IN DEN STRASSENKAMPF - Guerilla-Marketing-Portal
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20<br />
AGENDA<br />
presse sprecher 02/ 07<br />
<strong>IN</strong> <strong>DEN</strong> <strong>STRASSENKAMPF</strong><br />
WEIL IHRE KUN<strong>DEN</strong> TV-SPOTS NICHT MEHR SEHEN WOLLEN UND ANZEIGEN E<strong>IN</strong>FACH ÜBERBLÄTTERN, GREIFEN<br />
UNTERNEHMEN IMMER HÄUFIGER ZU NEUEN, SPEKTAKULÄREN WERBEMASSNAHMEN. DAMIT SIE ABER AUCH<br />
BEIM KUN<strong>DEN</strong> ANKOMMEN, IST GESCHICKTE PR GEFRAGT.<br />
Da steht ein Auto in Trümmern.<br />
Vor einem Schaufenster geparkt,<br />
irgendwo in einer Großstadt dieser<br />
Welt. Passanten bleiben stehen,<br />
gehen um die schwarze Limousine,<br />
die nun nicht viel mehr ist als ein<br />
Haufen Blech. Sicher holt auch<br />
jemand seine Kamera hervor, das<br />
Motiv ist spektakulär: Padauz,<br />
wie vom Himmel gefallen hat ein<br />
gigantischer Fußball das Auto<br />
zerquetscht. Doch nicht nur Hobby-Fotografen<br />
halten den bizarren<br />
Zusammenstoß fest. Blogger<br />
schicken das Bild durchs Netz, es<br />
erscheint in Zeitschriften auf der<br />
ganzen Welt – ohne dass Nike,<br />
das Unternehmen, das hinter der<br />
Inszenierung steckt, auch nur für<br />
einen Cent teure Anzeigenseiten<br />
AGENDA<br />
TEXT<br />
WENDEL<strong>IN</strong> HÜBNER<br />
wh@pressesprecher.com<br />
gekauft hätte. „Von dieser unglaublich<br />
großen internationalen<br />
Aufmerksamkeit waren selbst wir<br />
überrascht“, sagt Olaf Markhoff,<br />
Head of Corporate Communications<br />
Nike International.<br />
JAGD NACH AUFMERKSAMKEIT<br />
Wo Magazinleser noch so kreative<br />
Anzeigenseiten immer häufiger<br />
unbeachtet überblättern, wo<br />
Fernsehzuschauer bei Beginn des<br />
Werbeblocks entweder in einen<br />
Dämmerzustand verfallen oder<br />
sich einfach nur ärgern, da zündet<br />
das, was <strong>Marketing</strong>profis mit<br />
dem fast heilsbringerisch aufgeladenen<br />
Begriff <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong><br />
versehen: originelle und unkonventionelle<br />
Werbemaßnahmen, die<br />
trotz geringer Mittel einen großen<br />
Knalleffekt verursachen.<br />
Auf der Jagd nach Aufmerksamkeit<br />
nützt jedoch auch die<br />
pfiffigste Idee nicht viel, wenn<br />
niemand von ihr erfährt. Flankierende<br />
Presseberichte sind daher<br />
für erfolgreiches <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong><br />
wichtig. PR-Arbeit ist gefragt.<br />
„<strong>Guerilla</strong>-Aktionen bekommen ein<br />
ganz anderes Niveau, wenn sie von<br />
den Massenmedien aufgegriffen<br />
werden“, sagt David Eicher, Geschäftsführer<br />
der Münchner Werbeagentur<br />
Webguerillas. Die Kunst<br />
bestehe darin, Journalisten eine<br />
Aktion schmackhaft zu machen.<br />
Ohne dass die sich plump vor den<br />
PR-Karren gespannt fühlten. Wie<br />
das Beispiel mit dem Nike-Riesen-<br />
Foto: webguerillas GmbH
presse sprecher 02/07<br />
AGENDA<br />
21<br />
fußball zeigt, lockt man die Presse<br />
am ehesten mit einem spektakulären<br />
Motiv. Die PR-Abteilung gibt<br />
den Agenturfotografen einen Tipp,<br />
und die freuen sich über exklusives<br />
Bildmaterial. „Die Grenzen<br />
zwischen <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> und<br />
<strong>Guerilla</strong>-PR sind fließend, ohne<br />
gezielte PR-Maßnahmen gelingt<br />
keine wirkungsvolle <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong>-Aktion“,<br />
sagt Markhoff.<br />
In Hamburg verteilten Pilsner<br />
Urquell und die Agentur Oyster<br />
Bay eines Sommers 12.500 Handtücher<br />
in den Parks der Stadt. Am<br />
