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Die Oper Frankfurt betreibt eine Jugendarbeit, die mehr ist als ein ...

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Spot auf <strong>die</strong> Jugend<br />

THEATER UND JUGEND II<br />

Stefan Schickhaus<br />

<strong>Die</strong> <strong>Oper</strong> <strong>Frankfurt</strong> <strong>betreibt</strong> <strong><strong>ein</strong>e</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>,<br />

<strong>die</strong> <strong>mehr</strong> <strong>ist</strong> <strong>als</strong> <strong>ein</strong> bloßes Schüler-Abonnement.<br />

drögen zu <strong><strong>ein</strong>e</strong>r o.k.-Veranstaltung werden<br />

für den Nachwuchs.<br />

Fotos (2): Cornelia Sick<br />

<strong><strong>ein</strong>e</strong> <strong>Frankfurt</strong>er Schule komplett in <strong><strong>ein</strong>e</strong> <strong>Oper</strong>nproduktion<br />

<strong>ein</strong>gebunden – 1998 etwa produzierten 250 Schülerinnen<br />

und Schüler des Schiller-Gymnasiums Hans Werner<br />

Henzes „Pollicino“, an der Schule spricht man heute<br />

noch davon. Derzeit arbeitet der Kompon<strong>ist</strong> Moritz<br />

Eggert an <strong><strong>ein</strong>e</strong>r Kinderoper für <strong>Frankfurt</strong> („Doktor Popels<br />

fiese Falle“), für <strong>die</strong> im kommenden Sommer der Lehrplan<br />

der Lessing-Schule außer Kraft gesetzt werden soll.<br />

Es gibt Sonntage, da wird <strong>die</strong> operntypisch ungesunde<br />

Alterspyramide wieder vom Kopf auf <strong>die</strong> Füße gestellt.<br />

Werkstatt für Kinder findet in <strong>Frankfurt</strong> sieben Mal statt,<br />

wegen der großen Nachfrage – etwa 120 Kinder kamen<br />

jüngst zum unbequemen Tosca-Thema, wenig später war<br />

<strong>die</strong> „Zauberflöten“-Werkstatt bereits dicht, noch bevor<br />

überhaupt <strong>die</strong> Plakate hingen – hat man mittlerweile zwei<br />

Altersgruppen <strong>ein</strong>geführt. Während <strong>die</strong> Kl<strong><strong>ein</strong>e</strong>n bis sieben<br />

Jahre den haptischen Umgang mit <strong>ein</strong>drucksvollen<br />

Instrumenten wie Röhrenglocken oder Gong erfahren,<br />

lernen <strong>die</strong> Größeren („<strong>die</strong> schon lesen und schreiben kön-<br />

der Stimmschonung kurzfr<strong>ist</strong>ig absagen –, <strong><strong>ein</strong>e</strong>n Korrepetitor,<br />

<strong>ein</strong> paar Kulissen von der Bühne. Und <strong><strong>ein</strong>e</strong> Handpuppe,<br />

<strong>die</strong> dem Ganzen den allzu großen Ernst nehmen<br />

soll. Adele von St<strong>ein</strong> heißt sie, <strong>ist</strong> schön respektlos und<br />

spricht Klartext, wo der Librett<strong>ist</strong> tausend Worte machte.<br />

„So viele Tote hatten wir noch nie“, musste Handpuppe<br />

Adele feststellen am Ende der Kinder-„Tosca“. An den<br />

Leichen aber störte sich das junge Publikum k<strong>ein</strong> bisschen,<br />

auch nicht an dem dramaturgischen Luftknoten<br />

der angeblichen Platzpatronen, <strong>die</strong> dann doch k<strong><strong>ein</strong>e</strong><br />

waren – dass <strong>Oper</strong> nicht logisch zu s<strong>ein</strong> braucht, kann<br />

man nicht früh genug lernen.<br />

Es <strong>ist</strong> eher <strong>die</strong> Musik, <strong>die</strong> manche <strong>als</strong> wirklich üble Notwendigkeit<br />

betrachteten. Wenn Scarpia baritonal volltönend<br />

von sich behauptet, k<strong>ein</strong> Stockfisch und k<strong>ein</strong> balzender<br />

