag</strong>spräsident und die Vizepräsidenten besprechen<br />

alle wichtigen Fragen, die in die Entscheidungskompetenz des<br />

Präsidenten fallen – auch in den Fällen, in denen der Präsident<br />

rechtlich gesehen allein entscheiden könnte. Konflikte, die das<br />

Präsidium nicht einvernehmlich lösen kann, landen in der Regel<br />

im Ältestenrat.<br />

Der Ältestenrat<br />

Im Ältestenrat kommen nicht die ältesten oder dienstältesten<br />

Abgeordneten zusammen – da mag der Name ein wenig in die<br />

falsche Richtung führen. Vielmehr treffen sich hier die<br />

Geschäftsführungen der Fraktionen sowie die parlamentarische<br />

Leitungsebene. Die Mitglieder des Präsidiums sind automatisch<br />

auch Mitglieder im Ältestenrat. Hinzu kommen noch weitere 23<br />

von den Fraktionen benannte Abgeordnete. Mit am Tisch sitzt<br />

auch ein Vertreter der Bundesregierung. Denn was im Ältesten-<br />

60


Die Leitungsorgane des Parlaments<br />

rat besprochen und vereinbart wird, betrifft auch die Regierung<br />

und ihre Gesetzesinitiativen. Der Ältestenrat ist die zentrale<br />

geschäftsführende Instanz im <strong>Bundestag</strong>.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Werner Schuering<br />

Zunächst dient der Ältestenrat dem <strong>Bundestag</strong>spräsidenten als<br />

Beratungsgremium. Fragen, die die Arbeit des Parlaments<br />

betreffen, bespricht der Präsident mit den übrigen Mitgliedern<br />

des Ältestenrats zum Beispiel dann, wenn die Auslegung der<br />

Geschäftsordnung unklar ist oder wenn über das Vorgehen<br />

eines sitzungsleitenden Präsidenten diskutiert werden muss. In<br />

solchen Situationen kann auch der Geschäftsordnungsausschuss<br />

des <strong>Bundestag</strong>es mit der Ausarbeitung einer Stellungnahme<br />

beauftragt werden. In bestimmten Fällen ist der Präsident<br />

sogar verpflichtet, den Ältestenrat zu beteiligen, wenn<br />

zum Beispiel Berichte der Bundesregierung unmittelbar an die<br />

Ausschüsse überwiesen werden.<br />

Sitzungssaal des<br />

Ältestenrats im<br />

Reichstagsgebäude.<br />

61


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Der Geschäftsordnungsausschuss<br />

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ist für<br />

die inneren Angelegenheiten des <strong>Bundestag</strong>es zuständig. Der Ausschuss<br />

prüft Einsprüche gegen den Ablauf der Wahl und wacht über die Immunität<br />

der Abgeordneten, die sie vor ungerechtfertigter Strafverfolgung schützen<br />

soll. Darüber hinaus ist er eine Art Schiedsrichter im parlamentarischen<br />

Betrieb. Als Geschäftsordnungsausschuss ist er für die Auslegung<br />

und Änderung der parlamentarischen Spielregeln zuständig, wie sie in der<br />

Geschäftsordnung des <strong>Bundestag</strong>es niedergeschrieben sind.<br />

Die wichtigste Zuständigkeit des Ältestenrats liegt allerdings in<br />

der Vorbereitung der Plenardebatte. Das Gremium entscheidet,<br />

welche Ausschüsse federführend Gesetzentwürfe beraten, welche<br />

Themen wie ausführlich in den Plenarsitzungen behandelt<br />

werden oder welche Redeanteile die jeweiligen Fraktionen<br />

erhalten. Der Großteil der Vereinbarungen über die Tagesordnung<br />

und die Debattengestaltung ist bereits im Vorfeld der<br />

Ältestenratssitzungen in der Runde der Ersten Parlamentarischen<br />

Geschäftsführer vorbereitet worden. Solche Vorabsprachen<br />

werden vom Ältestenrat nur noch formal »abgesegnet«.<br />

Berliner Stunde<br />

Wie viele Abgeordnete in einer Debatte reden dürfen, bemisst sich nach<br />

der Berliner Stunde: In der 17. Wahlperiode hat bei einer rund einstündigen<br />

Debatte die CDU/CSU-Fraktion 23 Minuten Redezeit, die SPD 14, die FDP<br />

neun, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen je sieben Minuten Redezeit.<br />

Fraktionslose Abgeordnete erhalten drei Minuten. Die Geschäftsführer der<br />

Fraktionen teilen dem Sitzungsvorstand mit, welcher Abgeordnete wie<br />

lange reden darf. Die Mitglieder der Bundesregierung und des Bundesrats<br />

besitzen ein Redeprivileg: Sie müssen nach dem Grundgesetz »jederzeit<br />

gehört werden«. Es ist allerdings üblich, dass die Redezeit von Regierungsmitgliedern<br />

auch der Redezeit der Regierungsfraktionen angerechnet wird.<br />

62


Die Leitungsorgane des Parlaments<br />

Die Ältestenratsbeschlüsse dienen dem Sitzungspräsidenten als<br />

Anleitung, mit deren Hilfe er die Abarbeitung der im Plenum<br />

anstehenden Punkte koordinieren kann. Bezieht sich der<br />

jeweilige Sitzungspräsident später auf die Entscheidungen des<br />

Ältestenrats, verwendet er die Formel: »Nach einer Vereinbarung<br />

im Ältestenrat ...« Dass die Organisation der Plenarsitzungen<br />

im Vorfeld einvernehmlich zwischen den Fraktionen<br />

besprochen wird, erspart viele Geschäftsordnungsdebatten.<br />

Allerdings können die Vorentscheidungen des Ältestenrats vom<br />

Plenum per Mehrheitsbeschluss wieder aufgehoben werden.<br />

Die <strong>Bundestag</strong>sverwaltung<br />

Die Arbeit des Parlaments wird von der Verwaltung des <strong>Bundestag</strong>es,<br />

einer obersten Bundesbehörde, unterstützt. Die <strong>Bundestag</strong>sverwaltung<br />

untersteht dem Präsidenten des Parlaments und<br />

wird vom »Direktor beim Deutschen <strong>Bundestag</strong>« geleitet. Ganz<br />

bewusst heißt es nicht »Direktor des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es«.<br />

Denn der Direktor steht nicht über dem Parlament und seinen<br />

Mitgliedern, sondern ist ihm zugeordnet. Die <strong>Bundestag</strong>sverwaltung<br />

ist kein Leitungsorgan, sondern eine Behörde zu Diensten<br />

des Parlaments. Aufgebaut ist die <strong>Bundestag</strong>sverwaltung wie<br />

viele andere Behörden auch. Die kleinste Arbeitseinheit sind die<br />

Referate. Sie werden in Unterabteilungen zusammengefasst, die<br />

wiederum Abteilungen bilden. Davon ausgenommen sind die<br />

Referate im Bereich Presse und Kommunikation, die unmittelbar<br />

dem <strong>Bundestag</strong>spräsidenten zugeordnet sind. Die Verwaltung<br />

umfasst rund 2.500 Mitarbeiter. Damit ist die <strong>Bundestag</strong>sverwaltung<br />

einer der größten Parlamentsdienste weltweit.<br />

Die Bundes tags -<br />

verwaltung<br />

unterstützt das<br />

Parlament in<br />

seiner Arbeit.<br />

Die <strong>Bundestag</strong>sverwaltung arbeitet dem <strong>Bundestag</strong> zu. Sie dient<br />

nicht der Mehrheit, der Opposition oder einer speziellen Fraktion,<br />

sondern der Gesamtheit der Parlamentarier und insbesondere<br />

den parlamentarischen Leitungsgremien und Ausschüssen.<br />

Von den notwendigen Infrastrukturleistungen rund um den<br />

Berliner Parlamentssitz über die Organisation der Abgeordne-<br />

63


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Die <strong>Bundestag</strong>sverwaltung<br />

Präsidialbüro<br />

<strong>Bundestag</strong>spräsident<br />

Presse und Kommunikation<br />

Direktorbüro<br />

Direktor<br />

Protokoll<br />

Wehrbeauftragter<br />

Amt des Wehrbeauftragten<br />

Sekretariat FödKo II<br />

P<br />

Parlament<br />

und<br />

Abgeordnete<br />

W<br />

Wissenschaft<br />

und Außenbeziehungen<br />

I<br />

Information<br />

und Dokumentation<br />

Z<br />

Zentralabteilung<br />

Abteilungen<br />

PD<br />

Parlamentsdienste<br />

PM<br />

Mandatsdienste<br />

PA<br />

Ausschüsse<br />

WD<br />

Wissenschaftliche<br />

Dienste<br />

WI<br />

Internationale<br />

Beziehungen<br />

Pet<br />

Petitionen<br />

und Eingaben<br />

ID<br />

Bibliothek<br />

und Dokumentation<br />

IO<br />

Information<br />

und Öffentlichkeitsarbeit<br />

IT<br />

Informationstechnik<br />

ZV<br />

Zentrale<br />

Verwaltung<br />

ZR<br />

Recht<br />

ZT<br />

Technik und<br />

Betrieb<br />

Unterabteilungen<br />

Grafik © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Marc Mendelson<br />

tenentschädigung und Parteienfinanzierung bis hin zum Fahrdienst<br />

für die Parlamentarier – das Leistungsspektrum der <strong>Bundestag</strong>sverwaltung<br />

ist breit. Für die Außenwelt besonders gut<br />

sichtbare Mitarbeiter der Parlamentsdienste sind die Stenografen,<br />

die im Plenarsaal vor dem Rednerpult sitzen und die<br />

Debatten wortwörtlich protokollieren, sowie die livrierten Saaldiener.<br />

Wer schon einmal den <strong>Bundestag</strong> besucht hat, ist<br />

außerdem mit dem Besucherdienst in Kontakt gekommen oder<br />

hat Publikationen aus der Öffentlichkeitsarbeit des <strong>Bundestag</strong>es<br />

erhalten. All dies sind Leistungen und Arbeitseinheiten der<br />

<strong>Bundestag</strong>sverwaltung.<br />

64


Die Leitungsorgane des Parlaments<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/<br />

Lichtblick/Achim Melde<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Werner Schüring<br />