Morgen lud die Agentur Journalisten<br />
zu einem Hubschrauberflug<br />
über die Stadt – die Wiesen<br />
voller Handtücher ergaben aus<br />
der Luft ein tolles Bild, die Zeitungen<br />
druckten sie gerne. Und<br />
die Parkgänger freuten sich an<br />
einem heißen Tag über die praktischen<br />
Handtücher. Nach Aussage<br />
von <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong>-Experte<br />
Thomas Patalas kommt es auch<br />
durchaus schon mal vor, dass<br />
Kommunikations-Agenturen gemeinsam<br />
mit der Presse solche<br />
Feldzüge ausbaldowern. Patalas<br />
hofft, dass der Begriff <strong>Guerilla</strong>-PR<br />
bald verschwindet: „Er könnte so<br />
interpretiert werden, dass gewitzte<br />
Unternehmen die Medien zu manipulieren<br />
versuchen.“<br />
REVOLUTIONSCHIC<br />
Größere Unternehmen beanspruchen<br />
die Hoheit in der Pressearbeit<br />
meist für sich. Der Nachteil dabei:<br />
Ihre Kommunikationsabteilungen<br />
haben zwar große Presseverteiler,<br />
die Umsetzung erfolgt jedoch<br />
nach „Schema F“, nach konventionellen<br />
Methoden. „Die PR-Leute<br />
von Unternehmen sind oft nicht so<br />
flexibel, wie es für <strong>Guerilla</strong>-Aktionen<br />
nötig wäre“, sagt Eicher. PR-<br />
Experten der <strong>Guerilla</strong>-Agenturen<br />
sollten nach seinem Dafürhalten<br />
die PR-Arbeit übernehmen, die<br />
Kommunikationsmanager der<br />
Unternehmen nur für den Duktus<br />
verantwortlich sein. Hierin<br />
liegt für Eicher allerdings häufig<br />
ein Problem: „Die Unternehmens-<br />
PR will das Heft oft nicht aus der<br />
Hand geben.“<br />
Erfolgreiches <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong><br />
sollte vor allem aber auch in<br />
den Gesamtkontext eines Unternehmens<br />
passen. Dass heißt, der<br />
Unternehmenskultur, dem Produkt<br />
und der Zielgruppe gerecht werden.<br />
„Es hört sich für Agenturen immer<br />
gut an zu sagen: Wir machen jetzt<br />
was mit <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong>“, sagt<br />
Thorsten Schulte, Geschäftsführer<br />
des <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong>-<strong>Portal</strong>s<br />
und Mit-Initiator des <strong>Guerilla</strong>-<br />
<strong>Marketing</strong>-Kongresses. Was dann<br />
aber tatsächlich dahinter stecke,<br />
wüssten ihre Kunden, die Unternehmen,<br />
oft gar nicht so genau.<br />
Oder manch ein <strong>Marketing</strong>leiter<br />
sieht eine Aktion bei der Konkurrenz<br />
und sagt sich dann: Das will<br />
ich auch machen!<br />
Dabei wird schnell übersehen,<br />
dass das Wesen von <strong>Guerilla</strong>-Aktionen<br />
in ihrer Einmaligkeit<br />
besteht. „Jede Kampagne, die<br />
„DIE GRENZEN ZWISCHEN<br />
GUERILLA-MARKET<strong>IN</strong>G UND<br />
GUERILLA-PR S<strong>IN</strong>D FLIESSEND.”<br />
OLAF MARKHOFF<br />
einmal verwirklicht ist, gehört<br />
auf die Insel der verbrauchten<br />
Ideen verbannt“, sagt Schulte.<br />
Auch was Witz angeht ändern<br />
sich schließlich die Moden, und<br />
<strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> sollte sich<br />
entsprechend anpassen. Eine Prise<br />
Sex geht jedoch immer.<br />
BLOSS NICHT NERVEN<br />
Weil ihnen der Begriff zu martialisch<br />
anmutet, haben manche<br />
Unternehmen noch eine gewisse<br />
Scheu oder gar Angst vor <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong>.<br />
In der Tat hat diese<br />
Werbestrategie ihren Ursprung auf<br />
dem Schlachtfeld: <strong>Guerilla</strong> meint<br />
eigentlich militärische Kampftaktiken,<br />
überraschende Attacken aus<br />
dem Hinterhalt. Im Krieg sind es<br />
kleine, schlecht bewaffnete Gruppen,<br />
