Die Aufzeichnung von - HANSER automotive
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60lA UTOMOTIVE 3-4.2006l MESSEN UND TESTEN<br />
© 2006 Carl Hanser Verlag, München www.hanser-<strong>automotive</strong>.de Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern<br />
MOBILE DATENAUFZEICHNUNG<br />
UND DIAGNOSE<br />
<strong>Die</strong> <strong>Aufzeichnung</strong> <strong>von</strong><br />
Daten im Fahrversuch<br />
Der Analyse <strong>von</strong> Auffälligkeiten elektronischer Komponenten im Kfz basieren<br />
auf Daten, die <strong>von</strong> Datenrekordern über die bestehenden Schnittstellen<br />
der Kfz-Elektronik aufgezeichnet werden. Dabei wird meist zwischen<br />
zwei verschiedenen Arten <strong>von</strong> Datenloggern unterschieden: Geräte für<br />
den spezifischen lokalen Einsatz, wobei ganz klassische Daten aufgezeichnet<br />
werden und mobile Notebooks für jüngere Bussysteme wie CAN, LIN,<br />
K-Line etc. Doch wäre es nicht sinnvoll, einen Datenlogger für beide Einsatzgebiete<br />
anwenden zu können? Wie sieht es im Speziellen mit der<br />
Datenaufzeichnung im Fahrversuch aus?<br />
Aufgrund der zusehends steigenden Vielfalt der<br />
Fahrzeugvarianten und immer kürzeren Entwicklungszeiten<br />
entstehen ständig neue Aufgaben<br />
und Einsatzzwecke für die heutige Prüftechnik.<br />
Herkömmliche lokal eingesetzte Messgeräte und Stimulisysteme<br />
wie Oszilloskope, Logikanalysatoren und<br />
Funktionsgeneratoren werden diesen Anforderungen<br />
nur bedingt gerecht. Hier ist der Einsatz <strong>von</strong> innovativer<br />
Prüftechnik notwendig, welche sowohl direkte Messungen<br />
an den Sensoren als auch die Überwachung der<br />
<strong>von</strong> den Steuergeräten über die Feldbusse versendeten<br />
Daten ermöglicht. <strong>Die</strong> Simulation fehlender ‚Teilnehmer’<br />
in den Netzwerken – als Restbussimulation<br />
bezeichnet – ist eine der wichtigen Aufgaben für den<br />
Test <strong>von</strong> Teilsystemen. Da die Daten auf den Feldbussen<br />
durch Protokolle übertragen werden, muss Messtechnik<br />
mit Eigenintelligenz zum Codieren und Decodieren<br />
der Nachrichten verwendet werden. Insbesondere<br />
bei großem Datenaufkommen <strong>von</strong> vielen verschiedenen<br />
Sensoren und Aktoren müssen alle Daten<br />
zeitsynchron erfasst und für die spätere Offline-Analyse<br />
aufgezeichnet werden. <strong>Die</strong>ser Zustand erfordert ein<br />
kompaktes intelligentes Testsystem, welches speziell<br />
für den Einsatz im Fahrversuch geeignet ist.<br />
Dabei möchten Prüfingenieure aber nicht nur wissen, ob<br />
Kfz-elektronische Komponenten einwandfrei funktionieren,<br />
sondern welche eventuellen Fehler an welcher Stelle<br />
des realen Einsatzes auftreten. Dabei steht die Thematik<br />
des Fahrversuchs an vorderster Stelle. <strong>Die</strong> Tests in diesem<br />
Teil der Fahrzeugentwicklung nehmen einen hohen Stellenwert<br />
ein, denn sie geben beispielsweise Aufschluss darüber,<br />
warum Fahrzeuge nach der Montage ausfallen und<br />
warum elektronische Komponenten nicht einwandfrei<br />
funktionieren.<br />
Der Fahrversuch – was genau ist das?<br />
Zwischen der Entwicklung eines Fahrzeuges und dessen<br />
