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AUSGABE 2/2013<br />
Newsletter Arbeitsrecht<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
im Wahljahr 2013 bleibt das Thema Arbeit und folglich das<br />
Arbeitsrecht ein Schwerpunkt in der politischen Diskussion.<br />
Einen Vorgeschmack auf einen sicherlich auch (weiterhin)<br />
arbeitspolitischen Bundestagswahlkampf lieferte die Sitzung<br />
des Bundesrats am 09.05.2013. In dieser beschloss der von<br />
den Oppositionsparteien dominierte Bundesrat die Entschließung<br />
„Gute Arbeit – Zukunftsfähige und faire Arbeitspolitik<br />
gestalten“. Darin finden sich erwartungsgemäß einige zentrale<br />
Punkte der Wahlprogramme von SPD und Grünen wieder:<br />
Allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn, equal-pay-Grundsatz<br />
in der Leiharbeit, weg von „Generation Praktikum“ und<br />
sachgrundlosen Befristungen. Die Unionsparteien haben ihr<br />
Wahlprogramm am 24.06.2013 der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />
Sie wollen neue Arbeitsplätze schaffen, kleine und mittlere<br />
Unternehmen stärken, Gründer fördern, „Flexi-Frauen-<br />
Quote“ für Vorstand und Aufsichtsrat, erleichterte Rückkehr<br />
aus einer Familienphase oder von der Teilzeit- zur Vollzeitbeschäftigung,<br />
dabei ebenso „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“<br />
in der Leiharbeit und einen tariflichen Mindestlohn in<br />
den Bereichen, in denen es keinen gibt – festgelegt von den<br />
Tarifpartnern gemeinsam mit einer Kommission und ausdifferenziert<br />
nach Regionen und Branchen. Auch die FDP hat<br />
sich jüngst für Lohnuntergrenzen in einzelnen Branchen und<br />
Regionen geöffnet.<br />
Dass das Thema Arbeit im Fokus eines Wahlkampfes stehen<br />
kann, mit dem man durchaus die eine oder andere entscheidende<br />
Wählerstimme gewinnen kann, belegt auch die aktuelle<br />
Studie des Gallup-Instituts. Die Studie will eine überdurchschnittlich<br />
geringe Motivation der Arbeitnehmer und eine<br />
besorgniserregend schwache emotionale Bindung zu ihren<br />
Arbeitgebern feststellen. Ob das wirklich stimmt?<br />
Unermüdlich ist das BAG. Seine Rechtsprechung der vergangenen<br />
Monate bringt neben Entscheidungen vom Typus<br />
„bekannt und bewährt“ einige (erwartete und unerwartete)<br />
Kehrtwenden mit sich, die für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer<br />
von erheblicher Bedeutung sind.<br />
Über solche und andere aktuelle Entwicklungen im Arbeitsrecht<br />
informieren wir Sie auf den folgenden Seiten.<br />
Viel Spaß beim Lesen!<br />
Ihr <strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong>-Team Arbeitsrecht<br />
INhAltsverzeIchNIs<br />
I. Aktuelle entscheidungen 2<br />
1. Tarifvertragliche Ausschlussfrist: Kehrtwende 2<br />
2. Kündigung nach Massenentlassungsanzeige:<br />
Unwirksam ohne vorheriges Konsultationsverfahren<br />
mit dem Betriebsrat 3<br />
3. Kündigung wegen Kirchenaustritts 4<br />
4. Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung 5<br />
5. Dauer der Arbeitszeit bei fehlender<br />
ausdrücklicher Vereinbarung 6<br />
6. (Keine) Korrektur des „BBG-Sprungs“ in der<br />
betrieblichen Altersversorgung 7<br />
7. Sozialplangestaltung und Altersrentenbezug 8<br />
8. Sachgrund der Abordnungsvertretung:<br />
Nur „gedankliche Zuordnung“ reicht nicht 9<br />
9. (Kein) Auskunftsanspruch eines abgelehnten<br />
Stellenbewerbers 11<br />
10. Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl 12<br />
11. Tarifvertrag über ERA-Strukturkomponente kann<br />
auch nicht tarifgebundenen Arbeitgeber verpflichten 13<br />
ll. (Geplante) Gesetzesänderungen 14<br />
1. Bundestag beschließt Änderungen bei der<br />
Vorstandsvergütung 14<br />
2. Bundesratsinitiative für mehr Schutz vor<br />
psychischen Arbeitsbelastungen 14<br />
3. Verordnung über die Arbeitszeit bei<br />
Offshore-Tätigkeiten 15<br />
lll. Aktuelles 15<br />
1. Kurzarbeitergeld für Betriebe mit<br />
Hochwasserschäden 15<br />
2. Gallup Engagement Index 2012 15<br />
3. Lohngleichheit von Männern und Frauen<br />
wird nicht gesetzlich durchgesetzt 15<br />
4. Inhouse-Arbeitsrechtler gründen Bundesverband 16<br />
5. Drei neue Richter(innen) am BAG 16<br />
Seite 1
l. Aktuelle entscheidungen<br />
1. Tarifvertragliche Ausschlussfrist: Kehrtwende<br />
BAG vom 19. September 2012 – 5 AZR 268/11<br />
Ein Arbeitnehmer macht bereits mit Erhebung der<br />
Kündigungsschutzklage (oder der Befristungskontrollklage)<br />
die Vergütungsansprüche, die von deren<br />
Ausgang abhängig sind, im Sinne von Ausschlussfristen<br />
„gerichtlich geltend“ und wahrt damit die zweite<br />
Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist.<br />
Die Parteien stritten über Annahmeverzugsansprüche des Klägers.<br />
Zuvor hatte der Kläger mit seiner Befristungskontrollklage<br />
gegen die Beklagte rechtskräftig obsiegt. Daraufhin verfolgte<br />
der Kläger Annahmeverzugsansprüche für Zeiträume,<br />
in denen seine Befristungskontrollklage noch rechtshängig<br />
war und die Beklagte ihn nicht beschäftigt hatte.<br />
Der auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbare Tarifvertrag<br />
sah eine zweistufige Ausschlussfrist vor. Auf der ersten<br />
Stufe waren Ansprüche innerhalb von vier Wochen/zwei<br />
Monaten nach Fälligkeit schriftlich zu erheben. Auf der zweiten<br />
Stufe verfielen alle abgelehnten Ansprüche, wenn sie nicht<br />
innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung „gerichtlich<br />
geltend gemacht werden“. Die Beklagte berief sich insbesondere<br />
auf den Verfall der Ansprüche.<br />
Das BAG hielt die Revision des Klägers, der in beiden Vorinstanzen<br />
unterlegen war, für begründet. Seine Ansprüche<br />
seien nicht aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfrist<br />
verfallen. Er habe durch die Erhebung der Befristungskontrollklage<br />
die zweite Stufe der Ausschlussfrist gewahrt. Tarifvertragliche<br />
Ausschlussfristen, die eine rechtzeitige gerichtliche<br />
Geltendmachung vorsehen, seien verfassungskonform<br />
dahingehend auszulegen, dass die vom Erfolg einer Bestandsschutzstreitigkeit<br />
(Kündigungsschutz- oder Befristungskontrollklage)<br />
abhängigen Ansprüche bereits mit Erhebung der<br />
Bestandsschutzklage gerichtlich geltend gemacht sind.<br />
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Mit dieser Entscheidung und den Parallelentscheidungen vom<br />
selben Tag (5 AZR 627/11 und 5 AZR 924/11) gibt das BAG<br />
seine bisherige Rechtsprechung zu dieser Frage (BAG vom<br />
17.11.2009 – 9 AZR 745/08) ausdrücklich auf. Danach wahrte<br />
eine Bestandsschutzklage für die von ihrem Ausgang abhängigen<br />
Vergütungsansprüche nur die erste Stufe einer tarifvertraglichen<br />
Ausschlussfrist. Um die zweite Stufe zu wahren,<br />
musste der Arbeitnehmer dagegen seine Vergütungsansprüche<br />
beziffert einklagen.<br />
Das BAG setzt damit die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts<br />
um (BVerfG vom 01.12.2010 – 1 BvR 1682/07).<br />
Danach verletzt es den Arbeitnehmer in seinem Grundrecht<br />
auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 IV GG),<br />
wenn er das tarifliche Erfordernis einer gerichtlichen Geltendmachung<br />
von Ansprüchen, die vom Ausgang einer Bestandsschutzstreitigkeit<br />
abhängen, nur einhalten kann, indem er eine<br />
bezifferte Zahlungsklage erhebe. Es sei dem Arbeitnehmer<br />
nicht zumutbar, Ansprüche auf Annahmeverzugsvergütung<br />
zu erheben, bevor die Bestandsschutzstreitigkeit rechtskräftig<br />
abgeschlossen sei. Das BVerfG gab den Arbeitsgerichten deshalb<br />
auf, diese Frage neu zu gestalten.<br />
Dies löst das BAG, indem es den Begriff der „gerichtlichen<br />
Geltendmachung“ i.S.d. tarifvertraglichen Ausschlussfristen<br />
extensiv auslegt. Hiernach genügt die Erhebung der Kündigungsschutzklage<br />
bzw. der Befristungskontrollklage, um den<br />
Verfall der von ihrem Ausgang abhängigen Annahmeverzugsansprüche<br />
zu verhindern. Ausschlussfristen sollen Arbeitgeber<br />
vor der Verfolgung unzumutbarer Ansprüche bewahren, mit<br />
denen nicht mehr zu rechnen sei. Erhebe der Arbeitnehmer<br />
Bestandsschutzklage, so müsse der Arbeitgeber damit rechnen,<br />
dass der Arbeitnehmer von deren Ausgang abhängige Vergütungsansprüche<br />
noch geltend mache. Das BAG gleicht damit<br />
die Auslegung der zweiten Stufe von tarifvertraglichen Ausschlussfristen<br />
an seine Auslegung der zweiten Stufe von formularvertraglichen<br />
Ausschlussfristen (BAG vom 19.05.2010<br />
– 5 AZR 253/09) und von Ausschlussfristen in einer Betriebsvereinbarung<br />
(BAG vom 12.12.2006 – 1 AZR 96/06) an.<br />
Zwar bemüht sich das BAG damit in begrüßenswerter Weise<br />
um eine Vereinheitlichung. Der Lösungsansatz bietet allerdings<br />
aus Arbeitgebersicht einen erheblichen Nachteil: Ein<br />
Verfall von Vergütungsansprüchen kommt selbst dann nicht<br />
mehr in Betracht, wenn der Arbeitnehmer nach gewonnenem<br />
Bestandsschutzprozess die Geltendmachung der Annahme-<br />
Seite 2
verzugsansprüche über einen längeren Zeitraum unterlässt.<br />
Er kann damit etwaige Annahmeverzugslohnansprüche oder<br />
Zulagen bis zur Grenze der Verjährung geltend machen. Arbeitgeber<br />
