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LEBENDE LEGENDE<br />

Text Zeno van Essel<br />

Er ist die Antithese zu<br />

allem, was heute das<br />

Showbusiness gross<br />

macht: Youtube, Facebook,<br />

Twitter, Klatsch und Tratsch.<br />

Und er ist es nicht erst seit<br />

kurzem, sondern war schon immer<br />

so: geheimnisvoll, vieldeutig, rätselhaft<br />

– ein Mythos. Bob Dylan, der Held der 68er-<br />

Fundis, die seine Lieder als philosophischen<br />

Soundtrack für den Protest des Kleinen<br />

Mannes gegen die Reichen und Mächtigen<br />

der Welt verstanden. Schon bei seinem Nachnamen<br />

beginnen die Spekulationen: Hat Bob<br />

Zimmermann – so sein richtiger Name – den<br />

Namen Dylan vom damals populären TV-Serienheld<br />

Matt Dillon aus der Fernsehserie<br />

Gunsmoke abgeleitet, oder war es eher seine<br />

Bewunderung für den Dichter Dylan Thomas,<br />

die ihn zu seinem Künstlerpseudonym inspirierte?<br />

Allein darüber sind schon Bücher geschrieben<br />

worden, und Bob Dylan selbst hat<br />

sich verwirrenderweise unterschiedlich zu<br />

den verschiedenen Thesen geäussert. Er hat<br />

sich nie vor den Karren von Protestbewegungen,<br />

Politaktivisten, Persönlichkeitsanalysten<br />

oder Popfanatikern spannen lassen. In<br />

seinem «Wedding Song» schrieb er ihnen<br />

schon 1974 ins Stammbuch: «Nie war es<br />

meine Pflicht, die Welt im Ganzen neu zu erschaffen,<br />

noch ist es meine Absicht, einen<br />

Schlachtruf erklingen zu lassen.» Aber<br />

warum wurde er dennoch zu einer Kultfigur<br />

und zu einer Rocklegende? Sind es seine<br />

Texte, die von Metaphern und literarischen<br />

Verweisen strotzen? Schliesslich hat er die<br />

Surrealisten und die Beatpoeten gelesen, die<br />

Gewerkschaftslieder von Woodie Guthrie<br />

und Pete Seeger gehört, afroamerikanische<br />

Bildersprache mit Ovid, indianischen und biblischen<br />

Mythen gemischt und den Songschatz<br />

Bob Dylan<br />

Mo 28. Oktober<br />

Arena Genf<br />

der Americana bewahrt. Stoff genug für<br />

wilde Interpretationen.<br />

Wie Ägypten-Reisende vor den Pyramiden<br />

Vielleicht ist alles aber auch viel einfacher:<br />

Bob Dylan ist ein cleverer Hund, der schon<br />

sehr früh erkannte, wie ein Show-Hype funktioniert.<br />

Während andere seiner Zeitgenossen<br />

sich zum Sklaven von nimmersatten Fans und<br />

skandalsüchtigen Medien machen liessen,<br />

indem sie ihnen immer mehr von ihrer Persönlichkeit<br />

preisgaben, machte Bob genau<br />

das Gegenteil: Er liess durch sein beharrliches<br />

Schweigen so viel Raum für Spekulation, dass<br />

sich die Lager mit der Zeit gegenseitig mit<br />

neuen Thesen befruchteten. Jeder konnte<br />

seinen persönlichen Bob Dylan formen und<br />

sich in Internetforen und an Konzerten und<br />

Konferenzen vortrefflich mit anderen Dylanologen<br />

über die Deutungshoheit streiten.<br />

Bob indessen singt weiter seine Lieder, veröffentlicht<br />

Platten, gibt hie und da ein Statement<br />

ab, über das erneut spekuliert werden<br />

darf. Womöglich ist dem grossen Meister<br />

dabei schon etwas langweilig geworden.<br />

«Bob Dylan hat seit den Siebzigern nichts Relevantes<br />

mehr veröffentlicht», schreibt der<br />

Spiegel. Dem Dylan-Fan ist dies egal. Denn<br />

so, wie der Ägypten-Reisende immer wieder<br />

staunend vor den Pyramiden steht, so entdeckt<br />

der Fan in den alten Dylan-Songs<br />

immer wieder neu den Mythos des Unerklärbaren.<br />

Ein Status, den Bob Dylan der Facebook-Generation<br />

voraus hat.<br />

Anzeige<br />

Rätselhafter Bob Dylan<br />

Perfekter<br />

Mythos<br />

Vielleicht ist er cleverer als alle<br />

anderen und trickst mit wenig<br />

Aufwand den ganzen Show-Zirkus<br />

aus. Vielleicht ist er aber tatsächlich<br />

ein Künstler-Genie: Bob Dylan.<br />

Bob Dylan lässt sich sogar bei einem Fotoshooting nicht in die Augen schauen: So hält er das Geheimnisvolle seiner Persönlichkeit wach. Die Fans lieben es.<br />

52 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event.

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