Subkutane - Hauner Journal
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| Dr. von Hau nersche s K i nderspit a l–L M U<br />
lichkeit einer unkomplizierten Heimtherapie,<br />
welche durch eine größere Unabhängigkeit und<br />
Eigenverantwortung die Akzeptanz bei den Patienten<br />
fördert.<br />
Derzeit haben über 100 Patienten an unserer<br />
interdisziplinären Patienten- oder Elternschulung<br />
zum Erlernen der subkutanen Immunglobulingabe<br />
teilgenommen. In Zukunft ist mit<br />
einer weiteren Verbreitung dieser Darreichungsform<br />
zu rechnen.<br />
Entwicklung der subkutanen<br />
Therapie mit Immunglobulinen<br />
Seit über 50 Jahren wird die Substitutionstherapie<br />
mit polyvalenten humanen Immunglobulinen<br />
(IgG) genutzt, um Patienten mit primären<br />
und sekundären B-Zell-Defekten vor Infektionen<br />
und Folgeschäden zu schützen.<br />
Für die meisten dieser Patienten existiert bis<br />
zum heutigen Tage keine kurative Behandlungsalternative<br />
zu den regelmäßig und lebenslang<br />
durchzuführenden Infusionen.<br />
1952 beschrieb Ogden C. Bruton einen 8-jährigen<br />
Jungen mit einer Agammaglobulinämie,<br />
den er mit einer subkutanen IgG-Substitutionstherapie<br />
erfolgreich behandelte.1<br />
Dies stellt den ersten Fallbericht einer subkutanen<br />
IgG-Applikation dar.<br />
Trotzdem wurde bis 1980 hauptsächlich die<br />
intramuskuläre Verabreichung der Immunglobuline<br />
(IMIG) angewendet. Die IMIG-Substitution<br />
wies signifikante Nachteile auf, wie Schmerzen<br />
an der Injektionsstelle, anaphylaktoide Reaktionen,<br />
langsame Resorption der Antikörper aus<br />
dem Gewebe und proteolytischer Abbau der IgG<br />
im Muskelgewebe. Zusätzlich führte die eingeschränkte<br />
intramuskuläre Volumengabe häufig<br />
nur zu subtherapeutischen IgG-Spiegeln und<br />
damit zur insuffizienten Substitution.2<br />
Aus diesem Grunde begann man bereits in<br />
den 50er Jahren mit der Entwicklung intravenös<br />
verträglicher Immunglobulinpräparate, die ab<br />
Mitte der 80er Jahre auf breiter Basis verfügbar<br />
wurden und damit die IMIG-Präparate ablösten3.<br />
Die IVIG ermöglichten die Gabe ausreichend<br />
hoher Dosen, die sofort im Körper verfügbar<br />
waren und somit auch in akuten Situationen eingesetzt<br />
werden können. Zudem ist diese Form der<br />
Substitution deutlich weniger schmerzhaft und<br />
erwies sich in vielen Studien als wirksamer und<br />
zuverlässiger. Behandlungseinschränkungen der<br />
i.v.-Applikation waren das Risiko von anaphylaktoiden<br />
Reaktionen, schlechte Venensituationen<br />
bei Kleinkindern, hohe Behandlungskosten,<br />
und aus rechtlichen Gründen, die stundenlange<br />
Überwachung der Infusionen im Krankenhaus<br />
oder einer Praxis.<br />
Diese Nachteile führten, parallel zur Entwicklung<br />
intravenöser Präparate, ab 1980 zu<br />
Studien über eine langsame (1-2 ml/h) subkutane<br />
Gabe von IgG (SCIG) mit Hilfe einer tragbaren<br />
Infusionspumpe. Die gute Verträglichkeit, das<br />
Fehlen von unerwünschten systemischen Nebenwirkungen<br />
und die praktische Handhabung mit<br />
geringer Einschränkung der Patienten im Alltag<br />
waren bemerkenswert.8 Trotz der vielversprechenden<br />
Ergebnisse wurde die langsame subkutane<br />
Ersatztherapie bald wieder aufgegeben. Der<br />
Grund lag in den langen Infusionszeiten von bis<br />
zu 10 h bei einer Dosis von 10ml.3<br />
Endgültig durchgesetzt hatte sich die subkutane<br />
Infusion mit Einführung der schnellen<br />
Gabe (bis >35 ml/h). Sie wird, etabliert durch<br />
die Stockholmer Arbeitsgruppe von Gardulf et<br />
al., bereits seit Anfang der 90er Jahre erfolgreich<br />
in den skandinavischen Ländern durchgeführt4<br />
und fand nun als Alternative zur i.v.-Gabe auch<br />
zunehmend Einsatz in Deutschland. Diese als<br />
Heimtherapie durchzuführende Applikation<br />
wird von immer mehr Erwachsenen und auch<br />
Kindern angewendet. In Deutschland wurden<br />
die ersten Präparate für SCIG 2003 zugelassen.<br />
Dosierung und Verabreichung<br />
Die empfohlene mittlere Dosierung für die<br />
SCIG-Applikation beträgt 100 mg/kg KG/Woche<br />
und erfolgt über eine batteriebetriebene Pumpe<br />
in das subkutane Gewebe. Entgegen der alle<br />
3-(4) Wochen durchgeführten intravenösen IgG-<br />
Substitution (empfohlene Dosierung 400 mg/<br />
kg/3 Wochen) erfolgt die subkutane Infusion<br />
mit kleineren Mengen in engeren zeitlichen<br />
Abständen (1-2 x pro Woche). Als bevorzugte<br />
Punktionsstellen dient das subkutane Fettgewebe<br />
an Bauch oder Oberschenkel. Pro Injektionsstelle<br />
können alters- und konstitutionsabhängig<br />
5-20 ml verabreicht werden.<br />
Die initiale Infusionsgeschwindigkeit beträgt<br />
10ml/h, kann aber individuell auf bis zu 35<br />
ml/h und mehr gesteigert werden. Zur Reduzierung<br />
des Zeitaufwandes können Y-Katheter zur<br />
simultanen Infusion an zwei Infusionsstellen<br />
eingesetzt werden. Bei Kleinkindern werden die<br />
Eltern außerdem in die simultane Stichtechnik<br />
eingelernt, d.h. gleichzeitiger Stich und anschließende<br />
Infusion an 2 Körperstellen. Bei Kindern<br />
ist die Verwendung von EMLA-Pflastern zur<br />
schmerzlosen Punktion zu empfehlen.<br />
Vor Beginn der Heimtherapie müssen der<br />
Patient, bzw. seine Eltern die selbständige Durchführung<br />
der SCIG Substitution erlernen. Hierzu<br />
findet eine Patienten-/Elternschulung unter<br />
interdisziplinärer Anleitung von Ärzten und<br />
Schwestern statt.<br />
Grundsätzlich gibt es für die SCIG-Behandlung<br />
keine Altersbegrenzung nach unten, unser<br />
jüngster Patient war zum Zeitpunkt der Einstellung<br />
auf SCIG 5 Monate alt. Ab einem Alter von<br />
ca. 12 Jahren können die Patienten bereits aktiv<br />
selbst in die Verantwortung genommen werden<br />
und werden dementsprechend auch in die Schulungsphase<br />
integriert.