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ETHERNET<br />

Ethernet bringt kommunikationsintensive Funktionen (Audio- und<br />

Videosysteme, Fahrerassistenzsysteme und paralleles Flashen) mit<br />

einem oft hohen, kundenerfahrbaren Mehrwert ins Fahrzeug. Zukünftig<br />

winken zusätzliche Einsparungen durch die Übertragung von Daten<br />

verschiedener Domänen über dasselbe Netzwerk. Damit das zuverlässig<br />

funktioniert, sind auch für Ethernet verständliche Echtzeit-Bewertungen<br />

notwendig, wie sie heute für CAN und FlexRay üblich sind.<br />

Echtzeit-Bewertung von<br />

Ethernet-Konfigurationen<br />

Echtzeit-Bewertungen liefern qualifizierte<br />

Antworten auf Fragen wie:<br />

Wie konfiguriert man das Ethernet-<br />

Netzwerk (im Verbund mit den anderen<br />

Bus-Segmenten) optimal, um eine gute<br />

Auslastung und Erfüllung der unterschiedlichen<br />

Zeitanforderungen zu gewährleisten?<br />

Wo liegen Engpässe und<br />

wie können diese behoben werden?<br />

Wie überlagern sich Audio- und Video-<br />

Ströme mit regelungstechnisch relevante<br />

Daten und welche Kommunikations-<br />

Latenzen werden sich einstellen? Welche<br />

„Timing-Güte“ haben die einzelnen<br />

Nachrichten? Zur Beantwortung dieser<br />

Fragen benötigt man aussagekräftige<br />

Metriken zur Bewertung des Echtzeitverhaltens<br />

(oder auch der „Timing-<br />

Güte“) von Ethernet- und E/E Systemkonfigurationen.<br />

Klassische Echtzeit-<br />

Metriken<br />

Die bekannteste Echtzeit-Metrik ist die<br />

Buslast. Bei CAN ergibt sich die Buslast<br />

beispielsweise aus den Größen und Zykluszeiten<br />

aller über den Bus versendeten<br />

Nachrichten (Frames) und gibt an,<br />

wie hoch ein Bus wirksam ausgelastet<br />

ist. Die Buslast dient vordringlich einer<br />

ersten Orientierung, belastbare Aussagen<br />

bezüglich der Timing-Güte einzelner<br />

Nachrichten sind nicht möglich.<br />

Beispielsweise sind auch bei geringer<br />

Buslast Zykluszeitverletzungen möglich,<br />

z. B. aufgrund von sporadischen<br />

Frames. Auch spiegeln sich elementare<br />

Konfigurationsparameter wie die CAN-<br />

ID nicht in der Buslast wider. Daher<br />

werden seit einigen Jahren standardmäßig<br />

so genannte Latenz-Analysen<br />

durchgeführt, um die konkreten Verzögerungen<br />

einzelner Nachrichten zu bestimmen<br />

und mit zuvor definierten An-<br />

© Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG, München, www.hanser-<strong>automotive</strong>.de; Nicht zur Verfügung in Intranet- u.Internet-Angeboten oder elektron. Verteilern<br />

Aufmacher: 123rf © James Thew; weitere Bilder: Symtavision<br />

6 <strong>HANSER</strong> <strong>automotive</strong> networks / Special 2013<br />