Auerhahn zu s<strong>ein</strong>, müssen zwangsläufig Fragen<br />

offen bleiben. Dass Caravadossi nur italienisch singt, verhindert<br />

<strong>die</strong>s zumindest – doch <strong>ist</strong> er <strong>als</strong> Tenor den Kl<strong><strong>ein</strong>e</strong>n<br />

auf dem Teppich schlicht zu laut. Finger in <strong>die</strong> Ohren<br />

<strong>ist</strong> für den <strong><strong>ein</strong>e</strong>n <strong>die</strong> Lösung, pränatale Kauerstellung für<br />

den anderen. <strong>Oper</strong> <strong>ist</strong> ja ganz schön – aber <strong>die</strong> Musik<br />

nervt. Ohne Musik wäre Deborah Einspielers Aufgabe<br />

<strong>als</strong>o weitaus <strong>ein</strong>facher. <strong>Die</strong> wichtigsten Nummern aus der<br />

<strong>Oper</strong> möchte sie aber unbedingt vorspielen, möglichst auf<br />

deutsch. Aber es muss k<strong><strong>ein</strong>e</strong>swegs dabei bleiben, hier nur<br />

<strong><strong>ein</strong>e</strong>n kl<strong><strong>ein</strong>e</strong>n <strong>Oper</strong>nquerschnitt mit den Arien-Highlights<br />

zu präsentieren. Wenn es das Stück hergibt, kann durchaus<br />

auch Innermusikalisches zum Thema gemacht werden.<br />

S<br />

eit Ilya Richter steht er für musikalische Früherziehung:<br />

Der Spot. „Licht aus, Spot an“, war Ilyas<br />

Satz beim legendären TV-Termin Disko ‘73, und<br />

dann kamen all <strong>die</strong> ins Bild, <strong>die</strong> man kennen musste<br />

<strong>als</strong> Jünger des Pop. Heute macht Ilya Richter immer<br />

noch <strong>Jugendarbeit</strong>, allerdings frisst er sich – stil<strong>ist</strong>isch<br />

nun ins E-Fach konvertiert – bei der Deutschen Grammophon<br />

<strong>als</strong> Holzwurm der <strong>Oper</strong> charmant durch <strong>die</strong> Bühnenliteratur.<br />

Und s<strong><strong>ein</strong>e</strong>n Spot hat er ausgeliehen nach<br />

<strong>Frankfurt</strong>. Dort steht spot für „Schulprojekt <strong>Oper</strong> Theater“,<br />

der Buchstabe „o“ <strong>ist</strong> <strong>als</strong> Smilie-Gesicht dargestellt,<br />

das im Fenster rotiert wie bei <strong><strong>ein</strong>e</strong>m Einarmigen Banditen:<br />

Ein Smilie mit heruntergezogenen Mundwinkeln<br />

verschwindet nach unten, <strong>ein</strong> lachendes kommt von<br />

oben. <strong>Die</strong> Aussage <strong>ist</strong> klar: <strong>Oper</strong> soll mit spot von <strong><strong>ein</strong>e</strong>r<br />

„Das erste Mal in der <strong>Oper</strong> war ich mit der Schule. Allerdings<br />

kannte ich da schon <strong>ein</strong>ige Stücke, denn ich hatte <strong>als</strong> Kind<br />

Hörspielkassetten: ,Der Holzwurm der <strong>Oper</strong> erzählt’ mit Ilya<br />

Richter. Mittlerweile haben m<strong><strong>ein</strong>e</strong> Eltern und ich <strong>ein</strong> Abonnement,<br />

und wenn ich jetzt in <strong>die</strong> ,Zauberflöte’ gehe, werde<br />

ich <strong>ein</strong> paar Freunde mitnehmen. Ich möchte, dass m<strong><strong>ein</strong>e</strong><br />

Freunde verstehen, warum ich <strong>Oper</strong> so toll finde – und das<br />

sieht man bei der ,Zauberflöte’ eben am schnellsten. Das<br />

Libretto <strong>ist</strong> zwar absoluter M<strong>ist</strong>, aber <strong>die</strong> Musik dafür umso<br />

schöner. Da muss man gar nicht viel nachdenken über<br />

irgendwelche Inhalte. Ich sage das auch ganz ehrlich: Ich<br />

gehe nicht mit dem Vorsatz in <strong>die</strong> <strong>Oper</strong>, viel nachzudenken.<br />

