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Katholisches Wort in die Zeit 42. Jahr Oktober 2011 - Der Fels

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Schlagworten wie „Schrumpfende<br />

Gesellschaft“, „Demographische<br />

Zei ten wende“ oder „Ausgefallene<br />

Generation“ zum Thema der Wissenschaft.<br />

Die absehbare Schrumpfung<br />

der Bevölkerung löst e<strong>in</strong> Erschrecken<br />

aus, weil sie den Generationenvertrag<br />

und damit <strong>die</strong> Stabilität der<br />

Altersversicherung <strong>in</strong> Frage stellt.<br />

Wenn sich der Alterslastquotient, also<br />

der Anteil der über 65jährigen im<br />

Verhältnis zur Erwerbsbevölkerung<br />

zwischen 15 und 65 <strong>Jahr</strong>en, <strong>in</strong> den<br />

nächsten 40 <strong>Jahr</strong>en mehr als verdoppelt,<br />

werden <strong>die</strong> Beiträge zur Altersversicherung<br />

so steigen, dass e<strong>in</strong> Generationenkonflikt<br />

unausweichlich<br />

sche<strong>in</strong>t. Die allmähliche Erhöhung<br />

des Rentene<strong>in</strong>trittsalters auf 67 mildert<br />

das Problem, löst es aber nicht.<br />

<strong>Der</strong> Rückgang der Geburten und <strong>die</strong><br />

Vergreisung der Gesellschaft haben<br />

nicht nur für <strong>die</strong> Stabilität der Alterssicherung<br />

schwerwiegende Folgen.<br />

Sie verändern auch <strong>die</strong> Bed<strong>in</strong>gungen<br />

für <strong>die</strong> Kranken- und Pflegeversicherung.<br />

Sie schwächen das Innovationspotential<br />

<strong>in</strong> Wirtschaft und Wissenschaft<br />

und belasten den Arbeitsmarkt.<br />

Die familienpolitischen Maßnahmen,<br />

<strong>die</strong> den Geburtenrückgang aufhalten<br />

sollen, erhalten so unter der Hand e<strong>in</strong>en<br />

ganz neuen Akzent. Sie haben<br />

weniger Ehe und Familie zu schützen<br />

als vielmehr das weibliche Arbeitskräftereservoir<br />

zu erschließen.<br />

Angesichts e<strong>in</strong>er schrumpfenden und<br />

immer älter werdenden Bevölkerung,<br />

so <strong>die</strong> Vorsitzende der Bertelsmann-<br />

Stiftung, Liz Mohn 2006, könne es<br />

sich unsere Wirtschaft nicht erlauben,<br />

auf das hohe Leistungs- und Kreativpotential<br />

gut ausgebildeter Frauen zu<br />

verzichten. 11<br />

Die erste Bundesregierung Merkel<br />

bekennt sich denn auch 2006 zu<br />

e<strong>in</strong>em „Paradigmenwechsel“ <strong>in</strong> der<br />

Familienpolitik, der sich an der „Erwerbs<strong>in</strong>tegration<br />

von Frauen“ und<br />

am Ausbau e<strong>in</strong>er „Infrastruktur für<br />

Bildung und Betreuung“ orientiert. 12<br />

Das Elterngeldgesetz vom 5. Dezember<br />

2006 und das K<strong>in</strong>derförderungsgesetz<br />

vom 10. Dezember 2008<br />

s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Konsequenzen aus <strong>die</strong>sem<br />

Paradigmenwechsel. Diese Gesetze<br />

s<strong>in</strong>d primär Instrumente der Arbeitsmarktpolitik,<br />

nicht solche der Familienpolitik.<br />

Ersteres diskrim<strong>in</strong>iert <strong>die</strong><br />

nicht erwerbstätigen Mütter, <strong>die</strong> nach<br />

der Geburt e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des nur noch 12<br />

statt wie zuvor 24 Monate den Betrag<br />

von 300.- Euro erhalten, und privilegiert<br />

<strong>die</strong> erwerbstätigen Mütter, <strong>die</strong><br />

Anspruch auf e<strong>in</strong> Elterngeld <strong>in</strong> Höhe<br />

von 67% des vor der Geburt verfügbaren<br />

Nettoe<strong>in</strong>kommens bis zu<br />

e<strong>in</strong>er Höchstgrenze von 1800.- Euro<br />

im Monat haben. Die nicht erwerbstätigen<br />

Mütter haben mith<strong>in</strong> durch<br />

<strong>die</strong> Halbierung der Bezugsdauer das<br />

Elterngeld der erwerbstätigen Mütter<br />

mit zu f<strong>in</strong>anzieren.<br />

Nicht weniger Anreize zur Aufnahme<br />

e<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeit enthält<br />

das K<strong>in</strong>derförderungsgesetz.<br />

Es sieht den Ausbau der öffentlichen<br />

K<strong>in</strong>derbetreuungse<strong>in</strong>richtungen<br />

auf 750.000 Plätze vor. Somit soll<br />

für rund zwei Drittel der E<strong>in</strong>- und<br />

Zweijährigen e<strong>in</strong>e außerhäusliche<br />

Betreuung angeboten werden, geht<br />

man davon aus, dass <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der <strong>in</strong><br />