sind jedenfalls gut beraten, bereits unmittelbar nach<br />
Erhebung der Bestandsschutzklage zu prüfen, welche Zahlungsansprüche<br />
nach Grund und Höhe etwaig noch bestehen<br />
könnten. Sie sollten hierfür Rücklagen bilden – obwohl sie<br />
noch mit keiner konkreten Zahl konfrontiert sind (vgl. hierzu<br />
ausführlich von Medem, NZA 2013, 345 ff.).<br />
2. Kündigung nach Massenentlassungsanzeige:<br />
Unwirksam ohne vorheriges Konsultationsverfahren<br />
mit dem Betriebsrat<br />
BAG vom 13. Dezember 2012 – 6 AZR 5/12<br />
Bei einer Massenentlassung ist die ordnungsgemäße<br />
Durchführung des Verfahrens nach § 17 KSchG Wirksamkeitsvoraussetzung<br />
der Kündigung. Eine ohne<br />
vorherige Konsultation mit dem Betriebsrat erstattete<br />
Massenentlassungsanzeige ist unwirksam. Der Arbeitnehmer<br />
muss diesen Fehler nicht konkret rügen, wenn<br />
sich aus den vom Arbeitgeber vorgelegten Unterlagen<br />
ein derartiger Unwirksamkeitsgrund eindeutig ergibt.<br />
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten<br />
Kündigung. Die Beklagte, eine ehemalige griechische<br />
Fluggesellschaft, hatte im September 2009 ihren Betrieb weltweit<br />
eingestellt. Die Interessenausgleichsverhandlungen mit<br />
dem Gesamtbetriebsrat waren gescheitert. Der Sozialplan<br />
erging als Spruch der Einigungsstelle. Die Beklagte hörte<br />
mit Schreiben vom 17.12.2009 den örtlichen Betriebsrat zur<br />
beabsichtigten Kündigung gem. § 102 BetrVG an. Das Anhörungsschreiben<br />
war zudem überschrieben mit „Mitteilung<br />
im Sinne von § 17 Abs. 2 KSchG“. Am selben Tag erstattete<br />
die Beklagte bei der Agentur für Arbeit die erforderliche<br />
Massenentlassungsanzeige. Am 15.01.2010 kündigte sie das<br />
Arbeitsverhältnis mit der Klägerin. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage<br />
und argumentierte u. a., die Beklagte habe<br />
der Agentur für Arbeit die Anhörungsschreiben an den Betriebsrat<br />
nicht übermittelt.<br />
ArbG und LAG wiesen die Klage ab. Das BAG gab der Klage<br />
statt, u. a., weil die Beklagte die Massenentlassungsanzeige<br />
ohne vorheriges Konsultationsverfahren mit dem dafür zuständigen<br />
Gesamtbetriebsrat erstattet hatte. Dieser war zuständig,<br />
weil der geplante Personalabbau auf der Grundlage eines unternehmenseinheitlichen<br />
Konzepts durchgeführt werden sollte<br />
und mehrere Betriebe betraf. Die Klägerin habe zwar nicht<br />
explizit Fehler im Konsultationsverfahren gem. § 17 Abs. 2<br />
KSchG gerügt, allerdings pauschal Fehler bei der Massenentlassungsanzeige.<br />
Der Arbeitgeber habe die Darlegungslast für<br />
die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens nach § 17<br />
KSchG. Trage der Arbeitgeber ohne Rüge des Arbeitnehmers<br />
konkret zu dem von ihm durchgeführten Massenentlassungsanzeigeverfahren<br />
vor und sei daraus ersichtlich, dass den Anforderungen<br />
des § 17 KSchG nicht genügt sei, so habe das<br />
Gericht derartige Unwirksamkeitsgründe von Amts wegen zu<br />
berücksichtigen.<br />
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Erneut klärt das BAG wichtige Fragen zur Massenentlassungsanzeige<br />
(vgl. hierzu zuletzt BAG vom 20.09.2012 – 6<br />
AZR 155/11 mit Anm. im <strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Newsletter Arbeitsrecht<br />
3/2012). Dabei verschärft das BAG die Anforderungen abermals<br />
zu Lasten der Arbeitgeber. Eine ohne Konsultation mit<br />
dem zuständigen Betriebsratsgremium erstattete Massenentlassungsanzeige<br />
ist unwirksam (noch offen gelassen in BAG<br />
vom 28.05.2009 – 8 AZR 273/08). Es mutet auf den ersten<br />
Blick merkwürdig an, wenn das BAG den Arbeitsgerichten<br />
aufgeben will, die Nichteinhaltung der Anforderungen des<br />
§ 17 KSchG künftig „von Amts wegen“ zu prüfen. Die genaue<br />
Lektüre des Urteils gibt Aufschluss darüber, was das BAG<br />
damit meint. Trägt der Arbeitgeber von sich aus zum Konsultationsverfahren<br />
nach § 17 KSchG vor bzw. führt er selbst Unterlagen<br />
daraus in den Kündigungsschutzprozess ein, so kann<br />
das Gericht die Kündigung schon deshalb für unwirksam halten,<br />
wenn sich aus seinem Vortrag ergibt, dass die rechtlichen<br />
Anforderungen des Konsultationsverfahren gem. § 17 KSchG<br />
nicht eingehalten sind.<br />
Zwar liegt der Entscheidung u.E. eine recht spezielle Fallkonstellation<br />
zugrunde: Zum einen scheiterten die Interessenausgleichsverhandlungen.<br />
Deshalb fehlte es hier an dem<br />
– wichtigen und den Arbeitgeber absichernden – Hinweis im<br />
Interessenausgleich, dass das Konsultationsverfahren nach<br />
§ 17 Abs. 2 KSchG durchgeführt wurde und abgeschlossen<br />
ist. Zum anderen unterrichtete der Arbeitgeber anstelle des<br />
Seite 3
zuständigen Gesamtbetriebsrats den hierfür nicht zuständigen<br />
örtlichen Betriebsrat gem. § 17 Abs. 2 KSchG.<br />
Gleichwohl sollten Arbeitgeber künftig besondere Sorgfalt<br />
walten lassen. Besonders tückisch ist, dass der 6. Senat keine<br />
konkrete Rüge des Arbeitnehmers verlangte, sondern den<br />
Fehler im Konsultationsverfahren schon aufgrund des eigenen<br />
Vortrags des Arbeitgebers „von Amts wegen“ prüfte. Es empfiehlt<br />
sich deshalb, schon während der Interessenausgleichsund<br />
Sozialplanverhandlung den Betriebsrat frühzeitig nach<br />
§ 17 Abs. 2 KSchG zu unterrichten und dies entsprechend<br />
schriftlich zu dokumentieren. Hat der Arbeitgeber Zweifel,<br />
ob er seiner schriftlichen Unterrichtungspflicht unter Angabe<br />
aller notwendigen Informationen und der Beratungspflicht<br />
nach § 17 Abs. 2 KSchG nachgekommen ist, so kann er sich<br />
dies vom „kooperativen“ Betriebsrat vorsorglich in einer zum<br />
Interessenausgleich separaten Stellungnahme nach § 17 Abs.<br />
3 KSchG nochmals bestätigen lassen. Hat der Arbeitgeber<br />
Zweifel, welches Betriebsratsgremium er unterrichten muss,<br />
so sollte er vorsorglich alle in Betracht kommenden Gremien<br />
unterrichten. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass Arbeitnehmer<br />
durch eine Rüge von formellen Fehlern bei der Massenentlassungsanzeige<br />
den Arbeitgeber zum Ausspruch einer<br />
weiteren Kündigung zwingen und damit unter Umständen<br />
wertvolle Monate an Kündigungsfrist gewinnen.<br />
3. Kündigung wegen Kirchenaustritts<br />
BAG vom 25. April 2013 – 2 AZR 579/12<br />
Der Austritt eines Mitarbeiters einer vom Caritasverband<br />
getragenen Kinderbetreuungsstätte aus der katholischen<br />
Kirche kann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses<br />
rechtfertigen.<br />
Der 1952 geborene Kläger arbeitete seit 01.01.1992 für den<br />
beklagten Caritasverband als Sozialpädagoge. Der Arbeitsvertrag<br />
der Parteien enthielt u. a. Aussagen zum Selbstverständnis<br />
der Caritas und der katholischen Kirche. § 2 des Arbeitsvertrages<br />
verwies zudem auf die Richtlinien für Arbeitsverträge<br />
in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR).<br />
Darin heißt es u. a. in § 4 (3):<br />
„Der Dienst in der katholischen Kirche erfordert vom katholischen<br />
Mitarbeiter, dass er seine persönliche Lebensführung<br />
nach der Glauben- und Sittenlehre sowie den übrigen Normen<br />
der katholischen Kirche einrichtet. Die persönliche Lebensführung<br />
des nicht katholischen Mitarbeiters darf dem katholischen<br />
Charakter der Einrichtung, in der er tätig ist, nicht<br />
widersprechen.“<br />
Der Kläger arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem Schulkinder<br />
bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut werden.<br />
Die Religionszugehörigkeit der Kinder ist in der Einrichtung<br />
ohne Bedeutung. Religiöse Inhalte werden nicht vermittelt.<br />
Anfang 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche<br />
aus. Als Beweggründe nannte er die Missbrauchsfälle in katholischen<br />
Einrichtungen, die Vorgänge um die „Piusbruderschaft“<br />
und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische<br />
Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete. Daraufhin<br />
kündigte der beklagte Caritasverband das Arbeitsverhältnis<br />
außerordentlich. Die Kündigungsschutzklage des Klägers<br />
blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.<br />
Die Entscheidung des BAG liegt bisher nur in Form der Pressemitteilung<br />
vor. Der Kläger habe mit dem Austritt aus der<br />
Kirche gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten<br />
verstoßen. Nach dem kirchlichen Selbstverständnis<br />
habe der Kläger unmittelbar „Dienst am Menschen“ geleistet<br />
und damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teilgenommen.<br />
Ihm fehle infolge seines Kirchenaustritts nach dem<br />
Glaubensverständnis der Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung<br />
im Rahmen der Dienstgemeinschaft.<br />
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Erneut musste sich das BAG mit der Kündigung eines kirchlichen<br />
Arbeitnehmers wegen Loyalitätsverstoßes befassen.<br />
Das BAG entschied erst im Jahre 2011 über die Kündigung<br />
des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederheirat<br />
nach Scheidung (BAG vom 08.09.2011 − 2 AZR<br />
543/10).<br />
