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Kaffeeklatsch - Durchblick

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In den Deutschen Wörterbüchern findet man verschiedene<br />

Definitionen für den Begriff <strong>Kaffeeklatsch</strong>, wie<br />

z. B. „Geschwätz in einem Kaffeekränzchen“ oder<br />

„Viel und unnütz reden“, oder „<strong>Kaffeeklatsch</strong> ist gleich mit<br />

Kaffeetratsch“. War und ist der <strong>Kaffeeklatsch</strong> eine Zusammenkunft<br />

von Frauen, wo nur getratscht wird?<br />

Das Kränzchen ist die Mutter des <strong>Kaffeeklatsch</strong>s, sein<br />

Ursprung und Anfang. Das Kaffeekränzchen ist eine zeitlich<br />

festgelegte Zusammenkunft einiger vertrauter Frauen,<br />

die der Reihe nach stattfindet, wo die Frauen Kaffee trinken<br />

und frei über all die Dinge sprechen, die sie bewegen. Es<br />

ist ein Ritual und als solches in der europäischen Kultur<br />

tief verwurzelt. Das Ritual des immer wiederkehrenden<br />

Termins schuf Vertrauen. Bei den einfachen Leuten wie<br />

auch in der Aristokratie galt das Kränzchen als Symbol<br />

für Zuneigung und Freundschaft und auch als Sinnbild für<br />

einen Kreis von Menschen, die miteinander feiern. Es versinnbildlichte<br />

Geschlossenheit und Zusammenhalt. In dem<br />

geschützten privaten Rahmen des Kaffeekränzchens, im<br />

Beisein von Freundinnen und ermutigt durch eine Atmosphäre<br />

der Vertrautheit, lernten die Frauen eigene Standpunkte<br />

einzunehmen und im gemeinsamen Austausch zu<br />

reflektieren. Gelegentliche Nachmittagsbesuche bei Freundinnen<br />

oder gelegentliche Kaffeegesellschaften sind keine<br />

Kaffeekränzchen im eigentlichen Sinne<br />

Die früheste Beschreibung des Kaffeekränzchens in<br />

Europa als „Damen-Vergnügen“ stammt aus dem 17. Jahrhundert,<br />

als sich der Kaffee aus dem Hochland Abessiniens,<br />

dem heutigen Äthiopien, durch den See-Welthandel in alle<br />

Kontinente verbreitete und auch nach Europa kam. Die Entdeckung<br />

der Kaffeebohne ist mit vielen Geschichten und<br />

Legenden verbunden. Eine der Legenden erzählt, Hirten<br />

Gesellschaft<br />

<strong>Kaffeeklatsch</strong><br />

Historie rund um den Kaffeetisch<br />

Der Kaffee löst die Zungen – Siegerländer Kaffeeklastsch-Runde im Winter<br />

aus Kaffa in Abessinien hätten die Mönche eines nahe gelegenen<br />

Klosters um Hilfe gebeten, weil ihre Ziegen die<br />

ganze Nacht über Radau machten. Die Mönche fanden dort,<br />

wo die Tiere grasten, Bäume mit grünen, gelben und roten<br />

Früchten, die die Ziegen offenbar gefressen hatten. Die Reihe<br />

der Sagen wie der Kaffee entdeckt worden ist ließe sich<br />

fortsetzen. Nachweisen lässt sich nur, dass die Urheimat<br />

des Kaffeebaums tatsächlich Äthiopien und vielleicht sogar<br />

die im Hochland gelegene Provinz Kaffa sein dürfte.<br />

Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts lernten die Europäer<br />