Neulich habe ich im Fernsehen <strong><strong>ein</strong>e</strong> Inszenierung der ,Fledermaus’<br />

gesehen und fand das wirklich katastrophal. Das<br />

soll doch <strong>ein</strong> Stück s<strong>ein</strong>, bei dem man lachen kann – da aber<br />

war alles traurig, düster, vorwurfsvoll, ich habe überhaupt<br />

nicht verstanden, was <strong>die</strong> von mir wollten.“<br />

Sabina Ponseck, 15 Jahre alt und in der zehnten Klasse<br />

Dass <strong>die</strong> <strong>Oper</strong> <strong>ein</strong> Imageproblem hat in<br />

Bezug auf junges Publikum, <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> deutschlandweites<br />

Phänomen. In <strong>Frankfurt</strong> <strong>ist</strong> <strong>die</strong>s <strong>Die</strong> Theater pädagogin<br />

vielleicht nur etwas augenfälliger <strong>als</strong> Deborah Einspieler in<br />

anderswo, denn hier führen zwei Pforten in der „Werkstatt für<br />

das große Haus der Städtischen Bühnen: Kinder“, links oben<br />

Links geht’s ins Schauspiel, rechts in <strong>die</strong><br />

Thomas Charrois <strong>als</strong><br />

Papageno.<br />

<strong>Oper</strong>; und wo – wenn überhaupt – <strong>die</strong> Jungen<br />

sind, <strong>ist</strong> beim abendlichen Einlass nicht<br />

schwer zu erkennen: <strong>Die</strong> Jugend ten<strong>die</strong>rt<br />

nach links. Doch <strong>Frankfurt</strong> reagierte darauf, <strong>die</strong> <strong>Jugendarbeit</strong><br />

der letzten Jahre hier <strong>ist</strong> vorbildlich. Eigentlich<br />

hatte sie selbst vorher mit Kindern nie viel zu tun, sagt<br />

Deborah Einspieler. Als sich <strong>die</strong> Dramaturgin 1999 bei<br />

der <strong>Oper</strong> <strong>Frankfurt</strong> bewarb, war nur der Bereich der<br />

<strong>Jugendarbeit</strong> zu besetzen. Und da Einspieler k<strong><strong>ein</strong>e</strong> Dramaturgin<br />

der trocken-intellektuellen Art <strong>ist</strong>, <strong>die</strong> sich <strong><strong>ein</strong>e</strong><br />

Burg baut aus Quellentexten und mit Sekundärliteratur<br />

gepanzert, viel<strong>mehr</strong> <strong><strong>ein</strong>e</strong> schnelle, aufgeweckte, kontaktfreudige<br />

Pragmatikerin, wird sie in der Position der spot-<br />

Verantwortlichen von allen geliebt: von den Kindern,<br />

denen sie Sonntag nachmittags <strong>Oper</strong>n erzählt; von den<br />

Lehrern, denen sie passgenaues Material an <strong>die</strong> Hand<br />

gibt; von den Oberstufenschülern, für <strong>die</strong> sie wahre<br />

<strong>Oper</strong>nleidenschaft verkörpert; und vielleicht sogar von<br />

der Intendanz, der sie spürbare Erfolge beim Publikumsnachwuchs<br />

vorrechnen kann. Mit dem anstehenden<br />

<strong>Frankfurt</strong>er Intendantenwechsel soll spot personell sogar<br />

noch aufgewertet werden, sonst wäre <strong>die</strong> Nachfrage auch<br />

gar nicht <strong>mehr</strong> zu befriedigen.<br />

Deborah Einspielers <strong>Frankfurt</strong>er spot-Fokus <strong>ist</strong> auf drei<br />