Besonders wichtig für die parlamentarische Sacharbeit sind die<br />

Ausschusssekretariate, die Wissenschaftlichen Dienste und die<br />

Bibliothek mit umfangreichen Recherchemöglichkeiten. Jeder<br />

Fachausschuss wird von einer Einheit der <strong>Bundestag</strong>sverwaltung<br />

betreut, die organisatorisch und fachlich den Vorsitzenden<br />

und die Mitglieder des Ausschusses unterstützt. Die Wissenschaftlichen<br />

Dienste helfen den Parlamentariern, sich in komplizierte<br />

Fragen einzuarbeiten, und liefern ihnen Material und<br />

Gutachten für ihre parlamentarische Arbeit.<br />

Stenografen (l.) und<br />

Saaldiener (r.) unterstützen<br />

das Parlament in<br />

seiner Arbeit.<br />

Foto © picture-plliance/dpa/Rainer Jensen<br />

Informations- und<br />

Dienstleistungszentrum:<br />

Das Marie-Elisabeth-<br />

Lüders-Haus beherbert<br />

die Bibliothek, das<br />

Archiv, die Presse do ku -<br />

mentation und die<br />

Wissenschaftlichen<br />

Dienste des Bundes -<br />

tages.<br />

65


Die Abgeordneten<br />

im parlamentarischen Alltag<br />

Parlamentarier sind keine »Einzelkämpfer« im <strong>Bundestag</strong>,<br />

sondern schließen sich mit anderen zusammen. Dabei entstehen<br />

auch Spannungen zwischen der Macht der Fraktionen und der<br />

Freiheit des jeweiligen Abgeordneten. Aber können die einzelnen<br />

Abgeordneten in einer so großen Gemeinschaft überhaupt<br />

Bedeutung erlangen? Und was kann ein Parlamentarier allein<br />

bewirken?<br />

In der Regel sind alle Abgeordneten in Fraktionen zusammengeschlossen.<br />

Das ist wichtig, denn ein Parlament mit über 600<br />

unverbundenen Abgeordneten wäre wohl kaum arbeitsfähig.<br />

Die Fraktionen gewährleisten die Handlungs- und Beschlussfähigkeit<br />

einer so großen Versammlung von rechtlich gesehen<br />

unabhängigen Personen. Doch die Rolle der Fraktionen kann<br />

auch zulasten der Freiheit der einzelnen Abgeordneten gehen.<br />

Die Parlamentarier haben nur wenige Individualrechte – und<br />

wenn sie diese nutzen, dann geschieht dies in der Regel in<br />

Absprache mit ihrer Fraktion.<br />

Der Abgeordnete im »Fraktionenparlament«<br />

Die Fraktionen<br />

erarbeiten zu<br />

parlamentarischen<br />

Themen<br />

eine einheitliche<br />

Linie für die Frak -<br />

tionsmitglieder.<br />

Was bedeutet die Macht der Fraktionen für die einzelnen Abgeordneten?<br />

Hierum dreht sich eine jahrzehntealte Debatte: Es<br />

geht um die Unabhängigkeit der Parlamentarier, das freie Mandat<br />

gemäß Artikel 38 des Grundgesetzes und die Bedeutung der<br />

Fraktionen im parlamentarischen Betrieb. Üblicherweise wird<br />

versucht, in den Fraktionen eine einheitliche Linie für die<br />

Abstimmungen und Meinungsäußerungen im Parlament zu<br />

erarbeiten. Die zuständigen Fraktionsmitglieder setzen sich in<br />

den Arbeitsgruppen, -kreisen oder -gemeinschaften mit den<br />

Beratungsthemen auseinander und entwickeln eine Fraktionsposition.<br />

Diese wird in der Fraktionsversammlung, also dem<br />

Treffen aller Mitglieder einer Fraktion, dargelegt, diskutiert und<br />

verabschiedet. Es wird dann erwartet, dass sich die Mitglieder<br />

der Fraktion der vereinbarten Linie anschließen, auch wenn sie<br />

der Position kritisch gegenüberstehen.<br />

66


Die Abgeordneten im parlamentarischen Alltag<br />

Dementsprechend sehen die meisten Abstimmungen im Parlament<br />

so aus: Die Fraktionen votieren einheitlich für oder gegen<br />

einen Antrag oder eine Beschlussvorlage. Bei namentlichen<br />

Abstimmungen signalisieren die Parlamentarischen Geschäftsführer<br />

unübersehbar, welche der drei Abstimmungskarten die<br />

Mitglieder ihrer Fraktionen in die Urne werfen sollen. Sie stehen<br />

an den Urnen und halten die entsprechende Karte hoch. Das<br />

bedeutet jedoch nicht, dass die Abgeordneten gezwungen werden<br />

können, im Sinne der Fraktion zu stimmen. Formal bleibt<br />

das Stimmrecht bei den Parlamentariern. Sie sind rechtlich<br />

gesehen frei in ihrer Entscheidung. Allerdings kann ein Abweichen<br />

von der Fraktionslinie durchaus Konsequenzen haben.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Lichtblick/Achim Melde<br />

Namentliche<br />

Abstimmung im<br />

<strong>Bundestag</strong>: Die<br />

Fraktionen stimmen<br />

meist geschlossen ab<br />

und folgen so der<br />

Frak tionslinie.<br />

67


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Die Fraktions -<br />

gemeinschaft<br />

muss sich auf ein<br />

einheitliches<br />

Verhalten ihrer<br />

Mitglieder verlassen<br />

können.<br />

In der Regel sehen die Geschäftsordnungen der Fraktionen vor,<br />

dass Mitglieder, die von der Fraktionslinie abweichen wollen,<br />

sich vorher bei der Fraktionsführung melden und sich »erklären«<br />

müssen. Später haben sie auch die Möglichkeit, eine<br />

»Erklärung zur Abstimmung« in das stenografische Protokoll der<br />

Plenarsitzung zu geben und dort ihre Beweggründe zu dokumentieren.<br />

Ein andauerndes abweichendes Verhalten ist jedoch<br />

ein Problem. Dann kann sich die Fraktionsgemeinschaft nicht<br />

mehr auf ihre Mitglieder und die Regierung nicht mehr auf ihre<br />

parlamentarische Unterstützung verlassen. Damit hätten die<br />

Fraktionen keine Funktion mehr, die Abgeordneten würden<br />

wieder zu Einzelkämpfern, und das Parlament könnte entscheidungsunfähig<br />

werden. Die Solidarität mit der Fraktion ist zudem<br />

der Preis für eine Reihe von Vorteilen, die die Mitgliedschaft in<br />

einer Fraktion mit sich bringt.<br />

Ein Abgeordneter, der immer wieder von der Fraktionslinie<br />

abweicht, kann von der Fraktionsführung mit dem Entzug eines<br />

Ausschusspostens oder einer anderen wichtigen Funktion, die<br />

von den Fraktionen besetzt werden darf, »bestraft« werden. Als<br />

äußerstes Mittel bleibt noch der Ausschluss aus der Fraktion: Die<br />

Abgeordneten behalten dann zwar ihr Mandat bis zum Ende der<br />

Legislaturperiode, müssen aber damit rechnen, dass die Partei<br />

sie bei der kommenden Wahl nicht wieder aufstellt. Ein Beispiel<br />

für von der Fraktionslinie abweichendes Verhalten von Parlamentariern<br />

ist die Verabschiedung der Gesundheitsreform 2007:<br />

43 Abgeordnete der Regierungskoalition sprachen sich in der<br />

Schlussabstimmung gegen den von der Großen Koalition getragenen<br />

Entwurf aus. Danach gab es in den Fraktionen Diskussionen<br />

über diesen Vorgang. Es wurde überlegt, den Abweichlern<br />

ihre Ausschusspositionen zu entziehen. Letzten Endes ist es<br />

jedoch bei Appellen geblieben, künftig mehr Fraktionsdisziplin<br />

zu zeigen.<br />

68


Die Abgeordneten im parlamentarischen Alltag<br />

Fraktionsdisziplin<br />

Die Möglichkeit haben, dem eigenen Gewissen zu folgen – notfalls gegen<br />

die Linie der Fraktion: Was in Deutschland sogar im Grundgesetz verankert<br />

ist, ist in anderen Ländern Europas nur schwer durchzusetzen. So herrscht<br />

zum Beispiel im spanischen Parlament Cortes Generales eine sehr viel<br />

stärkere Fraktionsdisziplin als im <strong>Bundestag</strong>. Und auch die Abgeordneten<br />

des House of Representatives in Malta unterliegen in einem hohen Maß<br />

einem Fraktionszwang. Am strengsten aber geht es in Ungarn zu: Wer bei<br />

wichtigen Abstimmungen fehlt oder anders abstimmt als seine Fraktion,<br />

muss nach der Geschäftsordnung sogar mit einer Geldstrafe rechnen.<br />

Auch der Kanzler verfügt über ein wirksames Mittel, potenzielle<br />

Abweichler in den Regierungsfraktionen zu disziplinieren: Er<br />

kann einen Gesetzentwurf mit der Vertrauensfrage koppeln.<br />

Dann stehen die Parlamentarier vor einer schwierigen Situation.<br />

Wenn sie von der Fraktionslinie abweichen und gegen die Vorlage<br />

stimmen, entziehen sie zugleich der Regierung das Vertrauen.<br />

Das könnte bei einer knappen Mehrheit dazu führen,<br />

dass der <strong>Bundestag</strong> aufgelöst wird. So eine Situation hat es im<br />

Jahr 2001 gegeben. Die Bundesregierung hatte den <strong>Bundestag</strong><br />

um Zustimmung zur Versendung von Bundeswehreinheiten<br />

nach Afghanistan gebeten. Vor der Abstimmung zeichnete sich<br />

jedoch ab, dass die rot-grüne Koalition keine »eigene« Mehrheit<br />

für diese Entscheidung mobilisieren könnte. Die CDU/CSU-<br />

Fraktion war zwar von der Sache her bereit, der Entsendung<br />

zuzustimmen, sodass eine hinreichende Mehrheit bereitgestanden<br />

hätte. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder wollte<br />

allerdings eine Mehrheit aus den eigenen Reihen und verband<br />

den Antrag auf Entsendung der Bundeswehreinheiten mit<br />

der Vertrauensfrage. So standen die Abgeordneten, die die Vorlage<br />

ablehnen wollten, unter dem Druck, mit ihrem Nein den<br />

Bestand der Regierung aufs Spiel zu setzen – und auch ihr eigenes<br />

Mandat, wenn das Parlament vorzeitig aufgelöst würde.<br />

Einige von ihnen gaben nach, sodass die Vorlage und auch die<br />

Gerhard Schröder (SPD)<br />

ist bislang der einzige<br />

Bundeskanzler, der<br />

zwei Mal die Ver -<br />

trauensfrage nutzte.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Lichtblick/Achim Melde<br />

69


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Vertrauensfrage eine parlamentarische Mehrheit innerhalb der<br />

Regierungskoalition fanden. So können Abgeordnete auch von<br />

der Regierungsspitze zur (Fraktions-)Disziplin gebracht werden.<br />

Übrigens: Die Abgeordneten der CDU/CSU konnten die Regierungsvorlage<br />

in Verbindung mit der Vertrauensfrage nicht billigen.<br />

Denn dann hätten sie zugleich dem Kanzler ihr grundsätzliches<br />

Vertrauen ausgesprochen – undenkbar für eine<br />

parlamentarische Opposition.<br />

Abgeordnete<br />

gewinnen durch<br />

ihre Fraktions -<br />

zugehörigkeit<br />

Rechte und<br />

Einfluss.<br />

Kein in den <strong>Bundestag</strong> gewählter Abgeordneter ist gezwungen,<br />