Die Schwierigkeit dieser Fälle liegt darin, dass auf kirchliche<br />
Arbeitsverhältnisse staatliches Arbeitsrecht zwar anwendbar<br />
ist. Dieses darf aber das verfassungsrechtlich geschützte<br />
Selbstbestimmungsrecht, das den Kirchen über Artt. 4, 140<br />
GG, Art. 137 Weimarer Reichsverfassung (WRV) eingeräumt<br />
Seite 4
ist, nicht in Frage stellen. Nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137<br />
Abs. 1 WRV steht es jeder Religionsgemeinschaft zu, ihre Angelegenheiten<br />
innerhalb der Schranken der für alle geltenden<br />
Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten und somit das „Kirchenrecht“<br />
anzuwenden. Das gilt auch für die den Kirchen<br />
zugeordneten karitativen Einrichtungen. Die Arbeitsgerichte<br />
haben deshalb das Selbstbestimmungsrecht der Kirche sorgfältig<br />
gegenüber gleichfalls verfassungsrechtlich geschützten<br />
Interessen betroffener Arbeitnehmer abzuwägen.<br />
In der vorliegenden Entscheidung hat das BAG u.E. zutreffend<br />
dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht einen höheren<br />
Stellenwert eingeräumt als der negativen Glaubens- und Gewissensfreiheit<br />
des betroffenen Arbeitnehmers. Nach den<br />
rechtlichen Maßstäben der katholischen Kirche handelt es<br />
sich beim Kirchenaustritt um einen grundlegenden Vertragsverstoß,<br />
der eine Weiterbeschäftigung nicht zulässt. Staatliche<br />
Gerichte könnten den beklagten Caritasverband deshalb nicht<br />
dazu zwingen, im „verkündungsnahen“ Bereich einen Mitarbeiter<br />
zu beschäftigen, der sich gänzlich von der katholischen<br />
Kirche losgesagt habe und nicht nur in einem einzelnen Punkt<br />
den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht werde.<br />
Die lange Beschäftigungsdauer und das fortgeschrittene<br />
Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber nicht ins Gewicht.<br />
Zudem war unerheblich, dass die im sozialen Zentrum<br />
betreuten Kinder auch einer anderen oder keiner Religionsgemeinschaft<br />
angehören können und religiöse Inhalte nicht<br />
vermittelt werden.<br />
Dass die einschlägigen Rechtsnormen des Kirchenrechts vorliegend<br />
nur die katholischen, nicht aber die nicht-katholischen<br />
Mitarbeiter des Beklagten betreffen, stellt auch keine unzulässige<br />
Benachteiligung i. S. d. §§ 1, 7 AGG dar. § 9 Abs. 2 AGG<br />
stellt klar, dass das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen<br />
der Religionszugehörigkeit nicht das Recht der Kirchen<br />
und ihrer Einrichtungen berührt, von ihren Beschäftigten ein<br />
loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres Selbstverständnisses<br />
verlangen zu können.<br />
Nach wie vor kommt in solchen Fällen der Position des Mitarbeiters<br />
und seinem Arbeitsumfeld besondere Bedeutung zu.<br />
Der offene geistige Kontakt mit den betreuten Kindern führte<br />
dazu, dass es der Beklagten nicht zumutbar war, den Kläger<br />
weiter zu beschäftigen. Das Urteil wäre wahrscheinlich anders<br />
ausgegangen, wenn es sich um einen nicht im verkündungsnahen<br />
Bereich eingesetzten Mitarbeiter (z. B. eine Putzkraft)<br />
gehandelt hätte.<br />
4. Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung<br />
BAG vom 14. Mai 2013 – 9 AZR 844/11<br />
Kann ein Arbeitnehmer Urlaubsabgeltung in Anspruch<br />
nehmen und sieht er davon ab, stehen weder das nationale<br />
Urlaubsrecht noch Unionsrecht einem Verzicht<br />
des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung entgegen.<br />
Die Beklagte kündigte ihr Arbeitsverhältnis mit dem seit Januar<br />
2006 arbeitsunfähigen Kläger ordentlich zum 30.06.2009. Im<br />
Kündigungsrechtsstreit regelten die Parteien am 29.06.2010<br />
in einem Vergleich u. a., dass das Arbeitsverhältnis durch die<br />
Kündigung der Beklagten zum 30.06.2009 aufgelöst worden<br />
ist und die Beklagte an den Kläger eine Abfindung in Höhe<br />
von EUR 11.500 zahlt. Der Vergleich sah ferner folgende<br />
Klausel vor:<br />
„Mit Erfüllung des vorliegenden gerichtlichen Vergleichs<br />
sind wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis,<br />
gleich ob bekannt oder unbekannt, gleich aus<br />
welchem Rechtsgrund, erledigt.“<br />
Der Kläger verlangte mit Schreiben vom 29.07.2010, Urlaub<br />
aus den Jahren 2006 bis 2008 abzugelten. Das ArbG hat die Klage<br />
abgewiesen. Das LAG hat das Urteil teilweise abgeändert<br />
und die Beklagte zur Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe<br />
eines Teilbetrags verurteilt. Die Revision der Beklagten hatte<br />
Erfolg und führte zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen<br />
Urteils. Nach Ansicht des BAG erfasse die Erledigungsklausel<br />
des gerichtlichen Vergleichs den Anspruch des Klägers auf<br />
Abgeltung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs, der mit der Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses am 30.06.2009 entstanden<br />
sei. Der Kläger könne auf den entstandenen Urlaubsabgeltungsanspruch<br />
verzichten.<br />
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Der Entscheidung, mit der das BAG die neuere Rechtsprechung<br />
zu Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen konsequent<br />
fortsetzt, ist zuzustimmen.<br />
Seite 5
Die Entscheidung liegt bisher nur in Form einer Pressemitteilung<br />
vor. Dem Verzicht des Arbeitnehmers auf den nach § 7<br />
Abs. 4 BUrlG entstandenen Abgeltungsanspruch stehe § 13<br />
Abs. 1 Satz 3 BUrlG nicht entgegen. Zwar könne nach § 13<br />
Abs. 1 Satz 3 BUrlG von der Regelung des § 7 Abs. 4 BUrlG,<br />
nach der der Urlaub abzugelten ist, wenn er wegen Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr<br />
gewährt werden kann, nicht zuungunsten des Arbeitnehmers<br />
abgewichen werden. Diese Regelung hindere indes nur einzelvertragliche<br />
Abreden, die schon das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen<br />
ausschließen. Habe der Arbeitnehmer<br />
dagegen die Möglichkeit, einen entstandenen Urlaubsabgeltungsanspruch<br />
in Anspruch zu nehmen und verzichte er darauf,<br />
stehe weder nationales noch Unionsrecht einem Verzicht<br />
des Arbeitnehmers entgegen.<br />
Demgegenüber hatte das BAG früher angenommen, der Arbeitnehmer<br />
könne aufgrund der Unabdingbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs<br />
nach §§ 7 Abs. 4, 13 Abs. 1 Satz<br />
3 BUrlG über diesen gerade nicht wirksam durch Rechtsgeschäft,<br />
d.h. durch negatives Schuldanerkenntnis in einem<br />
Vergleich, verfügen (BAG vom 31.05.1990 – 8 AZR 132/89).<br />
Hiervon kehrt das BAG konsequenterweise ab, nachdem es<br />
die Surrogatstheorie infolge der Rechtsprechung des EuGH<br />
aufgegeben hatte (EuGH vom 20.01.2009 – C-350/06 und<br />
C-520/06 „Schultz-Hoff“). Seither ist der Anspruch auf Abgeltung<br />
des Urlaubs bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit<br />
des Arbeitnehmers ein reiner Geldanspruch, der sich nicht<br />
von sonstigen Entgeltansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis<br />
unterscheidet. Deshalb unterliegt er auch nicht dem Fristenregime<br />
des BUrlG (BAG vom 09.08.2011 – 9 AZR 365/10).<br />
Dies gilt inzwischen auch für den Urlaubsabgeltungsanspruch<br />
des arbeitsfähigen Arbeitnehmers (BAG vom 19.06.2012 –<br />
9 AZR 652/10 mit Anm. in <strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Newsletter Arbeitsrecht<br />
2/2012). Die gesetzliche Unabdingbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs<br />
bedeutet aber nach wie vor, dass<br />
einzelvertragliche Abreden, die das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen<br />
ausschließen, unwirksam sind.<br />
Aus Arbeitgebersicht ist trotz des Urteils Vorsicht geboten:<br />
Zum einen ist die Rechtslage bei tarifvertraglichen Abgeltungsansprüchen<br />
anders. Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG ist ein<br />
Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte nur in einem von<br />
den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Zum<br />
anderen bleibt zumindest offen, ob der EuGH die Aufgabe<br />
der Surrogatstheorie in allen Facetten annimmt. Vorsichtig<br />
agierende Arbeitgeber sollten deshalb in allgemeinen Erledigungsklauseln<br />
im Rahmen von Abfindungsvereinbarungen<br />
folgenden Satz hinzufügen: „Sollte dennoch ein Urlaubsabgeltungsanspruch<br />
bestehen, so mindert sich die in Ziff. … vereinbarte<br />
Abfindung um den Bruttobetrag der Urlaubsabgeltung<br />
zuzüglich hierauf entfallender Arbeitgeberbeiträge zur<br />
Sozialversicherung.“<br />
5. Dauer der Arbeitszeit bei fehlender<br />
ausdrücklicher Vereinbarung<br />
BAG vom 15. Mai 2013 – 10 AZR 325/12<br />
Auch außertarifliche Mitarbeiter müssen sich ohne<br />
ausdrückliche Vereinbarung an die betriebsübliche<br />
Arbeitszeit halten.<br />
Die Klägerin ist außertarifliche Mitarbeiterin der Beklagten<br />
und bezieht ein Jahresgehalt von rund EUR 95.000 brutto.<br />
Nach dem Arbeitsvertrag musste sie auch „außerhalb der betriebsüblichen<br />
Arbeitszeit tätig […] werden“. Weitere Regelungen<br />
zur Arbeitszeit enthielt der Vertrag nicht.<br />
Im Herbst 2010 hatten sich nach Angaben der Beklagten annähernd<br />
700 Minusstunden angesammelt. Seit Oktober 2010<br />