den Kaffee an jenem Ort kennen, wo er zum ersten Mal den<br />

Boden ihres Landes berührte: im Hafenviertel. 1615 brachten<br />

venezianische Kaufleute sackweise Kaffeebohnen nach<br />

Italien. 1637 wird in einem holländischen Hafen der erste<br />

Rohkaffee gelöscht. In Bretterbuden an Gassenecken brodelte<br />

überm offenen Feuer der Kaffee in Kupfer- und Messingkannen,<br />

aufgekocht nach türkischer Manier. Das Getränk<br />

duftet delikat, es wärmt die Hände und das Herz und<br />

bringt den Geschäftsgeist der Kaufleute auf Trab. Dann ging<br />

alles ganz schnell. Sehr früh schon gab es in Deutschland<br />

keine bedeutende Hafenstadt ohne Kaffeeschenke. Diese<br />

waren zumeist in Holzhütten untergebracht; auf dem Boden<br />

lag Stroh, zwischen den Füßen der Kundschaft pickten und<br />

gackerten die Hühner. Niemand scherte sich darum. Wichtig<br />

war nur, dass dieses neuartige Getränk die Seele erquickt,<br />

dass sich mit Kaffee leichter arbeiten und<br />

auch viel länger durchhalten lässt. Es dauerte<br />

nicht lange, bis die Bürger den Kaffee<br />

schließlich auch zu Hause trinken. Wer es<br />

sich leisten konnte, der hatte eine Rösttrommel<br />

in der Küche stehen, eine Kaffeemühle<br />

und ein Säckchen Rohkaffee in<br />

der Speisekammer.<br />

Was beim Adel und in den großbürgerlichen<br />

Kreisen begann, verbreitete sich<br />

auch bei den Kleinbürgern und wurde innerhalb<br />

einiger Jahrzehnte zur Normalität.<br />

Der Kaffee wurde ein Volksgetränk.<br />

Bald wurden in den Großstädten Kaffeehäuser<br />

errichtet. In kurzer Folge gab es<br />

Kaffeehäuser in England, Frankreich, Holland<br />

und 1673 auch das erste Kaffeehaus<br />

in Deutschland. Um das Jahr 1700 gab es<br />

in London 3000 Kaffeehäuser, in Paris gab<br />

es 300 Kaffeehäuser, in Wien gab es erst<br />

1685 das erste Kaffeehaus. London war zu der Zeit die europäische<br />

Kapitale der Kaffeehauskultur. Die Kaffeehäuser<br />

waren zunächst nur für die Männer zugänglich. Die Frauen<br />

blieben zu Hause. Es galt für jede Frau, die nicht gegen<br />

die guten Sitten verstoßen und ins Gerede kommen wollte:<br />

„Wir müssen leider draußen bleiben“, und dieser Bann<br />

hielt sich bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

12 durchblick 2/2009<br />

Foto: Fritz Fischer


Gesellschaft<br />

hinein, und zwar in ganz Europa. Damen<br />

von Stand ließen sich vor die Tür des<br />

Kaffeehauses kutschieren und schickten<br />

ihre Lakaien, ein Schälchen Kaffee von<br />

drinnen für sie zu holen. Damals waren<br />

nicht nur die Verhaltensnormen von Mann<br />

und Frau strikt unterschiedlich, auch die<br />

Lebensbereiche waren es. Die Öffentlichkeit<br />

galt als der des Mannes, die Frau war<br />

auf die Wirkungsstätte der Häuslichkeit<br />

verwiesen. Seit dem 17. Jahrhundert erschienen<br />

in Europa die ersten regelmäßig<br />

publizierten Zeitungen, die auch in den<br />

Kaffeehäuser auslagen, die sich die Männer<br />

aus den Händen rissen und in denen<br />

heftig erörtert wurde, was die Obrigkeit<br />

trieb und die Bürger umtrieb. Das damalige<br />

Kaffeehaus-Publikum war ein reines<br />

Männerpublikum, das sich eifrig über das<br />

Gelesene aus der Zeitung und über Themen<br />

aus der Politik, Philosophie, Literatur,<br />

Wissenschaft unterhielt und Meinungen<br />