die mittels dieser Winkelzüge<br />
ihrem Gegner vor allem psychisch<br />
zusetzen. Die Hunnen wehrten<br />
sich mit <strong>Guerilla</strong> gegen Rom, die<br />
Wikinger überrannten Frankreich<br />
und seit Ché Guevara, Castro und<br />
Kuba haftet <strong>Guerilla</strong> eine Note<br />
von sexy Rebellentum und Revolutionschic<br />
an.<br />
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22 AGENDA presse sprecher 02/07<br />
„Unternehmen sollten sich die<br />
Zeit nehmen, das Thema <strong>Guerilla</strong>-<br />
<strong>Marketing</strong> zu verstehen und auch<br />
darüber nachzudenken, ob es als<br />
Werbeform überhaupt zum Unternehmen<br />
und seiner Kommunikationsstrategie<br />
passt“, sagt Schulte.<br />
Den Unternehmern, die in seine<br />
Beratungsfirma kommen, rät Patalas:<br />
„Versetzen Sie sich in die Sicht<br />
des Kunden.“ Die Fähigkeit zur<br />
Selbstreflexion sei wichtig, um zu<br />
wissen was für eine Aktion sinnvoll<br />
ist. <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> dürfe nicht<br />
mit spektakulären Inszenierungen,<br />
auf Kosten des Publikums und der<br />
Marke, gleichzusetzen sein.<br />
GESCHENKVERPACKUNG<br />
Als Negativ-Beispiel gilt den <strong>Guerilla</strong>-Experten<br />
etwa der so genannte<br />
Vodafone-Flitzer: Während eines<br />
Spiels der australischen Fußball-<br />
Liga lief ein mit dem Vodafone-<br />
Logo bemalter Mann über den<br />
Platz – vollkommen unbekleidet.<br />
Zwar sorgte der Nackedei für<br />
allerlei Aufsehen, doch empfanden<br />
die Zuschauer die Aktion vor<br />
allem als aufdringlich und störend<br />
– Adjektive, die mancher zwar mit<br />
Handys assoziiert, die aber wohl<br />
kaum Teil der Vodafone-Botschaft<br />
„GUERILLA IST E<strong>IN</strong><br />
ORGANISMUS, DER IMMER<br />
<strong>IN</strong> BEWEGUNG IST.”<br />
THORSTEN SCHULTE<br />
sein sollten. „Der Kunde sollte<br />
von <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> weder<br />
genervt, noch abgeschreckt sein“,<br />
sagt Patalas. „Aktionen dürfen<br />
nicht allein auf Aufmerksamkeit<br />
ausgerichtet sein.“ Um der bloßen<br />
Effekthascherei willen, seien daher<br />
auch keine Spielchen mit Tabubrüchen<br />
zu riskieren. Aktionen wie<br />
die eines Lebensversicherers, der<br />
einst in der Frankfurter Innenstadt<br />
schwarze Katzen aussetzte, würden<br />
vom Adressaten schnell als<br />
anstößig empfunden.<br />
Viel wichtiger sei eine Interaktion<br />
mit der Zielgruppe: „<strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong><br />
sollte beim Kunden<br />
Emotionen auslösen, er muss ins<br />
Staunen geraten“, sagt Schulte.<br />
<strong>Guerilla</strong>-Aktionen der Agentur Webguerillas: Für Puma während der Fußball-WM, für Lee ein ferngesteuerter, Jeans werfender Zeppelin,<br />
der Lycos-“Hundeskanzler” vor den Villen von Edmund Stoiber und Gerhard Schröder zur Bundestagswahl 2002.<br />
Eicher spricht von „Entertainment<br />
für den Kunden“. Gelingt eine direkte<br />
Ansprache und liefert man<br />
seiner Zielgruppe einen echten<br />
Nutzwert, hat die Aktion große<br />
Erfolgsaussichten. „<strong>Guerilla</strong>-Aktionen<br />
sind eine Geschenkverpackung,<br />
der Rezipient soll sich<br />
freuen, wenn er sie öffnet“, sagt<br />
Eicher. Die Fluggesellschaft HLX<br />
etwa stülpte an einem regennassen<br />
Tag den Fahrradsatteln am Bahnhof<br />
Schutzhüllen über, darauf die<br />
Sätze: „Zu nass hier? Für 19,99<br />
Euro in die Sonne fliegen“. Die<br />
Radfahrer freuten sich, mit trockenem<br />
Hosenboden nach Hause<br />
zukommen und erzählten dort<br />
vielleicht – hast du nicht gesehen<br />