forderte die Beklagte die Klägerin auf, die sich aus einer Betriebsvereinbarung<br />
für Tarifmitarbeiter ergebende betriebsübliche<br />
wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden bzw. die<br />
tägliche Arbeitszeit von mindestens 7,6 Stunden einzuhalten.<br />
Dem kam die Klägerin nicht nach. Infolgedessen kürzte die<br />
Beklagte die Gehälter der Klägerin bis Januar 2011 um insgesamt<br />
ca. EUR 7.000 brutto. Sie begründete dies damit, die<br />
Klägerin habe ihre Arbeitspflicht nicht vollständig erfüllt und<br />
bspw. im Dezember nur 19,8 Stunden und im Januar nur 5,5<br />
Stunden im Betrieb gearbeitet. Die Klage blieb in allen drei<br />
Instanzen erfolglos. Nach Ansicht des BAG gelte die betriebsübliche<br />
Arbeitszeit als vereinbart, wenn der Arbeitsvertrag die<br />
Dauer der Arbeitszeit nicht ausdrücklich regelt. In diesem Fall<br />
setze der Vertrag die betriebsübliche Arbeitszeit als „Maß“<br />
der zu leistenden Arbeit voraus. Diese Grundsätze gelten auch<br />
für außertarifliche Angestellte. Anhaltspunkte dafür, dass die<br />
Parteien eine Arbeitspflicht unabhängig vom Zeitmaß verein-<br />
Seite 6
art hätten, sah das BAG nicht. Folglich müsse die Beklagte<br />
keine Vergütung für Zeiten leisten, in denen die Mitarbeiterin<br />
nicht gearbeitet hatte.<br />
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Das Urteil des BAG ist aus Arbeitgebersicht uneingeschränkt<br />
zu begrüßen. Die bislang nur vorliegende Pressemitteilung des<br />
BAG lässt vermuten, dass sich das BAG in seiner Urteilsbegründung<br />
den tragenden Erwägungen des Berufungsgerichts<br />
(LAG Düsseldorf vom 09.02.2012 – 4 Sa 1025/11) anschließen<br />
wird.<br />
Nach Ansicht des LAG Düsseldorf umfasse die Verpflichtung<br />
des außertariflichen Mitarbeiters, auch außerhalb der<br />
betriebsüblichen Arbeitszeit tätig werden zu müssen, zwangsläufig<br />
die Pflicht, auch innerhalb dieser Arbeitszeit tätig zu<br />
werden. Dies gelte jedenfalls, wenn der Arbeitgeber dies – wie<br />
hier – vom Mitarbeiter fordert. Nach dem Arbeitsvertrag sei<br />
die Leistung von Arbeit und gerade nicht ein Erfolg oder eine<br />
bestimmte Art der Aufgabenerfüllung geschuldet.<br />
Die Gerichte ließen somit zu Recht die Argumentation der<br />
Klägerin nicht gelten. Diese war der Auffassung, sie sei weder<br />
verpflichtet, 38 Stunden pro Woche, noch überhaupt an<br />
bestimmten Tagen oder zu bestimmten Zeiten im Betrieb zu<br />
arbeiten. Sie erfülle ihre Arbeitspflicht ohne Rücksicht auf den<br />
zeitlichen Aspekt schon, wenn sie die ihr von der Beklagten<br />
übertragenen Aufgaben erledige. Die Beklagte müsse ihr deshalb<br />
unabhängig von der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden<br />
das volle Gehalt zahlen.<br />
Das Urteil setzt das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach<br />
§ 106 Satz 1 GewO, wonach der Arbeitgeber u. a. die Zeit der<br />
Arbeitsleistung bestimmen kann, konsequent um. Die Klägerin<br />
konnte eben nicht „arbeiten, wie sie wollte“.<br />
Und dennoch: Erscheint das Urteil aus Arbeitgebersicht auf<br />
den ersten Blick als „klare Ansage“ des BAG, bleibt offen,<br />
wie verallgemeinerungsfähig seine Kernaussage ist. Arbeitgeber<br />
sollten deshalb ihrer Pflicht gem. § 2 Nr. 7 NachwG<br />
nachkommen und die vereinbarte Arbeitszeit schriftlich im<br />
Arbeitsvertrag festlegen. Dies hatte das beklagte Unternehmen<br />
nicht getan und so zur Entstehung des Rechtsstreits maßgeblich<br />
beigetragen. Darüber hinaus sollten umsichtig agierende<br />
Arbeitgeber fortwährend ein Auge darauf haben, ob ihre<br />
außertariflichen Mitarbeiter die für sie geltende Arbeitszeit<br />
einhalten und nötigenfalls einschreiten, bevor sich derart hohe<br />
Zeitschulden ansammeln.<br />
6. (Keine) Korrektur des „BBG-Sprungs“ in der<br />
betrieblichen Altersversorgung<br />
BAG vom 23. April 2013 – 3 AZR 475/11<br />
Die außerplanmäßige Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze<br />
um EUR 500 im Jahr 2003 kann bei Versorgungszusagen<br />
mit „gespaltener Rentenformel“<br />
nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung<br />
ausgeblendet werden. Vielmehr kommt eine Korrektur<br />
allenfalls nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage<br />
in Betracht.<br />
Das beklagte Unternehmen hatte ein endgehaltsbezogenes Ruhegeld<br />
mit einer sog. „gespaltenen Rentenformel“ zugesagt.<br />
Das bedeutet, dass bei der Berechnung der Betriebsrente Gehaltsbestandteile<br />
oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in<br />
der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) stärker gewichtet<br />
werden als Gehaltsbestandteile darunter. Die stärkere Gewichtung<br />
der Gehaltsbestandteile soll der Tatsache Rechnung<br />
tragen, dass der Arbeitgeber für diese Gehaltsbestandteile<br />
keine Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />
abführt und diese bei der Berechnung der gesetzlichen Rente<br />
ausgeblendet bleiben.<br />
Die BBG wird gem. §§ 159, 160 SGB VI jährlich anhand der<br />
Bruttolöhne und -gehälter angepasst. Der Gesetzgeber hat<br />
jedoch im Jahr 2003 die BBG einmalig außerplanmäßig um<br />
EUR 500 erhöht, um das Beitragsaufkommen zu steigern (sog.<br />
„BBG-Sprung“). Hierdurch reduzierte sich die Betriebsrente<br />
des Klägers wegen der überproportionalen Berücksichtigung<br />
der Gehaltsbestandteile, die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze<br />
liegen. Der Kläger machte geltend, der BBG-Sprung<br />
müsse bei der Ermittlung seiner Betriebsrente herausgerechnet<br />
werden. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Das<br />
BAG gab in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung<br />
zu dieser Frage ausdrücklich auf.<br />
Seite 7
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Die Abkehr des BAG von seiner früheren Rechtsprechung ist<br />
zu begrüßen. Das Gericht hält nunmehr eine ergänzende Auslegung,<br />
mittels derer der BBG-Sprung 2003 bei der Rentenberechnung<br />
ausgeblendet wird, nicht mehr für möglich. Im Jahr<br />
2009 war das BAG noch davon ausgegangen, dass Versorgungsordnungen<br />
mit „gespaltener Rentenformel“ durch den<br />
BBG-Sprung im Jahr 2003 regelmäßig lückenhaft geworden<br />
sind. Diese Lücke schloss es durch eine ergänzende Vertragsauslegung<br />
(BAG vom 21.04.2009 – 3 AZR 471/07 und 3 AZR<br />
695/08). Danach musste der Arbeitgeber die Betriebsrente so<br />
berechnen, als habe der BBG-Sprung im Jahr 2003 nicht stattgefunden.<br />
Von dieser Rente konnte der Arbeitgeber dann den<br />
Betrag in Abzug bringen, um den sich die gesetzliche Rente<br />
infolge höherer Beitragszahlungen erhöht hat.<br />
Das BAG gibt mit seiner Kehrtwende der einhelligen Kritik<br />
an seiner Rechtsprechung nach (vgl. bspw. LAG Niedersachsen<br />
vom 08.12.2009 – 11 Sa 1783/07 und LAG Hessen vom<br />
22.06.2011 – 8 Sa 1832/10). Hiernach seien Versorgungsordnungen<br />
mit gespaltener Rentenformel aufgrund des BBG-<br />
Sprungs nicht zwingend lückenhaft geworden. Auch mit dem<br />
BBG-Sprung seien alle Versorgungsparameter eindeutig ermittelbar<br />
und die Höhe der Rente eindeutig zu errechnen.<br />
hält das BAG zumindest Einbußen von bis zu 10 % für hinnehmbar.<br />
7. Sozialplangestaltung und Altersrentenbezug<br />
BAG vom 26. März 2013 – 1 AZR 813/11<br />
Die Betriebsparteien dürfen bei der Bemessung von<br />
Sozialplanleistungen berücksichtigen, dass Arbeitnehmer<br />
eine vorgezogene gesetzliche Altersrente<br />
beziehen können. Das verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen<br />
Gleichbehandlungsgrundsatz<br />
und das Verbot der Altersdiskriminierung<br />
im Recht der Europäischen Union.<br />
Der Kläger war vom 05.06.1974 bis zum 31.03.2011 bei der<br />
Beklagten beschäftigt. Sein letztes monatliches Bruttogehalt<br />
betrug EUR 5.633,69. Die Beklagte schloss den Betrieb, in<br />
dem der Kläger beschäftigt war. Für die betroffenen Mitarbeiter<br />
galt ein Sozialplan. Dieser sah einen Grundbetrag von<br />
EUR 2.500 und einen Steigerungsbetrag nach der Formel<br />
Lebensalter x Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsgehalt<br />
55<br />
Dies erkennt nunmehr wohl auch das BAG an, wie sich der<br />
Pressemitteilung des Gerichts entnehmen lässt. Die vollständigen<br />
Entscheidungsgründe stehen noch aus. Eine etwaig<br />
notwendige Korrektur der Rentenberechnung sei über die<br />
Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)<br />
vorzunehmen. Eine solche setze aber voraus, dass die Renteneinbußen<br />
für die Betroffenen so schwerwiegend sind, dass es<br />
ihnen nicht zuzumuten ist, am Wortlaut der Versorgungszusage<br />
festzuhalten.<br />
Mit dieser Entscheidung erfolgt ein begrüßenswerter Richtungswechsel.<br />
Für die weitere Praxis bleibt allerdings abzuwarten,<br />
wo das BAG die „Opfergrenze“ zieht, ab der eine<br />
Korrektur über § 313 BGB vorzunehmen ist. Für die Arbeitgeberseite<br />
hat das BAG in früheren Entscheidungen eine Opfergrenze<br />
von 50 % erwogen. Für betroffene Betriebsrentner<br />
dürfte es die Opfergrenze wohl niedriger ansetzen. In den am<br />
23.04.2013 gleichfalls entschiedenen fünf Parallelfällen, lag<br />
