<strong>Konzept</strong> <strong>SCHIELE</strong> <strong>fest</strong> / <strong>St</strong>. Pölten 2013 © Roman Picha, <strong>SCHIELE</strong> <strong>fest</strong> NÖ / <strong>St</strong>. Pölten 2012, 11. <strong>SCHIELE</strong> <strong>fest</strong> im Klimt‐Jahr, Das Geheime Gesicht der Frau: Moa & Judith: Subversive Geste & Imaginärer Körper Zeit (vor) der Katastrophe / „Der Mensch ist aus dem Lot geraten“ „Indem seine Gestalten den Boden unter den Füßen verlieren, setzen sie die Gesetze der Gravitation außer Kraft.“ ‐ Klaus Albrecht Schröder, EGON <strong>SCHIELE</strong>, Albertina, Prestel, 2005, S. 38 Eine Gesellschaft ist ins Wanken geraten! ‐‐‐ Gegen Ende des Jahres 1910 hat sich Schiele in einer ausdrucksstarken Serie von Selbstporträts mit zermartertem Körper, verzerrten Gliedmaßen und grotesken Masken dargestellt. Es sind kranke Leiber, die am Leben leiden und weit über das Maß einer realistischen Selbst‐Darstellung eines Künstlers hinaus geht. Ein oft fragend‐zweifelnder Blick, der aus der Leinwand direkt zum Betrachter zu sprechen scheint, stellt ein schwaches Ego aus, das typischen Männlichkeitskonstruktionen der Zeit entgegen steht. Hier werden fundamentale Existenzgrundlagen in Frage gestellt. Das Porträt wird bei Schiele zur Symbolfigur der Selbstentfremdung in einer aus den Fugen geratenen Welt. Es widersprechen sich Körper‐ und Gesichtsausdruck – ein Zwiespalt, der vom inneren Kampf eines von unbekannten Kräften Zerrissenen zeugt. Der disharmonische Gesichtsausdruck verstärkt den Anschein emotionaler Instabilität, Unruhe und Angst. Die nicht‐kommunikative Gebärdensprache und die Dissonanz zwischen Mimik und Gestik, gerinnen zum Code für eine Welt der Fremdheit, Isoliertheit und Einsamkeit. Einer Verunsicherung von Identität, die bereits Jahre vor Beginn des 1. Weltkriegs eine Vorahnung des Untergangs suggeriert. In einem 1911 erschienen Aufsatz beschreibt Albert Paris Gütersloh das Symbolische in der Kunst des Freundes und vermeint, Schiele male „die schrecklichen Geister, die die Mitternachtsseele des Künstlers plötzlich betreten. ... Auch das Morbide, Lasterhafte, Zotige einer Figur, einer Linie, einer Geste hat... einen Hintersinn, ist Chiffre und <strong>St</strong>enogramm... „ (zitiert von Schröder, ibid., S. 169). 6
© R. Picha, <strong>SCHIELE</strong> <strong>fest</strong> 2012, Aiko/Kazuko Kurosaki, Publikum mit Anne <strong>St</strong>robl, Kari Rakkola, Maren Rahmann © Peter Korrak, <strong>SCHIELE</strong> <strong>fest</strong> 2011 <strong>St</strong>. Pölten, Feuerperformance Gebhart Schatz, Herrenplatz, Francis Okpata, Aisha Eisa © Peter Korrak, Ensemble/Finale, Herrenplatz Margaret Carter im Fenster des Café Rouge 7