– von HLX und der Aktion. Gutes<br />
<strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> sorgt für<br />
Gesprächsstoff und bleibt dem<br />
Empfänger lange im Gedächtnis.<br />
Welche Zeitungsanzeige, welcher<br />
Spot kann den schon erzeugen?<br />
HIP DANK GUERILLA<br />
Während der Fußball-WM initiierten<br />
die Webguerillas eine Aktion für<br />
Mini. Fans, die die Suche nach einem<br />
Hotelzimmer verschusselt hatten,<br />
durften sich in den WM-Städten in<br />
extra-lauschig ausstaffierten Minis<br />
betten. Das lieferte der Presse eine<br />
viel beachtete Story, sechs TV-Sender<br />
schickten ihre Kameras, auch<br />
Printmedien berichteten. Überhaupt<br />
liefert der Kleinwagen eine Erfolgsgeschichte<br />
in Sachen <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong>:<br />
80 Prozent der Werbemaßnahmen<br />
für das Auto sind in alternativer<br />
Ansprache gehalten, dafür<br />
gilt die Marke allgemein als cool<br />
und jung. Fast zeitgleich mit dem<br />
Mini war dagegen einst der VW<br />
Beetle auf den Markt gekommen,<br />
ein Auto mit ähnlichem Kultpotenzial.<br />
Allerdings setzte Volkswagen<br />
nach Markteinführung vor allem<br />
auf klassische Werbeformen – an<br />
die Hippness des Mini reichte der<br />
Beetle wohl auch aus diesem Grund<br />
nie heran.<br />
Patalas prognostiziert, dass<br />
<strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> eines Tages neben<br />
den klassischen Werbeformen<br />
„fester Bestandteil im <strong>Marketing</strong>-<br />
Kanon“ sein werde. „Falls <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong><br />
irgendwann einmal<br />
ein Massenmedium ist, könnte es<br />
langweilig werden“, sagt Schulte.<br />
Allerdings glaubt er, dass der Kreativität<br />
im <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> so<br />
schnell keine Grenzen gesetzt sind:<br />
„Das Ende der Fahnenstange ist<br />
noch nicht erreicht. <strong>Guerilla</strong> ist ein<br />
Organismus, der immer in Bewegung<br />
ist.“<br />
Fotos: webguerillas GmbH
22 AGENDA presse sprecher 02/07<br />
„Unternehmen sollten sich die<br />
Zeit nehmen, das Thema <strong>Guerilla</strong>-<br />
<strong>Marketing</strong> zu verstehen und auch<br />
darüber nachzudenken, ob es als<br />
Werbeform überhaupt zum Unternehmen<br />
und seiner Kommunikationsstrategie<br />
passt“, sagt Schulte.<br />
Den Unternehmern, die in seine<br />
Beratungsfirma kommen, rät Patalas:<br />
„Versetzen Sie sich in die Sicht<br />
des Kunden.“ Die Fähigkeit zur<br />
Selbstreflexion sei wichtig, um zu<br />
wissen was für eine Aktion sinnvoll<br />
ist. <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> dürfe nicht<br />
mit spektakulären Inszenierungen,<br />
auf Kosten des Publikums und der<br />
Marke, gleichzusetzen sein.<br />
GESCHENKVERPACKUNG<br />
Als Negativ-Beispiel gilt den <strong>Guerilla</strong>-Experten<br />
etwa der so genannte<br />
Vodafone-Flitzer: Während eines<br />
Spiels der australischen Fußball-<br />
Liga lief ein mit dem Vodafone-<br />
Logo bemalter Mann über den<br />
Platz – vollkommen unbekleidet.<br />
Zwar sorgte der Nackedei für<br />
allerlei Aufsehen, doch empfanden<br />
die Zuschauer die Aktion vor<br />
allem als aufdringlich und störend<br />
– Adjektive, die mancher zwar mit<br />
Handys assoziiert, die aber wohl<br />
kaum Teil der Vodafone-Botschaft<br />
„GUERILLA IST E<strong>IN</strong><br />
ORGANISMUS, DER IMMER<br />
<strong>IN</strong> BEWEGUNG IST.”<br />
THORSTEN SCHULTE<br />
sein sollten. „Der Kunde sollte<br />
von <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> weder<br />
genervt, noch abgeschreckt sein“,<br />