die Renteneinbuße jeweils zwischen 5 % und 10 %. Offenbar<br />
vor. Beschäftigte, die bei ihrem Ausscheiden das 58. Lebensjahr<br />
vollendet haben, erhielten nach dem Sozialplan allerdings<br />
nur eine Abfindung, die sich auf einen 85%igen Bruttolohnausgleich<br />
unter Anrechnung des Arbeitslosengeldes bis<br />
zum frühestmöglichen Eintritt in die gesetzliche Altersrente<br />
beschränkt. Infolgedessen erhielt der 62-jährige Kläger nur<br />
eine Abfindung i.H.v. EUR 4.974,62. Der Kläger sah in dem<br />
Systemwechsel für die Berechnung der Abfindung eine unzulässige<br />
Altersdiskriminierung. Er verlangte eine weitere<br />
Abfindung in Höhe von EUR 234.246,87 nach der Standardformel.<br />
Das ArbG wies die Klage ab. Das LAG sprach dem<br />
Kläger eine weitere Abfindung i. H. v. EUR 39.217,95 zu. Die<br />
Klage blieb vor dem 1. Senat erfolglos.<br />
Nach Ansicht des 1. Senats soll ein Sozialplan nur künftige<br />
Nachteile ausgleichen, die Arbeitnehmern durch eine<br />
Betriebsänderung entstehen. Dafür stehen den Betriebsparteien<br />
auch nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung.<br />
Die an das Lebensalter anknüpfende Berech-<br />
Seite 8
nung der Abfindung ist nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG und<br />
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG zulässig.<br />
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Der Entscheidung, die bisher nur in Form einer Pressemitteilung<br />
vorliegt, ist zuzustimmen. Der 1. Senat weist zutreffend<br />
auf die Überbrückungsfunktion der Sozialplanabfindung hin.<br />
Sozialpläne dienen nach § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG dem<br />
Ausgleich oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile<br />
für betroffene Arbeitnehmer. Deshalb sei es nicht zu beanstanden,<br />
wenn die Betriebsparteien bei rentennahen Arbeitnehmern<br />
nur deren bis zum vorzeitigen Renteneintritt (mit<br />
Abschlägen) entstehende wirtschaftliche Nachteile nach einer<br />
darauf bezogenen Berechnungsformel ausgleichen. Sie seien<br />
nicht gehalten, den rentennahen Arbeitnehmern mindestens<br />
die Hälfte einer nach der Standardformel berechneten Abfindung<br />
zu gewähren. Das gebe auch das Unionsrecht nicht<br />
vor. Es ist zulässig, Entschädigungen für typischerweise zu<br />
erwartende wirtschaftliche Nachteile zu pauschalieren. Die<br />
Betriebsparteien haben dabei nach § 75 Abs. 1 BetrVG einen<br />
weiten Ermessensspielraum.<br />
Diesem Ermessensspielraum entspricht es, wenn sich Sozialplanleistungen<br />
bei rentennahen Arbeitnehmern stärker an den<br />
tatsächlich eintretenden wirtschaftlichen Nachteilen orientieren.<br />
Diesen Umstand hatte die Vorinstanz verkannt. Nach<br />
Ansicht des LAG Düsseldorf (vom 16.09.2011 – 6 Sa 613/11)<br />
durften die Betriebsparteien zwar die Vollendung des 58. Lebensjahres<br />
als Stichtag nach dem Sozialplan wählen. Das Gericht<br />
hielt das Abstellen auf die Möglichkeit eines vorzeitigen<br />
Rentenbezugs mit Abschlägen dagegen für unzulässig. Dem<br />
folgt der 1. Senat zu Recht nicht. Die Vorinstanz zog zudem<br />
zu Unrecht das Urteil des EuGH vom 12.10.2010 (C-499/08<br />
„Andersen“) heran. Der EuGH bejaht dort für eine dänische<br />
gesetzliche Regelung einen Verstoß gegen Artt. 2 und 6 der<br />
Richtlinie 2000/78/EG. Die Entscheidung des EuGH hat aber<br />
für den hiesigen Fall keine Aussagekraft, weil die finanziellen<br />
Mittel für einen Sozialplan begrenzt sind. Das war bei der dänischen<br />
gesetzlichen Regelung gerade nicht der Fall.<br />
Arbeitgeber sollten dennoch genau darauf achten, wie sie<br />
Regelungen in Sozialplänen ausgestalten, die Sozialplanabfindungen<br />
für rentennahe Arbeitnehmer kürzen. Der 1. Senat<br />
entschied am selben Tag außerdem noch über die Klage einer<br />
Frau gegen ihren Arbeitgeber, der ihre Sozialabfindung mit<br />
der Begründung gekürzt hatte, dass sie mit 60 Jahren vorzeitig<br />
in Rente gehen könne. Sie fühlte sich hierdurch benachteiligt,<br />
weil Männer ihres Jahrganges eine höhere Abfindung<br />
erhielten. Die Vorinstanzen hatten die Klage auf Zahlung von<br />
EUR 117.660 abgewiesen. Beim BAG kam es zu einem Vergleich,<br />
nach dem die Klägerin weitere EUR 55.000 erhielt.<br />
Dies könnte dafür sprechen, dass an der Klage – im Unterschied<br />
zu dem hier geschilderten Verfahren – aus Sicht des<br />
1. Senats etwas „dran“ war.<br />
8. Sachgrund der Abordnungsvertretung:<br />
Nur „gedankliche Zuordnung“ reicht nicht<br />
BAG vom 16. Januar 2013 – 7 AZR 662/11<br />
Der Sachgrund der Vertretung greift, wenn ein befristet<br />
beschäftigter Arbeitnehmer für eine anderweitig<br />
eingesetzte Stammkraft beschäftigt oder die Verbindung<br />
durch eine Vertretungskette vermittelt wird. Es<br />
genügt nicht, wenn der befristet beschäftigte Arbeitnehmer<br />
der im Unternehmen anderweitig beschäftigten<br />
Stammkraft nur „gedanklich“ zugeordnet werden<br />
kann.<br />
Der Kläger war bei der Beklagten befristet vom 19.11.2008<br />
bis 31.01.2009, vom 01.02. bis 30.06.2009 und vom 01.07.<br />
bis zum 31.12.2009 als Assistent im regionalen IT-Service<br />
beschäftigt. Er war der Tätigkeitsebene VI des maßgeblichen<br />
Haustarifvertrages zugeordnet. Am 22.12.2009 schlossen die<br />
Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit<br />
vom 01.01.2010 bis 30.06.2010. Danach war der Kläger mit<br />
veränderten Aufgaben als Assistent tätig und der Tätigkeitsebene<br />
V zugeordnet. Der Kläger unterzeichnete hierzu einen<br />
Vermerk, in dem es u. a. hieß: „Befristungsgrund: § 14 I Nr. 3<br />
TzBfG (Vertretung des anderweitig beauftragten Stelleninhabers<br />
Herrn S.).“ Der Kläger war durchgängig am Standort B.<br />
tätig.<br />
Dem im Vermerk genannten S war ab 08.09.2009 „vorübergehend“<br />
eine Tätigkeit als IT-Techniker im regionalen IT-<br />
Service übertragen worden. Diese Tätigkeit war der Tätigkeitsebene<br />
IV zugeordnet. In seiner regulären Tätigkeit war<br />
S mit Arbeiten der Tätigkeitsebene V betraut. S war sowohl<br />
Seite 9
hinsichtlich seiner regulären Tätigkeit als auch für die Dauer<br />
der vorübergehenden Abordnung am Standort A. tätig. Seine<br />
„vorübergehende“ Zuweisung beruhte darauf, dass der an<br />
sich mit Aufgaben der Tätigkeitsebene IV beschäftigte „IT-<br />
Techniker“ ab dem 08.09.2009 mit Tätigkeiten der Tätigkeitsebene<br />
III „IT-Ingenieur“ anderweitig beauftragt wurde. Diese<br />
erfolgte bis zur Nachbesetzung der Stelle des Mitarbeiters B<br />
bzw. alternativ bis zu dessen Rückkehr. Der Mitarbeiter B<br />
wiederum wurde im Rahmen einer Personalentwicklungsmaßnahme<br />
ab dem 03.08.2009 von der Tätigkeitsebene III<br />
„IT-Ingenieur“ auf die Tätigkeitsebene II „IT-Ingenieur mit<br />
Leitungsaufgaben“ probeweise befördert.<br />
Die Stelle, die B vor seiner Beförderung innegehabt hatte,<br />
wurde vorzeitig mit dem Mitarbeiter K nachbesetzt. Aufgrund<br />
der Stellennachbesetzung ist die befristete höherwertige Tätigkeit<br />
von P zum 30.04.2010 und die von S zum 30.06.2010<br />
beendet. Seit diesem Zeitpunkt ist S wieder wie zuvor tätig.<br />
Der Kläger erhob am 25.06.2010 Befristungskontrollklage<br />
und hielt die letzte Befristung für unwirksam. Das ArbG gab<br />
der Klage statt, das LAG wies sie ab. Die Revision des Klägers<br />
hatte Erfolg. Der Sachgrund der Vertretung nach § 14<br />
Abs. 1 Nr. 3 TzBfG liege nicht vor.<br />
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Das BAG hat in dieser und in der Parallelentscheidung vom<br />
selben Tag (7 AZR 661/11) seine Rechtsprechung zur Vertretungsbefristung<br />
zuungunsten der Arbeitgeber verschärft. Beide<br />
Entscheidungen betrafen die Vertretungsbefristung wegen<br />
vorübergehender Abordnung einer Stammkraft innerhalb des<br />
Unternehmens. Der 7. Senat stellt zunächst klar, dass hierdurch<br />
grundsätzlich ein Vertretungsbedarf i.S.d. § 14 Abs. 1<br />
Satz 2 Nr. 3 TzBfG entstehen kann. Der Sachgrund der Vertretung<br />
gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt nicht nur<br />
dann vor, wenn der vertretene Arbeitnehmer vollständig an<br />
der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert ist (z. B. durch<br />
Krankheit oder Beurlaubung). Vielmehr besteht Vertretungsbedarf<br />
auch dann, wenn eine Stammkraft vorübergehend höherwertige<br />
Aufgaben wahrnimmt und der Arbeitgeber deren<br />
eigentliche Tätigkeit dem Vertreter zuweist. Der Sachgrund<br />
der Vertretung setzt aber einen Kausalzusammenhang zwischen<br />
dem Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des<br />
Vertreters voraus. Dieser liegt in Fällen der vorübergehenden<br />
Abordnung der Stammkraft innerhalb des Unternehmens nur<br />
dann vor, wenn der Vertreter entweder unmittelbar für die<br />
anderweitig eingesetzte Stammkraft beschäftigt wird oder<br />
die Verbindung zu dessen anderweitigem Einsatz durch eine<br />
tatsächliche Vertretungskette vermittelt wird. Dagegen reicht<br />
es nicht aus, wenn der Vertreter der abwesenden Stammkraft<br />
im Rahmen einer Vertretungskette nur „gedanklich“ zugeordnet<br />
werden kann. So lag der Fall hier. Es fehlte an der unmittelbaren<br />
