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Katholisches Wort in die Zeit 41. Jahr Juni 2010 - Der Fels

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<strong>in</strong> der sich das Göttliche so oft <strong>in</strong> unwürdigen<br />

Händen präsentiert, <strong>in</strong> der<br />

das Göttliche immer nur <strong>in</strong> der Form<br />

des Dennoch anwesend ist, den Gläubigen<br />

e<strong>in</strong> Zeichen für das Dennoch<br />

der je größeren Liebe Gottes. Das erregende<br />

Ine<strong>in</strong>ander von Treue Gottes<br />

und Untreue der Menschen, welches<br />

<strong>die</strong> Struktur der Kirche kennzeichnet,<br />

ist gleichsam <strong>die</strong> dramatische Gestalt<br />

der Gnade, durch <strong>die</strong> <strong>die</strong> Realität der<br />

Gnade als Begnadigung der an sich<br />

Unwürdigen fortwährend <strong>in</strong> der Geschichte<br />

anschaulich gegenwärtig<br />

wird. Man könnte von da aus geradezu<br />

sagen, eben <strong>in</strong> ihrer paradoxalen<br />

Struktur aus Heiligkeit und Unheiligkeit<br />

sei <strong>die</strong> Kirche <strong>die</strong> Gestalt der<br />

Gnade <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Welt.“ 4<br />

Die Heiligkeit Christi „äußerte<br />

sich gerade als Vermischung mit den<br />

Sündern, <strong>die</strong> Jesus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Nähe zog;<br />

als Vermischung bis dah<strong>in</strong>, dass er<br />

selbst »zur Sünde« gemacht wurde,<br />

den Fluch des Gesetzes <strong>in</strong> der H<strong>in</strong>richtung<br />

trug – vollendete Schicksalsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

mit den Verlorenen<br />

(vgl. 2 Kor 5,21; GaI3,13). Er hat <strong>die</strong><br />

Sünde an sich gezogen, zu se<strong>in</strong>em<br />

Anteil gemacht und so offenbart, was<br />

wahre »Heiligkeit« ist: nicht Absonderung,<br />

sondern Vere<strong>in</strong>igung, nicht<br />

Urteil, sondern erlösende Liebe. Ist<br />

nicht <strong>die</strong> Kirche e<strong>in</strong>fach das Fortgehen<br />

<strong>die</strong>ses Sich-E<strong>in</strong>lassens Gottes <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong> menschliche Erbärmlichkeit; ist<br />

sie nicht e<strong>in</strong>fach das Fortgehen der<br />

Tischgeme<strong>in</strong>schaft Jesu mit den Sündern,<br />

se<strong>in</strong>er Vermischung mit der Not<br />

der Sünde, sodass er geradezu <strong>in</strong> ihr<br />

unterzugehen sche<strong>in</strong>t? Offenbart sich<br />

nicht <strong>in</strong> der unheiligen Heiligkeit der<br />

Kirche gegenüber der menschlichen<br />

Erwartung des Re<strong>in</strong>en <strong>die</strong> wahre Heiligkeit<br />

Gottes, <strong>die</strong> Liebe ist, Liebe, <strong>die</strong><br />

sich nicht <strong>in</strong> der adeligen Distanz des<br />

unberührbar Re<strong>in</strong>en hält, sondern sich<br />

mit dem Schmutz der Welt vermischt,<br />

um ihn so zu überw<strong>in</strong>den? Kann von<br />

da aus <strong>die</strong> Heiligkeit der Kirche etwas<br />

anderes se<strong>in</strong> als das E<strong>in</strong>ander-Tragen,<br />

das freilich für alle davon kommt, dass<br />

alle von Christus getragen werden?“<br />

Ratz<strong>in</strong>ger schreibt weiter: „Ich gestehe<br />

es: Für mich hat gerade <strong>die</strong> unheilige<br />

Heiligkeit der Kirche etwas<br />

unendlich Tröstendes an sich. Denn<br />

müsste man nicht verzagen vor e<strong>in</strong>er<br />

Heiligkeit, <strong>die</strong> makellos wäre und <strong>die</strong><br />

nur richtend und verbrennend auf uns<br />

wirken könnte? Und wer dürfte von<br />

Papst Johannes Paul II., der <strong>die</strong> Vergebensbitte für das Versagen von Gläubigen<br />

