Heft 4/2013 - DGE
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60 | Sektionen/Kommissionen/Arbeitsgruppen<br />
Ohne Synacthen® gibt es zurzeit keine<br />
ACTH-Tests…<br />
Vorschläge für Alternativen von der<br />
Sek tion Nebenniere der Deutschen<br />
Gesellschaft für Endokrinologie (<strong>DGE</strong>)<br />
Holger S. Willenberg (Düsseldorf), Marcus Quinkler (Berlin), Martin Fassnacht<br />
(München) im Namen der Sektion Nebenniere, Steroide und Hypertonus der <strong>DGE</strong><br />
Seit Sommer erreichen uns immer mehr Anfragen, da<br />
es Lieferengpässe von Synacthen® gibt. Synacthen wird<br />
von vielen Endokrinologen, aber auch anderen Fachkollegen<br />
in der Klinik und der Praxis als synthetisches<br />
ACTH 1-24<br />
zur Stimulation der Nebennieren im Rahmen<br />
des sog. ACTH-Tests eingesetzt.<br />
Den vorliegenden Text hat die Sektion Nebenniere der<br />
<strong>DGE</strong> auf Wunsch zahlreicher betroffener Kollegen verfasst,<br />
um Hintergrundinformationen und konkreten<br />
Empfehlung für den klinischen Alltag zu geben.<br />
Warum ist Synacthen® aktuell nicht lieferbar?<br />
Am 11. Juni <strong>2013</strong> hat die Firma Questcor Pharma die<br />
Lizenz für Synacthen in Deutschland und 40 weiteren<br />
Ländern von der Firma Novartis erworben. Questcor hat<br />
bereits in USA ein ACTH 1-24<br />
-Depot-Produkt (Acthar®) auf<br />
dem Markt, das als Depotpräparat für Autoimmunerkrankungen<br />
eingesetzt wird. Ob es hier einen Zusammenhang<br />
zwischen dem im Vergleich zu Synacthen-Depot deutlichen<br />
teureren Acthar und den momentanen Lieferschwierigkeiten<br />
gibt, bleibt aktuell noch Spekulation.<br />
In Deutschland besitzt die Firma sigma-tau GmbH die<br />
Lizenzen für den Vertrieb von ACTH 1-24<br />
. Nach Aussagen<br />
des Geschäftsführers (Stand: 14. Okt <strong>2013</strong>) werden die<br />
Lieferengpässe frühestens im Laufe des ersten Quartals<br />
2014 behoben sein. Dies hätte mit dem Herstellerwechsel<br />
und dem veränderten Verfahren der Erzeugung,<br />
dessen Schritte teilweise neu zugelassen werden müssen,<br />
zu tun.<br />
Was kann man alternativ nehmen solange es kein intravenös<br />
applizierbares ACTH 1-24<br />
gibt?<br />
Die folgenden Vorschläge hat der Beirat der Sektion Nebenniere<br />
erarbeitet, um Hilfestellung in der klinischen<br />
Situation zu geben, in denen bisher regelhaft ein ACTH-<br />
Test eingesetzt wurde. Bei einem Teil der „Lösungsvorschläge“<br />
handelt es sich um „Notlösungen“, da die genannten<br />
Alternativtests weniger gut evaluiert sind.<br />
Wesentlich für die Diagnosestellung ist eine genaue<br />
Anamnese, die neben den typischen Symptomen der<br />
Nebennierenrindeninsuffizienz auch nach einer Exposition<br />
gegenüber Glukokortikoiden sowie weiteren<br />
hypophysären Begleiterscheinungen fragt. Vor der Labordiagnostik<br />
erfolgt dann, wie immer, die ausführliche<br />
körperliche Untersuchung, auf die hier nicht im Detail<br />
eingegangen werden kann. In diesen Zusammenhang<br />
möchten wir auch auf das Kapitel »Nebennierenrindeninsuffizienz«<br />
auf der Homepage unserer Fachgesellschaft<br />
verweisen (www.endokrinologie.net >>> Patienteninformationen).<br />
Ist lokal noch eine begrenzte Menge Synacthen vorhanden,<br />
kann in Absprache mit der jeweiligen Apotheke<br />
die Verdünnung und Aliquotierung erwogen werden,<br />
um einen niedrig-dosierten ACTH-Test (1 μg oder 5 μg<br />
ACTH anstelle von 250 μg ACTH) durchzuführen. Während<br />
der 250 μg ACTH-Test nach 30 und 60 min ausgewertet<br />
werden kann, sollte zumindest beim 1 μg-Test<br />
die Blutentnahme nach 30 min erfolgen (Grenzwert ><br />
18 μg/dl).<br />
Im ambulanten Bereich (z.B. Praxis) kann überlegt werden,<br />
eine Ampulle Synacthen nicht nur für einen Patienten<br />
zu verwenden, sondern eine Ampulle Synacthen<br />
auf mehrere Patienten aufzuteilen. Auf ein ausreichendes<br />
Injektionsvolumen (Cave: komplette Injektion, Adhäsion<br />
an der Ampullenwand etc.) ist zu achten.<br />
Verdacht auf primäre Nebennierenrindeninsuffizienz<br />
Bei dieser Fragestellung empfehlen wir im ersten Schritt<br />
die basale Messung folgender hormoneller Parameter<br />
vorzunehmen:<br />
ACTH, Cortisol, Renin, Aldosteron, DHEAS vor 10 Uhr<br />
Interpretation: Ein basaler Cortisol-Spiegel größer<br />
11 μg/dL (300 nmol/l) macht eine Nebennierenrindeninsuffizienz<br />
unwahrscheinlich, während ein Cortisol-Spiegel<br />
< 3 μg/dl (80 nmol/l) diese wahrscheinlich<br />
macht. Bei der primären Nebenniereninsuffizienz sind<br />
Endokrinologie Informationen 37 (<strong>2013</strong>) 4