Markteinführung steht der Prototyp, dessen Einsatzfähigkeit<br />
beim Fahrversuch getestet wird. Dabei wird dieser Fahrversuch<br />
in verschiedene Kategorien oder Phasen unterteilt:
MESSEN UND TESTENl AUTOMOTIVE<br />
3-4.2006l61<br />
© 2006 Carl Hanser Verlag, München www.hanser-<strong>automotive</strong>.de Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern<br />
Frühe Phase<br />
Es handelt sich hierbei um die Funktionsüberprüfung unter<br />
realen Bedingungen. Der Test findet entweder auf dem<br />
Werksgelände oder dafür vorgesehenen Teststrecken<br />
statt. Dabei werden entweder ausgewählte Komponenten<br />
bis hin zum gesamten Fahrzeug getestet. Meist wird an<br />
dieser Stelle per Funk oder WLAN eine Online-Bedienung<br />
und -auswertung vorgenommen.<br />
Abschließende Phase<br />
In dieser Phase werden Kfz-Funktionen unter allen Bedingungen<br />
überprüft. <strong>Die</strong> Tests finden größtenteils in klimatisch<br />
extremen Gebieten (z.B. Skandinavien, Nevada) statt.<br />
Ziel dieser Tests ist die Optimierung des Fahrzeugs, auch<br />
als Kalibrierung bezeichnet. Eine Online-Auswertung findet<br />
hierbei nur zum Teil statt. Wichtiger sind die Offline-Daten,<br />
die später im Werk ausgewertet werden.<br />
0-Serie, Flottenversuch<br />
Bild 1: Grundstruktur eines Datenloggers und Prüfsystems.<br />
<strong>Die</strong>s sind Langzeittests, die der Qualitätsoptimierung und<br />
-sicherung dienen sollen. Prüfgeräte werden an dieser Stelle<br />
zur reinen <strong>Aufzeichnung</strong> der Daten verwendet, die auch<br />
nicht sofort angezeigt, sondern erst später analysiert werden.<br />
Dazu ist eine externe Steuerung notwendig.<br />
Kundenfahrzeug (Serie)<br />
Wenn ein Kfz in den Verkauf gegangen ist, werden auch<br />
später noch sporadisch Fehler gesucht. Da es nun keine<br />
externen Eingriffs- und Zugriffsmöglichkeiten mehr gibt,<br />
können Funktionsüberprüfungen und Diagnose nur nach<br />
Fehlern vorgenommen werden, was im schlimmsten Fall<br />
zu Rückrufaktionen führen kann. Dabei werden reine<br />
Datenaufzeichnungen, eventuell zusätzliche<br />
Datenreduktionen, vorgenommen.<br />
<strong>Die</strong> Analyse des Fahrzeugs<br />
beinhaltet an dieser Stelle Diagnose<br />
und Flashen.<br />
Systemanforderungen<br />
<strong>Die</strong> Anforderungen an ein Testsystem<br />
beinhalten verschiedenste Komponenten,<br />
welche im Einzelnen mehr<br />
oder weniger wichtig sind. Für das<br />
Gesamtkonzept eines Prüfgerätes<br />
spielt die Anzahl dieser Komponenten<br />
aber eine entscheidende Rolle.<br />
Bei den relevanten Einzel-Parametern<br />
handelt es sich derzeit um<br />
■ Datenmenge und Raten<br />
■ Stimuli<br />
■ Test <strong>von</strong> Temperatur und Schock<br />
■ Definition der User-Interfaces<br />
■ Anzahl der Messkanäle<br />
■ Busunterstützung<br />
■ Möglichkeit der Diagnose<br />
■ Restbussimulation<br />
Anhand der Informationen zu Fahrversuch und Systemanforderung<br />
kann man schließen, dass es<br />
1) DEN Fahrversuch nicht gibt<br />
2) Fahrversuche ein sehr breites Spektrum aufweisen<br />
3) <strong>Die</strong> Systemanforderungen je nach Sachlage entsprechend<br />
vielfältig und unterschiedlich sind<br />
