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Schulsozialarbeit - CVJM-Hochschule

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3-2-1-Jugger!<br />

Juggern – eine Sportart die Spaß<br />

macht und auch hervorragende<br />

Impulse in der Sozialen Arbeit<br />

setzen kann. In Zukunft wird<br />

man vom Juggern bestimmt<br />

noch einiges hören.<br />

Ein Bericht von<br />

Sandra Schleißheimer<br />

„3-2-1 – Jugger!“ – Ungläubig<br />

bleiben einige Spaziergänger<br />

mit fragenden Gesichtern an<br />

der Beyerleinswiese im Bamberger<br />

Haingebiet stehen.<br />

Sie werden Zeugen einer etwas<br />

ungewöhnlichen Szene:<br />

Kaum ist das „Jugger“ ausgerufen<br />

stürmen zwei Gruppen<br />

von jeweils fünf Jugendlichen<br />

auf einen Football-ähnlichen<br />

Gegenstand in der Mitte des<br />

Spielfeldes zu. Dabei schwingen<br />

einige der Beteiligten<br />

längliche Gegenstände, zwei<br />

Bälle an einer Plastikkette<br />

schwingen durch die Luft. Einige<br />

Zuschauer gehen irritiert<br />

weiter, andere bleiben interessiert<br />

stehen. Später erfahren<br />

sie im Gespräch, dass die<br />

beschriebene Szene die erste<br />

Phase einer Spielrunde der<br />

Sportart „Jugger“ darstellte,<br />

einer Mannschaftssportart,<br />

die bisher über einen eher geringen<br />

Bekanntheitsgrad verfügt.<br />

Juggern beim <strong>CVJM</strong> Bamberg<br />

Angeregt durch ein Praxisbuch<br />

von Ruben Wickenhäuser wurde im<br />

Rahmen einer Jugendfreizeit des<br />

<strong>CVJM</strong> Bamberg im Sommer 2007<br />

eine „Jugger“-Ausrüstung gebaut<br />

und das Spiel erstmals durchgeführt.<br />

Die Begeisterung der Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer führte zu einer<br />

festen Etablierung der Sportart im<br />

Verein. In der Durchführung der im<br />

<strong>CVJM</strong> Bamberg entwickelten Freizeitvariante<br />

zeigte sich schnell, dass<br />

die Sportart einige Potentiale als<br />

Methode in der Jugend- bzw. auch<br />

Jugendsozialarbeit in sich birgt.<br />

Dies bestätigte sich auch in der<br />

Durchführung mit anderen Zielgruppen<br />

(Jugendliche im Justizvollzug,<br />

Schulklassen). Diese Erfahrungen<br />

waren der Anlass das „Juggern“<br />

Rahmen einer Diplomarbeit intensiv<br />

zu beleuchten.<br />

Die Regeln – kurz und knapp<br />

„Jugger“ mit Jugendlichen in der<br />

Justizvollzugsanstalt<br />

Die Idee zu dem Projekt, „Jugger“<br />

als Sportangebot in einer Justizvollzugsanstalt<br />

für Jugendliche<br />

durchzuführen, entstand im Rahmen<br />

der Veranstaltung „Handlungskompetenz<br />

in sport-, bewegungs- und<br />

körperorientierter Sozialer Arbeit“<br />

des Fachbereichs Soziale Arbeit der<br />

Otto-Friedrich-Universität Bamberg.<br />

Trotz anfänglicher Skepsis der Beamten<br />

- aufgrund der an Waffen erinnernden<br />

Form der „Pompfen“- konnte<br />

in der praktischen Umsetzung<br />

gezeigt werden, dass die Sportart<br />

auch mit gewalterfahrenen Jugendlichen<br />

durchgeführt werden kann.<br />

Hierfür mussten die Regeln vor allem<br />

an einem Punkt modifiziert werden:<br />

Statt feste Teams zu bilden, wurden<br />

diese kontinuierlich neu zusammengestellt,<br />

da so einem möglichen<br />

Wettkampfdenken entgegengewirkt<br />

werden konnte.<br />

Bemerkenswert war die Beobachtung,<br />

dass das Spiel selbst mit dieser<br />

Zielgruppe ohne den Einsatz eines<br />

Schiedsrichters auskommt und<br />

durchweg positive Rückmeldungen<br />

von den Gefangenen und Beamten<br />

gegeben wurden.<br />

Das Spielfeld misst 20 x 40 Meter. Jede Mannschaft besitzt an ihrer Feldseite ein Mal, in<br />