austauschte. Die Meinung der Frau war<br />

nicht gefragt. Wozu also ins Kaffeehaus?<br />

So machten es sich die Frauen mit ihren<br />

Freundinnen zu Hause im Wohnzimmer<br />

gemütlich und entwickelten ihre eigene<br />

Kaffeekultur<br />

mit „Kaffeekränzchen“<br />

und „<strong>Kaffeeklatsch</strong>“.<br />

Man lud gerade<br />

so viele<br />

Freundinnen<br />

ein, wie um<br />

den Wohnzimmertisch<br />

bequem Platz<br />

fanden, und<br />

Bohnenkaffee konnten sich<br />

nun auch die Bürger leisten.<br />

stellte für<br />

jede ein Gedeck<br />

mit Tasse<br />

und Untertasse<br />

bereit.<br />

Stoffservietten<br />

mit handgesticktem<br />

Monogramm fehlten nicht und auch nicht<br />

der Blumenstrauß in einer adretten Vase.<br />

Ende des 18. Jahrhunderts wurde bei den<br />

Damenkränzchen nicht mehr nur Kaffee,<br />

sondern auch Gebäck gereicht. Der Kuchen<br />

musste selbst gebacken sein. Der<br />

Napfkuchen in Gugelhupfform war in<br />

Foto: Ulli Weber<br />

bürgerlichen Haushalten üblich. Er hieß<br />

damals Rodon oder Königskuchen, denn<br />

er wurde mit Rosinen und Korinthen gebacken.<br />

Später kam die Torte und Sahne auf<br />

die Kaffeetafel. Ein Kaffeetisch mit einer<br />

Torte in der Mitte, einem Gugelhupf, der<br />

wie ein Krönchen aussieht, und mit einer<br />

Schüssel geschlagenem Rahm, weiß wie<br />

Schnee, ein solch festliches Arrangement<br />

wirkte auf die Gemüter der Damen „wie<br />

Weihnachten“. Frauen machten aus der<br />

Zubereitung des <strong>Kaffeeklatsch</strong>-Kaffees<br />

eine Zeremonie. Zuerst musste die Kaffeebohne<br />

geröstet werden. Die Aromastoffe<br />

entstehen in der Kaffeebohne bei hohen<br />

Temperaturen von bis zu 250 ºC. Erst<br />

durch das Rösten entfalten sich sein Duft<br />

und Geschmackstoffe, darum ist es sehr<br />

wichtig wie die Bohnen geröstet werden.<br />

Dann folgen weitere Arbeitsschritte wie<br />

Kühlen, Malen und Kaffeekochen. Das<br />

Kaffeepulver wurde mit Wasser mehrmals<br />

aufgekocht und gefiltert oder es wurde in<br />

einer mit heißem Wasser ausgespülten<br />

Kaffeekanne mit sprudelnd kochendem<br />

Wasser überbrüht und acht Minuten stehen<br />

gelassen, bis sich das Aroma entfaltete.<br />

Die Dame des Hauses achtete darauf,<br />

ein vollmundiges Kaffeearoma beim Kaffeekochen<br />

zu erhalten. Kaffeekränzchen<br />

konnten für die Gäste wie auch für die<br />

Dame des Hauses schon mal zur Bewährungsprobe<br />

werden, zumal für die jungen<br />

Mädchen aus gutem Hause, die Eheaspirantinnen<br />

und künftigen Hausfrauen. Jede<br />

Hausfrau wusste: Anmut und Schicklichkeit<br />

ihrer Kaffeegeselligkeit würden auf<br />

ihr Renommee als Hausfrau und auf das<br />

Renommee ihres Mannes zurückstrahlen,<br />

so bemühte sie sich ein angemessenes<br />

Ambiente und eine edle Tischkultur zu<br />

schaffen. Gute Manieren und Umgangsformen,<br />

die vor allem den Töchtern des<br />

Hauses beigebracht wurden, gehörten<br />

auch zur Tischkultur.<br />

Was waren die Themen des Kaffeekränzchens<br />

im 18. und 19. Jahrhundert?<br />

Worüber wurde am Kaffeetisch gesprochen?<br />

Es waren die Lebensthemen, die<br />

in dieser Stunde zur Sprache kamen: Ehe,<br />

Kinder, Krankheit, Alter, Tod. Auch wurden<br />

Stadtneuigkeiten, Neuigkeiten über<br />

Verwandte, Nachbarn, Tipps zur Haushaltführung,<br />

