Vogelwarte_51_2013-1.pdf - OPUS 4 | Home - Goethe-Universität
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66 Spannendes im "Journal of Ornithology"<br />
die zwischen 1978 und 2005 nach einem standardisierten<br />
Beobachtungsverfahren von einem Schiff aus gewonnen<br />
wurden. Mit Hilfe aufwändiger statistischer<br />
Methoden ermittelten sie, ob zwischen bestimmten<br />
Arten signifikante Assoziationen bestanden.<br />
Insgesamt traten 23 von 71 erfassten Seevogelarten<br />
häufiger als zufällig erwartet mit einer bestimmten Meeressäugergruppe<br />
auf. Hierbei handelte es sich vorwiegend<br />
um Albatrosse, Sturmvögel und Seeschwalben,<br />
Langstreckenflieger, deren Körperbau auf energiesparende<br />
Fortbewegung in der Luft ausgelegt ist und die<br />
nicht sonderlich gut tauchen können. Vorwiegend solitäre<br />
Arten oder solche mit besonderen Ernährungsgewohnheiten<br />
wurden hingegen nur selten gemeinsam<br />
mit Säugern beobachtet. So erbeuten beispielsweise<br />
Rotfußtölpel (Sula sula) fliegende Fische im Sturzflug<br />
und profitieren daher nicht von einer Interaktion mit<br />
Säugern.<br />
Seevogel-Säuger-Assoziationen wurden in allen vier<br />
genannten Biomen festgestellt, wobei zwischen den<br />
verschiedenen Großlebensräumen deutliche Unterschiede<br />
bestanden. Verglichen mit den tropischen und<br />
subtropischen Regionen waren Vergesellschaftungen im<br />
antarktischen sowie im besonders artenreichen subantarktischen<br />
Biom seltener. Dieses Ergebnis entsprach den<br />
Erwartungen, da der Nutzen einer Interaktion mit Meeressäugern<br />
in der (Sub-)Antarktis aus zwei Gründen<br />
geringer sein sollte: Zum einen kamen hier tauchende<br />
Seevögel wie Pinguine und Tauchsturmvögel vor, die<br />
Beute in größeren Tiefen leichter erreichen können.<br />
Diese Vogelgruppen fehlten in tropischen und subtropischen<br />
Regionen. Zum anderen besteht im südlichen<br />
Indischen Ozean ein starker Breitengradient in der<br />
Meeresoberflächentemperatur und dementsprechend<br />
auch in der oberflächennahen Produktivität – in den<br />
kalten antarktischen Gewässern ist das Nahrungsangebot<br />
während des südlichen Sommers deutlich reicher<br />
als in den warmen tropischen Strömungen, so dass die<br />
Vögel hier auch allein genügend Nahrung finden sollten.<br />
Mit welchen Meeressäugern die Seevögel gemeinsam<br />
auftraten, hing zum Teil vom Vorkommen der Säuger<br />
in den verschiedenen Biomen ab. In den Tropen waren<br />
Assoziationen mit den dort vorherrschenden Delphinen<br />
am häufigsten. In der Antarktis allerdings traten lediglich<br />
zwei Seevogelarten gemeinsam mit Bartenwalen<br />
auf, obwohl diese Säuger dort vergleichsweise zahlreich<br />
sind. Der Großteil der Vergesellschaftungen im subantarktischen<br />
Raum erfolgte mit Robben, die besonders<br />
nützliche Partner sein sollten, da sie während der Nahrungssuche<br />
weite Strecken zurücklegen, häufig tauchen<br />
und große Beutetiere zerlegen können. Im subtropischen<br />
Biom wurden Seevögel ebenfalls gemeinsam<br />
mit Robben, aber auch mit anderen Meeressäugern<br />
beobachtet.<br />
Handelt es sich bei diesen Assoziationen nun tatsächlich<br />
um echten Kommensalismus, oder entstehen sie<br />
lediglich, weil Seevögel und Meeressäuger dieselben<br />
Beutevorkommen nutzen? Einige Befunde sprechen<br />
gegen eine echte kommensalische Beziehung. So traten<br />
viele weit verbreitete Vogelarten nur in einem Sektor<br />
gemeinsam mit Säugern auf, nicht jedoch in den anderen,<br />
obwohl sie überall Nahrung erbeuten, die sich unter<br />
der Wasseroberfläche befindet. Zudem waren manche<br />
Vogelarten, z. B. Wanderalbatrosse (Diomedea<br />
exulans), mit verschiedenen Säugerarten vergesellschaftet,<br />
selbst innerhalb eines Bioms. Um zwischen solchem<br />
„opportunistischen“ und echtem Kommensalismus unterscheiden<br />
zu können, wäre es notwendig, das Zustandekommen<br />
der Assoziationen genauer zu untersuchen,<br />
was sich auf See leider recht schwierig gestaltet. Dennoch<br />
präsentiert diese Untersuchung interessante Ergebnisse<br />
und verdeutlicht den wissenschaftlichen Nutzen<br />
von Auf-See-Beobachtungen und großen Langzeit-<br />
Datensätzen.<br />
Pitman RL & Ballance LT 1992: Parkinson Petrel distribution<br />
and foraging ecology in the eastern Pacific: aspects of an<br />
exclusive feeding relationship with dolphins. Condor 94:<br />
825-835.<br />
Thiebot JB & Weimerskirch H <strong>2013</strong>: Contrasted associations<br />
between seabirds and marine mammals across four biomes<br />
of the southern Indian Ocean. J. Ornithol. DOI 10.1007/<br />
s10336-012-0909-0.<br />
Weimerskirch H 2007: Are seabirds foraging for unpredictable<br />
resources? Deep Sea Res. II 54: 211-223.<br />
Verena Dietrich-Bischoff