Mitglied einer Fraktion zu werden. Die Parlamentarier streben<br />

freiwillig die Fraktionsmitgliedschaft an, schließlich ist sie mit<br />

zahlreichen Vorteilen für die einzelnen Abgeordneten verbunden.<br />

Sie gewinnen durch ihre Fraktionszugehörigkeit neue<br />

Rechte und neuen Einfluss. Denn eine Reihe von wichtigen parlamentarischen<br />

Kompetenzen liegt bei den Fraktionen. Über<br />

ihre Fraktion haben die Abgeordneten die Möglichkeit, diese<br />

Rechte zu nutzen. So können die Parlamentarier beispielsweise<br />

mit Rückendeckung ihrer Fraktionen Große Anfragen starten<br />

oder Gesetzesinitiativen einbringen. Schaffen es einzelne Abgeordnete,<br />

die Fraktion hinter ihrer Initiative zu versammeln,<br />

kommt ihrer Sache ein besonders starkes Gewicht zu. Denn in<br />

diesem Fall macht sich eine große und machtvolle parlamentarische<br />

Einheit das Anliegen zu eigen. Das steigert die Chancen<br />

dafür, dass die Initiative des Parlamentariers innerhalb und<br />

außerhalb des Parlaments Gehör findet.<br />

Wollen die Abgeordneten mithilfe ihrer Fraktionsmitgliedschaft<br />

Politik mitgestalten, ist es wichtig, Schlüsselpositionen zu<br />

besetzen. Wenn ein Abgeordneter beispielsweise an einer<br />

bestimmten Frage aus der Bildungspolitik interessiert ist, dann<br />

ist es sinnvoll, der Arbeitsgruppe, dem Arbeitskreis oder der<br />

Arbeitsgemeinschaft der Fraktion beizutreten, die sich mit bildungspolitischen<br />

Themen auseinandersetzt. Eventuell schafft es<br />

der Parlamentarier, die Leitung des fraktionsinternen Fachgremiums<br />

zu übernehmen – oder er wird stellvertretender Frakti-<br />

70


Die Abgeordneten im parlamentarischen Alltag<br />

onsvorsitzender mit diesem Zuständigkeitsbereich. Im entsprechenden<br />

Fachausschuss des <strong>Bundestag</strong>es, dem Ausschuss für<br />

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, kann er<br />

Obmann für seine Fraktion werden oder sogar Vorsitzender. Und<br />

wenn seine Partei einmal die Regierung stellt, hat er gute<br />

Chancen, eine entsprechende Position im Bundesbildungsministerium<br />

zu erhalten – bestenfalls als Minister oder auch als<br />

Parlamentarischer Staatssekretär. So weit muss es aber gar nicht<br />

kommen: Schon als einfaches Mitglied der Fraktion können Parlamentarier<br />

die Dinge mitgestalten und Einfluss auf die Willensbildung<br />

der Fraktionen nehmen. Die Fraktionsmitgliedschaft<br />

engt also nicht zwangsläufig ein. Sie kann dem<br />

Abgeordneten auch helfen, seine politischen Ziele zu verfolgen.<br />

Zwischen Wahlkreis und Berlin<br />

Abgeordnete haben üblicherweise mindestens zwei Arbeitsstätten:<br />

ihren Wahlkreis und den Parlamentssitz in Berlin. Rund zwanzig<br />

Wochen im Jahr treffen sich die Parlamentarier zu Plenar-, Fraktions-,<br />

Ausschuss- und anderen Sitzungen in der Bundeshauptstadt.<br />

Die übrige Zeit bleibt für die Tätigkeiten im Wahlkreis. Jeder<br />

Abgeordnete hat eine klare Wahlkreiszuordnung, auch wenn die<br />

Parlamentarier nicht direkt über die Erststimmen im Wahlkreis<br />

gewählt wurden. So kommt es, dass ein Wahlkreis im <strong>Bundestag</strong><br />

durch mehrere Abgeordnete vertreten sein kann, die unterschiedlichen<br />

Parteien angehören. Beispielsweise wird der Wahlkreis<br />

Bonn von einem direkt gewählten Abgeordneten der SPD vertreten;<br />

darüber hinaus fühlen sich ein Parlamentarier der FDP-Fraktion<br />

sowie je ein Mitglied der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen<br />

und Die Linke für den Wahlkreis verantwortlich – sie sind über die<br />

Landesliste ihrer Partei in den <strong>Bundestag</strong> gelangt.<br />

Neben ihrer Arbeit<br />

in der Hauptstadt<br />

kümmern sich die<br />

Parlamentarier<br />

auch um ihre<br />

Wahl kreise.<br />

Die Wahlkreisarbeit der Abgeordneten ist von den zahlreichen<br />

Verpflichtungen geprägt, die ein <strong>Bundestag</strong>smandat mit sich<br />

bringt. Dazu gehören auch repräsentative Aufgaben: Parlamentarier<br />

werden oft gebeten, an Veranstaltungen im Wahlkreis<br />

71


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

teilzunehmen und Grußworte oder eine Rede zu halten. In<br />

ihren Wahlkreisbüros führen Abgeordnete Sprechstunden durch<br />

und halten Kontakt zu Bürgern, Vereinen und der lokalen Wirtschaft.<br />

Wichtig ist auch die Parteiarbeit vor Ort. Von den Parlamentariern<br />

erwartet man, dass sie in den lokalen Parteigremien<br />

Engagement zeigen. Zu den <strong>Bundestag</strong>ssitzungen in Berlin reisen<br />

die Parlamentarier aus ihren Wahlkreisen an. Sie haben<br />

meist eine Zweitwohnung in der Hauptstadt und verbringen die<br />

gesamte Sitzungswoche dort.<br />

Foto © picture-alliance/akg-images/Europäisches Parlament<br />

Internationale Arbeitsplätze<br />

Einige Abgeordnete haben noch einen dritten Arbeitsplatz: Rund hundert<br />

Parlamentarier vertreten den <strong>Bundestag</strong> in internationalen parlamentarischen<br />

Gremien. Wenn diese Gremien tagen, reisen die Parlamentarier<br />

aus ihren Wahlkreisen oder aus Berlin dorthin. So sind beispielsweise<br />

18 Abgeordnete ordentliche und weitere 18 stellvertretende Mitglieder der<br />

Versammlung des Europarats. Die Versammlung tagt vier Mal im Jahr für<br />

jeweils mehrere Tage in Straßburg. In diesem Zeitraum ist also Straßburg<br />

der Arbeitsplatz der Parlamentarier. Wenn die Abgeordneten besondere<br />

Ämter in den Versammlungen innehaben oder Mitglieder mehrerer Versammlungen<br />

sind, sind sie noch häufiger unterwegs.<br />

Eine Arbeitswoche in Berlin<br />

Während die Wahlkreiswochen ganz unterschiedlich aussehen<br />

können, gibt es für die Sitzungswochen in Berlin einen recht<br />

starren Ablaufplan voller Termine. Wann genau im Jahr die Sitzungswochen<br />

stattfinden, ist in der Regel schon lange vorher<br />

festgelegt worden. Neben den ordentlichen Sitzungsterminen<br />

kann der <strong>Bundestag</strong> auch zu außerordentlichen Sitzungen einberufen<br />

werden. Dies geschieht dann, wenn keine Sitzung<br />

anberaumt ist, aber die Situation keinen Aufschub erlaubt und<br />

ein Beschluss des <strong>Bundestag</strong>es dringend erforderlich ist. Eine<br />

Sondersitzung kann von einem Drittel der Mitglieder des Parla-<br />

72


Die Abgeordneten im parlamentarischen Alltag<br />

Eine typische Sitzungswoche im <strong>Bundestag</strong><br />

Uhrzeit Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />

vormittags<br />

8-9:<br />

Besprechung<br />

8-9: Pressetermin<br />

8-9: Büroarbeit<br />

9.00<br />

10.00<br />

11.00<br />

ab 9:<br />

Anreise aus<br />

dem Wahlkreis<br />

9-12: Sitzung<br />

der Arbeitsgruppen,<br />

Arbeitskreise,<br />

Arbeitsgemeinschaften<br />

9-13: Ausschusssitzung<br />

ab 9: Plenarsitzung<br />

(Ende<br />

spätabends), Kernzeitdebatte<br />

mit<br />

(14-15.30) z. B.<br />

Regierungserklärung<br />

und anschließender<br />

Aussprache,<br />

eventuell<br />

Aktuelle Stunde<br />

ab 9: Plenarsitzung<br />

(Ende<br />

nachmittags)<br />

Grafik © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Marc Mendelson<br />

12.00<br />

nachmittags<br />

14.00<br />

15.00<br />

16.00<br />

17.00<br />

abends<br />

12-13: Bürobesprechung/<br />

Mitarbeiterbesprechung<br />

13-15: Büroarbeit<br />

(Korrespondenz,<br />

Wochenplan)<br />

15-17: Sitzungsvorbereitung<br />

bzw. Treffen<br />

der Arbeitsgruppen,<br />

Arbeitskreise<br />

oder<br />

Arbeitsgemeinschaften<br />

15-17: Sitzung<br />

des Fraktionsvorstands<br />

17-19: politische<br />

Gespräche<br />

19-21: Sitzung<br />

der Landesgruppe<br />

12-13: Treffen<br />

Projektgruppe/Parlamentariergruppe<br />

13-15: Vorbereitung<br />

der<br />

Ausschusssitzung<br />

15-18: Fraktionssitzung<br />

Abendveranstaltungen<br />

(Podiumsdiskussionen,<br />

Vorträge)<br />

13-15.35<br />

bzw. 16.45:<br />

Plenarsitzung<br />

mit Regierungsbefragung,<br />

Fragestunde,<br />

Aktueller Stunde<br />

(bei Bedarf)<br />

Bürobesprechung,<br />

Büroarbeit<br />

Weiterführung<br />

der Ausschusssitzung<br />

oder<br />

Unterausschusssitzung<br />

Besuchergruppe<br />

aus dem Wahlkreis<br />

parallel dazu:<br />

Besuchergruppe<br />

aus dem<br />

Wahlkreis,<br />

Pressegespräch,<br />

Büroarbeit<br />

ausnahmsweise<br />

Gremiensitzung<br />

Treffen der<br />

Arbeitsgruppen,<br />

-kreise, -gemeinschaften<br />

15-16:<br />

Pressetermin/<br />

Treffen mit<br />

Verbandsvertretern,<br />

Wissenschaftlern<br />

16: Abreise<br />

in den Wahlkreis<br />

19-21: Abendveranstaltung<br />

im Wahlkreis<br />

73


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

ments, vom Bundespräsidenten oder von der Bundeskanzlerin<br />

beantragt werden. So trat der <strong>Bundestag</strong> beispielsweise im<br />

Dezember 2001 und im September 2005 zu Sondersitzungen<br />

zusammen, um über die Entsendung von Bundeswehrsoldaten<br />

nach Afghanistan beziehungsweise über die Verlängerung des<br />

Auslandseinsatzes zu entscheiden.<br />

Ist eine ordentliche Sitzungswoche anberaumt, kommen die<br />

Abgeordneten entweder am Sonntag oder am Montag nach Berlin.<br />

Neben den üblichen »Montagsaufgaben« wie Postsichten<br />

kommt es vor, dass Treffen, die an anderen Wochentagen keinen<br />

Platz mehr haben, bereits am Montag stattfinden. Feste<br />

Montagstermine sind die Sitzungen der Fraktionsvorstände am<br />

Nachmittag. Dort wird die Tagungsordnung für die Fraktionsversammlung<br />

am Dienstag durchgesprochen. Auch zahlreiche<br />

Arbeitskreise, Arbeitsgruppen und Arbeitsgemeinschaften der<br />

Fraktionen treffen sich am Montag. Am Abend kommen die Landesgruppen<br />

der Fraktionen zu Besprechungen zusammen.<br />

Der Dienstag gehört den Sitzungen der Fraktionen und ihrer<br />

Untergremien. Am Vormittag setzen sich die einzelnen Arbeitsgruppen,<br />

-kreise und -gemeinschaften ein weiteres Mal zur<br />

Klärung offener Fragen zusammen. Am frühen Nachmittag<br />

beginnen die Fraktionssitzungen. Dort werden die anliegenden<br />

Mittwochs tagen die<br />

Ausschüsse, wie hier<br />

der Haushalts aus -<br />

schuss, in ihren Sit -<br />

zungssälen.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Lichtblick/Achim Melde<br />