sagt Patalas. „Aktionen dürfen<br />
nicht allein auf Aufmerksamkeit<br />
ausgerichtet sein.“ Um der bloßen<br />
Effekthascherei willen, seien daher<br />
auch keine Spielchen mit Tabubrüchen<br />
zu riskieren. Aktionen wie<br />
die eines Lebensversicherers, der<br />
einst in der Frankfurter Innenstadt<br />
schwarze Katzen aussetzte, würden<br />
vom Adressaten schnell als<br />
anstößig empfunden.<br />
Viel wichtiger sei eine Interaktion<br />
mit der Zielgruppe: „<strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong><br />
sollte beim Kunden<br />
Emotionen auslösen, er muss ins<br />
Staunen geraten“, sagt Schulte.<br />
<strong>Guerilla</strong>-Aktionen der Agentur Webguerillas: Für Puma während der Fußball-WM, für Lee ein ferngesteuerter, Jeans werfender Zeppelin,<br />
der Lycos-“Hundeskanzler” vor den Villen von Edmund Stoiber und Gerhard Schröder zur Bundestagswahl 2002.<br />
Eicher spricht von „Entertainment<br />
für den Kunden“. Gelingt eine direkte<br />
Ansprache und liefert man<br />
seiner Zielgruppe einen echten<br />
Nutzwert, hat die Aktion große<br />
Erfolgsaussichten. „<strong>Guerilla</strong>-Aktionen<br />
sind eine Geschenkverpackung,<br />
der Rezipient soll sich<br />
freuen, wenn er sie öffnet“, sagt<br />
Eicher. Die Fluggesellschaft HLX<br />
etwa stülpte an einem regennassen<br />
Tag den Fahrradsatteln am Bahnhof<br />
Schutzhüllen über, darauf die<br />
Sätze: „Zu nass hier? Für 19,99<br />
Euro in die Sonne fliegen“. Die<br />
Radfahrer freuten sich, mit trockenem<br />
Hosenboden nach Hause<br />
zukommen und erzählten dort<br />
vielleicht – hast du nicht gesehen<br />
– von HLX und der Aktion. Gutes<br />
<strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> sorgt für<br />
Gesprächsstoff und bleibt dem<br />
Empfänger lange im Gedächtnis.<br />
Welche Zeitungsanzeige, welcher<br />
Spot kann den schon erzeugen?<br />
HIP DANK GUERILLA<br />
Während der Fußball-WM initiierten<br />
die Webguerillas eine Aktion für<br />
Mini. Fans, die die Suche nach einem<br />
Hotelzimmer verschusselt hatten,<br />
durften sich in den WM-Städten in<br />
extra-lauschig ausstaffierten Minis<br />
betten. Das lieferte der Presse eine<br />
viel beachtete Story, sechs TV-Sender<br />
schickten ihre Kameras, auch<br />
Printmedien berichteten. Überhaupt<br />
liefert der Kleinwagen eine Erfolgsgeschichte<br />
in Sachen <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong>:<br />
80 Prozent der Werbemaßnahmen<br />
für das Auto sind in alternativer<br />
Ansprache gehalten, dafür<br />
gilt die Marke allgemein als cool<br />
und jung. Fast zeitgleich mit dem<br />
Mini war dagegen einst der VW<br />
Beetle auf den Markt gekommen,<br />
ein Auto mit ähnlichem Kultpotenzial.<br />
Allerdings setzte Volkswagen<br />
nach Markteinführung vor allem<br />
auf klassische Werbeformen – an<br />
die Hippness des Mini reichte der<br />
Beetle wohl auch aus diesem Grund<br />
nie heran.<br />
Patalas prognostiziert, dass<br />
<strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> eines Tages neben<br />
den klassischen Werbeformen<br />
„fester Bestandteil im <strong>Marketing</strong>-<br />
Kanon“ sein werde. „Falls <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong><br />
irgendwann einmal<br />
ein Massenmedium ist, könnte es<br />
langweilig werden“, sagt Schulte.<br />
Allerdings glaubt er, dass der Kreativität<br />
im <strong>Guerilla</strong>-<strong>Marketing</strong> so<br />
schnell keine Grenzen gesetzt sind:<br />
„Das Ende der Fahnenstange ist<br />
noch nicht erreicht. <strong>Guerilla</strong> ist ein<br />
Organismus, der immer in Bewegung<br />
ist.“<br />
Fotos: webguerillas GmbH