Kosmetik, Mode, Handarbeit<br />

zur Sprache gebracht. Die <br />

genießer-frühstück<br />

belegte brötchen<br />

zum mitnehmen<br />

abwechslungsreicher<br />

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durchblick 2/2009 13


Gesellschaft<br />

Noch nie war Kaffee so sehr „Kult“ wie heute, noch nie konnten<br />

wir ihn in so vielen Variationen und an so vielen Orten genießen.<br />

intime Atmosphäre eines privaten Raumes, das Vertrauen<br />

der Freundinnen, die Regelmäßigkeit der Treffen machten<br />

es leicht auch mal über schwierige Dinge zu sprechen. Es<br />

wurde aber auch miteinander gescherzt und gelacht. Kaffeekränzchen<br />

waren eine Entlastung vom Alltag, indirekte<br />

Teilhabe an öffentlichen Dingen, Stabilisierung der sozialen<br />

Bindungen (Frauenfreundschaften), boten die Möglichkeit,<br />

die weibliche Identität zu stärken. Diese Geselligkeitsform<br />

trug zur Entwicklung eines modernen weiblichen<br />

Selbstbewusstseins bei. Sprechen wurde zu einem Akt der<br />

Wahrnehmung und auch Selbstverwirklichung. Es half den<br />

Frauen, sich von ihrer eingrenzenden Rollenzuschreibung<br />

wenigstens kurzfristig zu lösen und sich als eigenständiges<br />

Individuum wahrzunehmen.<br />

Die Männer haben den <strong>Kaffeeklatsch</strong> mit Nichtachtung<br />

gestraft, mit Tricks und Drohungen zu unterbinden versucht<br />

und als das alles nicht half, haben sie ihn mit Spott überhäuft<br />

und zur Karikatur gemacht, wie mit Sprüchen: „Wenn<br />

die Frauen Kaffee trinken, hüpfen sie wie Distelfinken“.<br />

Die Fliegenden Blätter<br />

vom 9. Juni 1895<br />

schrieben „<strong>Kaffeeklatsch</strong><br />

– Trischitratsch“.<br />

Die Zeitwende<br />

um 1800 brachte<br />

mehrere Kulturleistungen<br />

hervor, die<br />

heute noch unseren<br />

Alltag prägen. Es<br />

entstanden die Restaurants<br />

und die<br />

Konditoreien. Die<br />

Gründer der Konditoreien<br />

waren in<br />

der Mehrzahl keine<br />

Konditormeister Otto Wegener in deutschen Landsmänner.<br />

Es der Schubertschen Backstube<br />

waren<br />

Auswanderer aus Graubünden, die sich vor allem<br />

im Norden und im aufstrebenden Ostpreußen niederließen.<br />

Im katholischen Süddeutschland war die<br />

Tradition häuslichen Backens relativ weit entwickelt,<br />

hier kannte man die Buchteln, Kipferln und die<br />

Dampfnudeln. Zwar gab es in Deutschland bereits<br />

im 17. Jahrhundert in den Städten das Handwerk<br />

des bürgerlichen Konditors, die sich Zuckerbäcker<br />

nannten, doch waren diese rar und ausschließlich<br />

am Hofe der Fürsten beschäftigt. Nach der Französischen<br />

Revolution machten sich immer mehr Konditoren<br />

selbstständig und eröffneten in Residenzstädten<br />

Hofkonditorei-Geschäfte, in denen auch<br />

ein bürgerliches Publikum verkehrte. Wie in allen<br />

ersten europäischen Kaffeehäusern, tummelten<br />

sich um das Kuchenbüfett der Konditorei-Kaffees<br />

ausschließlich die Herren der besseren Stände. Das<br />

Kuchenessen in der Öffentlichkeit war, wie das Kaffeetrinken<br />

und das Zeitunglesen, ein männliches Privileg, und für<br />

die Frau galt noch immer „wir müssen draußen bleiben“.<br />

Die Konditorei-Kaffees etablierten sich in der Nähe von<br />

Stadtschlössern, weil rund um das Schloss immer etwas<br />

los war. Hier flanierte das betuchte Publikum, und an den<br />

