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Reader zur Aktionswoche - Armut bedroht alle

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<strong>Reader</strong> <strong>zur</strong> Liga-<strong>Aktionswoche</strong> 2013<br />

Vierte Phase<br />

24<br />

ximale Freibetrag soll auf rund 134 Euro gekürzt werden. Würde der Vorschlag der Bundesregierung<br />

Gesetz, bekäme ein Alleinstehender mit einem 450- Euro- Job und aufstockenden Hartz IV- Leistungen,<br />

sofern er keine nennenswerten Werbungskosten nachweisen kann, keine Beratungshilfe. Prozesskostenhilfe<br />

bekäme er zwar, aber er müsste sie in bis zu 72 monatlichen Raten <strong>zur</strong>ückzahlen. Denn die Zahl<br />

der maximal zu entrichtenden Monatsraten soll von heute 48 auf 72 erhöht werden.<br />

Um die Prozesskostenhilfe weiter zu beschränken, soll außerdem nach dem Willen der Bundesregierung<br />

das bisherige Kriterium, dass Prozesskostenhilfe nur dann gewährt wird, wenn ein Prozess „hinreichende<br />

Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint“ im Gesetz noch einmal genauer definiert<br />

werden. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll folgender Satz in das Gesetz eingeführt<br />

werden: „Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe<br />

beansprucht, bei verständiger Würdigung <strong>alle</strong>r Umstände von der Rechtsverfolgung oder<br />

Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.“ 52 Kommt ein<br />

solcher Satz ins Gesetz, bestünde die Gefahr, dass das Prozesskostenhilfegesetz im Bereich des Sozialrechtes<br />

zu einem Prozesskostenverhinderungsgesetz würde. Denn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe<br />

beansprucht, wird in den seltensten Fällen wegen 10, 20 oder 30 Euro im Monat einen Prozess<br />

anstrengen. Hartz IV- Streitigkeiten gehen aber oft um Summen in dieser Größenordnung und damit um<br />

Summen, auf die „eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht“, in der Regel gut verzichten<br />

kann, die aber für Menschen, die auf Hartz IV- Leistungen angewiesen sind, existenziell wichtig sind. So<br />

wäre nach einer Gesetzesänderung im Sinne der Bundesregierung damit zu rechnen, dass Gerichte in<br />

vielen Fällen Prozesskostenhilfe wegen vermeintlicher Bagatellbeträge ablehnen würden.<br />

Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm<br />

der Rechtsweg offen. (Art. 19, Abs. 4 GG)<br />

Der langjährige Herausgeber der Neuen Juristischen Wochenschrift Konrad Redeker hatte bereits 1973<br />

gesagt: „Recht, dessen Verwirklichung an Kostenrisiken scheitert, ist verlorenes Recht. Es steht auf der<br />

Verlustliste des sozialen Rechtstaats.“ 53 Als Redeker diesen Satz sagte, hatte er vermutlich nicht geahnt,<br />

wie aktuell diese Worte vierzig Jahre später werden würden.<br />

52 Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes <strong>zur</strong> Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts,<br />

Drucksache 17/11472, 14.11.2012, S.7.<br />

53 Zitiert in: Hubert W. van Bühren, Vom Rechtsstaat zum Rechtsverweigerungsstaat?, NJW- Editorial, NJW 38/2012.

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