Vaccines
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JATROS <strong>Vaccines</strong> 2008<br />
Neue Adjuvantien in Impfstoffen<br />
zur Verbesserung der Immunantwort<br />
Ursula Wiedermann-Schmidt, Wien<br />
In den letzten Jahrzehnten wurde die Qualität der Impfstoffe<br />
in vielerlei Hinsicht verbessert, mit dem Ziel, sowohl die Immunogenität<br />
und Wirksamkeit von Impfstoffen wie auch deren<br />
Nebenwirkungspotenzial zu verbessern. Eine Optimierung von<br />
Impfstoffen kann durch verbesserte Herstellungsverfahren von<br />
Impfstoffantigenen und/oder durch die Zugabe von bestimmten<br />
Adjuvantien, die die Immunantwort verstärken können, erreicht<br />
werden. Hinsichtlich der Antigenproduktion ist es seit der<br />
Herstellung rekombinanter Impfstoffantigene gelungen, viel geringere<br />
Antigenmengen zu verwenden und unnötige Verunreinigungen<br />
aus der Produktion wie auch die Zugabe von weiteren<br />
Hilfsstoffen wie Konservierungsmittel, Antibiotika etc.<br />
zu minimieren. Auch durch die Verwendung von bestimmten<br />
Gewebekulturzellen (z.B. Verozellen, MDCK-Zellen etc.) lässt<br />
sich eine saubere und höchst effiziente Produktion bestimmter<br />
Impfstoffantigene garantieren.<br />
Adjuvantien, i.e. Hilfsstoffe zur Verbesserung der Immunantwort,<br />
sind schon seit geraumer Zeit in Impfstoffen in Verwendung.<br />
1929 zeigte der Biologe Gaston Ramon am Institut Pasteur,<br />
dass der Zusatz von Aluminiumsalzen zu Tetanus- und<br />
Diphtherieimpfstoffen die Antikörperantworten deutlich steigern<br />
kann. Seither werden Aluminiumhydroxid bzw. Aluminiumverbindungen<br />
in die meisten Totimpfstoffen und Immuntherapien<br />
gegen Allergien beigemengt. Da aber Aluminiumsalze<br />
eine eher Th2-lastige Immunantwort induzieren, die nicht für<br />
alle Antigene eine optimale Immunstimulation darstellt, und<br />
darüber hinaus gerne zu lokalen Nebenwirkungen wie Schmerzen,<br />
Schwellungen oder lokalen Granulomen führen können,<br />
hat man nach Alternativen gesucht.<br />
Die neue Generation von Adjuvantien sind entweder gleichzeitig<br />
Darreichungssysteme für Impfantigene oder stellen Immunmodulatoren<br />
dar, die besonders das natürliche Immunsystem<br />
anregen und die Antigenpräsentation verbessern können.<br />
Vier dieser neuen Adjuvantien, drei davon in zugelassenen Impfstoffen<br />
in Verwendung, sollen näher vorgestellt werden:<br />
Mithilfe der Virosomentechnologie hat man virusähnliche<br />
Partikel hergestellt, die aus Liposomen bestehen und deren<br />
Membranen Hüllproteine von Influenzaviren (Hämagglutinin<br />
und Neuraminidase) enthalten. Zusätzlich können an die<br />
Membranen auch andere Proteine oder Peptide gekoppelt<br />
werden. Diese Virosomen werden vom Immunsystem sehr<br />
effizient erkannt und führen zu einer hohen Immunogenität<br />
bei gleichzeitig guter Verträglichkeit des Impfstoffes, nicht<br />
zuletzt, weil keine anderen Hilfsstoffe (Konservierungs mittel<br />
etc.) beigemengt sind. Auf diesem Konzept basieren der -<br />
zeit ein Influenzaimpfstoff (Inflexal V®) und ein Hepatitis-A-<br />
Impfstoff (Epaxal®). Neue Impfstoffentwicklungen gegen Malaria,<br />