© Carl Hanser Verlag, München


forderungen zu vergleichen. Die Latenz-<br />

Metrik liefert also detaillierte Informationen<br />

zur „Timing-Güte“ auf Nachrichten-Ebene.<br />

Diese beiden Metriken (Last und Latenz)<br />

bilden heute die Grundlage für<br />

umfassende Echtzeit-Bewertungen von<br />

CAN-Bus-Systemen; ähnliches gilt für<br />

FlexRay und LIN. Für Ethernet lassen<br />

sich diese Ansätze weiterhin nutzen,<br />

müssen dabei aber einige Ethernet-spezifische<br />

Eigenschaften berücksichtigen.<br />

Ethernet-Last<br />

Im Vergleich zu CAN ist die Buslast-Metrik<br />

bei Ethernet komplexer, denn ein typisches<br />

Ethernet-Netzwerk besteht aus<br />

mehreren Verbindungen (Links) und<br />

Switches, die jeweils unterschiedliche<br />

Lasten aufweisen. Zur Bestimmung dieser<br />

Lasten benötigen man die Datenraten<br />

der einzelnen Datenströme, die Topologie<br />

des Systems inklusive der Link-Geschwindigkeiten<br />

(10, 100, 1000 Mbit/s)<br />

Bild 1: Aggregierte Punkt-zu-Punkt-Datenraten für ein Ethernet-System<br />

bestehend aus 14 ECUs.<br />

Bild 2: Relative Latenz der 64 Nachrichten des Beispielsystems.<br />

»<br />

ETHERNET<br />

Auch für Ethernet ist eine dedizierte Timing-<br />

Bewertung für Echtzeitdaten notwendig, um<br />

Integrationsprobleme oder Konfigurationsfehler<br />

zuverlässig aufzudecken.<br />

Dr. Kai Richter, CTO Symtavision<br />

und Routing-Informationen darüber, welcher<br />

Datenstrom welchen Link passiert.<br />

Nun lassen sich folgende Metriken nutzen:<br />

Ein Datenstrom entspricht einer logischen<br />

Datenverbindung. So bekommt<br />

man einen ersten Überblick über die<br />

„Verursacher“ der Lasten auf Funktionsebene.<br />

Kommt es zu Engpässen, sollte<br />

eine Optimierung bei den datenintensiven<br />

Funktionen ansetzen.<br />

Die aggregierte Punkt-zu-Punkt-Datenrate<br />

entspricht der Menge an ausgetauschten<br />

Daten zwischen den beteiligten<br />

ECUs. Diese Betrachtung ist wichtig<br />

für die grundsätzliche Wahl einer Topologie<br />

und der Anbindung an die Switches<br />

(oder andere Netzwerksegmente).<br />

Im Beispiel von Bild 1 sieht man,<br />

dass die Kameras (CAM 1, 2, 3, 4) die<br />

meisten Daten in das Netz einspeisen,<br />

einige Broadcast-Nachrichten von einem<br />

zentralen Gateway versendet werden<br />

und weiterer heterogener Datenverkehr<br />

zwischen einer kleineren Anzahl<br />

von ECUs ausgetauscht wird.<br />

Schließlich können wir die Topologie<br />

und die Link-Geschwindigkeiten berücksichtigen,<br />

um von den Datenraten<br />

auf echte Lasten zu kommen. Diese<br />

Port-Last gibt die prozentuale Auslastung<br />

an. Dies gilt für ECU-Ports ebenso<br />

wie für Switch-Ports. Man bekommt<br />

ein Gesamtbild über die Auslastung aller<br />

Links im System, sieht die Hot-Spots<br />

(besonders stark ausgelastete Links),<br />

aber auch die Reserven für eventuelle<br />

Funktionserweiterungen.<br />

Ethernet Nachrichten-<br />

Latenzen<br />

Die Latenz-Metrik erfasst nun die<br />

Timing-Güte aller Nachrichten bzw.<br />

Datenströme im Detail. Die „Ende-zu-<br />

Ende“-Latenz entspricht der Verzögerung<br />

zwischen dem Senden einer Nachricht<br />

und deren Empfang. Diese Latenz<br />

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<strong>HANSER</strong> <strong>automotive</strong> networks / Special 2013<br />