Vertretung der Stammkraft S durch den Kläger und<br />
auch an einer mittelbaren Vertretungskette. Während S (regulär<br />
und während seiner Abordnung) am Standort A. tätig war,<br />
war der Kläger durchgängig am Standort B. tätig. Zudem begann<br />
der Kläger seine „Vertretungstätigkeiten“ für S erst mehr<br />
als 4 Monate später, nachdem die vorübergehende Abordnung<br />
des S begonnen hatte. Dass die Beklagte S auch mit den Tätigkeiten<br />
des Klägers hätte betrauen können, reicht nicht aus.<br />
Aus Arbeitgebersicht ist bei Vertretungsketten deshalb künftig<br />
Vorsicht geboten, wenn die vorübergehende Abwesenheit<br />
der Stammkraft aufgrund anderweitigen Einsatzes im Unternehmen<br />
ausgelöst wird.<br />
In seiner Parallelentscheidung vom selben Tag schränkt das<br />
BAG die Befristung wegen Abordnungsvertretung weiter<br />
ein. An die notwendige Rückkehrprognose in Bezug auf die<br />
Stammkraft seien strengere Maßstäbe anzulegen als bei der<br />
vollständigen Abwesenheit der Stammkraft, etwa wegen<br />
Krankheit, Urlaub oder Freistellung. Bei Vertretungsbefristung<br />
wegen Krankheit, Urlaub oder Freistellung entstehe<br />
der Vertretungsbedarf fremdbestimmt, weil die Abwesenheit<br />
der Stammkraft nicht in erster Linie auf der Entscheidung des<br />
Arbeitgebers beruhe. Bei Abordnung innerhalb des Unternehmens<br />
hänge die voraussichtliche Rückkehr der Stammkraft<br />
dagegen maßgeblich von Umständen und Entscheidungen ab,<br />
die in der Sphäre des Arbeitgebers liegen. Der Arbeitgeber<br />
darf sich deshalb nicht darauf beschränken, anzunehmen, die<br />
Stammkraft werde zurückkehren, wenn diese nichts Gegenteiliges<br />
erklärt habe. Stattdessen muss er alle Umstände des<br />
Einzelfalles würdigen (bspw. Erklärungen der Stammkraft zu<br />
ihren Rückkehrabsichten, seine eigenen Planungs- und Organisationsentscheidungen<br />
und ob die Abordnung dem Wunsch<br />
und Willen des Mitarbeiters entsprach).<br />
Stellt der Arbeitgeber für einen abgeordneten Mitarbeiter befristet<br />
einen Vertreter ein, so sollte er deshalb alle Umstände<br />
Seite 10
der Abordnung, die für die Rückkehr des Abgeordneten sprechen,<br />
dokumentieren, damit er in einem etwaigen Prozess die<br />
Rückkehrprognose darlegen kann.<br />
9. (Kein) Auskunftsanspruch eines abgelehnten<br />
Stellenbewerbers<br />
BAG vom 24. April 2013 – 8 AZR 287/08<br />
Ein abgelehnter Stellenbewerber hat gegen den Arbeitgeber<br />
keinen Anspruch auf Auskunft, ob dieser<br />
einen anderen Bewerber eingestellt hat. Verweigert<br />
der Arbeitgeber allerdings jeden Zugang zu Informationen,<br />
so kann dies ein Indiz für eine Diskriminierung<br />
sein und somit zu einer Beweislastumkehr führen.<br />
Die 1961 geborene, russische Klägerin hatte sich im Jahre<br />
2006 auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle eines/r<br />
Softwareentwicklers/-in erfolglos beworben. Die Beklagte<br />
teilte ihr nicht mit, ob sie einen anderen Bewerber eingestellt<br />
hatte und gegebenenfalls, welche Kriterien für die Entscheidung<br />
maßgeblich gewesen waren.<br />
Die Klägerin behauptet, sie habe die Voraussetzungen für die<br />
ausgeschriebene Stelle erfüllt und sei lediglich wegen ihres<br />
Geschlechts, ihres Alters und ihrer Herkunft nicht zu einem<br />
Vorstellungsgespräch eingeladen worden und damit unter<br />
Verstoß gegen das AGG diskriminiert worden. Zudem verlangte<br />
sie von der Beklagten eine angemessene Entschädigung<br />
in Geld. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die<br />
Klage blieb auch vor dem 8. Senat des BAG erfolglos. Der 8.<br />
Senat sah nach nationalem Recht keinen Auskunftsanspruch<br />
dahingehend, ob die Beklagte einen anderen Bewerber eingestellt<br />
hatte und gegebenenfalls aufgrund welcher Kriterien.<br />
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Die Entscheidung, die bisher nur in Form einer Pressemitteilung<br />
vorliegt, war u.E. zu erwarten. Das BAG legte der Entscheidung<br />
das Urteil des EuGH zugrunde, das auf seine Vorlage<br />
hin ergangen war (EuGH vom 19.04.2012 – C-415/10<br />
„Meister“, vgl. hierzu Anm. im <strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Newsletter<br />
2/2012). Darin hatte der EuGH entschieden, ein abgelehnter<br />
Bewerber habe den begehrten Auskunftsanspruch nicht aus<br />
Gemeinschaftsrecht. Allerdings könne die Verweigerung jeglicher<br />
Informationen ein Indiz für eine Diskriminierung sein<br />
und somit zu einer Beweislastumkehr führen.<br />
Richtig hieran ist, dass der europäische Gesetzgeber bewusst<br />
darauf verzichtet hat, einen entsprechenden Auskunftsanspruch<br />
zu normieren. Kritisch zu bewerten ist allerdings, dass<br />
der EuGH letztlich doch einen Auskunftsanspruch durch die<br />
Hintertür eingeführt hat, dem das BAG nun Folge leisten muss.<br />
Dadurch, dass die Weigerung des Arbeitgebers, Auskunft zu<br />
erteilen, unter bestimmten Umständen als Indiz für eine Diskriminierung<br />
mit der Folge von Ansprüchen nach § 15 Abs. 1,<br />
2 AGG in Betracht kommt, kann sich ein Arbeitgeber letztlich<br />
doch gedrängt sehen, die Auskunft zu erteilen.<br />
Beruhigend an der Entscheidung ist wenigstens, dass das<br />
BAG in dem Fall keine Indizien für eine Diskriminierung sah.<br />
Die Klägerin habe zwar auf ihr Geschlecht, ihr Alter und ihre<br />
Herkunft hingewiesen. Sie habe aber keine ausreichenden Indizien<br />
dargelegt, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1<br />
AGG genannten Grundes vermuten lassen und die nach § 22<br />
AGG zu einer Beweislast der Beklagten dafür führen würden,<br />
es habe kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz<br />
vor Benachteiligung vorgelegen. Zudem weist der 8. Senat<br />
darauf hin, dass allein die Verweigerung jeglicher Auskunft<br />
durch die Beklagte ebenso wenig die Vermutung einer unzulässigen<br />
Benachteiligung der Klägerin i. S. d. § 7 AGG begründete.<br />
Zwar stehen die vollständigen Entscheidungsgründe noch aus.<br />
Es dürfte aber nach wie vor offen bleiben, welche Indizien zur<br />
Auskunftsverweigerung für eine Diskriminierung hinzukommen<br />
müssen und wann es für den Arbeitgeber deshalb ratsam<br />
ist, zur Vermeidung von Diskriminierungsvorwürfen die begehrte<br />
Auskunft schlicht zu erteilen. Ein paar Punkte lassen<br />
sich Arbeitgebern aber an die Hand geben: (1) Bei Initiativbewerbungen<br />
kann es keine Auskunftspflicht geben. (2) Der Arbeitgeber<br />
muss nicht von sich aus ungefragt seine ablehnende<br />
Entscheidung begründen. (3) Die bloße Weigerung, Auskunft<br />
zu erteilen, genügt für sich genommen nicht als Indiz für eine<br />
Diskriminierung. (4) Der abgelehnte Bewerber kann nicht<br />
verlangen, dass an ihn persönliche Daten des erfolgreichen<br />
Bewerbers (Name, Zeugnisse oder Lebenslauf) herausgegeben<br />
werden. (5) Wird der Arbeitgeber nach Gründen für eine<br />
Ablehnung gefragt, so sollte er nicht vorgeladenen Bewerbern<br />
Seite 11
erklären, nach welchen Kriterien er die Auswahl getroffen hat.<br />
Bewerbern, die sich vorgestellt haben, sollte er erklären, warum<br />
er einen anderen Bewerber vorgezogen hat. Hierfür kann<br />
er selbstverständlich sein „Bauchgefühl“ anführen.<br />
10. Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl<br />
BAG vom 12. Juni 2013 – 7 ABR 77/11<br />
Die Wahl eines Betriebsrats ist anfechtbar, wenn die<br />
Zahl der in den Wahlurnen befindlichen Stimmen mit<br />
der Zahl der Stimmabgabevermerke in der Wählerliste<br />
nicht übereinstimmt und die Differenz so groß ist,<br />
dass sie das Wahlergebnis beeinflussen konnte. Der<br />
hieraus folgende Verstoß gegen die Wahlordnung<br />
kann nach Abschluss der Wahl nicht nachträglich geheilt<br />
werden.<br />
Die Parteien streiten über die Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl.<br />
Neun wahlberechtigte Arbeitnehmer der Antragsgegnerin,<br />
eines namhaften Automobilherstellers, hatten die<br />
Wahl angefochten. Sie begründeten dies u. a. damit, dass die<br />
Zahl der abgegebenen Wahlumschläge von der Zahl der in der<br />
elektronischen Wählerliste erfassten Stimmabgaben abwich.<br />
Es befanden sich 105 mehr Stimmzettel in den Wahlurnen als<br />
Stimmabgabevermerke in der elektronischen Wählerliste. Die<br />
Mitarbeiter konnten in verschiedenen Wahllokalen ihre Stimme<br />
abgeben. Zudem bestand die Möglichkeit der Briefwahl.<br />
Die Stimmabgabe wurde durch Einscannen des Barcodes des<br />
Werksausweises und entsprechendem Vermerk in der elektronischen<br />
Wählerliste vermerkt. Wahlvorstand, Arbeitgeber und<br />
Betriebsrat ließen nach Abschluss der Wahl einvernehmlich<br />
die Diskrepanz zwischen Zahl der Stimmzettel und Zahl der<br />
Stimmabgabevermerke in der Wählerliste technisch überprüfen.<br />
Die Auswertung der der elektronischen Wählerliste<br />
zugrunde liegenden Protokollierungsdateien ergab nach dem<br />
Vortrag von Arbeitgeber und Betriebsrat, dass in 75 Fällen der<br />
Werksausweis des betroffenen Mitarbeiters zwar eingescannt,<br />
seine Stimmabgabe in der Wählerliste aber nicht erfasst wurde.<br />
68 dieser Mitarbeiter erklärten nach einer Befragung durch<br />