74


Die Abgeordneten im parlamentarischen Alltag<br />

Gesetzesvorhaben diskutiert. Die Arbeitsgruppen, -kreise und<br />

-gemeinschaften speisen die Ergebnisse ihrer Beratungen ein.<br />

Es wird versucht, eine gemeinsame Position der Fraktionen zu<br />

entwickeln.<br />

Der Mittwoch ist der Tag der Ausschusssitzungen und der ersten<br />

Plenarverhandlungen. Die Ausschussberatungen beginnen<br />

meist schon morgens früh und ziehen sich bis in den Mittag<br />

hinein. In den Fachausschüssen sind die Abgeordneten gegebenenfalls<br />

als Berichterstatter gefordert: Die Vorsitzenden der<br />

Ausschüsse benennen Parlamentarier, die sich im Vorfeld der<br />

Ausschussberatung mit einzelnen Vorlagen auseinandersetzen<br />

sollen. Diese Berichterstatter haben die Aufgabe, in einen Austausch<br />

mit den entscheidenden Personen in Parlament und<br />

Regierung zu treten, sachliche Fragen abzuklären und dem Ausschuss<br />

eine Empfehlung zu unterbreiten. Auch das Präsidium<br />

des <strong>Bundestag</strong>es kommt am Mittwoch zu seinen Beratungen<br />

zusammen, ebenso wie die Parlamentarischen Geschäftsführer<br />

der Fraktionen.<br />

Mittags findet die erste Plenarsitzung in der Woche statt. Am<br />

Beginn der Plenarzeit stehen die Regierungsbefragung und die<br />

Fragestunde, denn vormittags hat sich auch das Bundeskabinett<br />

getroffen. Der <strong>Bundestag</strong> wird über die gefällten Beschlüsse<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Simone M. Neumann<br />

Das Plenum tagt<br />

öffentlich: Die oberen<br />

Ränge im Plenarsaal<br />

sind für die Öffentlichkeit<br />

reserviert.<br />

75


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

informiert. Die Regierung beantwortet die Anfragen der einzelnen<br />

Parlamentarier. Am ersten Plenarsitzungstag der Woche<br />

werden auch Aktuelle Stunden abgehalten. Hier wird über Themen<br />

gesprochen, die kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt<br />

worden sind.<br />

Der Donnerstag ist der große Plenartag, der in der Regel um<br />

neun Uhr beginnt und erst am späten Abend sein Ende findet.<br />

Seit Mitte der 1990er-Jahre finden am Donnerstagvormittag<br />

regelmäßig Kernzeitdebatten statt. Die Idee ist, die Diskussion<br />

über wichtige und grundlegende Themen in diese Zeit zu legen.<br />

Die Anzahl paralleler Gremiensitzungen wird möglichst gering<br />

gehalten, damit die Abgeordneten auch ins Plenum kommen<br />

können. Oft finden Regierungserklärungen mit anschließender<br />

Aussprache im Rahmen der Kernzeitdebatte statt. Am Donnerstag<br />

können auch Aktuelle Stunden anberaumt werden. Zeitgleich<br />

zur fortgesetzten Plenarzeit trifft sich nachmittags der<br />

Ältestenrat, um die folgende Sitzungswoche zu besprechen.<br />

Wesentlich für den Donnerstag ist die Gesetzgebungsarbeit.<br />

Die Plenarsitzung<br />

am Donnerstag<br />

dauert häufig bis<br />

spätabends.<br />

Gesetze durchlaufen in der Regel drei Beratungen oder Lesungen<br />

im Plenum. Eine Beratung sieht allerdings nicht immer so<br />

aus, dass im Plenarsaal über das Gesetz debattiert wird. Nicht<br />

bei jeder Beratung findet eine Aussprache statt. Darauf wird bei<br />

der ersten Lesung oft verzichtet, es sei denn, es besteht ein<br />

Bedarf, weil es sich um eine wichtige oder kontroverse Initiative<br />

handelt. Nachdem der Gesetzentwurf eingebracht wurde,<br />

geht er an die zuständigen Ausschüsse und kommt in einer<br />

eventuell überarbeiteten Version wieder ins Plenum – in die<br />

zweite Beratung. Diese ist zumeist mit einer Aussprache, also<br />

einer Debatte, verbunden. Wird diese vom Ausschuss eingebrachte<br />

Version ohne Änderungen angenommen, schließt sich<br />

die dritte Beratung unmittelbar an. Nach Abschluss der dritten<br />

Beratung wird über den Gesetzentwurf endgültig abgestimmt.<br />

76


Die Abgeordneten im parlamentarischen Alltag<br />

Der letzte Sitzungstag in der Berliner Woche ist der Freitag. Auch<br />

an diesem Tag finden ab frühmorgens Plenarberatungen statt.<br />

Manchmal reichen sie bis in den späten Nachmittag hinein.<br />

Wenn der Bundesrat zeitgleich tagt und über Gesetzesvorhaben<br />

berät, kann es passieren, dass der Bundesrat Einspruch gegen<br />

ein Gesetz einlegt. Dann kann der <strong>Bundestag</strong> erneut entscheiden<br />

und den Einspruch überstimmen – und das noch am selben<br />

Tag. Nachdem der letzte Tagesordnungspunkt abgearbeitet<br />

worden ist, schließt der Sitzungspräsident die Plenarverhandlungen,<br />

allerdings nicht ohne den Abgeordneten den Termin für<br />

die nächstfolgende Plenarsitzung mitzuteilen.<br />

Die Sitzungswochen sind voll von festen Terminen. In den Berliner<br />

Wochen müssen die Abgeordneten aber noch zahlreiche<br />

andere Aktivitäten unterbringen. Hierzu gehören Gesprächstermine<br />

mit Journalisten, Wissenschaftlern oder Verbandsvertretern.<br />

Besuchergruppen aus dem Wahlkreis wollen empfangen<br />

werden. Wenn die Abgeordneten in weiteren parlamentarischen<br />

und politischen Zusammenschlüssen tätig sind, müssen<br />

auch diese Treffen in der Sitzungswoche absolviert werden.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Lichtblick/Achim Melde<br />

Ausschusssitzungen<br />

sind fester Bestandteil<br />

der Berliner Woche:<br />

Hier empfängt der<br />

Aus schuss für Men -<br />

schen rechte und<br />

humanitäre Hilfe eine<br />

Delegation aus<br />

Serbien.<br />

77


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Zeitgleich warten die Post und sonstige Unterlagen auf Bearbeitung<br />

– und all das in einer Woche. Nach Selbstauskunft arbeiten<br />

Abgeordnete pro Sitzungswoche in Berlin rund 65 Stunden,<br />

in einer sitzungsfreien Woche sind es etwa 57 Stunden.<br />

Die Hauptarbeit<br />

findet nicht im<br />

Ple num statt,<br />

sondern in Aus -<br />

schüssen, Sit -<br />

zun gen und Ge -<br />

sprächsrunden.<br />

Beim Blick auf den Terminkalender wird nochmals deutlich, in<br />

wie vielen verschiedenen parlamentarischen Gremien Abgeordnete<br />

zusammengeschlossen sind. So ist ein Abgeordneter mindestens<br />

Mitglied einer Fraktion, eines Ausschusses, einer Landesgruppe,<br />

eines Arbeitskreises, einer Arbeitsgruppe oder einer<br />

Arbeitsgemeinschaft. Hinzu kommen oft noch eine Mitgliedschaft<br />

in weiteren Gremien wie dem Ältestenrat, Treffen der<br />

Parlamentarischen Geschäftsführer, internationale oder innerfraktionelle<br />

Parlamentariergruppen und vieles mehr. Die Sitzungen<br />

der verschiedenen Gremien müssen unter einen Hut<br />

gebracht werden – nicht selten auch auf Kosten der Anwesenheit<br />

im Plenarsaal.<br />

In der Tat verbringen die Abgeordneten nur einen geringeren<br />

Teil ihrer Arbeitszeit im Plenum. Die Plenarverhandlungen fangen<br />

erst in der Mitte der Woche an. In den Berliner Wochen sind<br />

die Abgeordneten oft in den anderen Tagungsräumen des Parlaments<br />

oder in ihren Büros anzutreffen. Jenseits der sichtbaren<br />

Tätigkeit der Abgeordneten im Plenarsaal findet vieles hinter<br />

verschlossenen Türen statt. Eine wichtige Rolle spielt die<br />

Entscheidungsvorbereitung in kleinen Kreisen und informellen<br />

Runden. Dort, wo keine Kamera und kein Mikrofon eingeschaltet<br />

sind, kann es leichter fallen, eigene Positionen kritisch zu<br />

überdenken und Kompromisse zu finden. In den von der<br />

Öffentlichkeit beobachteten Plenarsitzungen wird nur wenig<br />

dem Zufall überlassen. In den Fraktionen, im Ältestenrat und<br />

auch bei den Treffen der Parlamentarischen Geschäftsführer<br />

wird das, was im Plenum geschehen soll, vorab besprochen.<br />

Was für viele die eigentliche Arbeit des <strong>Bundestag</strong>es darstellt,<br />

nämlich das Geschehen im Plenum, ist in erster Linie nur das<br />

78


Die Abgeordneten im parlamentarischen Alltag<br />

Ergebnis von zahlreichen vorangegangenen Arbeitsschritten.<br />

Offene Entscheidungen und überraschende Entwicklungen sind<br />

während einer Plenarsitzung eher selten. Die hauptsächliche<br />

(Vor-)Arbeit findet woanders statt. So spricht einiges dafür, den<br />

<strong>Bundestag</strong> als ein Arbeitsparlament und nicht als ein Redeparlament<br />

zu verstehen. Dennoch sind die Debatten im Plenum<br />

natürlich kein Selbstzweck oder sinnlose Tätigkeit. Vielmehr<br />

klären sie in der Öffentlichkeit, wie die Abgeordneten und die<br />

Fraktionen zu wichtigen Themen stehen. Für den Wähler<br />

machen die Debatten die Entscheidungen, die im Plenum<br />

getroffen werden, transparent und verständlich.<br />

Durch Debatten<br />

erfährt die<br />

Öffent lichkeit,<br />

wie Parlamen -<br />

tarier zu be -<br />

stimmten The -<br />

men stehen.<br />

Die Abgeordneten im Arbeitsparlament –<br />

Experten statt Generalisten<br />

Dass der <strong>Bundestag</strong> ein Arbeitsparlament ist, zeigt sich in der<br />