Sonntagen kamen selbst die kleineren Bürger aus ihrem<br />

Stübchen, um ein wenig die Luft der feinen Welt zu schnuppern<br />

und um zu bummeln. Das waren die Gelegenheiten,<br />

bei denen Frauen am Arm des Kavaliers oder Gatten es<br />

wagen durften, ihren Fuß über die Schwelle der Konditorei<br />

zu setzen. Es waren die Herren, die den Damen den Besuch<br />

der Konditorei schmackhaft machten:<br />

„Ich lade Sie ein zu Kaffee und Kuchen,<br />

dann sitzen wir zwei im kleinen Kaffee.<br />

Und spielt die Musik die Lieder der Liebe,<br />

kommt sicher das Glück dann auch zu uns zwei.“<br />

(Schlager von Helmut Sohr)<br />

Eine weitere Möglichkeit, als Frau eine Konditorei zu<br />

besuchen, bot sich in den Gartenkaffees. Viele Konditoreien<br />

verfügten über Terrassen, manche wählten sogar gezielt einen<br />

Park, um dort in einem Pavillon ein kleines Kaffee zu<br />

eröffnen. Diese hatten eine Konzertmuschel, einen Holzpavillon<br />

für kleinere Orchester. Hier spielte die Tanzmusik<br />

heitere Weisen. Die ersten Gartencafés waren im Wiener<br />

Volksgarten, in Hamburg, Leipzig, Hannover und nicht zu<br />

vergessen das berühmte Gartenkaffee Tambosi am Münchner<br />

Hofgarten. Da wurde gespielt, gesungen und getanzt.<br />

Der wirtschaftliche Aufschwung in der zweiten Hälfte des<br />

19. Jahrhunderts bewirkte in Deutschland ein dynamisches<br />

Städte- und Wirtschaftswachstum. Fabriken wurden gebaut,<br />

dafür brauchte man Arbeiter und Angestellte, eine gewaltige<br />

Landflucht setzte ein, die Städte wuchsen über sich hinaus.<br />

So schlecht die sozialen Bedingungen damals auch waren,<br />

diese Arbeiter erlebten zum ersten Mal Sonntagnachmittagsvergnügen,<br />

indem sie den Biergarten, den Volksgarten oder<br />

14 durchblick 2/2009<br />

Foto: Hartmut Reeh


Café Schubert in der Löhrstr. 11<br />

um 1900<br />

ins Kaffee gingen.<br />

Es schlug die Stunde<br />

des Kaffees für die<br />

„kleinen Leute“. Die<br />

Arbeitsbedingungen<br />

in den Fabriken erforderten<br />

den Einsatz<br />

des schwarzen Muntermachers.<br />

Aber die<br />

eigentliche Blütezeit<br />

des Konditorei-<br />

Kaffees waren die<br />

1920er-Jahre bis zum<br />

Zweiten Weltkrieg<br />

– die großstädtische<br />

Moderne. Die Frauen<br />

emanzipierten sich,<br />

sie gingen aus, alleine<br />

oder mit Freundinnen<br />

in die Konditorei. Jetzt<br />

gab es auch in den Kleinstädten Konditoreien. Sie wurden<br />

sowohl Treffpunkt diverser Kränzchen der feinen Gesellschaft<br />

als auch des gemeinen Volkes. An den Markttagen,<br />

wenn die Bauern ihren Handel trieben, kamen ihre Frauen<br />

in der Zwischenzeit ins Marktkaffee, um eine Tasse Kaffee<br />

zu trinken.<br />

Ein <strong>Kaffeeklatsch</strong> braucht den Kaffee, er braucht das<br />

Backwerk, das zart schimmernde Porzellan, die edlen<br />

Accessoires, das angenehme Mobiliar und wohnliche Räumlichkeiten.<br />

Da all diese Dinge erst entwickelt, hergestellt und<br />

verkauft werden mussten, setzte dies einen wirtschaftlichen<br />

Kreislauf in Gang. Sie haben einen<br />

volkswirtschaftlichen Schub ausgelöst,<br />

der im 17. Jahrhundert begann,<br />

im 19. Jahrhundert an Schwung zulegte<br />

– und bis heute nichts von seiner<br />

Macht verloren hat. All diese Kulturleistungen<br />