RSV oder Brustkrebs bedienen sich dieser Technologie.<br />
Ein anderes Adjuvans, MF59, besteht aus Squalen, einem<br />
Zwischenprodukt aus der Cholesterinsynthese, und den Emulgatoren<br />
Polysorbat und Sorbitan, an das die Influenzaantigene<br />
Hämagglutinin und Neuraminidase adsorbiert sind. Es konnte<br />
gezeigt werden, dass MF59 zu einer höheren Antikörpermenge<br />
bzw. längeren Antikörperpräsenz sowie einer verbesserten<br />
Boosterfähigkeit führt. Daher wird dieser Influenzaimpfstoff,<br />
i.e. Fluad®, besonders für ältere Personen bzw. Personen mit<br />
geschwächtem Immunsystem empfohlen.<br />
Die neueste Generation von Adjuvantien macht sich die Interaktion<br />
mit dem natürlichen Immunsystem zunutze. An der<br />
Oberfläche bzw. im Inneren von Antigen-präsentierenden<br />
Zellen (APZ) befinden sich bestimmte Erkennungsrezeptoren,<br />
so genannte Toll-like-Rezeptoren (TLR), für Strukturen oder<br />
DNA-Teile von Bakterien, Viren oder anderen Pathogenen.<br />
Durch Bindung dieser pathogenen Strukturen an die Zellen<br />
werden „Danger-Signale“ induziert, die verstärkte Immunreaktionen<br />
und Abwehrvorgänge zur Folge haben. Das Adjuvanssystem<br />
AS04 besteht aus detoxifiziertem Lipopolysaccharid von<br />
Salmonella minnesota (MPL= Monophospharyl-Lipid A), das<br />
an den TLR 4 von APZ bindet und so eine verstärkte T- und<br />
B-Zellantwort sowie eine verbesserte Boosterfähigkeit auslöst.<br />
Dieses Adjuvanssystem ist in einem neuen Impfstoff gegen<br />
Gebärmutterhalskrebs (Cervarix®) enthalten sowie in einem<br />
Hepatitis-B-Impfstoff, der besonders bei Dialysepatienten mit<br />
geschwächtem Immunsystem zum Einsatz kommt (Fendrix® –<br />
in Österreich allerdings derzeit nicht am Markt).<br />
Nach sehr ähnlichem Prinzip fungiert das Adjuvans IC31, das<br />
ein Oligonukleotid aus bakterieller DNA, gebunden an ein antimikrobielles<br />
Peptid, enthält. Dadurch werden APZ über Bindung<br />
an den intrazellulär gelegenen TLR 9 aktiviert, wodurch<br />
bestimmte Zytokine gebildet werden, die zu einer verstärkten<br />
zellulären und daraus resultierenden humoralen Immunantwort<br />
führen. Dieses Adjuvans ist noch in keinem zugelassenen Impfstoff<br />
enthalten, wird aber Bestandteil kommender Impfstoffe<br />
sein, bei denen vor allem die zelluläre Immunantwort einen<br />
wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Abwehr von Erregern,<br />
wie z.B. Influenza, Hepatitis C oder Tuberkulose, leistet.<br />
Mithilfe dieser neuen Technologien wird es möglich sein,<br />
künftig Impfstoffe zu entwickeln, die nicht nur im klassischen<br />
Sinne gegen bestimmte Infektionskrankheiten gerichtet sind,<br />
sondern auch gegen schwierige und komplexe Erkrankungen,<br />
wie Malaria, chronische Erkrankungen (CMV, HSV, EBV),<br />
Allergien oder Krebserkrankungen.<br />
Univ.-Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt<br />
Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin<br />
der Medizinischen Universität Wien<br />
Kinderspitalgasse 15, 1090 Wien<br />
E-Mail: ursula.wiedermann@meduniwien.ac.at<br />
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