Punkte gerichtet: <strong>Die</strong> Werkstatt für Kinder spricht mit<br />

regelmäßigen Veranstaltungen im Haus <strong>die</strong> Jüngeren an,<br />

<strong>die</strong> Schulprojekte <strong>die</strong> Älteren. Und <strong>ein</strong>mal im Jahr wird<br />

nen“) <strong>die</strong> jeweils aktuelle Premiere des Spielplans kennen<br />

– egal, ob es dabei um <strong>die</strong> Kopfküsserin Salome, um <strong>die</strong><br />

Harakiri-Braut Butterfly oder um <strong>die</strong> ebenfalls im Blut<br />

schwimmende Tosca geht. Der Spielplan der aktuellen<br />

Spielzeit hat es Deborah Einspieler nicht leicht gemacht<br />

– aber genau das findet sie auch spannend an <strong>die</strong>ser Aufgabe.<br />

Sie fasst „ihre“ Kinder nicht mit Hätschelhandschuhen<br />

an, tote Tenöre machen ihr k<strong><strong>ein</strong>e</strong> Probleme.<br />

Magendrücken bekommt sie erst in Extremfällen. Etwa<br />

beim Selbstmord Butterflys vor den Augen von deren<br />

Sohn – wie kann man das kindgerecht präsentieren?<br />

Denn in der <strong>Oper</strong>nwerkstatt für <strong>die</strong> Älteren geht es genau<br />

um das: <strong>Die</strong> Handlung des Stückes mit den wichtigsten<br />

Personenkonstellationen den Kindern vorzuspielen. Und<br />

zwar hautnah. Wenn Scarpia, gefällt vom Dolch der<br />

Tosca, niedersinkt in Griffweite zum Teppich mit den sitzenden<br />

Kindern (<strong>die</strong> Stühle im Holzfoyer der <strong>Oper</strong><br />

<strong>Frankfurt</strong> sind für <strong>die</strong> Eltern gedacht), dann wird er<br />

beäugt wie <strong>ein</strong> totes Insekt. Caravadossi singt dazu<br />

„Lucevan le stelle“, doch das Insekt <strong>ist</strong> natürlich spannender.<br />

Viel braucht es nicht, um „Tosca“ ins Miniaturformat<br />

zu bringen: drei Sänger – Deborah Einspieler<br />

arbeitet nur noch mit Chorsängern zusammen, weil ihr<br />

<strong>die</strong> echten Sol<strong>ist</strong>en der Premiere regelmäßig aus Gründen<br />

In der Werkstatt zu „Peter Grimes“ etwa hat Deborah<br />

Einspieler <strong>die</strong> verschiedenen Klänge des Wassers vorgeführt,<br />

zwar nur auf dem Klavier, aber doch mit dem<br />

Erfolg, dass sie <strong>ein</strong> Stilmittel des Kompon<strong>ist</strong>en vermitteln<br />

konnte. Wasser, begriffen <strong>die</strong> Kinder, kann auch musikalisch<br />

ganz unterschiedlich klingen, mal <strong>als</strong> leises Plätschern,<br />

mal <strong>als</strong> rollende Welle, mal <strong>als</strong> Seesturm. Und bei<br />

der „Così fan tutte“ nahm der Klavierstimmer der <strong>Oper</strong><br />

„<strong>Die</strong> ,Butterfly’ <strong>ist</strong> jetzt nach der ,Luisa Miller’ <strong>die</strong> zweite<br />

<strong>Oper</strong>, in der ich mit m<strong><strong>ein</strong>e</strong>m Grundkurs war. Mit m<strong><strong>ein</strong>e</strong>n<br />

Eltern war ich noch nie in der <strong>Oper</strong>, obwohl ich eigentlich<br />

schon an Musik interessiert bin. Ohne <strong>die</strong> Schule hätte ich<br />

das so wohl nicht erlebt. Wahrsch<strong>ein</strong>lich war es <strong>ein</strong> Vorurteil,<br />

aber <strong>Oper</strong> habe ich früher immer <strong>als</strong> etwas für ältere Leute<br />

gesehen. Obwohl es ja auch neue <strong>Oper</strong>n gibt.<br />

Ich fand gut, dass Herr Bech uns auf <strong>die</strong> ,Butterfly’ vorbereitet<br />

hat und dass wir vorher auch in <strong><strong>ein</strong>e</strong>r Probe waren. <strong>Die</strong><br />

