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1 Ziele der Finanztransaktionssteuer 2 Auswirkungen der FTS

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1 <strong>Ziele</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanztransaktionssteuer</strong><br />

Elf EU-Mitgiedsstaaten wollen im Wege <strong>der</strong> Verstärkten Zusammenarbeit eine <strong>Finanztransaktionssteuer</strong><br />

(<strong>FTS</strong>) einführen. Durch die <strong>FTS</strong> soll <strong>der</strong> Finanzsektor einen Beitrag zur Bewältigung<br />

<strong>der</strong> Krise leisten. Erwartet werden Einnahmen in Milliardenhöhe. Zur Einführung <strong>der</strong> <strong>FTS</strong> hat<br />

die EU-Kommission (KOM) einen Vorschlag vorgelegt, den die Mitgliedsstaaten <strong>der</strong>zeit verhandeln.<br />

Die Auswirkungsstudie <strong>der</strong> KOM zeigt, dass mit <strong>der</strong> <strong>FTS</strong> zugleich gezielt in das Verhalten<br />

an den Finanzmärkten und in <strong>der</strong>en Strukturen eingegriffen werden soll:<br />

1.1 Än<strong>der</strong>ungen von Verhaltensweisen<br />

Mit Erhebung <strong>der</strong> <strong>FTS</strong> für jeden einzelnen Kauf und Verkauf eines Finanzinstruments soll die<br />

Nutzung von Finanzintermediären eingeschränkt werden, da die von ihnen getätigten Transaktionen<br />

jedes Mal erneut eine Steuerpflicht auslösen. Kunden sollen Finanzinstrumente möglichst<br />

erwerben, um sie zu halten, nicht um sie im Sekundärmarkt zu handeln. Dieses Drängen<br />

auf „Buy-And-Hold“ soll auch für Investment-Fonds gelten, die somit zu passiven Anlage-<br />

Strategien gezwungen werden. Transaktionen von Finanzintermediären sollen so gezielt eingedämmt<br />

werden.<br />

1.2 Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Marktstrukturen<br />

Die geplante Besteuerung von Intermediärs-Transaktionen zielt bewusst darauf ab, wesentliche<br />

Teile des Sekundärmarktes auf den Primärmarkt zu verlagern. Vor allem aber sollen diejenigen<br />

Marktstrukturen gezielt ausgetrocknet werden, die sich durch beson<strong>der</strong>s kurzfristige Transaktionen<br />

auszeichnen (z.B. Repo-Geschäfte und Market-Making), aber auch solche, die zwischen<br />

Intermediären stattfinden.<br />

2 <strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>FTS</strong><br />

2.1 auf den Geldmarkt<br />

Der Geldmarkt dient Unternehmen und Kreditinstituten zur kurzfristigen Geldaufnahme und<br />

-anlage. Hierbei sind Repo-Geschäfte (Wertpapierverkäufe mit gleichzeitiger Rückkaufvereinbarung)<br />

ein zentrales Instrument. Repo-Geschäfte sind margenarme Geschäfte, die <strong>der</strong> kurzfristigen<br />

Liquiditätsversorgung für die gesamte Wirtschaft dienen- auch wenn es sich in <strong>der</strong><br />

Wahrnehmung eher um Interbankengeschäft handelt. Die meist kurzfristige Laufzeit von Repo-<br />

Geschäften steigert die Flexibilität <strong>der</strong> Marktteilnehmer und erhöht gleichzeitig <strong>der</strong>en Sicherheit.<br />

Demgegenüber würde die <strong>FTS</strong> (insbeson<strong>der</strong>e kurzfristige) Repo-Geschäfte – aufgrund <strong>der</strong><br />

für jedes Einzelgeschäft anfallenden Steuer – grundsätzlich zum Erliegen bringen, da die Steu-


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erbelastung oft um ein Vielfaches höher liegt als die Kosten für die Liquiditätsbeschaffung. Ein<br />

Liquiditätsausgleich fände nicht mehr statt. Die Kreditvergabe würde massiv gestört.<br />