den Wahlvorstand freiwillig, dass sie ihre Stimme abgegeben<br />
hatten. Nach dem Ergebnis der Wahl hatte erst die Anzahl von<br />
62 abgegebenen Doppelstimmen Auswirkungen auf das Ergebnis<br />
der Wahl.<br />
Das BAG hat die Wahl – anders als das LAG und wie das<br />
ArbG – für unwirksam erklärt. Die Wahl verstoße gegen § 12<br />
Abs. 3 WO. Danach wirft der Wähler bei der Wahl den Wahlumschlag,<br />
in den der Stimmzettel eingelegt ist, in die Wahlurne<br />
ein, nachdem die Stimmabgabe in der Wählerliste vermerkt<br />
worden ist. Der Verstoß gegen § 12 Abs. 3 WO könne auch<br />
nicht nachträglich geheilt werden. Der Versuch, die Differenz<br />
durch eine nachträgliche Auswertung der Protokollierungsdateien<br />
und durch Befragung der Arbeitnehmer zu erklären,<br />
sei nicht zulässig.<br />
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Der Beschluss des BAG liegt bisher nur in Form einer Pressemitteilung<br />
vor. Die vollständigen Entscheidungsgründe bleiben<br />
mit Spannung abzuwarten. Das BAG konkretisiert in dieser<br />
Entscheidung aber wohl seine bisherige Rechtsprechung<br />
zum Wahlanfechtungsverfahren, insbesondere zur Frage der<br />
Kausalität von Fehlern der Wahl für das Wahlergebnis.<br />
Das BAG hält zu Recht § 12 Abs. 3 WO nach Sinn und Zweck<br />
für eine wesentliche Vorschrift des Wahlverfahrens. Der in<br />
der Wählerliste anzubringende Stimmabgabevermerk verhindere,<br />
dass nicht zur Wahl berechtigte Personen eine Stimme<br />
abgeben oder Wahlberechtigte doppelt wählen. Die Stimmabgabe<br />
der Wähler könne nicht auf andere Weise als durch<br />
die Vermerke in der Wählerliste festgestellt oder bewiesen<br />
werden. Eine spätere Ergänzung oder Berichtigung der Stimmabgabevermerke<br />
sei nicht zulässig. Das BAG dürfte insofern<br />
maßgeblich darauf abstellen, dass § 19 Abs. 1 BetrVG<br />
die rechtzeitige Berichtigung eines Fehlers im Verlauf des<br />
Wahlverfahrens nur dergestalt zulässt, als danach die Wahl<br />
noch ordnungsgemäß ablaufen kann. Das war vorliegend nicht<br />
mehr möglich, weil der Verstoß gegen § 12 Abs. 3 WO erst<br />
nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl zutage trat.<br />
Im Weiteren dürfte das BAG darauf abheben, dass im Anfechtungsverfahren<br />
nicht eindeutig festgestellt werden konnte, dass<br />
der Verstoß das Wahlergebnis nicht kausal beeinflusst hat. Gemäß<br />
§ 19 Abs. 1 BetrVG ist die Wahl trotz eines wesentlichen<br />
Verstoßes gegen eine Wahlvorschrift nicht anfechtbar, wenn<br />
durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst<br />
werden konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei hypothetischer<br />
Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß<br />
zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Kann im<br />
Seite 12
Anfechtungsverfahren diese Feststellung nicht getroffen werden,<br />
so ist von einer Kausalität auszugehen. Hiervon ging das<br />
BAG aus. Seiner Ansicht nach sei durch die Auswertung der<br />
Protokollierungsdateien und die Befragung der Zeugen nicht<br />
der Nachweis geführt, dass weitere Wähler als diejenigen, deren<br />
Stimmabgabe in der Wählerliste vermerkt ist, bei der Wahl<br />
mitgewirkt haben. Die nachträgliche Auswertung der Protokollierungsdateien<br />
und die Befragung der Arbeitnehmer seien<br />
unzulässig. Insofern folgte das BAG wohl der Argumentation<br />
der Antragssteller. Diese hatten in den angestellten Recherchen<br />
zur Klärung der Stimmdifferenz einen Verstoß gegen<br />
das Wahlgeheimnis gesehen. Das hatte die Vorinstanz (LAG<br />
Niedersachen vom 12.06.2011 – 13 TaBV 16/11) noch anders<br />
entschieden. Sie hielt die Befragung für zulässig und die Ergebnisse<br />
der Auswertung für verwertbar. Das LAG war nach<br />
seiner Beweisaufnahme davon überzeugt, dass in 75 Fällen<br />
zwar der Werksausweis eingescannt, die Stimmabgabe aber<br />
nicht registriert wurde. Die verbleibende ungeklärte Differenz<br />
von weniger als 62 Stimmen konnte das Wahlergebnis nicht<br />
beeinflussen, weil erst 62 abgegebene Doppelstimmen das<br />
Wahlergebnis beeinflusst hätten.<br />
Die Entscheidung zeigt abermals, dass Arbeitgeber bei den<br />
anstehenden Betriebsratswahlen im Jahr 2014 darauf achten<br />
sollten, dass die wesentlichen Vorschriften über das Wahlrecht,<br />
die Wählbarkeit und das Wahlverfahren eingehalten<br />
werden. Sobald sie Fehler erkennen, sollten sie umgehend auf<br />
den Wahlvorstand einwirken, von etwaigen Heilungsmöglichkeiten<br />
noch während des Wahlverfahrens Gebrauch zu machen.<br />
So können unnötige Wahlanfechtungsverfahren vermieden<br />
werden.<br />
11. Tarifvertrag über ERA-Strukturkomponente kann<br />
auch nicht tarifgebundenen Arbeitgeber verpflichten<br />
BAG vom 12. Juni 2013 – 4 AZR 969/11<br />
Auch ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber kann aufgrund<br />
von arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln<br />
zur Zahlung weiterer, in Tarifverträgen der Metall- und<br />
Elektroindustrie vereinbarter „ERA-Strukturkomponenten“<br />
verpflichtet sein.<br />
Die Kläger sind bei der nicht tarifgebundenen Beklagten,<br />
einem Betrieb der baden-württembergischen Metallindustrie,<br />
beschäftigt. In ihren Arbeitsverträgen ist die Anwendung der<br />
„Tarifverträge für die Metallindustrie Baden-Württembergs“<br />
vereinbart. Die Beklagte zahlte den Klägern stets das jeweilige<br />
Entgelt nach den Tarifgruppen des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrags<br />
der Metallindustrie in Baden-Württemberg.<br />
Im Jahr 2003 vereinbarten die Tarifvertragsparteien der Metallund<br />
Elektroindustrie in Baden-Württemberg mit dem Entgeltrahmen-Tarifvertrag<br />
(ERA-TV) sowie den ihn begleitenden<br />
weiteren Tarifverträgen, dass in den Betrieben bis spätestens<br />
29.02.2008 ein neues Entgeltsystem einzuführen ist. Für den<br />
betrieblichen Einführungsprozess sehen die Tarifregelungen<br />
u. a. vor, zur Finanzierung der mit der Umstellung verbundenen<br />
Kosten einen Teil der vereinbarten Entgeltsteigerungen einem<br />
betrieblichen „ERA-Anpassungsfonds“ zuzuführen. Weiter<br />
ist in den später vereinbarten „Tarifverträgen über die ERA-<br />
Strukturkomponenten“ ein Anspruch der Beschäftigten auf<br />
Einmalzahlungen zu bestimmten Zeitpunkten vereinbart, wenn<br />
das „ERA-Entgeltsystem“ nicht bis zum 29.02.2008 eingeführt<br />
worden ist. Die Beklagte, die zunächst das neue Entgeltsystem<br />
einführen wollte und deshalb einen Anpassungsfonds gebildet<br />
hatte, gab diese Absicht im Jahr 2008 auf.<br />
Die Kläger verlangen Einmalzahlungen für den Zeitraum März<br />
2008 bis August 2010. Sie sind der Auffassung, die Beklagte<br />
sei auch als nicht tarifgebundenes Unternehmen aufgrund der<br />
arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln zur Einführung des<br />
ERA-Entgeltsystems bis zum 29.02.2008 verpflichtet gewesen.<br />
Weil sie dies nicht getan habe, bestehe ein Anspruch auf<br />
die Einmalzahlungen („Strukturkomponenten“). Die Beklagte<br />
hielt entgegen, sie sei rechtlich gehindert, das ERA-Entgeltsystem<br />
einzuführen. Dieses sei aufgrund der darin enthaltenen betrieblichen<br />
und betriebsverfassungsrechtlichen Normen nur betriebseinheitlich<br />
umsetzbar. Das ArbG hat den Zahlungsklagen<br />
stattgegeben, das LAG hat sie abgewiesen. Der 4. Senat hat den<br />
Revisionen der Kläger stattgegeben. Die Beklagte sei aufgrund<br />
der vertraglichen Bezugnahmeklauseln verpflichtet gewesen,<br />
jedenfalls die Inhaltsnormen des ERA-TV bis zum 29.02.2008<br />
in den jeweiligen Arbeitsverhältnissen umzusetzen. Der 4. Senat<br />
hat jeweils den Rechtsstreit an das LAG zurückverwiesen,<br />
weil nicht geklärt war, ob die Kläger die Ausschlussfristen für<br />
die geltend gemachten Ansprüche gewahrt haben.<br />
Seite 13
<strong>Gleiss</strong> <strong>Lutz</strong> Kommentar<br />
Die Entscheidung des BAG liegt bisher nur in Form einer<br />
Pressemitteilung vor, sodass die vollständigen Entscheidungsgründe<br />
noch mit Spannung abzuwarten sind. Der 4. Senat<br />
wich in seiner Entscheidung jedenfalls im Grundsatz von<br />
der Rechtsprechung des 5. Senats (vom 14.01.2009 – 5 AZR<br />
175/08 und vom 17.02.2010 – 5 AZR 191/09) für andere Tarifgebiete<br />
(Bayern sowie Berlin und Brandenburg) ab. Dabei<br />
dürfte sich der 4. Senat den tragenden Erwägungen des ArbG<br />
Karlsruhe (vgl. eine Parallelentscheidung vom 20.04.2011 – 4<br />
Ca 368/10) und dem Vortrag der Kläger anschließen.<br />
Die ERA-TV finden auf Grund der im Arbeitsvertrag enthaltenen<br />
Bezugnahmeklausel auf das zwischen den Parteien<br />
bestehende Arbeitsverhältnis Anwendung. Der Arbeitsvertrag<br />
enthalte keine eigenständige Regelung zur Vergütung, sondern<br />
nehme die Tarifverträge vollumfänglich in Bezug. Die<br />
Bezugnahmeklausel sei dynamisch und verweise deshalb auch<br />
auf das ERA-Tarifsystem, das die bisherigen Tarifverträge der<br />
Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden ablöse. Dies ergebe<br />
sich aus dem Wortlaut der Verweisungsklausel, der tatsächlichen<br />
Handhabung in der Vergangenheit und der Bildung<br />
eines ERA-Anpassungsfonds. Die Beklagte habe die Klausel<br />