Geschichte selbst kann man ja nur <strong>als</strong> Geschichte sehen, sie<br />

abhaken und sich nichts dabei denken. Oder man transferiert<br />

sie in den Alltag und schaut, was man daraus lernen<br />

kann. In <strong>die</strong>sem Fall: Wie man mit den Gefühlen anderer<br />

Menschen umgeht. Pinkerton <strong>ist</strong> ja k<strong>ein</strong> wirklich abstoßender<br />

Mann, er überlegt sich eben nur k<strong>ein</strong> bisschen, was er <strong>die</strong>ser<br />

Frau gerade antut.<br />

Als Austauschschülerin war ich <strong>ein</strong> Jahr in Amerika, und auch<br />

da waren wir in der <strong>Oper</strong>, sogar auch in der ,Butterfly’.<br />

Vorarbeit in der Schule gab es da k<strong><strong>ein</strong>e</strong>, das war aber für<br />

<strong>die</strong>se Aufführung auch nicht so wichtig. Das war schön,<br />

Japan war ganz traditionell dargestellt – ja, gefallen hat es<br />

mir dort besser. Aber zum Nachdenken hat erst <strong>die</strong> <strong>Frankfurt</strong>er<br />

Aufführung angeregt.“<br />

Sandra Kranzdorf, 18 Jahre alt und in der Jahrgangsstufe 13<br />

(Grundkurs Deutsch)<br />

18<br />

<strong>Die</strong> Deutsche Bühne 1/2002<br />

<strong>Die</strong> Deutsche Bühne 1/2002<br />

19


Schwerpunkt<br />

Akt im dramaturgisch geschickt aufgebauten Projekt.<br />

Zunächst <strong>ein</strong>mal bekommen <strong>die</strong> Lehrer Informationsmaterial<br />

zu <strong><strong>ein</strong>e</strong>r bestimmten Produktion, und zwar nicht das<br />

bloße Programmheft, sondern <strong><strong>ein</strong>e</strong> Materi<strong>als</strong>ammlung,<br />

mit der man auch praxisnah arbeiten kann. Etwa fünf<br />

Wochen später, wenn <strong>die</strong> Klasse theoretisch präpariert<br />

<strong>ist</strong>, dürfen <strong>die</strong> Schüler <strong><strong>ein</strong>e</strong> Probe besuchen, später folgt<br />

noch <strong><strong>ein</strong>e</strong> Führung durchs Haus, durch <strong>die</strong> Kulissen, <strong>die</strong><br />

technischen Abteilungen. Nach den Erfahrungen der<br />

Lehrer sind das <strong>die</strong> wichtigsten Momente des Projekts,<br />

denn hier wird handfest <strong>Oper</strong> vermittelt: <strong>Die</strong> Hitze der<br />

Sch<strong>ein</strong>werfer, <strong>die</strong> Bege<strong>ist</strong>erung der <strong>Oper</strong>nmacher, <strong>die</strong><br />

ganze Dimension <strong>Oper</strong>. <strong>Die</strong> Erfahrungen, <strong>die</strong> Deborah<br />

Kinder-Werkstatt:<br />

Thomas Charrois und<br />

Kalliopi Patrona in der<br />

„Zauberflöte“, rechts<br />

<strong><strong>ein</strong>e</strong> Szene aus„Così<br />

fan tutte“.<br />

Fotos (2): Jörg Deutel<br />

Maurizio<br />

Felipe, der<br />

Tamino der<br />

„Zauberflöte“,<br />

kämpft mit der<br />

Schlange.<br />

<strong>die</strong> verschiedenen Tasteninstrumente aus<strong>ein</strong>ander, um<br />

<strong>die</strong> Unterschiede zwischen Cembalo, Hammerklavier,<br />

Flügel und Celesta zu zeigen. Wenn <strong>die</strong> Kinder an <strong>die</strong>sem<br />

Sonntag auch nur <strong>die</strong> Essenz mitgenommen haben, dass<br />

zur Zeit Mozarts das Cembalo langsam uncool wurde und<br />

vielleicht sogar noch den Grund dafür, dann <strong>ist</strong> enorm<br />

viel gewonnen. Ziel <strong>ist</strong> es natürlich nicht, so Einspieler,<br />