Form eines vulkanähnlichen Schaumstoffkegels mit einem Loch.<br />

Ziel des Spieles ist es, den „Jugg“, das Spielgerät aus Schaumstoff in Form eines<br />

Footballs,im gegnerischen „Mal“ zu versenken.<br />

Jedes Team besteht aus vier Pompfenträgern und einem Läufer, dem Qwik. Letzterer<br />

ist der Einzige, der den Jugg berühren und transportieren darf. Außerdem trägt er, im<br />

Gegensatz zu seinen Mitspielern, keine „Pompfe“.<br />

Um den „Jugg“ platzieren zu können, benötigt der Qwik die Unterstützung der der<br />

„Pompfenträger“. „Pompfen“ sind unterschiedlich lange (zwischen 80 und 200 cm), mit<br />

Schaumstoff isolierte Stäbe. Zusätzlich zu den Pompfen verfügt jedes Team noch über<br />

eine Kugel: ein Schaumstoffball befestigt an einer ca. drei Meter langen Plastikkette. Trifft<br />

ein Spieler einen Gegner mit der Kugel bzw. einer Pompfe, wird dieser zu einer Spielpause<br />

von zwölf bzw. acht Sekunden gezwungen. Hand- und Kopftreffer sind nicht zulässig.<br />

Beide Mannschaften versuchen auf diese Weise die Gegner für kurze Zeit vorübergehend<br />

aus dem Spiel nehmen, um den eigenen Qwik zu schützen bzw. ihm den Weg zum gegnerischen<br />

Mal zu bahnen.<br />

Wird der Jugg im Mal versenkt, beginnt eine neue Runde. Beide Mannschaften nehmen<br />

die Ausgangsposition ein und stellen sich wieder in einer Reihe auf Höhe ihres Males auf.<br />

Dann heißt es auf ein Neues: „3,2,1 – Jugger!“<br />

Potentiale der Sportart<br />

In der Durchführung und Auseinandersetzung<br />

mit der Sportart konnten<br />

neben einem hohen Spaßfaktor<br />

verschiedene Potentiale in Bezug auf<br />

physische, psychische und vor allem<br />

auch soziale Aspekte festgestellt<br />

werden. An drei Beispielen wird dies<br />

deutlich:<br />

Kommunikationsfähigkeit: Im Team<br />

untereinander kommunizieren zu<br />

können, stellt die Grundlage für eine<br />

gelingende Spielrunde dar, da eine<br />

Platzierung des Juggs in der Regel<br />

nur durch eine gemeinsame Taktik<br />

möglich wird. Da die Taktik erfahrungsgemäß<br />

während des gesamten<br />

Spieles immer wieder modifiziert<br />

wird, findet nicht nur ein punktueller,<br />

sondern vielmehr ein kontinuierlicher<br />

Austausch zwischen den<br />

Spielern statt.<br />

Soziale Verantwortung:<br />

Im Regelwerk der Freizeitvariante<br />

wird bewusst auf den Einsatz eines<br />

Schiedsrichters verzichtet. Durch<br />

den Umstand, dass das Spielgeschehen<br />

an unterschiedlichen Orten und<br />

nicht nur am Jugg stattfindet, ist<br />

eine Kontrolle von außen auch nicht<br />

möglich. Das Spiel ist ohne Fairness<br />

also nicht praktikabel. Zudem muss<br />

sich jeder Spieler im Umgang mit<br />

den Pompfen kontrollieren, um diese<br />

nicht regelwidrig als Waffen zu missbrauchen.<br />

Motivation zu Sport: Anders als in<br />

den meisten Sportarten müssen die<br />

Spieler über keine besonderen sportlichen<br />

Fähigkeiten verfügen bzw. sich<br />

spielbezogene Fertigkeiten aneignen.<br />

Dies erleichtert den Einstieg ins<br />

Spiel und kann – unterstützt durch<br />

den auffordernden Charakter der<br />

Sportart – dazu führen, dass gerade<br />

auch sportferne Jugendliche zu körperlicher<br />

Aktivität motiviert werden.<br />

Diese Gegebenheiten sind insbesondere<br />

auch im Rahmen der offenen<br />

und aufsuchenden Jugendarbeit von<br />

Bedeutung.<br />

Weitere Auskunft und<br />

Informationen geben gerne:<br />

Sandra Schleißheimer<br />

sandra.schleissheimer@web.de<br />

Stefan Westhauser<br />

westhauser@cvjm.de<br />

26 Magazin für Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit 27

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