Art und Weise, wie die einzelnen Abgeordneten ihr Mandat im<br />

Parlamentsbetrieb ausüben. Abgeordnete sind als Experten<br />

gefordert, die sich in bestimmten Politikbereichen besonders<br />

gut auskennen. Angesichts der Vielschichtigkeit der Gesellschaft<br />

ist es kaum noch möglich, ein Generalwissen über alle wichtigen<br />

Bereiche zu gewinnen. Einige Abgeordnete bringen aus<br />

ihrer vorparlamentarischen Arbeit Fachwissen mit, das sie in<br />

ihre <strong>Bundestag</strong>sarbeit einfließen lassen können. Wenn ein Parlamentarier<br />

vor seiner Mandatszeit beispielsweise um welt -<br />

politisch aktiv war, kann er in der entsprechenden Arbeitsgruppe<br />

oder dem Arbeitskreis der Fraktion und im Ausschuss für<br />

Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit seinen Platz finden.<br />

Und jemand, der zuvor Staatsrechtslehrer an einer Universität<br />

war, wird wohl im Innen- oder Rechtsausschuss des <strong>Bundestag</strong>es<br />

zum Einsatz kommen.<br />

Nun ist aber nicht jeder, der frisch in den <strong>Bundestag</strong> gewählt<br />

wird, von Hause aus ein Experte – oder nicht jeder möchte in<br />

seinem vorparlamentarischen Bereich tätig sein. So bilden sich<br />

das Fachwissen und die Spezialisierung womöglich erst im Laufe<br />

79


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Das Fachwissen<br />

der Parlamen ta -<br />

rier macht den<br />

<strong>Bundestag</strong> zu<br />

einem »Experten -<br />

parlament«.<br />

der parlamentarischen Tätigkeit heraus. Um die notwendigen<br />

Kenntnisse aufzubauen, erhalten die Parlamentarier Unterstützung,<br />

zunächst durch die eigenen Teammitarbeiter. In den<br />

Fraktionsstäben werden sie außerdem von sachkundigem Personal<br />

unterstützt. Schließlich können sie auf die Expertise der<br />

Wissenschaftlichen Dienste der <strong>Bundestag</strong>sverwaltung zurückgreifen.<br />

Nicht selten sind es auch Verbände, die Parlamentarier<br />

mit Informationen ausstatten, oder wissenschaftliche Institutionen<br />

stellen Material zur Verfügung. Die Abgeordneten der<br />

Regie rungsfraktionen können sich außerdem auf die Ministerien<br />

und ihr Fachwissen verlassen.<br />

Ein wichtiges Prinzip des <strong>Bundestag</strong>es ist die Arbeitsteiligkeit:<br />

Jeder Abgeordnete ist für einen bestimmten Bereich als Berichter<br />

statter seiner Fraktion tätig und auf diesem Gebiet Experte.<br />

Durch ihr Fachwissen können sich die einzelnen Parlamentarier<br />

in ihrem Zuständigkeitsbereich viele Einfluss möglichkeiten aufbauen<br />

und fachpolitisches Ansehen in der Fraktion gewinnen.<br />

Zusammen mit den Spezialisten der anderen Fraktionen bilden<br />

sie einen exklusiven Fachzirkel im Parlament. Als Fachpolitiker<br />

können sie gegenüber der Regierung kompetent auftreten. Der<br />

<strong>Bundestag</strong> ist also ein »Expertenparlament«.<br />

Für die meisten Abgeordneten ist der Spagat zwischen der oft<br />

komplizierten Sacharbeit im Parlament und der Bürgernähe<br />

eine Herausforderung. Wer sich als Parlamentarier im <strong>Bundestag</strong><br />

beispielsweise für Fragen der Außen- oder der Entwicklungspolitik<br />

interessiert und engagiert, dem bringt dies nicht<br />

immer Anerkennung im Wahlkreis ein, wo vielleicht andere<br />

Themen als wichtiger empfunden werden. Dies zu verbinden,<br />

das Wahlkreisengagement mit der sachpolitischen Profilierung<br />

im <strong>Bundestag</strong>, bedeutet für die Parlamentarier eine große<br />

Anstrengung und bringt einen enormen Zeitaufwand mit sich.<br />

80


Die Abgeordneten im parlamentarischen Alltag<br />

Die Hinterbänkler – gibt es sie?<br />

Wenn über die Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es gesprochen wird,<br />

dann fällt schon mal mit Blick auf einige Parlamentarier der<br />

etwas abschätzige Begriff »Hinterbänkler«. Damit will man zum<br />

Ausdruck bringen, dass nicht alle Abgeordneten gleich sind,<br />

sondern dass es wichtigere und weniger wichtige, prominentere<br />

und weniger prominente Parlamentarier gibt. Die weniger<br />

bedeutsamen, heißt es, sitzen nun eben weiter hinten, in den<br />

letzten Reihen des Plenarsaals. Dabei gibt es eigentlich keine<br />

feste Sitzordnung innerhalb der Fraktionsblöcke im Plenum. Die<br />

Abgeordneten können sich also hinsetzen, wo sie möchten,<br />

wobei allerdings die vorderen Reihen traditionellerweise der<br />

Fraktionsspitze vorbehalten sind.<br />

Die Fraktions -<br />

spitze sitzt in den<br />

ersten Reihen.<br />

Rein rechtlich gesehen gibt es keine Unterschiede zwischen den<br />

einzelnen Abgeordneten. Alle verfügen über dieselben Rechte<br />

und unterliegen denselben Pflichten – egal in welcher Reihe sie<br />

sitzen, egal welche Position sie bekleiden. In der parlamentarischen<br />

Wirklichkeit gibt es natürlich Unterschiede zwischen<br />

Abgeordneten. Zunächst einmal ist es von Bedeutung, wie lange<br />

die Abgeordneten im <strong>Bundestag</strong> sind. Neue Mitglieder müssen<br />

sich erst einmal in den parlamentarischen Betrieb einarbeiten.<br />

Da haben die Abgeordneten mit langer <strong>Bundestag</strong>serfahrung<br />

einen Vorsprung. Wichtig ist auch, ob man ein Amt in der Fraktion<br />

bekleidet – und wenn ja, welches. So gehören die Fraktionsspitzen<br />

zu den prominentesten und einflussreichsten Personen<br />

des <strong>Bundestag</strong>es. Aber auch die Parlamentarischen<br />

Geschäftsführer und die Sprecher von Arbeitskreisen, Arbeitsgruppen<br />

und Arbeitsgemeinschaften haben eine starke Stellung.<br />

Andere machtvolle Positionen im <strong>Bundestag</strong> sind die Vorsitze<br />

der Fachausschüsse. Dabei gibt es auch zwischen den Ausschüssen<br />

ein Bedeutungsgefälle: Als besonders bedeutsam und<br />

renommiert gelten der Haushaltsausschuss und der Auswärtige<br />

81


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Ausschuss. Dies strahlt auf deren Mitglieder und Funktionsträger<br />

aus. Schließlich sind einige Abgeordnete als Minister oder<br />

als Parlamentarische Staatssekretäre auch Mitglieder der Bundesregierung<br />

und können auf den prominenten Regierungsbänken<br />

im Plenarsaal Platz nehmen.<br />

Parlamentarische Staatssekretäre<br />

Parlamentarische Staatssekretäre sind Mitglieder der Bundesregierung und<br />

zugleich Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es (mit der Ausnahme eines Parlamentarischen<br />

Staatssekretärs oder sogenannten Staatsministers im Kanzleramt).<br />

Parlamentarische Staatssekretäre unterstützen die Bundesminister in<br />

ihrer Amtsausübung und stehen für die enge Verbindung zwischen parlamentarischer<br />

Mehrheit und Regierung. Die Anzahl der Parlamentarischen<br />

Staatssekretäre richtet sich nach der Größe des Ministeriums. Kleine Ministerien<br />

haben meist einen, größere zwei oder drei Parlamentarische Staatssekretäre.<br />

Also gibt es wie in jeder größeren Organisation auch im <strong>Bundestag</strong><br />

tatsächliche Unterschiede zwischen den Mitgliedern.<br />

Dies hängt mit den verschiedenen Aufgaben und Rollen zusammen,<br />

die im Parlament vergeben werden und die mit unterschiedlichem<br />

Einfluss und unterschiedlicher Sichtbarkeit<br />

zusammenhängen. Letztlich tragen aber alle Abgeordneten<br />

dazu bei, dass der <strong>Bundestag</strong> effizient und fachkundig arbeiten<br />

kann. Und die Berliner Rolle sagt nur wenig über die Position<br />

der Abgeordneten im Wahlkreis aus. Dort gehören die einzelnen<br />

Parlamentarier üblicherweise zur Prominenz, die in den Lokalmedien<br />

und in der Wahlkreisöffentlichkeit sehr sichtbar sein<br />

können. Jemand, der im Berliner Plenarsaal weiter hinten sitzt,<br />

kann also im Heimatwahlkreis durchaus seinen Platz in der ersten<br />

Reihe finden.<br />

82


Der <strong>Bundestag</strong> – Kontinuität und Wandel<br />

Der <strong>Bundestag</strong> hat eine Schlüsselposition im politischen System<br />

Deutschlands. Seine verfassungsrechtliche Stellung ist seit 60 Jahren<br />

stabil. Im Laufe der Zeit aber hat sich der <strong>Bundestag</strong> verändert<br />