haben den <strong>Kaffeeklatsch</strong><br />

zu dem gemacht, was er ist: die<br />

große Kunst des kleinen Fests. Am<br />

schönsten gewürdigt hat ihn doch ein<br />

Mann: „Auch in einem Kaffeelöffel<br />

spiegelt sich die Sonne“.<br />

Noch nie war Kaffee so sehr Kult<br />

wie heute, noch nie konnten wir ihn in<br />

so vielen Variationen und an so vielen<br />

Orten genießen. Weltweit ist Kaffee<br />

der Spitzenreiter unter den Getränken<br />

nach Wasser. In Deutschland werden<br />

jährlich rund 10 Millionen Sack<br />

Rohkaffee verkauft. Fast 150 Liter<br />

des schwarzen Getränks trinkt jeder<br />

Deutsche durchschnittlich im Jahr.<br />

Die Konditorei-Kaffees in Siegen<br />

haben Tradition. Sie wurden<br />

Gesellschaft<br />

HAUS PATMOS - ein Besuch lohnt sich.<br />

Ende des 19. Jahrhunderts gegründet. Als im Jahre 1879<br />

die „Genossenschaft gewerbetreibender Bäcker und Konditormeister<br />

der Stadt Siegen“ gegründet wurde, gab es<br />

in Siegen 48 Bäcker und 3 Konditoren bei einer Einwohnerzahl<br />

von 3500. Mit steigender Bevölkerungszahl und<br />

wirtschaftlicher Besserstellung nahm auch der Zulauf der<br />

Konditorenmeister zu. 1902 gab es in Siegen 6 Konditoren<br />

bei einer Einwohnerzahl von circa 26000. Die Blütezeit der<br />

Konditoreien waren die 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts.<br />

Im Jahr 1925 gab es in Siegen 15 Konditoreien. Eines<br />

der ältesten Konditorei-Cafés in Siegen war die Konditorei<br />

Rudolf Schubert.<br />

Nach zehnjähriger Tätigkeit in den ersten Konditoreien<br />

Deutschlands, u. a. in den Hof-Konditoreien Bierhoff-<br />

Düsseldorf, I.G. Kranzler-Berlin, Eisenbeiss-Nürnberg, in<br />

denen Rudolf Schubert berufliche Erfahrungen erworben<br />

hatte, kam er nach Siegen und eröffnete 1901 Am Kornmarkt<br />

16 Konditorei und Café, in der Nachfolge der im<br />

Jahre 1887 gegründeten Konditorei von Karl Meinhardt.<br />

1912 erfolgte der Umzug in die Löhrstraße 11. Ein Jahr<br />

danach eröffnete er eine Filiale in der Bahnhofstraße 27<br />

und 1928 eine weitere Filiale mit Mittagstisch in der Kölner<br />

Straße 6. Im Jahre 1935 erfolgte die Schließung der drei<br />

Geschäfte und Übergabe an die Konditorei Lixfeld. Fotos,<br />

Ansichtskarten, Tortenverzeichnis und andere Dokumente<br />

der Schubert-Konditorei wurden von Brigitte Gerkan, einer<br />

Enkelin von Rudolf Schubert, dem Stadtarchiv zur Verfügung<br />

gestellt und in einer Vitrine ausgestellt. Die Ausstellung<br />

war bis Ende April im Stadtarchiv zu sehen.<br />

Dorothea Istock<br />

Quelle: Katja Mutschelknaus: <strong>Kaffeeklatsch</strong> – Die Stunde der Frauen<br />

Haus Patmos liegt in einem parkähnlichen Gelände, mitten im Naturschutzgebiet Langenbachtal.<br />

Ebene Wanderwege laden nicht nur zu erholsamen Spaziergängen ein, sondern sind auch<br />

für sportliche Aktivitäten bestens geeignet.<br />

Es ist das ideale Haus für Einzelübernachtungen, für Freizeit- und Gruppenreisen, für<br />

Tagungen, für Familienfeiern, Erholung und Entspannung.<br />

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HAUS PATMOS<br />

Hotel & Gästehaus<br />

Patmosweg 60 . 57078 Siegen<br />

Telefon: 02 71 / 77 00 96-0<br />

info@hauspatmos.de www.hauspatmos.de<br />

Ihr Team vom Haus Patmos<br />

durchblick 2/2009 15

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