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ETHERNET<br />

Bild 3: Histogramm-Darstellung der relativen Latenzen.<br />

Bild 4: Relatives Latenzhistogramm.<br />

beinhaltet alle Netzwerk-Verzögerungen<br />

in den beteiligten Ethernet-Ports<br />

und -Switches; daher der Name „Endezu-Ende“.<br />

Diese Latenzen können unmittelbar<br />

mit vorhandenen Vorgaben<br />

(Deadlines) verglichen werden und liefern<br />

konkrete Informationen zur<br />

„Timing-Güte“ auf Funktionsebene.<br />

Die sogenannte Relative Latenz (relative<br />

latency) liefert dieselbe Information<br />

in Relation zur jeweiligen Deadline<br />

der Nachricht. So hat beispielsweise<br />

eine Nachricht mit einer Latenz von<br />

3 ms und einer Deadline von 100 ms<br />

eine relative Latenz von 3%. Dieselbe<br />

Nachricht hätte bei einer Deadline von<br />

nur 5 ms eine relative Latenz von 60%<br />

und wäre deutlich kritischer einzustufen.<br />

Eine zweite vergleichende Darstellung<br />

liefert der sogenannte Slack<br />

(Schlupf), das ist die Differenz zwischen<br />

Deadline und Latenz. Ein kleiner oder<br />

sogar negativer Slack bedeutet, dass<br />

die Nachricht Gefahr läuft, nicht rechtzeitig<br />

übertragen zu werden.<br />

Bild 2 zeigt die relativen Latenzen<br />

für das Beispielsystem. Die relative Latenz<br />

der markierten Nachricht ist größer<br />

als 100% (1.0). Die Nachricht kann also<br />

nicht zuverlässig übertragen werden.<br />

Diese Darstellung gewinnt zunehmend<br />

an Bedeutung, da sie auf einen Blick<br />

zeigt, welche Nachrichten kritisch sind<br />

und welche nicht. Noch kompakter ist<br />

eine zusammenfassende Histogramm-<br />

Darstellung (Bild 3). Diese zeigt zunächst<br />

auf, ob und wie viele Nachrichten<br />

kritische Latenzwerte aufweisen.<br />

Optimierung<br />

Während Last-Metriken nur einen groben<br />

Überblick über das Systemverhalten<br />

und die zeitlichen Reserven ermög-<br />

lichen, liefern die Latenz-Metriken konkrete<br />

Informationen zur Timing-Güte aller<br />

Nachrichten. Damit lassen sich kritische<br />

Nachrichten identifizieren, die ggf.<br />

verändert werden müssen. Mit modellbasierten<br />

Werkzeugen kann diese Information<br />

schnell modelliert oder aus bestehenden<br />

Konfigurationen (insbesondere<br />

via AUTOSAR oder FIBEX) eingelesen<br />

werden. Mehr noch, die Metriken<br />

liefern konkrete Anhaltspunkte, mit welchen<br />

Maßnahmen man die Latenzen<br />

verbessern kann.<br />

Aus den Beispieldaten lässt sich ablesen,<br />

dass eine Nachricht Gefahr läuft<br />

ihre Deadline zu verletzen. Eine angemessene<br />

Maßnahme ist nun, die Latenz<br />

der kritischen Nachricht zu optimieren.<br />

Im vorliegenden Beispiel wurde<br />

das Problem dadurch behoben, dass<br />

der kritischen Nachricht eine höhere<br />

Priorität nach 802.1q (VLAN) vergeben<br />

wurde. Nun wird sie in den Switches<br />

prioritisiert behandelt und durch die lokalen<br />

Lasten nicht so stark beeinflusst.<br />

Diese Optimierung wird im relativen Latenzhistogramm<br />

sichtbar (Bild 4).<br />

Zusammenfassung<br />

Auch wenn Ethernet über eine scheinbar<br />

unerschöpfliche Bandbreite verfügt,<br />

ist eine dedizierte Timing-Bewertung<br />

für Echtzeitdaten notwendig, um<br />

Integrationsprobleme oder Konfigurationsfehler<br />

zuverlässig aufzudecken und<br />

zu vermeiden. Entsprechende Metriken<br />

werden von modernen Echtzeit-Werkzeugen<br />

unterstützt. So lassen sich modellbasiert<br />

und schnell verschiedene<br />

Szenarien evaluieren und Antworten<br />

auf die eingangs formulierten Fragen<br />

finden. Mittels der vorgestellten Metriken<br />

ist eine belastbare Gegenüberstellung<br />

verschiedener Protokolle, Netzwerk-Topologien<br />

und Konfigurationen<br />

genauso möglich wie das Fine-Tuning<br />

der Echtzeit-Fähigkeit einzelner Nachrichten.<br />

W (oe)<br />

» www.symtavision.com<br />

Dr. Simon Schliecker, Jonas Diemer,<br />

Dr. Kai Richter<br />

Symtavision GmbH.<br />

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