– was seine Struktur und Organisation, sein Erscheinungsbild<br />

und seine konkrete Rolle im politischen Entscheidungsgefüge<br />

angeht.<br />

Wenn sich der Parlamentarismus in Deutschland vom 1. Deutschen<br />

<strong>Bundestag</strong> 1949 bis zum heutigen 17. <strong>Bundestag</strong> verändert<br />

hat, dann ist das nicht einfach als schicksalhafte Entwicklung<br />

geschehen, auf die man keinen Einfluss nehmen konnte. Vielmehr<br />

haben es die Abgeordneten selbst in der Hand, die parlamentarische<br />

Demokratie und die Arbeitsweise der Volksvertretung<br />

mitzugestalten. Denn das, was das Parlament tut, beruht<br />

auf Recht, das vom <strong>Bundestag</strong> als Geschäftsordnungs- und<br />

Gesetzgeber gemacht wurde und von diesem auch verändert<br />

werden kann. Nur wenn verfassungsrechtliche Regelungen<br />

geändert werden sollen, bedarf es auch einer Zustimmung des<br />

Bundesrats.<br />

Parlamentsreformen – der <strong>Bundestag</strong> als<br />

»lernende Institution«<br />

Die Abgeordneten haben in den vergangenen 60 Jahren in<br />

zahlreichen Anläufen die Arbeitsgrundlagen des <strong>Bundestag</strong>es<br />

immer wieder neu gestaltet und damit ihre eigene Institution<br />

reformiert. Zu Reformen sind sie mitunter von gesellschaftlichen<br />

oder historischen Entwicklungen angestoßen worden. Oder das<br />

Bundesverfassungsgericht hat das Parlament hierzu aufgefordert.<br />

Ändert der <strong>Bundestag</strong> das Parlamentsrecht, spricht man<br />

von Parlamentsreformen. Parlamentsreformen haben zum Beispiel<br />

Einfluss auf die Größe der Volksvertretung. So ist 2002 eine<br />

Verkleinerung des <strong>Bundestag</strong>es auf 598 Mitglieder (ohne Überhangmandate)<br />

vorgenommen worden, nachdem das Parlament<br />

infolge der deutschen Einheit auf über 650 Mandatsträger<br />

angewachsen war.<br />

Parlamentsreformen<br />

stellen<br />

sicher, dass der<br />

Bundes tag auch<br />

weiter effizient<br />

arbeiten kann.<br />

83


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Parlamentsreformen haben neue parlamentarische Arbeitsverfahren<br />

eingeführt und etabliert, zum Beispiel die Kurzinterventionen<br />

im Anschluss an Redebeiträge im Plenum, die Kernzeitdebatte<br />

und die Regierungsbefragung. Dadurch sollen die<br />

Debatten lebhafter und informativer werden. Andere Verfahren<br />

sind vereinfacht und beschleunigt worden. Parlamentsreformen<br />

haben die Rolle des einzelnen Abgeordneten, die Rolle der<br />

Fraktionen, der Opposition und der parlamentarischen Mehrheit<br />

sowie die Beziehungen zwischen diesen Einheiten verändert.<br />

Dabei ist insbesondere die Stellung der Fraktionen gestärkt<br />

worden.<br />

Im Juli 1999 zieht der<br />

<strong>Bundestag</strong> um: Rund<br />

50.000 Kubikmeter<br />

Umzugsgut werden<br />

aus Bonn in die neuen<br />

Parlaments bauten<br />

nach Berlin, wie hier<br />

in das Reichstags -<br />

gebäude, gebracht.<br />

Foto © Presse- und Informationsamt der Bundesregierung/Bernd Kühler<br />

84


Der <strong>Bundestag</strong> – Kontinuität und Wandel<br />

Parlamentsreformen mussten auf Herausforderungen antworten,<br />

die von außen oder durch historische Entwicklungen an die parlamentarische<br />

Demokratie Deutschlands herangetragen worden<br />

sind. Hierzu gehört auch die deutsche Einheit. Der <strong>Bundestag</strong><br />

änderte beispielsweise ausschließlich für die erste gesamtdeutsche<br />

Wahl 1990 die Wahlgesetze. Eine Folge der deutschen Einheit<br />

war auch der Umzug des Parlamentssitzes von Bonn nach<br />

Berlin. Der <strong>Bundestag</strong> hat im umgestalteten Reichstagsgebäude<br />

seine Heimat gefunden. Um den Reichstagsbau herum sind weitere<br />

Gebäude für Abgeordnetenbüros, Sitzungssäle, die Bibliothek<br />

und andere parlamentarische Dienste entstanden. Das<br />

Reichstagsgebäude mit seiner Glaskuppel ist zum Symbol für die<br />

parlamentarische Berliner Demokratie geworden und zugleich<br />

ein Publikumsmagnet in der Hauptstadt.<br />

Der <strong>Bundestag</strong><br />

muss auch auf<br />

Veränderungen<br />

und Herausforde -<br />

rungen reagieren.<br />

Weitere Felder, die Regelungsbedarf auslösen, waren die Integration<br />

in die Europäische Union und die Entsendung der Bundeswehr<br />

ins Ausland. Schaut man auf die zahlreichen Parlamentsreformen<br />

seit 1949, zeigt sich der <strong>Bundestag</strong> als eine »lernende<br />

Institution«, die auf Herausforderungen aus ihrem Umfeld reagiert<br />

hat. Aber dieser Lernprozess ist noch nicht zu Ende.<br />

Der <strong>Bundestag</strong> im 21. Jahrhundert:<br />

Herausforderungen<br />

Wo liegen die Herausforderungen für das deutsche Parlament im<br />

21. Jahrhundert? Grundlegende Anforderungen liegen in dem,<br />

was Europäisierung und Globalisierung genannt wird. Der <strong>Bundestag</strong><br />

hat sich seit geraumer Zeit auf den Weg gemacht, europäischer<br />

und internationaler zu werden. Das deutsche Parlament<br />

versucht, dichter am Puls der europäischen Entscheidungen in<br />

Brüssel und Straßburg zu sein. Dazu dient der ständige Ausschuss<br />

für die Angelegenheiten der Europäischen Union, der die Aufgabe<br />

hat, über EU-Vorlagen zu beraten. Die Abgeordneten des Ausschusses<br />

treffen sich regelmäßig mit den Mitgliedern der Europa-<br />

Ausschüsse der anderen EU-Staaten.<br />

85


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Mit jährlich drei<br />

Millionen Besuchern<br />

ist das von Norman<br />

Foster neu gestaltete<br />

Reichstagsgebäude<br />

ein echter Publi -<br />

kums magnet.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Werner Schüring<br />

Mittlerweile betreibt das deutsche Parlament ein Verbindungsbüro<br />

in Brüssel, um aus erster Hand Informationen über Vorgänge<br />

in der Europäischen Union zu erhalten. Außerdem hat<br />

der <strong>Bundestag</strong> mit der Bundesregierung vereinbart, dass er<br />

frühzeitig über Gesetzgebungsinitiativen in der Europäischen<br />

Union informiert wird. All das ist notwendig, denn in vielen<br />

Fragen hat das deutsche Parlament seine Kompetenzen an die<br />

Organe der Europäischen Union abgetreten. In bestimmten<br />

Politikfeldern muss der <strong>Bundestag</strong> entlang von Vorgaben aus<br />

Brüssel und Straßburg Gesetze verabschieden, ohne selbst noch<br />

große Spielräume zu haben. Der <strong>Bundestag</strong> wird für vieles verantwortlich<br />

gemacht, was anderswo entschieden worden ist.<br />

Deswegen versucht er, auf diese Entscheidungen frühzeitig Einfluss<br />

zu nehmen. Was für die europäische Politik Richtigkeit hat,<br />

gilt ähnlich für die internationale Politik, zum Beispiel im Rahmen<br />

der UNO. Hier werden viele Entscheidungen ohne die Parlamente<br />

getroffen. Im internationalen Bereich ist der <strong>Bundestag</strong><br />

mit zahlreichen Delegationen an der parlamentarischen<br />

Zusammenarbeit über die nationalen Grenzen hinweg beteiligt.<br />

86


Der <strong>Bundestag</strong> – Kontinuität und Wandel<br />

Das zweite Bündel an Herausforderungen betrifft die Beziehungen<br />

des <strong>Bundestag</strong>es nach innen, in die Gesellschaft hinein. Die<br />

deutsche Gesellschaft wandelt sich; <strong>Stichwort</strong>e sind demografischer<br />

Wandel oder Zuwanderung. Deutschland wird insgesamt<br />

bunter. Dabei entstehen aber auch neue Konflikte. Das macht<br />

die Arbeit der Volksvertreter nicht unbedingt leichter, die<br />

gesellschaftliche Entwicklungen begreifen und aufgreifen sollen.<br />

Die Berührungspunkte zwischen der Gesellschaft und dem<br />

Parlament müssen deswegen gepflegt werden. Für diese Kontaktpflege<br />

hat der <strong>Bundestag</strong> eine Reihe von Möglichkeiten.<br />

Hierzu gehören zunächst all die Verfahren, die gesellschaftliche<br />

Interessen in die parlamentarische Arbeit einbinden. So lassen<br />

sich die Ausschussmitglieder oft im Rahmen von öffentlichen<br />

Anhörungen die Sichtweise von Verbänden und Nichtregierungsorganisationen<br />

darlegen.<br />

Die Bürger können sich mit Petitionen an das Parlament wenden.<br />

Dies ist mittlerweile auch online möglich. Die Eingaben<br />

werden vom Petitionsausschuss gesichtet und besprochen und<br />

gelangen dann zur abschließenden Beratung ins Plenum. Schon<br />

oft konnte das Parlament im Einzelfall helfen, wo formales<br />

Recht in Wirklichkeit zu »gefühltem« Unrecht zu werden drohte.<br />

Sammel- oder Massenpetitionen, also Eingaben, die von<br />

einer Vielzahl von Unterstützern getragen werden, können auf<br />

die Notwendigkeit von gesetzgeberischen Initiativen aufmerksam<br />

machen. Schließlich stellt der Wehrbeauftragte des <strong>Bundestag</strong>es<br />

die Verbindung zu den Soldaten her – auch dies eine<br />

wichtige Kontaktstelle, denn die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee,<br />

über deren Auslandseinsätze der <strong>Bundestag</strong> entscheidet.<br />

Verweis<br />

<strong>Stichwort</strong> »Petitionen«<br />

Verweis<br />

<strong>Stichwort</strong><br />

»Der Wehrbeauftragte«<br />

Die eigentlichen Verbindungsstellen, also die Kontaktmanager<br />

zwischen <strong>Bundestag</strong> und Bürgern, sind letztlich die über 600<br />

Abgeordneten. Von ihrer Arbeit in den Wahlkreisen und in Berlin,<br />

von ihrer Offenheit für die Anliegen der Bürger und von<br />

ihrer Vermittlungsfähigkeit hängt es ab, ob sich die Bürger gut<br />

87


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Der Wehrbeauftragte<br />

Hellmut Königshaus<br />

(FDP) kümmert sich um<br />

die Belange der<br />

Bundes wehrsoldaten.<br />

Foto © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Lichtblick/Achim Melde<br />

vertreten fühlen. Die Abgeordneten sind zugleich die besten<br />

Seismografen, wenn Beziehungsprobleme zwischen Volk und<br />

Volksvertretung aufzutauchen drohen. Der <strong>Bundestag</strong> muss<br />

immer wieder versuchen, das Vertrauen der Bevölkerung zu<br />

gewinnen. Für eine Volksvertretung ist eine gesunde Beziehung<br />

zu denen, deren Interessen sie vertreten soll, ein wichtiges Gut<br />

und die Grundlage der Arbeit. Der <strong>Bundestag</strong> steht im Mittelpunkt<br />

der deutschen parlamentarischen Demokratie. Er ist das<br />

Herz des politischen Systems. Damit es auch zukünftig gut und<br />

kräftig schlagen kann, ist das Herz darauf angewiesen, am Puls<br />

der Gesellschaft zu bleiben.<br />

88


Service<br />

17. <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>: Sitzverteilung<br />

622 Sitze<br />

Grafik © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Marc Mendelson<br />

CDU/CSU: 239<br />

SPD: 146<br />

FDP: 93<br />

DIE LINKE: 76<br />

BÜNDNIS 90/<br />

DIE GRÜNEN: 68<br />

24 Überhangmandate<br />

für die CDU/CSU<br />

Die Vorsitzenden der <strong>Bundestag</strong>sfraktionen in der 17. Wahlperiode<br />