den ersten zwölf Monaten zu Hause<br />

betreut werden. Die vom Familienm<strong>in</strong>isterium<br />

immer wieder angegebene<br />

Betreuungsquote von 35% wäre<br />

nur dann korrekt, wenn auch <strong>die</strong><br />

K<strong>in</strong>der im ersten Lebensjahr e<strong>in</strong>bezogen<br />

werden, was aber wiederum<br />

der Intention des Elterngeldgesetzes<br />

widerspricht. Die Dauerkontroverse<br />

um das m<strong>in</strong>imale und ohneh<strong>in</strong> erst<br />

für 2013 projektierte Betreuungsgeld<br />

von 150.- Euro für Mütter, <strong>die</strong><br />

ihre K<strong>in</strong>der zu Hause erziehen, verstärkt<br />

den E<strong>in</strong>druck, als solle <strong>die</strong> Erziehung<br />

der Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der aus der Familie<br />

<strong>in</strong> öffentliche E<strong>in</strong>richtungen<br />

verlagert werden. 13 Bis 2009 s<strong>in</strong>d<br />

Auswirkungen <strong>die</strong>ser Maßnahmen<br />

auf <strong>die</strong> Geburtenrate nicht erkennbar:<br />

2007 werden 684.862 K<strong>in</strong>der geboren,<br />

2008 682.514 und 2009 nur noch<br />

rund 650.000 – der größte Geburtenrückgang<br />

und bei etwa 835.000<br />

Sterbefällen zugleich das größte Geburtendefizit<br />

<strong>in</strong> der Geschichte der<br />

Bundesrepublik. Die Fruchtbarkeitsrate<br />

schwankt zwischen 1,3 und 1,4.<br />

Deutlich gestiegen ist <strong>in</strong> den vergangenen<br />

<strong>Jahr</strong>en dagegen <strong>die</strong> Quote der<br />

erwerbstätigen Mütter, wenngleich<br />

der Gender-Datenreport des Familienm<strong>in</strong>isteriums<br />

weiterh<strong>in</strong> beklagt,<br />

dass <strong>die</strong> Verantwortung für e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> Deutschland <strong>die</strong> Erwerbsbeteiligung<br />

von Frauen gravierender bee<strong>in</strong>trächtige<br />

als <strong>in</strong> vielen anderen<br />

OECD-Staaten. <strong>Der</strong> Focus der Familienpolitik<br />

ist <strong>in</strong> Deutschland also<br />

vorrangig nicht auf e<strong>in</strong> Ende des<br />

Geburtenrückganges, sondern auf<br />

<strong>die</strong> Erwerbstätigkeit der Frau gerichtet.<br />

Als erstes H<strong>in</strong>dernis e<strong>in</strong>er höheren<br />

Erwerbstätigkeit der Frau gelten<br />

Mit ihrer Forderung K<strong>in</strong>der<br />

möglichst früh <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

Krippe und Frauen an<br />

den außerhäuslichen Arbeitsplatz<br />

ist Ursula von<br />

der Leyen zur Begründer<strong>in</strong><br />

der „Neuen Familienpolitik“<br />

geworden<br />

<strong>die</strong> fehlenden K<strong>in</strong>derbetreuungse<strong>in</strong>richtungen.<br />

Die Prioritäten der Betroffenen<br />

zeigen jedoch seit <strong>Jahr</strong>en,<br />

dass <strong>die</strong> Betreuungsmöglichkeiten<br />

für Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der unter den Bed<strong>in</strong>gungen,<br />

<strong>die</strong> erfüllt se<strong>in</strong> sollen, um <strong>die</strong><br />

Bereitschaft zu K<strong>in</strong>dern zu wecken,<br />

weit h<strong>in</strong>ten rangieren. Während 92%<br />

der 18- bis 44-jährigen nach e<strong>in</strong>er Allensbacher<br />

Untersuchung 2004 den<br />

Konsens im H<strong>in</strong>blick auf den K<strong>in</strong>derwunsch<br />

und 84% <strong>die</strong> Stabilität<br />

der Beziehung für entscheidend halten,<br />

steht <strong>die</strong> Verfügbarkeit von Betreuungsplätzen<br />

mit 25% abgeschlagen<br />

nur an 9. Stelle von <strong>in</strong>sgesamt<br />

14 Bed<strong>in</strong>gungen. Das Statistische<br />

Bundesamt kommt im Mikrozensus<br />

2008 ebenfalls zu dem Ergebnis,<br />

dass <strong>die</strong> Elternschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sehr<br />

hohen Ausmaß „an <strong>die</strong> Sicherheit gebunden<br />

(ist), <strong>die</strong> der Bund der Ehe<br />

mit sich br<strong>in</strong>gt“. 14 Die Stärkung der<br />

Ehekultur, der Ehefähigkeit der Hei-<br />

282 DER FELS 10/<strong>2011</strong>

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