Lösungsansatz für mobile Datenlogger<br />
<strong>Die</strong> Firma Göpel electronic GmbH hat aufgrund dieser<br />
Schlussfolgerung ein transportables und kompaktes<br />
System zur Erfassung, <strong>Aufzeichnung</strong> und Visualisierung<br />
<strong>von</strong> Messdaten unter der Bezeichnung CARLOS (Car Logging<br />
System) entwickelt. Es handelt sich<br />
dabei nicht um ein Gerät ausschließlich<br />
für den Fahrversuch, sondern um ein<br />
Messdatenerfassungssystem, welches<br />
speziell für den Einsatz in der Automobilindustrie<br />
aber auch in der Automatisierungstechnik<br />
geeignet ist.<br />
© <strong>automotive</strong> CARLOS ist ein offenes System mit<br />
modularer Hard- und Softwarestruktur,<br />
um sich den jeweiligen Prüfanforderungen und -aufgaben<br />
anzupassen. Dabei eignen sich alle Systemkomponenten<br />
für den mobilen Einsatz.<br />
Systemkonzeption<br />
Ausgangspunkt der Entwicklung war das CompactRIO<br />
Embedded System der Firma National Instruments (Bild 2).<br />
Hierbei handelt es sich um ein kompaktes, rekonfigurierbares<br />
System für Aufgaben der industriellen Steuerung<br />
und Datenerfassung. Das CompactRIO vereinigt einen<br />
Echtzeitprozessor, ein frei programmierbares Field Programmable<br />
Gate Array (FPGA) und bis zu acht ,hot-swap’-<br />
fähige Hardwaremodule in einem System.<br />
Bild 2: Systemkonzeption CARLOS mit CompactRIO Modul<br />
© <strong>automotive</strong>
62lA UTOMOTIVE 3-4.2006l MESSEN UND TESTEN<br />
© 2006 Carl Hanser Verlag, München www.hanser-<strong>automotive</strong>.de Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern<br />
Im Systemverbund des mobilen Datenloggers CARLOS ist<br />
CompactRIO eine Komponente, die als Mess- und Stimulikomplex<br />
genutzt wird. Der wesentliche Bestandteil der<br />
Konfiguration ist der MMI-Panel PC, welcher als Bedienund<br />
Anzeigegerät sowie für Diagnoseschnittstellen verwendet<br />
wird. CompactRIO und Panel-PC sind über eine<br />
100-Mbit-Ethernet-Leitung miteinander verbunden. Weitere<br />
Komponenten sind dezentrale Sensoren (z.B. Caetec),<br />
die über den CAN-Bus mit dem Panel-PC verbunden sind.<br />
Softwarekonzept<br />
Zwei wesentliche Elemente bilden das Softwarekonstrukt:<br />
die Rahmenapplikation und die dynamisch eingebundenen<br />
CARLOS-Module. CARLOS-Module können Quellen (z.B.<br />
CAN- oder LIN-Monitor (Bild 3)) oder Senken virtueller<br />
Kanäle (z.B. Datenaufzeichnung) sein. <strong>Die</strong> Rahmenapplikation<br />
stellt Funktionen für die einheitliche Anzeige, Bedienung<br />
und Steuerung der CARLOS-Module bereit. Sie dient<br />
dabei als Benutzungsschnittstelle für die Konfiguration der<br />
exportierten Steuerelemente. Durch diese Integration <strong>von</strong><br />
Rahmenapplikation und CARLOS-Modulen entsteht ein auf<br />
den jeweiligen Anwendungsfall zugeschnittenes Gesamtsystem,<br />
welches durch den Benutzer als Einheit wahrgenommen<br />
werden kann.<br />
Einsatzmöglichkeiten<br />
Zur Unterstützung der am weitesten<br />
genutzten Bus-Systeme<br />
CAN, LIN und K-Line wurde<br />
der Multi-Bus-Controller PXI/PCI<br />
3080 (Bild 4) <strong>von</strong> Göpel electronic<br />