Zudem würde die Geldpolitik <strong>der</strong> Europäischen Zentralbank (EZB) ganz erheblich behin<strong>der</strong>t .<br />

Indirekt steuert die EZB über ihre Leitzinsen den Geldmarkt. Voraussetzung für eine reibungslose<br />

Übertragung <strong>der</strong> geldpolitischen Impulse ist ein effizienter Liquiditätsausgleich zwischen<br />

den Banken aller 17 Staaten des Euroraums <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Praxis durch den Repo-Markt vollzogen<br />

wird. Der Repo-Markt dient <strong>der</strong> EZB darüber hinaus auch zur Überprüfung ihrer Geldpolitik. Die<br />

<strong>FTS</strong> könnte die EZB daher sowohl stumm (keine Wirkung) als auch taub (keine Information)<br />

machen.<br />

Die denkbaren Alternativen, nämlich ein Ausweichen auf unbesichertes Geschäft (bei dem keine<br />

Steuer anfällt) und ein Liquiditätsausgleich über die steuerbefreite EZB wi<strong>der</strong>spricht zwei<br />

zentralen Folgerungen aus <strong>der</strong> Krise: 1) mehr Besicherung und 2) keine Verengung auf die EZB<br />

als Krisenliquiditätsspen<strong>der</strong>.<br />

2.2 auf den Kapitalmarkt<br />

Die vorgeschlagene <strong>FTS</strong> wird die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes in den Teilnehmerlän<strong>der</strong>n<br />

erheblich beeinträchtigen. Ein liqui<strong>der</strong> Sekundärmarkt ist für eine effiziente Allokation<br />

von Kapital und Risiken in einer Volkswirtschaft unverzichtbar. Ein funktionieren<strong>der</strong> Primärmarkt<br />

ist ohne aktiven Sekundärmarkt nicht möglich.<br />

Auch die Märkte für Staatsanleihen und an<strong>der</strong>e Anleihen hoher Bonität wie Pfandbriefe<br />

werden sich negativen <strong>Auswirkungen</strong> nicht entziehen können. Diese Anleihen verdanken ihre<br />

Attraktivität auch den liquiden Sekundär- und Repo-Märkten, auf denen sie je<strong>der</strong>zeit zur Liquiditätsgewinnung<br />

genutzt werden können. Durch eine Besteuerung dieser Märkte sinkt für Investoren<br />

sowohl im Sekundär- als auch im Primärmarkt <strong>der</strong> Anreiz, Staatsanleihen und Pfandbriefe<br />

zu erwerben. Dies hätte für geldaufnehmende Staaten, Bundeslän<strong>der</strong>, Kreditinstitute und<br />

Darlehensnehmer steigende Zinsen bis hin zu Finanzierungsproblemen zur Folge.<br />

2.3 auf die Wirtschaft<br />

Die Einführung <strong>der</strong> <strong>FTS</strong> wird die Wirtschaft dauerhaft und nachhaltig belasten. Eine Wachstumsverlangsamung<br />

mit Beschäftigungseinbußen als Konsequenz wird auch von <strong>der</strong> KOM vorhergesehen.<br />

Dieses Szenario trifft zusammen mit einer tiefgreifenden ökonomischen Umbruchphase<br />

in vielen Mitgliedstaaten und verschärft dort die ohnehin hohen Probleme <strong>der</strong> Strukturreformen.<br />

Da die <strong>FTS</strong> den Geldmarkt <strong>der</strong> 11 Mitgliedsstaaten weitgehend austrocknen würde, wäre auch<br />

das kurzfristige Finanz-Management <strong>der</strong> Unternehmen erheblich betroffen. Die Unternehmensfinanzierung<br />

würde in nicht abschätzbarem Umfang geschädigt. Durch die gesunkene<br />

Liquidität <strong>der</strong> Sekundärmärkte würden kurzlaufende Unternehmensanleihen an Attraktivität


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verlieren. Wie auch für Staaten hätte dies für die Wirtschaft steigende Zinsen bis hin zu Finanzierungsproblemen<br />

zur Folge. Viele Unternehmen würden auf Finanzmärkte außerhalb <strong>der</strong> teilnehmenden<br />

