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Thüringer Trachtenjugend<br />
Paulus im Kasten: Einer Rhönlegende auf den Fersen<br />
Thüringer Trachtenjugend zum zweiten Mal auf Sagentour<br />
Auf Vorschlag unseres Rhöner Trachtenfreundes Frank Hößel aus<br />
Kaltenlengsfeld ging es in den Osterferien eine Woche lang ins<br />
Schullandheim Fischbach in der Rhön und damit in das ehemalige<br />
Haupwirkungsgebiet des Räubers Rhönpaulus,<br />
der Sagenlegende aus der Rhön. Das war<br />
Anlass genug, sich auch kriminalistisch und<br />
räuberisch zu betätigen. Natürlich nur hobbymäßig.<br />
Fähigkeiten wie Fährtensuche, Knoten<br />
und ein Räubermahl bereiten wurden geübt<br />
und machten viel Freude.<br />
Ein Bild vom Paulus konnte man sich dann<br />
während der Wanderung nach Dermbach<br />
machen. Im Ibengarten bei Glattbach hatte er<br />
seine Höhle, und das ist sicher auch der<br />
Grund, warum ihm gerade dort eine Holzstatue<br />
vom Bildhauer Manfred Bellinger als<br />
Denkmal gesetzt wurde. Eine Gans und ein<br />
voller Geldbeutel weisen auf seine Räubertätigkeit<br />
hin. Die erste bekannte Sagenüberlieferung<br />
in Bezug auf Paulus hat übrigens mit<br />
Glattbach zu tun, der Räuber bemächtigte<br />
sich dort eines Geldbeutels, den ein Bauer aus dem Fenster gehalten<br />
hatte. Später wurde er noch dadurch bekannt und beliebt, dass er<br />
seine Beute mit denen teilte, die Not litten und nicht auf der Sonnenseite<br />
des Lebens standen.<br />
Das historische Original?<br />
Besonderes Interesse erregte bei allen Kindern der Pauluskasten, in<br />
dem der Räuber zur Hinrichtung gefahren worden sein soll. Im Heimatmuseum<br />
Dermbach steht der wahrscheinlich der echte Pauluskasten,<br />
der die Jahrhunderte<br />
im Thüringer Museum<br />
in Eisenach überdauert<br />
hat. Auch hier<br />
waren einige so mutig, ihn<br />
auszuprobieren. "Wenig<br />
angenehm!", so war das<br />
einhellige Urteil. Der Räuber<br />
erschien den damaligen<br />
Vertretern von Recht<br />
und Gesetz so stark und<br />
mächtig, dass sie ihn<br />
wegen seiner Leibes- und<br />
Zauberkräfte nur mittels<br />
dieses Kastens in Schach<br />
halten konnten. Ein extra Auf dem Dorfplatz in Glattbachwie<br />
einst Paulus im Kasten<br />
eingeschobener Holzboden<br />
verhinderte, dass die Füße des Delinquenten den Boden<br />
berührten, denn dann hätte er sich vielleicht freizaubern können.<br />
Neben dem Räuber nahmen die Kinder noch ein paar andere typische<br />
Rhöneindrücke mit. Allerorts faszinieren die reich geschmückten<br />
Osterbrunnen, so unter anderem in Neidhartshausen, Dermbach<br />
und Kaltennordheim. Auch das geflügelte Wort vom "Land der offenen<br />
Fernen" war erlebbar. Hinter jeder Wegbiegung tat sich ein ganz<br />
neuer faszinierender Ausblick auf, zum Beispiel auf die Barockanlage<br />
der Propstei Zella.<br />
im Schloß Kaltennordheim noch viele andere Keller, in denen<br />
Gefangene gehalten wurden. Vielleicht wurde es im Laufe der<br />
Jahrhunderte verändert? Schaurig auf jeden Fall die Vorstellung, dass<br />
die Gefangenen hier ohne Fensterscheiben bei Wind und Wetter ihr<br />
ödes Dasein fristen mussten. Und dann noch der Geruch und die<br />
Spinnen!<br />
Sympathie für den alten Räuber<br />
"Ein bisschen war der Paulus doch so wie Robin Hood. Er hat geklaut<br />
und alles dann mit den Armen geteilt, das ging doch eigentlich in<br />
Ordnung. ", so resümierte der sechsjährige Hannes am Ende der<br />
Ferienaktion. Damit hat er den Nagel wohl auf den Kopf getroffen.<br />
"Und so einen kalten März müssen wir uns auch merken.", so ergänzte<br />
Jenny. Der kalte Wind, der beim Wandern ins Gesicht schlug,<br />
schmerzte schon hier und da ein klein wenig. Aber mit Melkfett, Schal,<br />
Mütze und Handschuhen konnte garantiert immer Abhilfe geschaffen<br />
werden.<br />
Das Schullandheim in Fischbach bot beste Bedingungen für unsere<br />
Maßnahme und das leckere Essen wird uns noch lange gut in Erinnerung<br />
bleiben. Ein Dank an Horst Hößel und sein Team.<br />
Dirk Koch<br />
Fotos: Norbert Sander<br />
Huckepack gegen den Ostwind<br />
Hannes lutscht einen Eiszapfen.<br />
Der Kerker im Schloßturm<br />
Einen Blick in das Verlies, in dem der Paulus gefangengehalten<br />
wurde, gewährte man uns im Heimatmuseum Kaltennordheim. Das<br />
gab Anlass zu zahlreichen Diskussionen. In verschiedenen Versionen<br />
der Sage wurde uns das Gefängnis als so klein geschildert, dass der<br />
Paulus nicht darin stehen konnte. Es war zwar auch wirklich ziemlich<br />
klein, aber weit über zwei Meter hoch. Im Buch über den Rhönpaulus<br />
steht, dass es ein großes Gewölbe war. Wer weiß? Es gab schließlich<br />
UNSER BLATT 04/2013<br />
www.unserblatt.de<br />
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