im Verlauf der Kirchengeschichte ausgesprochen hat.<br />

sich behaupten, dass er es nicht nötig<br />

hätte, von den anderen ertragen, ja<br />

getragen zu werden? Wie aber kann<br />

jemand, der vom Ertragenwerden seitens<br />

der anderen lebt, selbst das Ertragen<br />

[der anderen] aufkündigen? Ist<br />

das nicht <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zige Gegengabe, <strong>die</strong><br />

er anbieten kann; der e<strong>in</strong>zige Trost,<br />

der ihm bleibt, dass er erträgt, so wie<br />

auch er ertragen wird?“ 5<br />

„Das will nicht sagen, dass man<br />

immer alles beim Alten lassen und es<br />

so ertragen muss, wie es nun e<strong>in</strong>mal<br />

ist. Das Ertragen kann auch e<strong>in</strong> höchst<br />

aktiver Vorgang se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>gen darum,<br />

dass <strong>die</strong> Kirche immer mehr<br />

selbst <strong>die</strong> tragende und ertragende<br />

werde. Die Kirche lebt ja nicht anders<br />

als <strong>in</strong> uns, sie lebt vom Kampf<br />

der Unheiligen um <strong>die</strong> Heiligkeit, so<br />

wie freilich <strong>die</strong>ser Kampf von der<br />

Gabe Gottes lebt, ohne <strong>die</strong> er nicht<br />

se<strong>in</strong> könnte. Aber fruchtbar, aufbauend<br />

wird solches R<strong>in</strong>gen nur, wenn es<br />

vom Geist des Ertragens beseelt ist,<br />

von der wirklichen Liebe. Und hier<br />

s<strong>in</strong>d wir zugleich bei dem Kriterium<br />

angelangt, an dem sich jenes kritische<br />

R<strong>in</strong>gen um <strong>die</strong> bessere Heiligkeit jederzeit<br />

messen lassen muss, das dem<br />

Ertragen nicht nur nicht widerspricht,<br />

sondern von ihm gefordert wird. Dieser<br />

Maßstab ist das Aufbauen. E<strong>in</strong>e<br />

Bitterkeit, <strong>die</strong> nur destruiert, richtet<br />

sich selbst. E<strong>in</strong>e zugeschlagene Tür<br />

kann zwar zum Zeichen werden, das<br />

<strong>die</strong> aufrüttelt, <strong>die</strong> dr<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d. Aber<br />

<strong>die</strong> Illusion, als ob man <strong>in</strong> der Isolierung<br />

mehr aufbauen könnte als im<br />

Mite<strong>in</strong>ander, ist eben e<strong>in</strong>e Illusion genau<br />

wie <strong>die</strong> Vorstellung e<strong>in</strong>er Kirche<br />

der »Heiligen« anstatt e<strong>in</strong>er »heiligen<br />

Kirche«, <strong>die</strong> heilig ist, weil der Herr<br />

<strong>in</strong> ihr <strong>die</strong> Gabe der Heiligkeit schenkt<br />

ohne Ver<strong>die</strong>nst.“ 6<br />

Zur Vertiefung:<br />

Katechismus der katholischen Kirche,<br />

Nr. 823-829; 867;<br />

Leo Card.Scheffczyk / Anton Ziegenaus:<br />

Katholische Dogmatik, Siebter Band:<br />

Die Heilsgegenwart <strong>in</strong> der Kirche / Sakramentenlehre;<br />

S. 48-57.<br />

DER FELS 6/<strong>2010</strong> 167

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