Staaten ausweichen.<br />

2.4 auf die Finanzmarktstabilität<br />

Der Vorschlag <strong>der</strong> KOM zur Einführung <strong>der</strong> <strong>FTS</strong> wi<strong>der</strong>spricht den bisherigen Anstrengungen zur<br />

Stärkung <strong>der</strong> Finanzstabilität diametral. Wo FSB (Financial Stability Board), Baseler Ausschuss<br />

und IOSCO (International Organization of Securities Commissions) bislang zu Recht auf Marktliquidität<br />

setzen, verkehrt <strong>der</strong> Vorschlag diese Bemühungen in ihr Gegenteil.<br />

Die wichtigste Schlussfolgerung aus <strong>der</strong> Krise ist die Notwendigkeit stärkerer Besicherung.<br />

Der zentrale Mechanismus für die Mobilisierung und den Transfer von Sicherheiten – <strong>der</strong> liquide<br />

Repo-Markt – wird allerdings von <strong>der</strong> <strong>FTS</strong> zerstört. Ein funktionieren<strong>der</strong> Repo-Markt kann in<br />

Stresszeiten Notverkäufe und einen möglichen Zusammenbruch <strong>der</strong> Kassamärkte verhin<strong>der</strong>n<br />

und somit die Krisenresistenz deutlich steigern. Im Umkehrschluss wären die Finanzmärkte in<br />

<strong>der</strong> EU mit <strong>der</strong> vorgeschlagenen <strong>FTS</strong> deutlich instabiler als zuvor.<br />

3 Zusammenwirken mit an<strong>der</strong>en Regelungen<br />

Die mit <strong>der</strong> Steuer verfolgten <strong>Ziele</strong> wi<strong>der</strong>sprechen einer Reihe von zentralen Regelungen, die<br />

aus <strong>der</strong> Krise resultieren. So for<strong>der</strong>t Basel III (CRD IV) von Banken die Vorhaltung von Liquiditätspuffern<br />

für Krisenzeiten, die hochliquide Wertpapiere enthalten sollen. Auch die – regulatorisch<br />

gefor<strong>der</strong>te – stärkere Besicherung z.B. von Derivate-Transaktionen verlangt als Sicherheiten<br />

liquide Wertpapiere (o<strong>der</strong> Geld). Demgegenüber untergräbt die <strong>FTS</strong> genau diese Liquidität,<br />

insbeson<strong>der</strong>e auf den Repo-Märkten. Dabei nennt die CRD IV ausdrücklich aktive Repo-Märkte<br />

als ein zentrales Kriterium für Liquidität.<br />

4 Zusammenfassung<br />

Der vorgeschlagenen <strong>FTS</strong> liegt vor<strong>der</strong>gründig eine Steuererzielungsabsicht zugrunde. Jedoch<br />

verfolgt <strong>der</strong> Vorschlag eine Reihe weiterer <strong>Ziele</strong>, die entwe<strong>der</strong> als „Nebenwirkung“ <strong>der</strong> Steuerzahlung<br />

in Kauf genommen o<strong>der</strong> ausdrücklich gewünscht sind. Diese – in <strong>der</strong> Auswirkungsstudie<br />

genannten – zusätzlichen <strong>Ziele</strong> (z.B. Disintermediation; Verlagerung vom Sekundär- in den<br />

Primärmarkt; Austrocknung kurzfristiger Transaktionen) greifen bewusst in den Marktmechanismus<br />

ein und wi<strong>der</strong>sprechen an<strong>der</strong>en aus <strong>der</strong> Krise gezogenen zentralen Schlussfolgerungen.<br />

Weiterhin ist die gewünschte zukünftige Marktstruktur mit vielen Unsicherheiten verbunden.<br />

Dies führt zu unkalkulierbaren Risiken für den Finanzmarkt und die Wirtschaft <strong>der</strong> teilnehmenden<br />

EU-Mitgliedstaaten insgesamt. Diese weitreichenden negativen Folgen werden offenbar<br />

völlig unterschätzt.

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