in CARLOS integriert. Damit<br />
ist die parallele Diagnose und<br />
Überwachung (Tracing) der entsprechenden<br />
Bussysteme und<br />
deren Kommunikation möglich.<br />
Dadurch ist CARLOS nicht nur<br />
als reiner Datenlogger, sondern<br />
zusätzlich als Diagnosesystem<br />
und zum Flashen und Manipulieren<br />
<strong>von</strong> Steuergeräten ein-<br />
Bild 4: PXI 3080 <strong>von</strong><br />
GÖPEL electronic. setzbar. Es handelt sich demnach<br />
um einen autonomen<br />
Datenrekorder für Testfahrten (Datentransfers, Sensoren);<br />
mehr noch ein Testsystem, das aus Datenrekorder und Stimulations-Unit<br />
für fehlende Teile oder Restbus besteht.<br />
CARLOS kann für Stress-Tests und Langzeittests auch in<br />
Klimakammern und Windkanälen eingesetzt werden.<br />
Bedienkonzept<br />
Ein enorm wichtiges Element bei Datenloggern ist deren<br />
einfache Bedienbarkeit, denn was nützt die höchstentwickelte<br />
Technologie, wenn man einen Workshop besuchen<br />
muss, um sie anwenden zu können? Außerdem muss der<br />
Anwender gerade bei Testfahrten unter schwierigen Bedingungen<br />
auf ein einfach zu bedienendes Gerät zurückgreifen<br />
können.<br />
Das mobile Datenaufzeichnungssystem CARLOS verfügt<br />
über nur acht Bedienelemente. Damit sind beispielsweise<br />
Bild 3: CAN-Monitor<br />
© <strong>automotive</strong><br />
im harten Feldeinsatz außer dem Einschalten und Start<br />
kaum Bedienereingriffe erforderlich.<br />
CARLOS lässt sich über folgende Elemente auf einfache<br />
Art und Weise bedienen:<br />
■ ON/OFF zum Ein- und Ausschalten<br />
■ Softkeys: die Belegung der vier Softkeys hängt vom<br />
jeweiligen Bedienkontext ab<br />
■ MAIN: im normalen Betrieb gelangt man mit diesem<br />
Taster die oberste Menü-Ebene<br />
■ Drehknopf: Multifunktions-Bedienelement, durch dessen<br />
Betätigung der Anwender je nach aktueller Menüebene<br />
Verzeichnisse, Software-Module, Modul-Parameter<br />
oder deren Werte auswählen kann.<br />
All diese Bedienelemente ermöglichen eine Einhandbedienung<br />
ähnlich einem Navigationssystem. Somit kann sich<br />
der Anwender auf die Datenaufzeichnung, -analyse und -<br />
auswertung konzentrieren.<br />
Ausblick<br />
Natürlich ist der derzeitige Stand der Technik für mobile<br />
Datenrekorder nur ein Zwischenstand. Gerade im Hinblick<br />
auf zukünftige Visualisierungen der Testergebnisse wird es<br />
weitere Entwicklungen und Trends geben, z.B. die Videoaufzeichnung<br />
und deren Auswertungsmöglichkeiten.<br />
Aber auch im Hinblick auf flexibles Projektmanagement<br />
wird es noch eine Menge Weiterentwicklungen geben. So<br />
werden in Zukunft verschiedene Personen auf unterschiedliche<br />
Projekte Zugriff haben.<br />
Dipl.-Ing. Rainer Lindner studierte bis 1993<br />
Informationstechnik an der TU Chemnitz. Von<br />
1993 bis 1998 arbeitete er bei GÖPEL electronic<br />
als Hardwareentwickler in der Abteilung Boundary<br />
Scan. Er sammelte danach Auslandserfahrung<br />
bei Bustec Production Ltd. in Irland. Seit<br />
2001 ist Rainer Lindner als Entwicklungsingenieur<br />
Hardware für Automotive Test Solutions<br />
wieder bei Göpel electronic tätig.<br />
Göpel electronic GmbH<br />
@ www.goepel.com