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POP<br />
Depeche Mode im Interview<br />
Die Techno-Päpste<br />
Man nennt sie Urväter des Synthie-Pops. Doch Depeche Mode<br />
sind mehr: Die Jungs aus England schrieben Klassiker, die sogar<br />
von Johnny Cash gecovert wurden – und lebten Rock‘n‘Roll.<br />
Interview Reinhold Hönle<br />
Dave, Sie sind in den letzten 30<br />
Jahren 16 Mal in der Schweiz<br />
aufgetreten. Wie viel bleibt<br />
davon bei Weltreisenden wie Ihnen haften?<br />
Ich bin immer gerne in die Schweiz gekommen.<br />
Leider hat sich vor allem<br />
das Konzert von 1998 in Zürich<br />
eingeprägt, bei dem ich auf der<br />
Bühne meine Stimme verlor.<br />
Sie war komplett weg und ich<br />
spürte, dass sie an diesem<br />
Abend nicht zurückkommen<br />
würde. Das ist beängstigend<br />
für einen Sänger, die<br />
schlimmste Erfahrung, die<br />
man sich denken kann!<br />
Wie gingen Sie damit um?<br />
Es war ein Kampf! Als wir auf der nächsten<br />
Tournee wieder im Hallenstadion aufgetreten<br />
sind, kostete es mich grosse Überwindung,<br />
diese Bühne zu betreten, aber als ich nachher<br />
das Gefühl hatte, einen tollen Auftritt hingelegt<br />
zu haben, war es auch eine enorme Befriedigung.<br />
Profitieren beim Singen markant vom gesünderen<br />
Leben, das Sie heute führen?<br />
Bestimmt. Sich auf der Bühne seiner Leistung<br />
bewusst zu sein und seine Gefühlsregungen<br />
zu registrieren ist schon toll, aber am nächsten<br />
Tag aufzuwachen und sich an all das<br />
noch erinnern zu können – das ist ein extrem<br />
gutes Gefühl! Ich kann mir nicht vorstellen,<br />
wieder so zu leben, wie ich das früher gemacht<br />
habe. Ich war sehr oft von Alkohol<br />
und Drogen getrieben. Das funktioniert für<br />
mich nicht mehr, wahrscheinlich hat es das<br />
nie getan.<br />
Weshalb haben Sie zu ihnen gegriffen?<br />
Ich denke, es war ein Versuch, mich darüber<br />
hinwegzutrösten, dass mir unser Leben keinen<br />
Spass mehr machte. Als ich in der Mitte<br />
«Ich will ausgeruht auf<br />
die Bühne gehen. Die<br />
Zeiten, als ich ganze<br />
Nächte in Bars gesungen<br />
habe, sind vorbei.»<br />
der 90er Jahre merkte, dass die Drogen keine<br />
Entspannung mehr brachten und ich meinen<br />
Lebensstil ändern musste, war die Umsetzung<br />
dieser Erkenntnis etwas vom Schwierigsten,<br />
das ich je getan habe.<br />
Wie leben Sie heute?<br />
Ich versuche dem Talent, das ich habe,<br />
Sorge zu tragen. Das braucht<br />
Disziplin, aber es lohnt sich.<br />
Wenn ich auf Tournee<br />
gehen will, ordne ich alles<br />
meiner Fitness unter. Ich<br />
will ausgeruht auf die<br />
Bühne gehen. Die Zeiten, als ich ganze<br />
Nächte in Bars gesungen habe, sind vorüber.<br />
Was erzählen Sie Ihren Kindern über das<br />
Popstarleben, falls die Ihren Rat suchen?<br />
Mein Söhne Jack und Jimmy sind 25 bzw. 20<br />
Jahre alt und führen ihr eigenes Leben. Der<br />
Ältere hört vor allem Alternative-Rock, der<br />
Jüngere Rap von Wu Tang Clan bis Jay-Z.<br />
Sollten sie meine Unterstützung brauchen,<br />
egal, was sie tun, will ich einfach für sie da<br />
sein.<br />
Viele Bands sind von Depeche Mode inspiriert<br />
worden. Gibt es Formationen, die<br />
Ihnen speziell gefallen?<br />
Ich suche nicht nach Bands, die unseren<br />
Namen erwähnen, um mir<br />
dann anzuhören, wie sie<br />
klingen. Um ehrlich<br />
zu sein: Ich höre<br />
gar nicht viel<br />
Popmusik. Ausser,<br />
wenn ich<br />
ein Album wirklich mag. Das letzte, das bei<br />
mir auf und ab lief, war «I Predict A Graceful<br />
Expulsion» von Cold Specks. Ich liebe ihren<br />
musikalischen Hintergrund, den Gesang und<br />
das Timbre ihrer Sängerin, die viel älter klingt,<br />
als sie wirklich ist.<br />
Einer Ihrer grössten Hits ist «Enjoy the<br />
Silence». Wann können Sie die Ruhe geniessen?<br />
Zwischen dem Musikmachen bin ich froh,<br />
etwas Stille um mich zu haben. Ich besitze<br />
glücklicherweise ein kleines Haus am Strand.<br />
Dorthin ziehe ich mich manchmal zurück. Das<br />
ist ein sehr inspirierender Ort.<br />
Was können Sie uns schon über die CD<br />
verraten, die Sie im Frühling veröffentlichen?<br />
Es ist ein Elektro-Album, aber stark vom Blues<br />
geprägt. Ich würde es zwischen dem 1990<br />
erschienenen Album «Violator» und dem aus<br />
1993 stammenden «Songs of Faith and Devotion»<br />
einreihen.<br />
Sounds aus<br />
der Industrie<br />
SYNTHIE-POP MIT SEELE<br />
Depeche Mode starteten 1980<br />
ihre Karriere als Synthie-Popper,<br />
deren Markenzeichen gesampelte Industriegeräusche<br />
wurden. Der europaweite Durchbruch gelang Dave Gahan,<br />
Martin Gore, Andrew Fletcher und Alan Wilder mit den Hits<br />
«People Are People« und «Master And Servant». Depeche<br />
Mode haben über 100 Millionen Tonträger verkauft.<br />
Depeche<br />
Mode<br />
Freitag, 14. Februar<br />
Hallenstadion<br />
Zürich<br />
12 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 13