CDU/CSU: Volker Kauder<br />

SPD: Frank-Walter Steinmeier<br />

FDP: Birgit Homburger<br />

Die Linke: Gregor Gysi<br />

Bündnis 90/Die Grünen: Renate Künast und Jürgen Trittin Stand: Juni 2010<br />

89


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Abgeordnete nach Schulbildung<br />

16 Berufsfachschule<br />

41 ohne Angaben<br />

12 Hauptschule<br />

57 Realschule, mittlere Reife<br />

496 Höhere Schule<br />

Abgeordnete nach Hochschulbildung<br />

34 Universität ohne Abschluss<br />

28 Höhere Fachschule<br />

12 Pädagogische Hochschule<br />

434 Universität<br />

mit Abschluss<br />

55 Fachhochschule<br />

Grafik © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Marc Mendelson<br />

90


Service<br />

Abgeordnete nach Altersgruppen<br />

Frauen CDU/CSU SPD FDP DIE LINKE BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frauen gesamt<br />

geboren<br />

1932-1935 - - - - - -<br />

1936-1940 - - - 1 - 1<br />

1941-1945 2 2 1 - - 5<br />

1946-1950 4 12 4 2 1 23<br />

1951-1955 12 15 4 5 11 47<br />

1956-1960 6 7 7 12 7 39<br />

1961-1965 15 9 4 10 5 43<br />

1966-1970 3 8 - 2 7 20<br />

1971-1975 3 2 3 7 1 16<br />

1976-1980 2 1 - 1 3 7<br />

1981-1985 1 - - - 2 3<br />

1986 - - - - - -<br />

gesamt 48 56 23 40 37 204<br />

Männer CDU/CSU SPD FDP DIE LINKE BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Männer gesamt<br />

geboren<br />

1932-1935 1 - - - - 1<br />

1936-1940 1 3 2 1 1 8<br />

1941-1945 12 3 6 2 1 24<br />

1946-1950 30 23 10 6 3 72<br />

1951-1955 29 16 7 7 8 67<br />

1956-1960 33 13 4 5 2 57<br />

Grafik © <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/Marc Mendelson<br />

1961-1965 33 12 10 5 2 62<br />

1966-1970 21 10 7 3 4 45<br />

1971-1975 23 8 13 3 5 52<br />

1976-1980 8 2 8 3 3 24<br />

1981-1985 - - 2 1 2 5<br />

1986 - - 1 - - 1<br />

gesamt 191 90 70 36 31 418<br />

91


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Das Reichstagsgebäude<br />

Der Reichstagsbau des Architekten Paul Wallot von 1894 war im<br />

Zweiten Weltkrieg weitestgehend zerstört und in den 1960er-<br />

Jahren wieder aufgebaut worden. Als Parlamentsgebäude blieb<br />

er aber ungenutzt. Das änderte sich, als der <strong>Bundestag</strong> am 20. Juni<br />

1991 beschloss, Parlament und Regierung nach Berlin zu verlegen;<br />

der Reichstagsbau sollte Sitz des gesamtdeutschen Parlaments<br />

werden.<br />

Das Reichstagsgebäude wurde durch den britischen Architekten<br />

Norman Foster zu einem modernen Arbeitsparlament umgestaltet<br />

und beherbergt mit seinen 11.000 m² Nutzfläche den Plenarsaal<br />

und wichtige Akteure des <strong>Bundestag</strong>es. Auf der Präsidialebene<br />

im zweiten Obergeschoss liegen die Büros und Empfangsräume<br />

des <strong>Bundestag</strong>spräsidenten, der Sitzungssaal des Ältestenrats und<br />

die Büros der Leitung der <strong>Bundestag</strong>sverwaltung. Im dritten Obergeschoss<br />

befinden sich die Büros und Sitzungssäle der Fraktionen<br />

sowie die Presselobby. Informationsräume finden sich auf der<br />

Besucherebene. Hier ist auch der Zugang für die Besuchertribünen,<br />

von denen Besucher während der Sitzungswochen die<br />

Debatten im Plenum verfolgen können.<br />

Foto © picture-alliance/dpa-Zentralbild/Peter Zimmermann<br />

92


Service<br />

Das Paul-Löbe-Haus<br />

Benannt nach Paul Löbe (1875-1969), dem letzten demokratischen<br />

Reichstagspräsidenten der Weimarer Republik, gehört das<br />

Gebäude zum »Band des Bundes«, das die beiden Teile Berlins,<br />

die früher durch die Mauer getrennt waren, über die Spree hinweg<br />

verbindet. Das »Band des Bundes« besteht aus dem Kanzleramt<br />

und dem Paul-Löbe-Haus auf der Westseite des Flusses<br />

sowie dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus auf der Ostseite.<br />

Der 200 m lange und 102 m breite Neubau mit seinen acht gläsernen<br />

Zylindern wurde von Stephan Braunfels entworfen. Auf<br />

acht Stockwerken und einer Hauptnutzfläche von 28.500 m²<br />

beherbergt das Paul-Löbe-Haus 1.000 Büros und über 20 Sitzungssäle.<br />

Die ständigen Ausschüsse des <strong>Bundestag</strong>es haben<br />

hier ihre Sitzungssäle, Büros und Sekretariate. Darüber hinaus<br />

befinden sich im Paul-Löbe-Haus Seminar- und Ausstellungsräume<br />

sowie eine Vielzahl von Abgeordnetenbüros, die Öffentlichkeitsarbeit<br />

und die zentrale Besucherbetreuung.<br />

Foto © picture-alliance/dpa-Zentralbild/Jochen Eckel<br />

93


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Das Jakob-Kaiser-Haus<br />

Der größte der Parlamentsneubauten wurde nach dem christlich-demokratischen<br />

Politiker und ehemaligen Bundesminister<br />

für Gesamtdeutsche Fragen, Jakob Kaiser (1888–1961), benannt.<br />

Der Komplex besteht aus acht sechsgeschossigen Gebäuden, die<br />

von vier verschiedenen Architektenbüros entworfen wurden.<br />

Auf einer Hauptnutzfläche von 53.000 m² bietet das Jakob-Kaiser-Haus<br />

Platz für 1.745 Büros. Rund 60 Prozent der Abgeordnetenbüros<br />

sind hier untergebracht; dabei ist jedes Abgeordnetenbüro<br />

genau 18 m² groß. Darüber hinaus beherbergt das<br />

Jakob-Kaiser-Haus unter anderem die Büros und Sitzungsräume<br />

der Fraktionsstäbe, die Arbeitsräume der Vizepräsidenten,<br />

das Pressezentrum, zwei Sitzungssäle für Untersuchungsausschüsse<br />

des <strong>Bundestag</strong>es sowie die Verfügungsräume für den<br />

Bundesrat und die Bundesregierung. Ein Versorgungstunnel<br />

verbindet das Jakob-Kaiser-Haus mit den anderen Parlamentsbauten.<br />

Foto © picture-alliance/dpa-Zentralbild/Hubert Link<br />

94


Service<br />

Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus<br />

Benannt nach Marie Elisabeth Lüders (1878–1966), einer der<br />

bedeutendsten Sozialpolitikerinnen und wichtigsten Vertreterinnen<br />

der Frauenbewegung in Deutschland, vollendet das von<br />

Stephan Braunfels entworfene Marie-Elisabeth-Lüders-Haus<br />

das »Band des Bundes«. Der Parlamentsbau überbaut den<br />

ursprünglichen Verlauf der Berliner Hinterlandmauer; in einem<br />

öffentlich zugänglichen Mauermahnmal sind Teile der Mauer<br />

wieder aufgebaut.<br />

Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus ist das Informations- und<br />

Dienstleistungszentrum des Parlaments. Auf einer Hauptnutzfläche<br />

von 34.000 m² finden hier die Bibliothek, das Archiv, die<br />

Pressedokumentation und die Wissenschaftlichen Dienste des<br />

<strong>Bundestag</strong>es Platz. Der Kunst-Raum des <strong>Bundestag</strong>es liegt<br />

unterhalb der Freitreppe des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses.<br />

Hier werden öffentlich zugängliche Ausstellungen zeitgenössischer<br />

Kunst mit Parlaments- und Politikbezug gezeigt. Zwei<br />

Brücken verbinden das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus mit dem<br />