<strong>die</strong> Siebenjährigen in <strong><strong>ein</strong>e</strong> Tosca-Aufführung zu holen –<br />

<strong><strong>ein</strong>e</strong> „Zauberflöte“ wäre da schon adäquater, vor allem<br />

auch, weil bei der <strong>Frankfurt</strong>er Produktion der bekannte<br />

Kinderbuchillustrator Michael Sowa für <strong>die</strong> in der Tat liebenswerte<br />

Ausstattung gesorgt hat. Und ohne <strong>die</strong> Werkstätten<br />

wären <strong>die</strong>se Kinder auch nicht endgültig <strong>als</strong> Publikumsnachwuchs<br />

verloren, denn wer Sonntags auf dem<br />

Teppich sitzt, hat ohnehin schon <strong>ein</strong> interessiertes<br />

Zuhause. „Da müssen wir uns nichts vormachen: <strong>Die</strong><br />

Kinder, <strong>die</strong> mit ihren Eltern zur Werkstatt kommen,<br />

repräsentieren natürlich nicht den Querschnitt durch <strong><strong>ein</strong>e</strong><br />

herkömmliche Grundschule. Es sind Kinder, <strong>die</strong> besonders<br />

ambitionierte Eltern oder Großeltern haben, <strong>die</strong> Me<strong>ist</strong>en<br />

spielen <strong>ein</strong> Instrument.“<br />

Da sieht es bei den Schulprojekten schon anders aus. Da<br />

sitzt dann wirklich der Querschnitt in den <strong>Oper</strong>nsesseln,<br />

<strong><strong>ein</strong>e</strong> Schulklasse mit ihrem Musiklehrer oder <strong>ein</strong><br />

Deutsch-Grundkurs. Der <strong>Oper</strong>nbesuch <strong>ist</strong> dabei nur <strong>ein</strong><br />

Einspieler in <strong>die</strong>sen Runden gemacht hat, sind überraschend:<br />

<strong>Oper</strong>n-Debütanten sind extrem konservativ. „Im<br />

Schauspiel gestehen <strong>die</strong> Schüler der Inszenierung <strong><strong>ein</strong>e</strong><br />

gewisse Modernität zu. Sind sie das erste Mal in der <strong>Oper</strong>,<br />

wollen sie <strong>die</strong> Königin der Nacht <strong>als</strong> ganz herkömmlichen<br />

Rauschgoldengel“, so Einspieler. Konservativ, aber<br />

auch empfindlich für Brüche. Wenn etwa jüngst in der<br />

Alfred Kirchner-„Tosca“ <strong>die</strong> Protagon<strong>ist</strong>in immer <strong>die</strong><br />

mondäne Dame, nie zuvor das <strong>ein</strong>fache Mädchen war,<br />

dann fragen <strong>die</strong> Schüler zu Recht nach der Bedeutung des<br />

von Puccini hin<strong>ein</strong>komponierten Hirtenjungen. Je<br />

abstrakter es wird, desto penibler kommen <strong>die</strong> Fragen.<br />

„Am liebsten hätten <strong>die</strong> Schüler <strong>die</strong> konventionelle Ausstattungsoper.<br />

Da passt<br />

für sie dann alles zusammen.“<br />

Foto: Cornelia Sick<br />

In <strong>Frankfurt</strong> gibt es kaum<br />

<strong><strong>ein</strong>e</strong> Schule, <strong>die</strong> noch<br />

nicht mit spot in<br />

Berührung gekommen<br />

<strong>ist</strong>. Auf bis zu 30 Schulprojekte<br />

pro Spielzeit <strong>ist</strong><br />

der Stundenplan von<br />

Deborah Einspieler mittlerweile<br />

angewachsen,<br />

manche Lehrer sind<br />

schon zu Stammgästen<br />

geworden. Und auch<br />

manche Schüler, weit<br />

über das Abitur hinaus –<br />

der Spot hat sie erfasst.<br />

20<br />

<strong>Die</strong> Deutsche Bühne 1/2002

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