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Palliative Kompetenz in stationären Pflegeeinrichtungen sichern

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Die Pflegeversicherung bildet<br />

den heutigen Bedarf der<br />

<strong>stationären</strong> Pflege nicht ab<br />

Seit der E<strong>in</strong>führung der Pflegeversicherung im Jahr 1996 hat sich die<br />

Pflege und Lebenssituation <strong>in</strong> deutschen Pflegeheimen stark verändert.<br />

Stationäre Pflegee<strong>in</strong>richtungen s<strong>in</strong>d nicht mehr nur „Institutionen des<br />

Alters“ für Menschen, die bei der Ausgestaltung der dritten Lebensphase<br />

auf pflegerische und betreuende Hilfen angewiesen s<strong>in</strong>d und<br />

deshalb ihren Lebensabend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pflegee<strong>in</strong>richtung verbr<strong>in</strong>gen.<br />

Vielmehr entwickeln sich E<strong>in</strong>richtungen der <strong>stationären</strong> Altenhilfe<br />

zunehmend zu Orten des Sterbens, die hochaltrige, multimorbide und<br />

vor allem demenzkranke Menschen am Lebensende auf ihrem Weg des<br />

Sterbens begleiten. Der Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Pflegeheim erfolgt <strong>in</strong> der Regel<br />

erst dann, wenn das ambulante Hilfeangebot ausgeschöpft ist und e<strong>in</strong>e<br />

gesicherte pflegerische Versorgung zuhause nicht mehr gewährleistet<br />

werden kann. Auch Patienten, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em f<strong>in</strong>alen Stadium im<br />

Krankenhaus bef<strong>in</strong>den, werden nicht selten zum Sterben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

stationäre Pflegee<strong>in</strong>richtung überwiesen.<br />

Auch wenn es immer noch ke<strong>in</strong>e differenzierte Statistik zu den Sterbeorten<br />

(Heim, Zuhause und anderen Orten) gibt, f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der<br />

aktu ellen Fachliteratur E<strong>in</strong>schätzungen und Prognosen, die auf unterschiedlichen<br />

Untersuchungen beruhen. So geht Sch<strong>in</strong>dler 1 bereits im<br />

Jahr 2004 davon aus, das etwa 15 bis 25 Prozent (mit steigender<br />

Tendenz) aller sterbenden Menschen <strong>in</strong> deutschen Pflegeheimen<br />

sterben. Gronemeyer 2 spricht im Jahr 2007 bereits von 40 Prozent,<br />

von denen 30 Prozent bereits <strong>in</strong> den ersten drei Monaten nach ihrem<br />

E<strong>in</strong>zug im Pflegeheim versterben.<br />

Die dargestellte Situation weist auf e<strong>in</strong> Dilemma deutscher Pflegee<strong>in</strong>richtungen<br />

h<strong>in</strong>. Stationäre Pflegeheime s<strong>in</strong>d zwar ke<strong>in</strong>e Hospize und<br />

sollen es auch nicht se<strong>in</strong>. Aber sie müssen die Pflege und Begleitung an<br />

die sich verändernden Bedarfe der Bewohner<strong>in</strong>nen und Bewohner<br />

anpassen. Die heute geltenden rechtlichen Regelungen für stationäre<br />

Pflegee<strong>in</strong>richtungen werden diesen veränderten Anforderungen nicht<br />

gerecht. Die palliative Versorgung und Begleitung im Sterbeprozess wird<br />

im Leistungsrecht der Pflegeversicherung (SGB XI) über das allgeme<strong>in</strong>e<br />

Postulat des § 11 SGB XI h<strong>in</strong>aus nicht erwähnt. In den Landesrahmenverträgen<br />

nach § 75 SGB XI, die die Pflichtleistungen <strong>in</strong> Pflegeheimen<br />

beschreiben, f<strong>in</strong>det Sterbebegleitung, wenn überhaupt, lediglich im<br />

Abschnitt „Soziale Betreuung“ Erwähnung, ohne dabei näher beschrieben<br />

zu werden.<br />

Der kirchlich-diakonische<br />

Auftrag <strong>in</strong> Altene<strong>in</strong>richtungen<br />

Für die evangelische Kirche und ihre Diakonie ist die Seelsorge und<br />

Begleitung sterbender Menschen e<strong>in</strong>e Grundaufgabe, die auch <strong>in</strong> der<br />

Sozialgesetzgebung (§ 11 SGB XI Abs. 2) anerkannt wird. Zur Seelsorge<br />

der Kirche, die dem sterbenden Menschen zuspricht, dass „Jesus<br />

Christus unser Trost ist im Leben und im Sterben“ (Heidel berger<br />

Katechismus) gehört auch die diakonische Pflege und Begleitung, die<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er modernen Gesellschaft des langen Lebens und der Hochaltrigkeit<br />

auch Palliativ Care Arbeit ist.<br />

Der Ruf des sterbenden Menschen „Verlass mich nicht, wenn ich<br />

schwach werde.“ (Psalm 71,9) wird gehört: von Angehörigen, Pflegenden<br />

und Ärzt<strong>in</strong>nen und Ärzten, Seelsorger<strong>in</strong>nen und Seelsorgern,<br />

ehrenamtlich Engagierten – und auch von den Leitungen der <strong>stationären</strong><br />

Altenhilfee<strong>in</strong>richtungen.<br />

In der Praxis kommt den Pflegekräften <strong>in</strong> der Begleitung sterbender<br />

Menschen <strong>in</strong> <strong>stationären</strong> Pflegee<strong>in</strong>richtungen e<strong>in</strong>e besondere Auf gabe<br />

zu. Deswegen muss dafür gesorgt werden, dass sie die Zeit für<br />

e<strong>in</strong>fühlsame Zuwendung haben, sich fortbilden können, Entlastung<br />

durch begleitende Gespräche bekommen und Wertschätzung aus<br />

Kirche, Gesellschaft und Politik erfahren.<br />

1<br />

Sch<strong>in</strong>dler, Thomas: Gutachten zum „Stand der<br />

Palliativmediz<strong>in</strong> und Hospizarbeit <strong>in</strong> Deutschland…“<br />

im Auftrag der Enquête-Kommission des Bundestages<br />

„Ethik und Recht der modernen Mediz<strong>in</strong>“,<br />

2004, S. 23<br />

2<br />

Gronemeyer, Reimer: Sterben <strong>in</strong> Deutschland,<br />

2007, S. 69

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