zu einem Zeitpunkt weiter benutzt, als mit Veränderungen der<br />
Tarifverträge bereits zu rechnen war. Als sie sich gegen die<br />
Einführung von ERA entschied, habe sie nicht klargestellt,<br />
dass die Bezugnahmeklausel die ERA-TV nicht erfasse. Bei<br />
den ERA-Regelungen handele es sich um Inhaltsnormen. Ein<br />
Anspruch setze nicht voraus, dass die Beklagte zur Einführung<br />
von ERA verpflichtet sei. Die Kläger hätten deshalb Anspruch<br />
auf Auszahlung der ERA-Strukturkomponente.<br />
Das hatte die Vorinstanz (LAG Baden-Württemberg vom<br />
02.11.2011 – 13 Sa 50/11, nicht veröffentlicht) noch anders<br />
gesehen. Das LAG war ausweislich einer Parallelentscheidung<br />
vom selben Tag (13 Sa 41/11) der Ansicht, die ERA-<br />
Strukturkomponente sei nur zu zahlen, wenn der Arbeitgeber<br />
die ERA-TV nicht zu dem genannten Zeitpunkt im Betrieb<br />
einführe, obwohl er wegen seiner originären Tarifbindung<br />
hierzu verpflichtet sei. ERA könne nur betrieblich, nicht aber<br />
für einzelne Arbeitsverhältnisse eingeführt werden. Im Übrigen<br />
liege im streitgegenständlichen Zeitraum kein Fall der<br />
Tarifsukzession vor, weil das alte Tarifvertragssystem nach<br />
wie vor angewandt wurde. Die Vorinstanz schloss sich damit<br />
der Rechtsprechung des 5. Senats des BAG an. Dieser hatte<br />
für geringfügig anders formulierte Regelungen anderer Tarifgebiete<br />
und in etwas anders gelagerten Fallkonstellationen<br />
entschieden, nur solche Arbeitgeber schuldeten die ERA-<br />
Strukturkomponente, die zur betrieblichen Einführung von<br />
ERA kraft Tarifbindung verpflichtet seien.<br />
Die Entscheidung bringt für nicht tarifgebundene Arbeitgeber<br />
der Metallindustrie, insbesondere in Baden-Württemberg,<br />
deren Arbeitsverträge auf die Tarifverträge für die Metallindustrie<br />
verweisen, Nachzahlungsrisiken mit sich, sofern die<br />
Arbeitnehmer bei der Anspruchsgeltendmachung die tarifvertraglichen<br />
Ausschlussfristen gewahrt haben. Hiervon hängt<br />
auch der Ausgang der gegenständlichen Verfahren ab. Eine<br />
neue Klagewelle dürfte angesichts der kurzen tarifvertraglichen<br />
Ausschlussfrist indes nicht (mehr) drohen.<br />
ll. (Geplante) Gesetzesänderungen<br />
1. Bundestag beschließt Änderungen bei der<br />
Vorstandsvergütung<br />
Der Bundestag hat am 27.06.2013 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen<br />
gegen die Stimmen der Opposition Änderungen<br />
bei der Vorstandsvergütung beschlossen. Danach hat<br />
die Hauptversammlung von börsennotierten Gesellschaften<br />
künftig jährlich über die Billigung des vom Aufsichtsrat vorgelegten<br />
Systems zur Vergütung der Vorstandsmitglieder<br />
zu beschließen. Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat der<br />
Hauptversammlung Angaben zu den höchstens erreichbaren<br />
Gesamtbezügen zu machen, die nach Vorstandsmitglied<br />
aufgeschlüsselt werden müssen. Der Beschluss der Hauptversammlung<br />
berührt aber nicht die Wirksamkeit der Anstellungsverträge<br />
mit den Vorstandsmitgliedern. Das Gesetz muss<br />
noch den Bundesrat passieren, bevor es in Kraft treten kann.<br />
2. Bundesratsinitiative für mehr Schutz vor<br />
psychischen Arbeitsbelastungen<br />
Die Länder Hamburg, Brandenburg, Bremen und Nordrhein-<br />
Westfalen wollen Beschäftige besser vor psychischer Belastung<br />
am Arbeitsplatz schützen. Sie haben deshalb einen<br />
Verordnungsentwurf zum Arbeitsschutzgesetz erarbeitet und<br />
Seite 14
diesen am 09.05.2013 im Bundesrat eingebracht. Die Verordnung<br />
soll Betriebe dazu anhalten, ihre Arbeitsbedingungen systematisch<br />
zu prüfen und so zu gestalten, dass Gefährdungen<br />
infolge psychischer Belastung vermieden werden. Hierfür<br />
benennt die Verordnung konkrete Risikofaktoren und Gestaltungsgrundsätze,<br />
die der Arbeitgeber bei der Gestaltung der<br />
Arbeit im Betrieb zu berücksichtigen hat. Die Verordnung beschreibt<br />
die Maßnahmen möglichst genau, damit die Arbeitsschutzbehörden<br />
deren Einhaltung überprüfen können.<br />
3. Verordnung über die Arbeitszeit bei<br />
Offshore-Tätigkeiten<br />
Arbeit auf Offshore-Anlagen in Küstengewässern gewinnt<br />
zunehmend an Bedeutung, weil die Anzahl von Windparks<br />
stetig wächst. Das Bundeskabinett hat deshalb am 24.04.2013<br />
die Verordnung über die Arbeitszeit bei Offshore-Tätigkeiten<br />
beschlossen (Offshore-Arbeitszeitverordnung). Sie soll zum<br />
01.08.2013 in Kraft treten. Ziel der Verordnung ist es, für Arbeitnehmer/innen,<br />
die sog. Offshore-Tätigkeiten erbringen,<br />
Abweichungen von den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes<br />
zuzulassen. Die derzeitigen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes<br />
tragen den besonderen Bedingungen, unter denen<br />
Arbeitnehmer auf Offshore-Windanlagen, den Arbeitsplattformen<br />
und Errichterschiffen tätig sind, nicht hinreichend<br />
Rechnung. Die neue Verordnung ermöglicht es Arbeitgebern,<br />
die Arbeitszeiten offshore wesentlich flexibler zu gestalten<br />
(z. B. durch ein Zwölf-Stunden-Schicht-Modell und damit<br />
durch den Zwei-Schicht-Betrieb). Im Gegenzug sieht die Verordnung<br />
zahlreiche Regelungen vor, die Gesundheitsschutz<br />
und Sicherheit der Offshore-Beschäftigen sicherstellen sollen<br />
(bspw. verlängerte Pausenzeiten und Freistellungsphasen).<br />
zu Arbeitsausfällen führen kann, bei denen ein Anspruch auf<br />
Kurzarbeitergeld bestehen kann. Betriebe, in denen wegen<br />
Hochwassers nicht gearbeitet werden kann, können deshalb<br />
schnell und unkompliziert bei ihrer örtlichen Arbeitsagentur<br />
Kurzarbeitergeld beantragen. Das gilt auch für Produktionsbetriebe,<br />
die wegen Hochwassers von einem Zulieferbetrieb kein<br />
Material erhalten und deshalb nicht produzieren können und<br />
umgekehrt für Zulieferbetriebe, die ihr Material wegen Hochwassers<br />
nicht an Produktionsbetriebe abgeben können. Betroffene<br />
Mitarbeiter müssen nicht ihre Arbeitskonten ausgleichen<br />
oder Urlaub abbauen, bevor sie Kurzarbeitergeld erhalten.<br />
Darüber hinaus plant die Bundesregierung aktuell, betroffene<br />
Arbeitgeber zusätzlich für bis zu drei Monate Kurzarbeit von<br />
den Sozialversicherungsbeiträgen zu entlasten. Diese haben<br />
die Arbeitgeber für die kurzarbeitsbedingte Ausfallzeit an sich<br />
allein zu tragen. Eine förmliche Vereinbarung hierzu soll in<br />
Kürze in Kraft treten.<br />
2. Gallup Engagement Index 2012<br />
Die Studie des Gallup-Instituts, eines der weltweit führenden<br />
Markt- und Meinungsforschungsinstitute, über Engagement<br />
und Motivation der deutschen Arbeitnehmer im Jahr 2012<br />
vom 06.03.2013 soll beunruhigende Ergebnisse zu Tage fördern.<br />
Tenor der Studie ist, dass sich die Arbeitnehmer nur<br />
noch wenig an ihre Arbeitgeber gebunden fühlen. 24 % der<br />
befragten Arbeitnehmer hätten bereits ihre „innere Kündigung“<br />
ausgesprochen, 61 % erbrächten lediglich „Dienst nach<br />
Vorschrift“ und nur 15 % hätten eine hohe emotionale Bindung<br />
an ihren Arbeitgeber. Infolge der geringen emotionalen<br />
Bindung und den damit verbundenen Fehlzeiten entstehe der<br />
deutschen Wirtschaft ein Schaden in Milliardenhöhe.<br />
lll. Aktuelles<br />
3. Lohngleichheit von Männern und Frauen wird<br />
nicht gesetzlich durchgesetzt<br />
1. Kurzarbeitergeld für Betriebe mit<br />
Hochwasserschäden<br />
Unternehmen, die von Hochwasserschäden betroffen sind,<br />
können nach §§ 95 ff. SGB III Kurzarbeitergeld beantragen.<br />
Darauf weist die Bundesagentur für Arbeit in einer Presseinformation<br />
vom 07.06.2013 hin. Hochwasser und die daraus<br />
resultierenden Schäden sind ein unabwendbares Ereignis, das<br />
Das Entgeltgleichheitsgebot für Männer und Frauen wird<br />
vorerst nicht per Gesetz durchgesetzt. Ein entsprechender<br />
Gesetzesentwurf der SPD bekam nach Widerstand der Koalitionsparteien<br />
am 22.02.2013 keine Mehrheit im Bundestag.<br />
Durchgesetzt hat sich dagegen ein Antrag der Koalitionsparteien,<br />
der darauf setzt, die Verdienstunterschiede zwischen<br />
Frauen und Männern „unter Fortentwicklung und Fortschreibung<br />
der bestehenden Maßnahmen“ freiwillig zu beseitigen.<br />
Seite 15
4. Inhouse-Arbeitsrechtler gründen Bundesverband<br />
5. Drei neue Richter(innen) am BAG<br />
Ende April hat sich in Heidelberg der Bundesverband der Arbeitsrechtler<br />
im Unternehmen (BVAU) gegründet. Der BVAU<br />
will nach eigenen Angaben die unabhängige, bundesweit tätige,<br />
branchenübergreifende und personenbezogene Interessenvereinigung<br />
für Arbeitsrechtler in Unternehmen sein. Der<br />
Verband soll eine bestehende Lücke in der Verbändelandschaft<br />
schließen und der Arbeitsrechtspraxis gegenüber der<br />
Politik eine Stimme geben. Des Weiteren sucht er den Dialog<br />
und Austausch mit sozialpolitischen Verbänden und berufsständischen<br />
Vereinigungen.<br />
Der Bundespräsident hat zum 30. April 2013 Frau Dr. Martina<br />
Ahrendt aus Berlin, Herrn Markus Krumbiegel aus Bayern<br />
und Frau Margot Weber aus Baden-Württemberg zu<br />
Richter(innen) am Bundesarbeitsgericht ernannt.<br />
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