Paul-Löbe-Haus.<br />

Foto © picture-alliance/dpa-Zentralbild/Hans Wiedl<br />

95


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

12<br />

6<br />

8<br />

4<br />

9<br />

10<br />

96


Service<br />

5<br />

7<br />

5<br />

Was ist wo im<br />

Parlamentsviertel<br />

1<br />

2<br />

1 Reichstagsgebäude<br />

2 Besuchereingang Westportal<br />

3 Paul-Löbe-Haus<br />

4 Marie-Elisabeth-Lüders-Haus<br />

5 Jakob-Kaiser-Haus<br />

6 ehemaliges Reichstagspräsidentenpalais,<br />

Sitz der Deutschen Parlamentarischen<br />

Gesellschaft<br />

7 Brandenburger Tor<br />

8 Spree<br />

9 Brücken vom Paul-Löbe-Haus<br />

zum Marie-Elisabeth-<br />

Lüders-Haus<br />

10 Kindertagesstätte<br />

des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es<br />

11 Richtung Bundeskanzleramt<br />

12 ARD-Hauptstadtstudio<br />

13 Platz der Republik<br />

13<br />

3<br />

97<br />

←<br />

11<br />

Foto © picture-alliance/dpa/Axel Häsler


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Register<br />

Abgeordentengesetz 32, 36 ff.<br />

Abgeordnete 9 ff., 17 ff., 23 ff., 62, 66 ff.,<br />

87 f., 90 f.<br />

Abstimmung 17 ff., 29, 35 f., 45, 49, 52 f.,<br />

57 f., 66 ff.<br />

Aktuelle Stunde 45, 48, 76<br />

Ältestenrat 22, 46, 53 f., 60 ff., 76, 78, 92<br />

Anfrage 11 f., 45, 48, 52, 70, 76<br />

Antrag 44<br />

Anzeigepflicht 36 ff.<br />

Arbeitsgemeinschaft 41, 66, 70, 75, 78, 81<br />

Arbeitsgruppe 41, 66, 70, 75, 78 f., 81<br />

Arbeitskreis 41, 66, 70, 75, 78 f., 81<br />

Arbeitsparlament 14 ff., 79 ff., 92<br />

Arbeitsteiligkeit 80 f.<br />

Aufgaben 8 ff., 47 f., 55 ff., 60<br />

Auflösung des <strong>Bundestag</strong>es 10 f., 46, 69<br />

Ausschuss 15 ff., 20 ff., 53, 61 ff., 71, 75 f., 81 f.,<br />

85, 93<br />

Berichterstatter 75, 80<br />

Berliner Stunde 62<br />

Bundeskanzler 9 ff., 19 f., 46 f., 56, 69 f., 73 f.<br />

Bundespräsident 6, 10 f., 55 f., 73 f.<br />

Bundesrat 6 ff., 20 f., 62, 77, 83, 94<br />

Bundesregierung 6, 8 f., 11 ff., 22, 30, 44 ff., 53,<br />

56, 60 ff., 68 ff., 75 f., 80, 82, 86, 92, 94<br />

<strong>Bundestag</strong>spolizei 56<br />

<strong>Bundestag</strong>spräsident 9, 20, 22, 36 ff., 40, 44 ff.,<br />

54 ff., 92<br />

<strong>Bundestag</strong>spräsidium 22, 46, 54, 59 f., 75<br />

<strong>Bundestag</strong>sverwaltung 60, 63 ff., 92 f.<br />

<strong>Bundestag</strong>svizepräsidenten 20, 46, 56 f., 59 f.,<br />

94<br />

Bundesverfassungsgericht 6, 33, 38, 48, 83<br />

Bundeswehr 6, 69, 74, 85, 87<br />

Debatte 13 ff., 17, 34, 45, 49, 52 f., 56 f., 62, 64,<br />

76, 79, 84, 92<br />

Diäten 32 ff., 38, 64<br />

Enquetekommission 22<br />

Entschädigung 31 ff., 38, 63 f.<br />

Entschließungsantrag 44<br />

Europäische Union 6, 20 f., 44, 85 f.<br />

Europäisches Parlament 6, 44<br />

Europarat 72<br />

Fragerecht 11 f., 30, 45<br />

Fragestunde 45, 75 f.<br />

Fraktion 10, 17, 19, 22, 29 f., 39 ff., 52 f., 55, 57 ff.,<br />

62 f., 66 ff., 74 f., 78 ff., 84, 92, 94<br />

Fraktionsdisziplin 52, 66 ff.<br />

Fraktionslosigkeit 40 f., 52 f., 62, 68<br />

Geschäftsordnung 19 ff., 39 ff., 45, 50, 55, 57, 59,<br />

61 ff., 68, 83<br />

Gesetzgebung 6, 8 f., 15 f., 18, 20 ff., 30, 44,<br />

48 ff., 62, 69 f., 74 ff., 83, 85 f.<br />

Gremien 9, 20 ff., 41, 46, 57, 62 f., 72, 74, 76, 78<br />

Grundgesetz 6, 9, 11 f., 15 f., 29 f., 39, 55, 62, 66,<br />

69<br />

Gruppen 53<br />

Hammelsprung 18 f.<br />

Houses of Parliament (Großbritannien) 7, 14 f., 49,<br />

58<br />

Immunität 28 f.<br />

Indemnität 28 f.<br />

Infrastruktur 30 f., 53<br />

Internet 13 f., 38<br />

Kammer 7<br />

Kanzlermehrheit 17, 46 f.<br />

Kernzeitdebatte 76, 84<br />

Koalition 10, 47 f., 51, 68 ff.<br />

konstruktives Misstrauensvotum 10 f.<br />

Kontrolle, parlamentarische 11 ff., 47 ff.<br />

Kostenpauschale 30 f., 35<br />

Kurzintervention 84<br />

Landesgruppen 41 f., 74, 78<br />

Mandat, freies 29 f.<br />

Medien 8 f., 12 ff., 92<br />

98


Service<br />

Nationalversammlung, Frankfurter 44<br />

Nebentätigkeiten 36 ff.<br />

Öffentlichkeit 12 ff., 17, 32, 34, 79, 78 f.<br />

Opposition 10, 13, 46 ff., 55, 57, 63, 70, 84<br />

Parlamenarische Staatssekretäre 71, 82<br />

Parlamentarische Geschäftsführer 41, 62, 67, 75, 78<br />

Parlamentsfernsehen 13<br />

Parlamentsreform 83 ff.<br />

Parteien 24 f., 27, 29, 39 ff., 50 ff., 68, 71 f.<br />

Petitionen 87<br />

Plenum 13 ff., 30, 35 f. 43 ff., 56 f., 63, 75 ff., 81,<br />

84, 87, 92<br />

Rechte der Abgeordneten 28 ff.<br />

Redeparlament 14 ff., 79 f.<br />

Rederecht 57, 62<br />

Redezeit 45, 52 f., 57, 62<br />

Regierungsbefragung 30, 75 f.<br />

Regierungsfraktionen 46 ff., 62, 68 ff., 80<br />

Schriftführer 18, 57<br />

Selbstauflösungsrecht 11<br />

Sitzordnung 43 f.<br />

Sitzungswoche 72 ff.<br />

Sitzverteilung 89<br />

Speaker (Großbritannien) 58<br />

Spenden 36 f.<br />

UNO (Vereinte Nationen) 86<br />

Unterausschuss 22<br />

Untersuchungsausschuss 12 f., 22, 46, 48, 94<br />

US Congress (Vereinigte Staaten) 7, 15<br />

Verhaltensregeln 36 f.<br />

Vertrauensfrage 10 f., 69 f.<br />

Wahl 6, 9 ff., 19 f., 23 ff., 27, 38, 46, 55, 85<br />

Wehrbeauftragter 20, 87<br />

Weimarer Republik 7, 55<br />

Willensbildung 22, 41, 43, 50 f., 71<br />

Zitierrecht 45, 53<br />

99


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Informationen im Internet<br />

Die Internetseite des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es bietet Informationen<br />

über die Abgeordneten, wichtige rechtliche Grundlagen<br />

wie die Geschäftsordnung des <strong>Bundestag</strong>es oder das<br />

Abgeordnetengesetz, Recherchemöglichkeiten in Plenarprotokollen<br />

und Drucksachen sowie die Übertragung von Debatten<br />

im Web-TV. Außerdem kann Informationsmaterial online<br />

bestellt oder heruntergeladen werden<br />

www.bundestag.de<br />

Die Kinderseite und das Jugendportal des <strong>Bundestag</strong>es<br />

www.kuppelkucker.de<br />

www.mitmischen.de<br />

Das Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es<br />

als Download (1949-1999) und als PDF (1994-2003)<br />

www.bundestag.de Rubrik Dokumente & Recherche<br />

Das Parlamentsfernsehen bietet die Möglichkeit, Plenarsitzungen<br />

über das Internet mitzuverfolgen<br />

www.bundestag.de Rubrik Presse<br />

Die Internetseite der politischen Wochenzeitung<br />

Das Parlament<br />

www.das-parlament.de<br />

Die Internetseite der Zeitschrift für Parlamentsfragen mit<br />

einem Einblick in die aktuelle Ausgabe, den Inhaltsverzeichnissen<br />

aller Hefte seit 1969 und einer Übersicht der Autoren<br />

und ihrer Beiträge<br />

www.zparl.de<br />

Die Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung<br />

mit Berichten, Publikationen und einer umfangreichen<br />

»Wissen«-Rubrik<br />

www.bpb.de<br />

100


laufender Kolumnentitel Service<br />

Literatur (Auswahl)<br />

Kürschners Volkshandbuch <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> 17. Wahlperiode.<br />

Rheinbreitbach: NDV Neue Darmstädter Verlagsanstalt,<br />

2010.<br />

Linn, Susanne und Sobolewski, Frank: So arbeitet der Deutsche<br />

<strong>Bundestag</strong>. Organisation und Arbeitsweise. Die Gesetzgebung<br />

des Bundes (17. Wahlperiode). Rheinbreitenbach: NDV Neue<br />

Darmstädter Verlagsanstalt, 2010.<br />

Kessel, Wolfgang u. a.: Der Deutsche <strong>Bundestag</strong> im Reichstagsgebäude.<br />

Berlin: <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>, 2007.<br />

Ismayr, Wolfgang u. a.: Der Deutsche <strong>Bundestag</strong>. Schwalbach:<br />

Wochenschauverlag, 2007.<br />

Marschall, Stefan: Parlamentarismus: eine Einführung.<br />

Baden-Baden: Nomos, 2005.<br />

Marschall, Stefan: Das politische System Deutschlands.<br />

Stuttgart: UTB, 2007.<br />

Wefing, Heinrich: Dem Deutschen Volke. Der <strong>Bundestag</strong> im<br />

Berliner Reichstagsgebäude. Bonn: Bouvier, 2002.<br />

Feldkamp, Michael: Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen<br />

<strong>Bundestag</strong>es 1994 bis 2003. Baden-Baden: Nomos,<br />

2005.<br />

Zeitschrift für Parlamentsfragen, Baden-Baden: Nomos.<br />

101


<strong>Stichwort</strong> Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

In dieser Reihe erscheinen folgende Titel:<br />

Der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />

Gesetzgebung<br />

Ausschüsse<br />

Untersuchungsausschüsse<br />

Enquetekommissionen<br />

Petitionen<br />

Der Wehrbeauftragte<br />

Geschichte des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es<br />

Wahlen<br />

Die Bundesversammlung<br />

102


Herausgeber<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong><br />

Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />

Platz der Republik 1<br />

11011 Berlin<br />

Koordination<br />

Herbert Fleischhauer,<br />

Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />

Konzept<br />

Georgia Rauer und<br />

Marc Mendelson, Berlin<br />

Text<br />

Stefan Marschall, Siegen<br />

Redaktion und Lektorat<br />

Georgia Rauer, Berlin<br />

Gestaltung und Bildredaktion<br />

Marc Mendelson, Berlin<br />

Druck<br />

Wachter GmbH & Co. KG,<br />

Bönnigheim<br />

2. Auflage 2010<br />

Stand: Juni 2010<br />

Diese Publikation wird vom<br />

Deutschen <strong>Bundestag</strong> im Rahmen<br />

der parlamentarischen Öffentlichkeitsarbeit<br />

herausgegeben.<br />

Eine Verwendung für die eigene<br />

Öffentlichkeitsarbeit von Parteien,<br />

Fraktionen, Mandatsträgern<br />

oder Wahlbewerbern – insbesondere<br />

zum Zwecke der Wahlwerbung<br />

– ist grundsätzlich<br />

unzulässig.<br />

Die Veröffentlichungen in der<br />

Schriftenreihe »<strong>Stichwort</strong>« stellen<br />

keine rechtsverbindlichen Aussagen<br />

des Herausgebers dar; sie<br />

dienen lediglich der Information<br />

und Urteilsbildung.<br />

Bildnachweis<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>: Titel- und<br />

Rückseite, S. 9, 11, 16, 17, 19, 26,<br />

40, 54, 56, 59, 61, 65 oben, 67,<br />

69, 74, 75, 77, 86, 88; Presseund<br />

Informationsamt der Bundesregierung:<br />

S. 10, 84; picturealliance:<br />

S. 12, 14, 15, 18, 31, 37,<br />

47, 50, 51, 53, 58, 65 unten, 72,<br />

92, 93, 94, 95, 96–97


Der <strong>Bundestag</strong> ist das Zentrum des politischen Lebens und das<br />

oberste demokratische Staatsorgan in Deutschland. Als einziges<br />

Staatsorgan wird er direkt vom Volk gewählt. Wie aber funktioniert<br />

der parlamentarische Alltag? Was tun Abgeordnete,<br />

wenn sie nicht im Plenarsaal unter der Kuppel sitzen? Warum<br />

braucht das Parlament Fraktionen? Und was hat es mit Hammelsprung,<br />

Überhangmandaten oder dem Ältestenrat auf sich?<br />

Antworten gibt es in dieser Broschüre.<br />

Fotos © Umschlag <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong>/studio kohlmeier

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